Heinrich von Brentano hatte den Tipp gegeben

Exakt vor 56 Jahren, in 1959, hatte Konrad Adenauer die Villa La Collina entdeckt, und mit der tatkräftigen Hilfe des damaligen Bürgermeisters konnte er sie auch den Besitzern, einer französischen Adelsfamilie, abkaufen. Zumal sie lange leer gestanden hatte und nicht mehr möbliert war. Adenauer kannte die Gegend um Cadenabbia/Griante bereits, schon 1957 war er auf Empfehlung seines Außenministers Heinrich von Brentano an die "Azaleen-Riviera" gekommen. Der Außenminister hatte hier familiäre Wurzeln.

Geheime Akten wurden im Tresor angeschleppt

In Cadenabbia machte Konrad Adenauer 18 mal Urlaub; davon 15 mal in der Villa La Collina. Hier sah man ihn nicht nur mit Boccia-Hütchen und Boccia-Kugel, hier fielen auch wichtige politische Entscheidungen. Der bedeutsamste Entschluss des Kanzlers, der in Cadenabbia fiel, dürfte wohl 1959 sein Rückzug von der Kandidatur zum Amt des Bundespräsidenten gewesen sein. Er hielt es immer lange aus in der Villa La Collina. Die Urlaube – aber es waren zumeist Arbeitsurlaube – dauerten hin und wieder bis zu acht Wochen. Dann kam der Kanzler nicht nur mit seinen Töchtern, sondern mit einem ganzen Tross: Mit dem persönlichen Referenten, zwei oder drei Sekretärinnen, der Telefonistin, mindestens einer Hauswirtschafterin und etlichen Sicherheitsbeamten. Die hatten nicht nur ein Auge auf den Kanzler zu richten, sondern auch auf den mitgebrachten Tresor mit geheimen Regierungsunterlagen. Im Sommer 1964 kam er nochmals in die Villa La Collina. Aber da war er nicht mehr Kanzler, da richtete er den Blick zurück. Hier, in der lieblichen Landschaft oberhalb des Comer Sees konzipierte und diktierte er den größten Teil seiner autobiographischen Erinnerungen. Ein Jahr vor seinem Tod, im September/Oktober 1966, zog es ihn ein letztes Mal an den Comer See. Mit der Eisenbahn, mit dem legendären "Rheingold"-Express, war er von Bonn nach Lugano gereist.

"Gedenkstätte von nationaler Bedeutung"

Und diese Erinnerungen pflegt heute die Konrad-Adenauer-Stiftung. In 1977 hat sie dieses Feriendomizil erworben und daraus eine internationale Begegnungs- und Konferenzstätte für Politik, Wirtschaft und Kultur gemacht. Dazu gehört natürlich auch ein gutes Stück Denkmalpflege. Das Haus, die Villa La Collina, ist inzwischen auch von der Bundesrepublik Deutschland offiziell als "Gedenkstätte von nationaler Bedeutung" anerkannt worden. Zugleich werden Brücken geschlagen natürlich auch zu Adenauers Wohnsitz im Bad Honnefer Ortsteil Rhöndorf unweit Bonn am Rhein. Cadenabbia/Griante und Bad Honnef sind inzwischen verschwistert.

In Menaggio kaufte er ein und trank Maraschino

Wer heute an die "Azaleen-Riviera" kommt, kann im Dunstkreis der Villa La Collina noch immer halb verborgene Spuren von Adenauers Aufenthalt aufspüren. Im benachbarten Menaggio beispielsweise findet sich in einer kleinen Gasse unweit der zentralen Piazza ein "Tante-Emma-Laden". Hier hat Adenauer höchst persönlich eingekauft und dann im Nebenraum, von den Carabinieri abgeschirmt, genüsslich einen Maraschino getrunken. Die grauhaarige Ladeninhaberin wusste davon noch lange zu erzählen. Und dann holte sie stolz eine Kladde aus dem Regal, worin Adenauers Käufe sorgfältig notiert waren – denn Geld hatte er nie einstecken. Bezahlen musste anschließend einer aus der Begleitmannschaft. Und die begeisterte Signora hatte im Regal, in eine Plastiktüte gehüllt, einen Bildband "Das deutsche Parlament" – mit einer Widmung ihres berühmtesten Kunden darinnen.

 

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