Welcher Flug und welches Auto?

Der Flug war schnell online gebucht. Im Sommerflugplan sind die Flugzeiten als Non-Stop-Flug von Frankfurt nach Halifax ca. fünf bis sechs Stunden. Jetzt im Winter gab es jede Menge Verbindungen über die verschiedenen Flug-Knotenpunkte dieser Welt. Da ich mir eine Einreise und Ausreise in USA mit allen Formalitäten und Formularen ersparen wollte, entschied ich mich für einen Flug über London direkt nach Halifax. Spannender wurde die Sache beim Mietwagen. Für eine Person war ein Kleinwagen ausreichend und erfahrungsgemäß ist der in Nordamerika immer noch groß genug. Da ich nur Automatik-Fahrzeuge im Internet fand, konnte ich nicht online buchen und telefonierte die Mietwagenfirmen ab. Nur um ständig zu hören: Im Winter in Kanada ist das kleinste Problem ein Automatik-Getriebe. Alle rieten mir unabhängig voneinander ein Allrad-Fahrzeug zu buchen. Nachdem ich auch keine mir bekannte europäische Marke als Schaltwagen in der kleinsten Klasse buchen konnte, gab es eben ein Automatik-Fahrzeug mit Pseudo-Allrad. Zum Glück erwartet mich kein Linksverkehr in Kanada, dachte ich und freute mich auf mein Winter-Abenteuer in Kanada.

alles zugefroren

alles zugefroren (Bild: casares)

Die Notfall-Ausrüstung!

Im Landesinnere Nova Scotias verändern sich die Bilder meines Anfluges. Sehen konnte ich weder Häuser noch Straßen oder Autos, aber Bäume soweit das Auge reicht. - Alles schwarz, dunkelgrün oder kahl. Wo war denn der viele Schnee, von dem jeder daheim wußte? Rasch übernahm ich mein Fahrzeug, denn ich wollte zunächst so weit wie möglich in den Norden Nova Scotias. Ziel war Cape Breton Island. Hier hoffte ich Elche zu bewundern. Außerdem möchte ich die Eisschollen im Ozean schwimmen sehen. Halifax Hafen gilt noch als eisfrei im Winter. Schon 300 km weiter nördlich trifft das nicht mehr zu. Meine Aufregung stieg. Ich war ohne nennenswerte Probleme gelandet. Jetzt noch schnell ein paar Reisevorbereitungen vor Ort treffen. Das Navi wurde im Fahrzeug installiert. Eine warme Wolldecke ins Auto gelegt. In dem nächsten Walmart kaufte ich meine Notfall-Ausrüstung, sowie eine Telefonkarte von Bell für mein Handy. Meinem Mann musste ich vor Abflug versprechen immer einen heißen Kaffee, die Wolldecke, ausreichend Essen und Trinken im Auto und ausreichend Sprit im Tank zu haben, um bei einem Blizzard auch mal die Nacht im Auto zu überstehen. Als Blizzard wird ein plötzlich auftretender Schneesturm bezeichnet. Blizzards sind relativ selten. Die Telefonkarte war ganz hilfreich bei Zimmerreservierungen, schließlich hatte ich nichts vorgebucht. Mit den besten Absichten meine Versprechen einzuhalten, starte ich gen Norden.

Nova Scotia Highway

Nova Scotia Highway (Bild: Casares)

wenig los auf der Schnellstrasse

wenig los auf der Schnellstrasse (Bild: Casares)

Von Truro nach Antigonish

Auf dem Highway ging es nur geradeaus. Bäume säumten rechts und links die Straße soweit das Auge reichte. Aufgrund der Automatik und der Eintönigkeit des Highways überfiel mich nur eine Stunde später eine unglaubliche Müdigkeit. Langsam wurde es dämmrig. Ich beschloss in Truro ein Motel anzusteuern. Truro ist eine relativ große Stadt, so dass Motels, Tankstellen und zahlreiche Supermärkte vorhanden waren. Dank Wi-Fi loggte ich mich mit meinem Laptop ins Internet ein. Ich erledigte meine "Ich-bin-gut-angekommen-E-Mails" und machte die Etappenplanung für den nächsten Tag. Danach ging ich schlafen. Morgens um 3.00 h Ortszeit Truro war ich fit. Noch unter der Dusche beschloss ich den Highway zu verlassen und die verschlafenen kleinen Örtchen an der Küstenlinie entlangzufahren. Einen Stopp legte ich an der warmen Theke im Supermarkt ein. Ich war überrascht, dass dieses Angebot ordentlich genutzt wurde. Immerhin war es erst 4 h morgens. Gegen Mittag machte ich einen Stop in Antigonish. Pittoreske Häuser waren in den schönsten Farben gestrichen und ich beschloss die Stadt zu Fuß zu erkunden. Die Temperaturen lagen bei minus 10 Grad und es herrschte eine trockene Kälte - von Schnee weit und breit nichts zu sehen. Bei strahlendem Sonnenschein leuchten die Häuser mit ihren Erkern zwischen den kahlen Bäumen im Sonnenlicht.

