Daten kontra Sinne

Aber auch unsere Sonne bleibt nur in Bezug auf die Erde auf der Stelle. In Bezug auf ihre Galaxie bewegt sie sich um deren Mittelpunkt. Mitsamt der Erde und aller übrigen Planeten. Wenigstens die Entfernung zwischen Sonne und Erde sollte unbestreitbar sein. Aber auch da bewegen wir uns auf unsicherem Gelände.
Die Erde bewegt sich nicht in einem perfekten Kreis, sondern in einer Ellipse um die Sonne. Dementsprechend schwankt unsere Entfernung von der Sonne. Zwischen 147,1 und 152,1 Millionen Kilometer. Pi mal Daumen. Eine Schwankung von 5 Millionen Kilometern oder dem 124.772-fachen des Erdumfangs. Nichts war es mit einer unbestreitbaren Entfernung.

Die Wissenschaft hat sich mehrere Wölfe gerechnet und auf eine mittlere Entfernung von 149.597.870.700 Metern festgelegt. Dieses Mass wird als Astronomische Einheit AE bezeichnet und dient als Ausgangspunkt für weitere Messungen im Universum. Auch dieses Mass ist nicht unbestreitbar. Man hat sich lediglich darauf geeinigt.

Weil die Erde sich aber 15 cm pro Jahr von der Sonne entfernt, flösst diese AE als Grundlage aller künftigen Messungen nicht gerade Vertrauen ein. 

Daten entziehen sich unserem Zugriff. Über nichts streiten unsere Wissenschaftler so hingebungsvoll wie über Daten. Sie verbinden sich nicht mit unseren Emotionen. Sie kitzeln lediglich unser Interesse. Das aber ist sehr schnell gelangweilt. Daten sind deshalb nur in erträglichen Portionen zumutbar. Darauf werde ich Rücksicht nehmen. Ohnehin spielen Daten für das Verstehen der Sonne nur eine untergeordnete Rolle.

Wie der Mythos geboren wurde

Sonnenauf- und untergang gehören zum Bewegendsten, was wir Menschen erleben können. Welcher Mensch, der seine Sinne beisammen hat, straft diese Lügen und hält ihnen die vorstehend behandelten Daten vor?

Natürlich geht die Sonne morgens auf. Begleitet von einem Farborchester aus Gold- und Rottönen macht sie uns sprachlos und lässt uns das Herz bis zum Halse schlagen.
Wir haben keinen Sinn, der uns erfahren lässt, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Auch keinen, mit dem wir nachvollziehen können, dass unser Planet sich um sich selber dreht.

Daten können zur Folge haben, dass wir irre an unseren Sinnen werden. Oder schizophren. Wir müssen uns also entscheiden. Gibt es ernsthaft jemanden, der die Erfahrung eines Sonnenaufgangs gegen den intellektuellen Kitzel blutleerer Daten eintauschen möchte? 

In diesen Widerstreit zwischen Wissensdrang und sinnlicher Erfahrung ist der Mensch bereits in seiner Frühzeit geraten. Schon da gab er sich nicht damit zufrieden, die Welt über seine Sinne zu erfahren. Ihn interessierte, was sich hinter dem Sinnenvorhang verbarg.

Das war die Geburtsstunde des Mythos. Über den Mythos versuchte der Mensch, sich die Phänomene, die ihn emotional berührten, zu eigen zu machen, sie zu begreifen und zu verstehen.

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