Offener Brief an Störenfriede im Kino

Ihr Klogänger!

Zugegeben, viele Blockbuster laufen mittlerweile nicht mehr unter zwei Stunden Filmlänge. Gruselstreifen und Komödien sind aber meistens kurzweilige Unterhaltungsbeiträge und nach wie vor nach 90 bis 105 Minuten vorbei. Hand auf's Herz, wer vor dem Film die Toilette besucht kann diese Zeit aushalten. Das ist ca. einmal Bayern gegen Dortmund oder Desperate Housewives in Doppelfolge.

Tipp: Dauern Filme länger als 105 Minuten wird ihnen meist "Überlänge" attestiert. Wer also Tickets für Vorstellungen mit Überlänge kauft, der sollte dies auch in Absprache mit seiner Blase tun. Einfach mal die mittlere Cola bestellen statt dem 1,5-Liter-Monstrum und schon haben alle Beteiligten etwas davon.

Ihr Athleten!

Nicht selten wirkt das Publikum in einer Kinovorstellung wie das Star-Ensemble eines olympischen Teams. Dabei kommen vor allem zwei Disziplinen zur Geltung: Der Popcorn-Weitwurf und der Bein-Hürdenlauf.

Zum Weitwurf: Gehen wir mal davon aus, dass eine typische Popcorntüte 150 Gramm enthält, die 5 Euro kostet (und hier sind wir optimistisch): Abzüglich der 30 Gramm, die wahrscheinlich sowieso auf dem Boden landen oder nicht gegessen werden und der 90 Gramm, die wir verzehren stehen dem Werfer noch 30 Gramm Popcorn für seine Übungen zur Verfügung. Mitgerechnet? Haltet Euch einfach vor Augen, dass Ihr pro Film einen Euro* durch den Saal werft.

*geschätzte Angaben: Meistens ist es teurer!

Zum Hürdenlauf: "Der Kunde zahlt für die gesamte Vorstellung" – Kein Satz nervt die Kinoarbeiter mehr, wenn sie den Saal endlich sauber machen wollen, der Abspann aber noch läuft und wenige von ihrem Recht Gebrauch machen. Der Satz gilt aber auch schon vor Filmbeginn, denn Trailer gucken oder sich über die lokale Werbung lustig machen kann ebenfalls ein Vergnügen sein…wären da nicht die Hürdenläufer. Chronisch Verspätete, die immer erst dann in den Saal kommen wenn das Licht bereits aus ist und es sich alle Anwesenden gemütlich gemacht haben. Beine, Füße, Taschen oder Getränke - nichts bleibt verschont. Und die Zeit wird nicht mal gemessen!

Für Euch ein paar hilfreiche Tipps zur Prävention:

Kalendar Apps
Parkplatz Apps
Bahnzeiten
Apps für Kino- & Filminfos

Ihr Entertainer!

Filme machen erst dann richtig Spaß wenn man sich angeregt mit anderen darüber unterhalten und diskutieren kann. Hätte Bella mit Jacob? War Jar Jar Binks noch Star Wars? Hach, großartig. Leider fangen einige schon im Saal mit ihren Gesprächen an, vor Filmbeginn. Andere hören auch währenddessen nicht auf. Da werden Witze gemacht, Mädels angebaggert, Sitznachbarn beleidigt – im Gesprächsstoff sind sie kreativ. Größtenteils – und das merkt man – aus dem pubertären Bedürfnis heraus Aufmerksamkeit zu bekommen. Doch es gibt auch andere. Meine 20-jährige Sitznachbarin bemängelte in Paranormal Activity die Möbel, bei Life of Pi unterhielt sich ein Rentnerprächen neben mir über Gott und die Welt…passt zwar zum Film, aber Flüstern war nicht drin.

Hier wäre meine Bitte doch einfach auf die DVD zu warten und zuhause einen Film zu gucken. Wie der Zufall so will hätte ich da gleich zwei super DVD Tipps-> Django Unchained und Silver Linings!

Oder man verzichtet auf Kino, geht stattdessen in ein Pub, eine Disco, zum Speed Dating oder zum nächsten Grillfest. Vielleicht habt Ihr Euch ja tatsächlich nur in der Location vertan. Zur Not setze ich mich dafür ein, das Good Behaviour Game auch für Kinozuschauer einzuführen.

Ihr Angsthasen!

Euer Freund will in den neuen Horrorstreifen und weil ihr vor ihm nicht blöd aussehen wollt geht ihr natürlich mit. Muss er ja nicht wissen, dass Eure härtesten Film bislang Harry Potter und Romeo und Julia waren. Doch Horrorprofis erkennen Euch sofort im Kino – und zwar weil ihr quatscht, kichert und piept bis zum Umfallen. Warum? Weil Ihr Angst habt und Euch mehr gruselt als Ihr zugeben wollt. Fast schon ein kultiges Phänomen, das im Kino leider nervig für andere werden kann. Warum ladet Ihr Eure Freunde nicht erst einmal zu einem Grusel-DVD-Abend ein? Sozusagen als Warm up. Und macht Euch immer bewusst: Das ist Ketchup, eine Maske und meistens sowieso vorhersehbar. Und wenn nicht, dann schockt's kurz und gut ist. Auf der Achterbahn stellt Ihr Euch doch bestimmt auch nicht so an.

Ihr Gefragten!

Was total super aussieht: Zig Feuerzeuge und Lichter, wenn eine Band auf einem Festival eine Ballade spielt. Was total nervig ist: Wenn der Kinogänger in einem dunklen Saal von zig Handys "angelächelt" wird. Wenn ich so gefragt bin, dass ich selbst innerhalb einer oder zwei Stunden nicht die Finger vom Screen lassen kann, dann sollte ich das Kinogeld doch lieber sparen. Die Champions League sind natürlich diejenigen, die statt wegzudrücken auch noch Anrufe annehmen und Gespräche während des Filmes führen. Abgesehen davon, dass Vibrationsalarm abstellen wohl auch extrem hohe Anforderungen an Körper und Geist mit sich zu bringen scheint. Ich würde Euch raten Eure Handysucht damit zu bekämpfen mal wieder rauszugehen, Euch mit Freunden zu treffen, in der Stadt bummeln oder ins Kino…natürlich ohne Handy! Kino heißt "Abschalten" vom Alltag, also bitte auch die Handys.

Ihr Kinobesitzer!

Der Kunde ist König und wie wir dank unserer langen Geschichte wissen benehmen sich auch Könige gerne mal daneben. Warum also nicht gegenwirken mit einer etwas anderen Idee? In den USA beispielsweise werden Freiwillige als Cinema-Ninjas eingesetzt. Benimmt sich ein Kunde daneben schmeißen sich die Freiwilligen in schwarze Ganzkörperkostüme und weisen den Störenfried darauf hin ohne großen Ärger und Rausschmiss, denn: Die Zuschauer sind dadurch meistens so irretiert, dass sie ruhig bleiben. Als Gegenleistung erhalten die Ninjas freien zutritt zu Filmen - wenn das nicht mal eine Win-Win-Situation ist.

In diesem Sinne möchte ich meinen Aufruf mit den Worten einer von mir sehr verehrten Band abschließen: Enjoy the silence!