steile Straßen

steile Straßen (Bild: Casares)

Canso-Causeway

Als Übernachtungspunkt hatte ich mir Port Hawkesbury ausgesucht. Gegen spätem Nachmittag rollte ich über den 1385 m langen Canso-Causeway. Der Causeway verbindet Cape Breton mit der Halbinsel Nova Scotia. Am Causeway entdeckte ich eine Robbe und zahlreiche Seeadler flogen über mich hinweg. Port Hawkesbury hatte ich schnell erkundet und mich im Motel einquartiert. Gegen Abend wollte ich mich im Restaurant mit Tanja treffen. Wir haben uns zufällig im Internet kennen gelernt, als ich meine Reiseinformationen zusammenstellte. Es war ein netter E-Mail-Kontakt entstanden, der mit vielen Tipps gespickt war. Sie war vor einigen Jahren mit Ihrem Mann und den Kindern ausgewandert und freute sich nun auf Gespräche aus der alten Heimat. Es war ein vergnüglicher gemütlicher Abend bei excellenten Essen. Tanja wollte mir die nächsten 2 Tage ein bisschen ihre neue Wahlheimat, die Insel Cape Breton, zeigen.

Die Strassenverhältnisse

Die Strassenverhältnisse (Bild: Casares)

Im Wald

Im Wald (Bild: Casares)

Der Schnee kommt!

Am nächsten Morgen wachte ich wieder sehr früh auf, allerdings litt ich nicht nur unter der Zeitverschiebung, sondern es weckte mich ein fieses Scharren von Eisen auf Beton. Verwirrt starrte ich aus dem Fenster und sah einen Pick-up mit Schneeschaufel vorgespannt. Es schneite. 4.00 h morgens in Canada bedeutet 23 h in Deutschland. Ich beschloss meinem Mann per Skype anzufunken. Juhu alles easy mit Wi-Fi. Nachdem wir uns syncronisiert hatten, sah ich immer noch den Pick-up. Der Arme wurde irgendwie nicht fertig. Mittlerweile lagen große Schneeberge an den Straßenrändern. Unter den Parkplatzleuchten und mit dem Schnee wirkte alles hell, aber die gegenüberliegende Straßenseite war nicht zu sehen. Begeistert fuchtelte ich mit meinem Laptop vor dem Fenster herum, damit mein Mann auch das Schneegestöber sehen konnte. Nach einem üppigen englischen Frühstück checke ich im Hotel aus und warte in der Hotelhalle auf Tanja. Kurz drauf fliegt die Türe auf und Tanja kommt mit einem Schwall kalter Luft und schneebedeckt auf mich zu.

Der Schnee kommt.... (Bild: Casares)

hört das auch wieder auf? (Bild: Casares)

Der Schneedienst (Bild: Casares)

Auto ausbuddeln auf der Strasse (Bild: Casares)

Größere Schneefälle werden angesagt!

Sie teilt mir kurz mit, dass unser Ausflug leider auf den nächsten Tag verschoben werden muss, da bereits über Radio alle Sportevents in Nova Scotia abgesagt wurden. Die Bevölkerung wurde vor größeren Schneefällen gewarnt. Staunend höre ich zu. Per Radio wird bekannt gegeben, was stattfindet oder wann was nicht stattfindet. Nun brauchte ich mein Hotelzimmer wieder. Leider war das Hotel an diesem Wochenende ausgebucht. Am Abend sollte hier eine Hochzeit stattfinden. Derzeit konnte keiner abschätzen, ob die Hochzeit überhaupt stattfinden kann. Die Dame am Empfang teilte mir mit, dass ich mich noch eine halbe Stunde gedulden sollte. Tatsächlich fiel die Hochzeit am Abend aus und Tanja fuhr flugs heim. Alle Bewohner der Halbinsel machten es sich zuhause am Kamin gemütlich. Somit hockte ich in einem Hotelzimmer mit Panorama-Scheibe im 1. Stock. Der Schnee wurde minütlich höher. Die gegenüberliegende Straßenseite war gar nicht zu sehen. Na prima alles grau in grau. Als mich der Hunger packte, beschloss ich in den nahe gelegenen Supermarkt zu laufen, schließlich hatte ich die Winter-Ausrüstung dabei. 30 cm Neuschnee waren angesagt per Radio, aber irgendwie hatte der Moderator wohl versäumt zu erwähnen, dass der Schnee fünf Mal geliefert wurde. Der Schnee kam von oben und von allen Seiten. Der Supermarkt war vergessen. Das Restaurant mit dem großen M war einfach näher. Aber auch das erreichte ich nicht, da es zu heftig schneite und der Schnee mittlerweile knietief war. Ich entdeckte einen verzweifelten Autofahrer, der in einer Schneewehe feststeckt. Gemeinschaftlich buddelten wir das Auto aus. Aber an Weiterfahrt oder Restaurant war nicht zu denken. Außerdem war es extrem kalt geworden. Der Wind blies und stürmte wie verrückt. Der bereits gefallende Schnee wirbelte auf und es war die andere Straßenseite nicht zu sehen. Ich ging zurück ins Hotel und beschloss die Hotelküche in Anspruch zu nehmen. Gegen Nachmittag waren die Schneeberge so hoch, das ein großer Bagger sich mühelos dahinter verstecken konnte. Am Abend blieb auch das Hotelrestaurant geschlossen. Zum Glück hatte ich noch ein paar Vorräte. Ich war froh, dass der Blizzard mich nicht nicht auf offener Straße erwischt hat. Das kanadische Frühwarnsystem hatte sich bewährt und im Hotelzimmer war es warm und bequem.

