Männliche Eisbären unter der Lupe
Eisbärmänner haben es nicht leicht. Ein Blick auf das Verhalten bei der Paarungszeit und die Rolle des Männchens bei der Fortpflanzung.(Bild: skeeze / Pixabay)
Auch Eisbären fangen klein an
Wenn die Eisbärmutter erstmals mit ihren Jungen die Geburtshöhle verlässt, ist es meist Ende März, Anfang April. Die Jungtiere sind dann bereits 10 bis 15 kg schwer und knapp 3 Monate alt. Die ersten Tage lässt die Eisbärin die Jungen nahe dem Höhleneingang spielen, während sie sich in der Sonne wärmt. Dieser Zeitraum kann bis zu 14 Tagen dauern und ist für die Entwicklung der Jungen enorm wichtig.
Sie müssen sich an das raue Klima außerhalb der Höhle gewöhnen. Auch für die Anpassung an das aktuelle Wetter und das neue Medium frischer Schnee. Sie werden dazu von der Mutter nachdrücklich ins Freie befördert. Die Kleinen nehmen Eis- und Schneeklumpen ins Mäulchen, werfen damit, verfolgen die Klumpen, raufen damit. Sie richten sich auf, tauschen kleine Prankenhiebe aus, täuschen Scheinangriffe vor - kurz - sie üben "Eisbär sein".
Allerdings müssen sie nun auch lernen Befehle der Mutter zu verstehen und zu befolgen. Ein "Stopp" kann überlebenswichtig sein.
Polar bear (Bild: Missud / Flickr)
Ab nun folgen sie der Mutter auf dem ewigen Eis. Ab etwa 4 Monaten beginnen sie bereits von der ersten Beute zu fressen. Die Kombination von Muttermilch und Robbenspeck sorgt für schnelles Wachstum. Nach 8 Monaten wiegt ein Eisbär schon fast 50 kg und startet seine ersten Jagdversuche. 24 - 28 Monate verbleibt ein Jungtier bei der Mutter. Die Geschlechtsreife erreicht ein männlicher Eisbär im Alter von 4 bis 7 Jahren, ausgewachsen ist er jedoch erst mit 10, 11 Jahren. Dann allerdings zu einer stattlichen Größe von etwa 3 Metern und in der guten Futterzeit bis 1.000 Kilo schwer.
Eisbär Jungtier (Bild: Gellinger / Pixabay)
Eisbär Teenie-Gruppen
Immer wieder wird beobachtet, dass sich Jungtiere zu kleinen Gruppen zusammen finden. Das erhöht ihre Überlebenschancen, wenn sie gemeinsam jagen und sich die Beute teilen. Auch gegen erwachsene Eisbären können sie in Gemeinschaft besser bestehen. Kaum ein einzelner Bär greift so eine Gruppe von Jungtieren an.
Wenn aus Eisbärjungen ein Mann wird
Der männliche Eisbär ist in der Zeit der Deckungsbereitschaft natürlich ein Kapitel voller Testosteron. "I'am so sexy!" Gebärden und Imponiergehabe stehen in nichts jungen Männern nach. Die Natur, die biologische Fortpflanzungsbereitschaft, meldet sich ganz laut.
Der Östrus, die Zeit erhöhter sexueller Aktivität und damit verbunden die Empfängnisbereitschaft des Weibchens, liegt in der Zeit April/Mai und liegt bei einer Dauer von etwa 6 Wochen. Diese Zeit zeichnet sich durch eine gewisse Unruhe aus.
Das ist auch der Zeitpunkt, zu dem Muttertiere ihre bald erwachsenen Jungtiere aus ihrem Leben vertreiben, auch um sie vor den deckungswilligen Männchen zu schützen.
Die kritische Lebenszeit beginnt nun. So ist die Sterblichkeit von nahezu 50 Prozent bei den Jungtieren erschreckend hoch. Was durch die geänderten klimatischen Verhältnisse und der zu lange offenen Eisdecke nicht besser wird.
- Eisbären müssen aufgrund eines Rückgangs der Eisflächen im Sommer jetzt längere Strecken schwimmen. Die Daten von markierten Bären (Eisbären-Tracking) weisen darauf hin, dass es sich dabei um ein Phänomen handelt, das erst seit Kurzem auftritt.
- Dies ist für solche Bären eine Gefahrt, die sich in schlechter Verfassung befinden oder schlechten Wetterbedingungen ausgesetzt sind.
Die natürliche Lebenserwartung von Eisbären in freier Natur wird auf 25 bis 30 Jahre geschätzt, wobei die wenigsten Individuen das 20. Lebensjahr erreichen. In menschlicher Obhut können sie um einiges älter werden. Vor Erkrankungen sind sie aber auch im Zoo nicht gefeit.
