(Bild: skeeze / Pixabay)

Ab wann kann eine Eisbärin Mutter werden?

Eisbärinnen werden mit etwa fünf bis sechs Jahren geschlechtsreif. Ab 20 Jahren geht die Fruchtbarkeit der Weibchen deutlich zurück. Das potentielle Höchstalter von Eisbären in freier Natur wird auf 25 bis 30 Jahre geschätzt. Der bisher älteste Eisbär, Debby im Zoo Winnipeg, wurde hingegen 42 Jahre alt.

Empfängniszeit - extrem kurz

Eisbärinnen sind nur während des dreiwöchigen Östrus empfängnisbereit. (Östrus= bei Säugetieren die Zeit erhöhter sexueller Aktivität. Während des Östrus geschieht der Eisprung.) Das ist im April/ Mai. Die Besonderheit allerdings ist, dass sich die befruchteten Eier erst viel später in der Gebärmutterwand einnisten.

 

Verzögerte Einnistung "Nidation" - Wildtiere sind clever

Das befruchtete Ei "wartet" im 64-Zellstadium am Ende des Eileiters. Erst wenn ein Weibchen ausreichend Fettreserven besitzen, um die Schwangerschaft und die Kräfte raubende Stillzeit zu überstehen, nistet es sich im September/Oktober in die Gebärmutter ein.

Es kommt damit zu einer zwei bis drei Monate dauernden eigentlichen Tragzeit. Dies ist ein natürlicher Schutzvorgang; falls die werdende Mutter durch Nahrungsmangel im Sommer zu sehr ausgehungert ist, wird das Ei vor der Einnistung resorbiert und die Trächtigkeit abgebrochen. Tritt allerdings auch bei zu dicken Bärinnen auf.

Die Methode der verzögerten Einnistung (Nidation) und die Resorbierung der Embryonen hat sich auch bei anderen Säugetieren, die in extremen Bedingungen leben, als erfolgreich erwiesen: zB: Murmeltiere oder auch der Große Panda.

Die Anzeichen, dass eine Eisbärin ein Winterlager baut, bedeuten also in den meisten Fällen, dass es Junge geben wird; deshalb spricht man auch von der Geburtshöhle.

Die Eisbärin und ihr Winterlager

Eisbärinnen sind sehr heikel bei der Wahl ihrer Höhle. Eine Eisbärin sucht am liebsten eine Stelle, wo sich bereits im Herbst Schneewehen sammeln, im Windschatten eines Bergkammes etwa. Man hat allerdings auch schon beobachtet, dass sie sich einschneien lässt und erst anschließend mit dem Bau ihrer Höhle beginnt.

  • Die Höhle muss sturm- und lawinensicher sein.
  • Sie gräbt einen Eingangstunnel, der 1,5 bis 3 Meter lang ist und einen Durchmesser von etwa 70 cm hat.
  • Am Ende des Tunnels, der leicht ansteigt, gräbt sie die Schlafhöhle.
  • Dieses Höhlensystem hat außerdem ein Belüftungsloch/Atemloch, das sie von Zeit zu Zeit säubert.
  • Der Tunneleingang wird von ihr gut verschlossen. Erst wenn die Jungen zum ersten Ausflug körperlich imstande sind, gräbt sie sich wieder frei.

Da die Bärin in diesem Winterlager Fett statt Proteine abbaut, gibt es kaum Ausscheidungsprodukte und die Höhle ist fast klinisch sauber. Ab und zu nimmt sie ein Maul von Schnee zu sich, sonst zieht sie auch das nötige Wasser aus ihren Fettreserven. Die Wärme der Höhle kann sie mit ihrem Körper und dessen Wärmeabstrahlung regulieren. Eine Schwelle zum Ausgang und eine ausreichende Dicke der Decke gewährleisten eine gleichmäßige Höhlen-Temperatur von 0°.

Blick in die Eisbären-Wurfbox im Zoo am Meer, Bremerhaven.

Die Geburt der kleinen Eisbären

Die Geburt der Jungen erfolgt dann nach einer kurzen Zeit der Winterruhe zwischen November und Januar, also im Winter. Eisbärinnen verlassen diese Geburtshöhle mit ihren Jungen erst etwa vier Monate später. In der gesamten Zeitspanne lebt die Eisbärin nur von ihren Fettreserven.

