Stromnetze, wo liegt eigentlich das Problem?

In letzter Zeit ist der Netzausbau der Stromnetze in die Medien geraten und somit Bestandteil der öffentlichen und politischen Diskussion. Alles funktioniert doch, wozu dann das Gerede?

Unser Haushaltsstrom kommt vom Erzeuger (Kohlekraftwerk, Windenergie etc.) zu uns in den Haushalt. Endlich bei uns angekommen, beträgt die Stromspannung 230 Volt (beim Herd, Durchlauferhitzer eventuell auch 400 Volt) und muss möglichst konstant diesen Wert haben. Ansonsten würden viele Haushaltsgeräte (vor allem auch nicht Computer!) störungsfrei funktionieren. Hier liegt schon die erste Schwierigkeit. Tagesabhängig wird mal mehr, mal weniger Strom gebraucht.
Dazu ein kleines fiktives Beispiel:
In den Vormittagsstunden reicht ein Kraftwerk, um 10000 Haushalte zu versorgen. Zur Mittagszeit steigt der Bedarf meist an. In den Haushalten wird elektrisch gekocht oder an heißen Tagen werden Ventilatoren oder Klimaanlagen hochgefahren. Würde jetzt nur ein Kraftwerk den Strom liefern müssen, wäre es überlastet. Die Folge wäre, dass die Netzspannung von 230 Volt auf vielleicht 180 Volt fallen würde. Mit dem Effekt, dass die meisten elektrischen Geräte ihren Dienst versagen würden. Um dass zu verhindern, schaltet der Stromlieferant entsprechende Kapazitäten dazu. In unserem fiktiven Beispiel vielleicht Windenergie, da ein strammer Wind auf der Nordsee herrscht und Kapazitäten frei sind. Der Windpark liegt aber 300 km entfernt und deshalb muss der Strom über weite Strecken transportiert werden. So ist (stark) vereinfacht dargestellt, wie über europaweite Verbundnetze Kapazitäten hin und her transportiert werden. Da unser Strombedarf aber über die Jahre permanent gestiegen ist, müssen Netzkapazitäten permanent ausgebaut werden. Wer hatte vor 20 Jahren schon Drucker, Computer, Mikrowelle in seinem Haushalt? Die Lebenserwartung von Kabeln beträgt bei normaler Beanspruchung 30 bis 50 Jahre. Der zukünftige Bedarf wurde meistens unterschätzt, sodass die Netze heute an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sind. Außerdem verursacht Netzausbau enorm hohe Kosten, bedingt durch den großen Aufwand. Also wurde schlicht und einfach über Jahre an die Grenzen der Belastbarkeit der Stromnetze gegangen, um sich teuren Netzausbau zu sparen.

Windkraft und Fotovoltaik - warum diese Diskussionen um die Einspeisung ins Netz?

Immer wieder kommt es in den Medien zu Gerangel mit den großen Stromversorgern bei der Netzeinspeisung der Erneuerbaren. Warum eigentlich? Die Problematik ist recht simpel. Der Wind weht nicht gleichmäßig jeden Tag und auch die Fotovoltaik liefert nachts keinen Strom. Durch statistische Berechnungen kann man den ungefähren Ertrag von Anlagen berechnen und in die Bedarfsplanung einbeziehen. Was aber, wenn es zu einer tagelangen Windflaute kommt. Oder der Himmel tagelang bedeckt ist und die Fotovoltaik nur wenig Strom liefert? Dazu müssen wir uns an das Beispiel im vorigen Absatz erinnern. Der Strombedarf steigt im Tagesverlauf und die Spannung im Netz muss von Versorger konstant gehalten werden. 

Unser fiktives Kraftwerk reicht für die Versorgung nicht mehr aus. Es muss Kapazität dazu geschaltet werden. Unsere Erneuerbaren haben Flaute. Jetzt muss Strom aus einem konventionellen Kraftwerk (Kohle, Gas. Öl, Wasser, auch Biogas) einspringen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das heißt einfach im Klartext: Für jede Kilowattstunde aus Windkraft und oder Fotovoltaik muss zur Sicherheit eine Reserve gleicher Kapazität aus konventioneller Erzeugung hintenangestellt werden. Das ist das Hauptargument der Großkonzerne, warum diese Art der Stromerzeugung im Grunde so teuer, weil aufwendig ist. (Noch ist es nicht möglich, große Mengen Strom in effizienter Form zu speichern. Eines der Gründe, warum es mit dem Elektroauto so schleppend vorangeht.) Abhilfe aus diesem Dilemma schafft nur ein weitverzweigtes Verbundnetz. Wäre beispielsweise bei der Windkraft im Moment Flaute, könnte Strom aus Sonnenscheinregionen dazugebucht werden und natürlich umgekehrt. Dazu muss der Strom aber unter Umständen über weite Wege zum Zielort transportiert werden. Das schafft nur ein engmaschig verzweigtes Verbundnetz. Hinzu kommt, dass beim Transport von Strom Leitungsverluste auftreten. Das heißt von 1000 Watt, die man auf die Reise schickt, kommen beim Verbraucher nur noch 900 Watt an. Dezentralisierung muss hier das Zauberwort heißen. Nicht mehr riesige Kapazitäten gebündelt erzeugen, sondern verteilt kleinere Stromerzeugungseinheiten.

