Heiratsantrag und Brautpreis

Beschließen ein Mann und eine Frau in Sambia zu heiraten, so wird zunächst einmal die Familie des Mannes informiert. Diese bestimmt einen Vermittler, ein Familienmitglied, das möglichst einen höheren Status hat und von Außenstehenden als vertrauenswürdig angesehen wird, einen ba Shibukombe. Der ba Shibukombe wird beauftragt, die Verhandlungen mit der Familie der Frau durchzuführen. So macht er sich zunächst auf, um die Familie zu besuchen und übergibt Insalamu, einen kleinen Geldbetrag, an den Vater der hoffentlich zukünftigen Braut. Der Vater behält dieses Geld zunächst, muss es aber wieder zurückgeben, falls die weiteren Verhandlungen scheitern und es nicht zur Hochzeit kommt. Inzwischen hat die Frau ihre Eltern natürlich auch bereits informiert, dass sie heiraten möchte.

Das zweite arrangierte Treffen des ba Shibukombe findet mit der Frau und ihren Eltern statt. Bei diesem Treffen wird die Frau offiziell gefragt, ob sie weiß, wen der ba Shibukombe repräsentiert und ob sie selbst einwilligt.

Beim dritten Treffen ist meist ein großer Teil beider Familien anwesend, denn nun wird der Brautpreis, Lobola, verhandelt. Die Lobolatradition hat sich im Laufe der Zeit in Sambia gewandelt, denn ursprünglich bezahlte man(n) den Brautpreis nur für eine Jungfrau. Nicht selten wurde es dem Mann vor der Hochzeit erlaubt, mit der Frau zu schlafen, um herauszufinden, ob sie noch Jungfrau ist. In heutiger Zeit sind natürlich viele der Damen schon längst keine Jungfrauen mehr, obwohl die Tradition des Geschlechtverkehrs vor der Hochzeit abgeschafft wurde, weil Sambia ja eine christliche Nation ist und Geschlechtsverkehr vor der Ehe eigentlich nicht erlaubt ist. Früher wurde der Brautpreis ausschließlich in Tieren, vor allem Rinder, bezahlt. In heutiger Zeit wird zwar noch meist in Rindern gerechnet, aber mit Geld bezahlt. Der Brautpreis variiert je nach Stamm, nach Ausbildung der Frau, wenn die Eltern natürlich schon in sie investiert haben etc, aber entspricht normaler Weise dem Wert von sechs bis zehn Kühen, im Durchschnitt. In manchen Fällen kann sich die Familie des Mannes die Mitgift nicht leisten. Heiraten dürfen sie trotzdem und dann nach und nach bezahlen. Bis der Betrag allerdings bezahlt ist, gehören die Kinder des frisch vermählten Paars zunächst der Familie der Frau.

Die ganzen Lobolaverhandlungen sind höchst offiziell. Alles wird schriftlich festgehalten und es wird verhandelt, bis alle einverstanden sind. Recht häufig verwendet die Familie der Frau in heutiger Zeit Lobola, um dem Pärchen mit ihrem ersten Haus zu helfen oder für die Hochzeit zu bezahlen. Leider ist dies nicht immer so und nach wie vor müssen kleine Mädchen viel zu früh heiraten, nur weil ihre Eltern möglichst schnell Lobola "verdienen" möchten, ohne in ihre Ausbildung zu investieren. Übrigens, wenn ein Mann eine Frau schwängert und sie nicht heiraten möchte, so zahlt er Strafe, die oft genau so hoch ist wie Lobola.   

Meine sambische Hochzeit war nur teilweise traditionell

Hochzeitsfoto (Bild: Barbara Lechner-Chileshe)

Zeremonien und Rituale vor der Hochzeit

Während die erste Phase des Brautpreisaushandelnds bei allen Stämmen relativ ähnlich abläuft, unterscheiden sich andere Rituale sehr wohl. Nun, nachdem der Preis festgelegt und bezahlt ist, befindet man sich in der Nkobekela-Phase, in der sich die Familien näher kommen und kennen lernen sollen. Diese Phase beginnt, wenn die Familie der Frau nun den Antrag offiziell angenommen hat. Bei den Bembas zum Beispiel ist es so, dass die Familie ihr Wohlwollen zeigt, indem sie der Familie des Mannes Icisumina Nsalamu schicken, ein traditionelles Essen bestehend aus dem Nationalgericht Nshima und einem ganzen Huhn. Während der Kennenlernphase werden Mann und Frau von der Familie überwacht. Sie dürfen in der Regel nicht alleine sein, sondern entweder ältere Familienmitglieder oder Kinder sind immer als Anstandswauwaus dabei. Auch ist es typisch in dieser Phase, dass beide von älteren Familienmitgliedern unterrichtet werden. Sie müssen lernen, wie man sich in einer Ehe verhält. Bei den Bemba ist diese Tradition vor allem für Frauen sehr wichtig, die von den älteren Damen sogar Tipps für den Geschlechtsverkehr lernen und aber nicht darüber sprechen dürfen, was sie in dieser Zeit lernen. Ein paar Tage vor der Hochzeit müssen sie allerdings den älteren Damen vorführen, was sie gelernt haben. Diese Zeremonie ist nur für Frauen, ist geheim und dauert meist bis Mitternacht oder länger.