  • Die Jungen, meist zwei, kommen blind, taub, mit kaum schützendem Haar zur Welt, etwa 450 g schwer. Die Bilder des kleinen Eisbären Knut zeigten uns die Zerbrechlichkeit dieser neugeborenen Wesen. Die Bärin kann ein Junges locker zwischen den Zehen ihrer Vordertatzen halten.

In der totalen Abgeschlossenheit der Höhle, nur der Atem und die Wärme der Mutter als erste Begleitung, erkämpfen sie ihr Leben. Während der nächsten Wochen ernähren sie sich von der extrem nahrhaften Muttermilch. Die sahnige Muttermilch hat einen Fettanteil von 33 % und ist sehr proteinreich.

Nach etwa 24 Tagen beginnen die Jungen zu hören und zu sehen. Sobald die Jungen mobil werden, erweitert die Eisbärin die Höhle, manchmal sogar um eine zusätzliche Kammer. Sicher auch um den Jungen Bewegungsmöglichkeiten zu verschaffen.

Ist die Eisbärin eine gute Mutter?

Erst Ende März, Anfang April taucht sie, je nach Wetterlage und dem Zustand ihrer Kleinen, aus dem Winterlager auf. Der erste Ausgang der Eisbärin mit den Jungen beginnt. Sie sind dann bereits 10 bis 15 kg schwer. Die ersten Tage knabbert sie nur an Flechten, wälzt sich im Schnee um ihr Fell aufzufrischen und lässt die Jungen einfach nahe dem Höhleneingang spielen, während sie sich in der Sonne wärmt.

Diese Tage sind für die Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten der Jungen wichtig. Erst wenn sie geschickt genug sind, kann sich die Eisbärin mit ihnen auf die Wanderschaft begeben, um frische Nahrung zu besorgen. Ebenso müssen die Jungen lernen ihre Befehle "kommen" oder "bleiben" zu verstehen und zu befolgen. Dann beginnt der mühevolle und gefährliche Weg zum Packeis und frischer Nahrung für die ausgehungerte Mutter. Während der Wanderung zum Packeis finden häufige Pausen statt, in denen die Jungen gesäugt werden.

Dieser Weg kann zwischen einer knappen Tagesreise und mehreren Tagen liegen. Dann muss sie für sich und die Jungen provisorische Höhlen bauen. Am offenen Meer angelangt beginnt die Zeit des Lernens für die Jungen. Artikel Wie aus Eisbärbabys große Bären werden.

Das Reiten auf der Eisbärin - Sage oder Wahrheit?

Durch tiefen Schnee und durch Wasser werden die Jungen sogar von der Mutter getragen. Laut Erzählungen der Eskimos wurde dieses Phänomen öfter beobachtet. Eine Eisbärin ist mit einem Jungen auf dem Rücken unterwegs, oder überquert einen Wasserlauf und das Junge krallt sich am Rücken fest. Aus purem Spaß? Keineswegs, es ist eine sinnvolle Strategie.

Ausgewachsene Eisbären sind hervorragende Schwimmer und gut an das kalte Wasser angepasst. Dem Nachwuchs fehlt aber noch die schützende Fettschicht. Das Huckepack Tragen oder Festhalten im Wasser minimiert erstens den Kontakt zum kalten Wasser und reduziert die Abkühlung der Jungen, außerdem ist es Kräfte sparend. Es erweitert darüber hinaus die Mobilität der Eisbärenfamilie, da die Mutter das oder die Kinder auch über breiteres offenes Wasser führen kann.

Da der wissenschaftlich orientierte Mensch solche Verhaltensweisen erst dann akzeptiert, sobald sie auch dokumentiert und wissenschaftlich beschrieben sind, oder von ihm selbst fotografiert und beobachtet wurden, glaubte man es lange Zeit nicht. Unlängst wurde dies jedoch wie eine große Sensation vermeldet. Ein erfahrener Eskimo hätte wahrscheinlich nur darüber geschmunzelt.