Wie schafft es mein Stromversorger, mir "Ökostrom" in mein Heim zu liefern?

Viele Stromanbieter bieten mittlerweile Strom aus regenerativen Quellen an. Sicher eine gute Sache. Viele werden sich aber schon gefragt haben: Wie macht es mein Lieferant, nur Strom aus erneuerbaren Quellen, zu mir nach Hause zu liefern? Dazu ist folgendes zu sagen: Auch wer sich ausschließlich "grünen Strom" liefern lässt, bekommt unter Umständen Atomstrom. Man muss sich die Stromversorgung wie einen riesigen See vorstellen, aus dem sich jeder die entsprechende Menge Wasser (Strom) zapft. Jeder Versorger speist diesen See mit Wasser (Strom).

Wenn man also Strom aus erneuerbaren Quellen bezieht, heißt das nur, dass der Versorger die entsprechende Menge Wasser (Strom) in den See speist. Da sich in dem See aber ein Mix aus Atomkraft, Kohle, Wasserkraft etc. befindet, kann man durchaus Atomstrom geliefert bekommen. Diese Tatsache ergibt sich daraus, dass wir nur ein (!) Stromnetz haben. Mehrere separate Netze für Atomstrom, Wasser, Wind usw. wären viel zu teuer und unrealistisch aufwendig.


Man darf aber trotzdem ein gutes Gewissen haben. Immerhin ist der persönliche Anteil im See aus erneuerbaren Quellen.

Kleine Tipps zum Strom sparen

Ich möchte hier nicht über Energiesparlampen reden. Das Thema ist wahrscheinlich jedem hinlänglich bekannt. Nur soviel, das die Beleuchtung im Haushalt nur einen geringen Anteil am Stromverbrauch ausmacht. Den größeren Anteil haben Elektroherd, Spülmaschine, Warmwasser (natürlich elektrisch erzeugt), und Klimaanlagen.
- Stand-by: Fernseher, DVD-Geräte, Bildschirme ganz abschalten. Wen blinkende Uhren auf Displays stören, kann mit einem dunklen Stück Klebeband abkleben. Wer braucht schon in jeder Ecke eine Uhr. Falls man gelegentlich die Timer zum Ein- und Ausschalten nutzen möchte, kann man auch gleichzeitig die Uhr stellen.

 

 

Um kleine Mengen Wasser zu erhitzen, einen Wasserkocher benutzen. Das hat den Vorteil, dass man immer nur die Menge erhitzt die man tatsächlich braucht. Beispielsweise für den Tee oder Kaffee zwischendurch. Elektrische Wasserkocher haben einen hohen Wirkungsgrad. Tatsächlich eines der preiswertesten und effektivsten Methoden für kleinere Mengen. 

 

 

 

 

Kleine Stromdiebe sind Steckernetzteile und Netzteile in Zuleitungen. Trotzdem, das Gerät ausgeschaltet ist, wird Strom verbraucht. Übrigens können auch ausgeschaltete Computer noch Strom verbrauchen. Das eingebaute Netzteil steht (je nach Hersteller) immer noch unter Strom. Erkennen kann man dass eventuell, wenn kleine Lämpchen an externen Festplatten oder sonstigen Zubehör leuchten. Abschaltbare Steckdosen schaffen hier Abhilfe. Wer es gerne etwas komfortabler haben möchte, kann auch Funksteckdosen mit Fernbedienung nutzen. (Damit lassen sich auch bequem Stehlampen schalten!)

- Beim Kochen die Herdplatte und / oder den Backofen 2-3 Minuten vorher ganz abschalten. Die Restwärme reicht bis zum Ende der Garzeit völlig aus.
- Wenn möglich zum Kochen möglichst oft die Mikrowelle nutzen. Das geht nicht nur schnell, sondern spart auch Strom. Im Gegensatz zur Herdplatte braucht eine Mikrowelle weniger Strom und hat kürzere Garzeiten.

 Fotos: © Kuscheltier 2012

Kuscheltier, am 11.05.2012
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Bildquelle:
johannes flörsch (So findest du die Sternschnuppen der Perseiden)
Karin Scherbart (Wie macht man einen Regenbogen selbst?)

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