Ich folge deinen Spuren - sagt der Casanova Eisbär
Die solitären Tiere beginnen herum zu wandern, auf der Suche nach passenden Partnern. Das Anschlussbedürfnis steigt, der Appetit sinkt. Männchen markieren deutlich ihre Routen, die Weibchen setzen mit ihrem Harn ebenfalls Zeichen.
In dieser Zeit sind die männlichen Eisbären auf der Suche nach deckungswilligen Weibchen, wobei männliche Jungtiere immer noch kleiner und schwächer sind als erwachsene Weibchen.
Die Männchen folgen einem Weibchen bis zu 10 Wochen lang, die in dieser Zeit auch die unmittelbare Nähe des Männchens dulden. Manchmal folgt einem Weibchen eine kleine Karawane von männlichen Tieren, die in geziemenden Abständen voneinander bleiben. So kommen auch Jungbären zum Zug, die sich keinesfalls auf Rivalitätskämpfe mit ausgewachsenen Eisbärmännchen einlassen dürfen.
Der Paarungsakt der Eisbären
Eisbären kopulieren mehrfach hintereinander. Wissenschaftler vermuten, dass der Eisprung erst durch eine bzw. mehrere Paarungen ausgelöst wird. Die Männchen besitzen einen etwa 20 Zentimeter langen Penisknochen, der eine Koitusdauer von zehn bis 40 Minuten erlaubt. Die Hodenmasse nimmt während der Paarungszeit zu.
Über das Einsetzen des Eisprungs herrscht immer noch Uneinigkeit. Die eine Theorie besagt, dass das Weibchen mit Hilfe des Penisknochen so stimuliert wird, dass daraufhin der Eisprung einsetzt. Eine andere Theorie lautet, dass der Eisprung von der Masse der Eisbärin abhängig sei. So unterbleibt der Eisprung bei zu fetten Tieren, aber auch bei zu mageren Eisbärinnen.
Nach der Paarungszeit treten die Tiere wieder ihr Einzelgängerleben an. Das befruchtete Ei "wartet" im 64-Zellstadium am Ende des Eileiters. Erst wenn die Weibchen ausreichend Fettreserven gebildet haben, um die Schwangerschaft und die Kräfte raubende Stillzeit zu überstehen, nistet es sich im September/Oktober in die Gebärmutter ein (Nidation)
(Bild: skeeze / Pixabay)
Gerücht oder Wahrheit: Töten ältere Eisbären junge Eisbären?
Der männliche Eisbär wird, wie auch bei Braunbären oder Grizzlys, als potenzielle Gefährdung vom Nachwuchs angesehen. Stimmt diese Behauptung? Wenn ja, unter welchen Umständen tritt dies wirklich auf?
Es wird immer wieder von Tötungen des Nachwuchses durch erwachsene Männchen berichtet, was der Erhaltung der Art eigentlich widerspricht. Nicht die Erhaltung der Art, sondern "der Gen-Egoismus, die Weitergabe eigener Erbanlagen", ist die treibende Kraft im Tierreich, nimmt ein teil der Wissenschafter derzeit an.
Wenn ein Männchen fremde Jungtiere, die noch gesäugt werden, tötet, wird das Weibchen in kurzer Zeit wieder paarungsbereit. Auch bei Eisbären: Ein Weibchen, das seine Jungen verliert, kommt noch im selben Frühjahr in die "Hitze". Bei erfolgreicher Aufzucht liegt das Geburtenintervall dagegen bei mindestens drei Jahren.
Allerdings soll ein Männchen genau wissen, mit welchen Weibchen es sich gepaart hat. Da sich ein Weibchen, wie man mit moderner Forschungshilfe wie Radar fest gestellt hat, gerne mit einer Vielzahl an Männchen bereitwillig paart, stellt das für ihre kommenden Jungen auch eine Art Rückversicherung dar. Denn diese Bärinnen haben vor ihnen nichts zu befürchten, auch wenn die Jungen einen anderen genetischen Vater haben. (*Derzeit noch eine Hypothese, es laufen Untersuchungen dazu)
Die Gefahr der Kindstötung ist in der Theorie glücklicherweise größer als in der Praxis. Derzeit berichtet man von nachweislich 3 dokumentierten Fällen. Aus der Sicht der Bärin sieht die "Rechnung" ganz anders aus. Sie hat ihre Gene bereits vervielfältig und will ihren "Erfolg" nicht gefährden. Daher machen Bärinnen mit Jungen im Frühjahr, also in der Paarungszeit, stets einen großen Bogen um geschlechtsreife Männchen, bewegen sich mit ihren Jungen im arktischen Sommer mehr im Land, während die Männchen sich eher in Küstennähe aufhalten. So weichen sie den gefahrvollen Begegnungen mit männlichen Eisbären aus.
Quellen:
- Tobias Knauf, Vergleichende Studien zur Reproduktionsbiologie bei Großbären, 2006, Dissertation FU Berlin
- Der Eisbär, Uspenski; Die Neue Brehm Bücherei, 2004 Rostock
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Bildquelle:
a.sansone
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