Keine Fiktion - Mutterliebe und Fürsorge pur
Besuch in Hellabrunn

Besuch in Hellabrunn (Bild: Günter Hentschel / Flickr)

Bestätigung aus der neueren Eisbärforschung

  • Eisbären müssen aufgrund eines Rückgangs der Eisflächen im Sommer jetzt längere Strecken schwimmen.
  • Für Bärenkinder ist das Zurücklegen dieser Entfernungen auf dem Rücken ihrer Mutter entscheidend für ihre Überlebensfähigkeit auf Eisschollen, weil die Jungtiere noch keine ausreichende Fettschicht besitzen, um das Auskühlen während des Schwimmens im Eiswasser für längere Zeit zu verhindern.
  • Der Transport auf dem Rücken ihrer Mutter bedeutet, dass grosse Teile ihrer Körperunterseite sich im direkten Kontakt mit dem Fell der Mutter befinden und ein beträchtlicher Teil des Körpers aus dem Wasser herausgehalten und der Wärmeverlust reduziert wird.
  • Auch das Ruhen auf dem Rücken der Mutter verhindert zu große Auskühlung.

Ein dreifach Hoch auf die Supermama Eisbär!

Warum Eisbärinnen manchmal ihre Jungen fressen

Bei dieser Fragestellung muss man sich sofort klarmachen, dass die Bärinnen nicht lebende Jungtiere (meist Neugeborene) töten, sondern die Kadaver der Jungtiere. (In der Literatur fanden sich keine Hinweise, dass Bärinnen kranke Jungtiere selbst töten. Auch bei den Vorkommnissen in Zoos liegt kein Hinweis vor, dass die Neugeborenen noch gelebt hätten. In den meisten Fällen waren sie nicht lebensfähig.)

Stellt man sich die Situation in der Winterhöhle vor, in der fast Keimfreiheit herrscht, versteht man auch die Vorgehensweise.

Meist ist noch ein weiteres Jungtier vorhanden und das verwesende Tier wäre eine enorme Gefahr für die Mutter und ihren verbleibenden Nachwuchs. Die Höhle ist verschlossen, also bleibt kein biologischer anderer Weg, um den Kadaver zu entsorgen. Auch die Nachgeburt wird von den Raubtieren verzehrt, um keine anderen Räuber anzulocken.

*Man muss so manche Vorgehensweise in der Natur abseits der menschlichen Moralvorstellungen betrachten. Die Eisbärinnen oder auch andere Tiere mit ähnlichem Verhalten sind keineswegs kannibalisch veranlagte Mütter, im Gegenteil. Ihre Sorgsamkeit wäre für manche Menschenmutter ein gutes Vorbild.

Können Eisbären trauern?

Die Trauer einer Eisbärin um ihr totes Junges

Langzeitbeobachter erzählen von besonders anrührenden Szenen: "Die Eisbärin kehrte immer wieder zu ihrem verstorbenen Jungen zurück. Sie legte ihre Pfoten auf das Junge, versuchte es aufzurichten. Sie lief ein paar Schritte, lockte es. Kehrte wieder zurück, leckte das Junge ab. Lief wieder fort, stieß klagende Laute aus und kehrte abermals um. Schließlich blieb neben dem Jungen liegen. Erst nach langer Zeit war sie bereit das tote Junge endgültig zu verlassen."

Nur Eisbärinnen werden mit Halsbandsendern versehen!

Wer jetzt folgert, typisch weiblich, der irrt gewaltig. Weshalb nur weibliche Eisbären für Beobachtungen mit GPS-Halsbändern versehen werden, hat rein biologisch-körperliche Gründe. Es liegt daran, dass der Nacken der Eisbärmänner breiter ist, als der eher schmale Kopf und daher die Bänder sofort den Halt verlieren würden. Na, bitte!

Quellen:

  • Barry Lopez: Arktische Träume, btb, Juni 2000
  • Der Eisbär, Uspenski; Die Neue Brehm Bücherei, 2004 Rostock

Links:

  • www.polarbearsinternational.org/
  • https://www.defenders.org/polar-bear/basic-facts
  • https://www.everythingchurchill.com/experiences/polar-bears/

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Adele_Sansone, am 13.11.2015
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Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Wer ist die beste Mutter, der beste Vater bei den Tieren?)
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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