Wintermärchen

Wintermärchen (Bild: Casares)

Eine gemütliche Hütte (Bild: Casares)

Strasse nicht mehr befahrbar (Bild: Casares)

über Nacht Winter

über Nacht Winter (Bild: Casares)

Am nächsten Morgen haben wir einen strahlend blauen Himmel und ein weisses Wintermärchen um uns herum. Alle Straßen waren wieder befahrbar. Dafür ist nicht mehr zu erkennen, ob es sich am Straßenrand um Feld oder See handelt. Zugefroren waren die Seen vorher schon alle - nun war auch alles weiss. Einfach nur schön bei ganz trockener Kälte. Tanja und ich fuhren am Bras Dór entlang und ich erfuhr eine Menge über die kanadische Lebensweise. Überall sahen wir Trucks oder 4 x 4 Quads mit Schneeschaufel vorgespannt. Die Kanadier bauen relativ nah an der öffentlichen Straße, da diese Straßen vom städtischen Winterdienst geräumt werden. Die privaten Straßen muss jeder Hausbesitzer selber räumen oder räumen lassen. Aber am meisten begeistert mich das einsame Wohnen mit Blick auf Seeadlern, Waschbären, Seen und guten Bootseinstiegen.

Sankt Peters

Wir kommen durch Sankt Peters. Es ist ein hübsches kleines Dörfchen mit Flair. Kurz darauf fahren wir durch ein Indianer Village, das ein ganz anderes Bild vermittelt. Tanja fährt sehr vorsichtig und langsam durch das Dorf, denn so ein Village hat seine eigene Polizei für ihre Gebiete. Es gibt auch keinen einheitlichen Bußgeldkatalog für alle Kanadier, d. h. unbedingt alle Geschwindigkeiten einhalten.

Sydney in Nova Scotia!

Für uns geht es weiter Richtung Sydney. Sydney ist nach Halifax die zweitgrößte Stadt in Nova Scotia und wurde bereits im Jahre 1785 durch die Britische Krone gegründet. Auch heute ist Kanada noch formell eine konstitutionelle Monarchie, mit ihrem derzeitigen Oberhaupt Queen Elisabeth II. In Nova Scotia wird als erste Amtssprache englisch gesprochen.
In Sydney gibt es alles. Die Stadt hat ein typisches amerikanisches Stadtbild. Alle Straßen gerade. Erst die Fastfoodketten, dann die Motels gefolgt von den Supermarktketten und jede Menge riesige Plakattafeln und Werbeträger sind zu sehen. Den Rest des Tages verbringen wir mit Shoppen. Outdoorläden, Megastores und Foodtempel laden zum Bestaunen ein. Es war ein wirklich toller Ausflugstag und ziemlich müde packe ich am Abend meine Schätze in die Reisetasche.

Am weissen Strand (Bild: Casares)

Am weissen Strand (Bild: Casares)

Eisschollen am Seeufer

Eisschollen am Seeufer (Bild: Casares)

Bunte Häuser (Bild: Casares)

schöne Häuser (Bild: Casares)

Schnee und Strand?

Für den nächsten Tag hatte Tanja etwas Besonderes geplant. Sie zeigte mir die unterschiedlichsten Seen. Wir schauten den Seeadlern beim fliegen zu. Mittlerweile konnte ich auch das Jungtier vom Altvogel unterscheiden. Aber das Allerschönste war eine Strandwanderung durch verschneite Dünen, bei traumhaften Lichtspielen und einen unvergesslichen Sonnenuntergang. Wir nahmen einen Sundowner am winterlich verschneiten Strand. Es war unglaublich. Wo hatte man schon Strand, Sonne und Schnee?


Leider ging unser Wochenende zu Ende. Die fröhliche und lustige Tanja würde mir fehlen. Ich wollte weiter zum Carbot Trail. Das absolute Highlight von Cape Breton. Abgesehen von den Walen. Delfinen, den Elchen, den Schwarzbären, das Eisangeln oder dem Hummer essen. Leider habe ich dann nichts mehr davon erlebt, da die Straßen im Norden einfach zu verschneit und zu einsam waren.Ich verbrachte noch drei Tage zwischen Ozeanstränden und Bras Dór bevor ich mich wieder Richtung Halifax aufmachte. Allerdings bekam ich noch einen Tipp der besonderen Art. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte....

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