Zubereitung von Nshima (Bild: Barbara Lechner-Chileshe)

In der Kennenlernphase darf der Mann zunächst nicht im Haus seiner Schwiegereltern essen, erst, wenn er und seine Familie offiziell eingeladen werden. In der Zeremonie Ichilanga Umulilo zeigt die Familie der Frau, welches Essen der zukünftige Ehemann zu erwarten hat. Eine große Gruppe von Frauen aus der Familie der Frau bereitet ein großes Buffet vor, oft muss die Familie des Mannes dabei noch mal kleinere symbolische Geldbeiträge bezahlen, um ins Haus eintreten zu dürfen und danach auch zu essen. Nach dieser Zeremonie hat der zukünftige Ehemann nun endlich bestanden und versichert, dass er sich finanziell um die Frau kümmern kann und die Frau darf nun auch offiziell für ihn kochen und seine Wäsche waschen, was sie vorher nicht durfte. Normaler Weise findet so ein ähnlich großes Fest, organisiert von der Familie der Frau, etwas später nach der Hochzeit nochmals statt, als Dankeschön, wenn der Mann sich gut um die Frau kümmert.

Bembas haben dann auch noch die Tradition, die Ukukonkola genannt wird: Da wird der Mann alleine zur Familie der Frau eingeladen und darf ab dann Familienentscheidungen treffen, ohne die Eltern der Frau mit einzubeziehen. So läuft das Ritual ab: Der Mann darf zu diesem Anlass das Schlafzimmer der Eltern seiner Zukünftigen betreten, um zu sehen, ob er etwas Wertvolles unter den Decken und dem Bett findet, denn das darf er dann behalten. Weiter darf er dann im Wohnzimmer unter den Sofas stöbern, bevor er schließlich in die Küche geführt wird und alles essen darf, was er findet. Was er nicht mehr essen kann, muss er mitnehmen.  

Interessant ist auch die "Kitchen Party", eigentlich der Junggesellinnenabschied der Frau, denn der ist so ganz und gar nicht, wie wir das in Europa kennen. Die Frau sitzt dabei mit gesenktem Kopf zwischen zwei älteren Damen und darf nicht lächeln oder aufsehen, denn sie muss Respekt zeigen. Die Gäste kommen nach der Reihe und bringen Geschenke, meist Küchenutensilien, und lehren der zukünftigen Braut, wie sie diese zu verwenden hat.

Die Hochzeit

In den Dörfern ist die Hochzeit meist eine gesamte Zeremonie, bei der die Frau wieder eher mit gesenktem Kopf herumläuft, um Respekt zu zeigen und ihr Vater sie dem Bräutigam übergibt. Es ist meist der Pastor der nächsten Kirche, der die Trauung durchführt und die Feierlichkeiten finden draußen statt. Die ganze Gegend kommt zusammen, jeder ist eingeladen und bringt Tiere mit, die geschlachtet werden und die Feste können mehrere Tage dauern.

Üblicherweise in heutiger Zeit teilen Paare ihre Hochzeit auf mehrere Teile auf. Den Standesamtteil mit der Urkunde lassen viele Paare ganz aus. So haben sie zunächst die Trauung in einer Kirche, wo nur die engste Familie anwesend ist. Dort fahren sie getrennt hin. Danach suchen sie sich einen schönen Platz, um Hochzeitsfotos zu schießen. In den Städten ist das recht lustig, denn meist sind die nett mit Blumen gestalteten Kreisverkehre äußerst beliebt für Hochzeitsfotos. 

Bei der Reception später sind dann alle Freunde und Bekannte eingeladen. Grundsätzlich kommen aber auch viele Leute, die nicht eingeladen sind, deswegen laufen viele Hochzeiten oft streng ab, dass man wirklich nur mit Einladungskarte zur Reception darf. Wir haben das bei unserer Hochzeit nicht gemacht und hatten statt 200 dann um die 1000 Gäste bei der Reception. 

Hier muss ich kurz ausholen und die sambischen Hochzeitseinladungen beschreiben. Wir hatten ausgefallene Kochlöffel mit unseren Namen darauf, an die die Einladungen angehängt waren und haben nicht ausdrücklich um Geschenke gebeten. Deswegen haben wir auch nicht viele Geschenke bekommen. Normaler Weise schreiben die sambischen Hochzeitseinladungen bereits vor, wie viel Geld man dem Brautpaar geben muss oder wie viel das Geschenk wert sein muss. Viele Familien kalkulieren es extra so ein, dass sie genug Leute einladen, von denen sie wissen, dass diese Geld haben und schreiben ihnen dann vor, wie viel sie geben müssen, damit sie das Geld für die Hochzeit wieder einbringen. Dadurch ist es durchaus üblich, dass Leute eingeladen werden, die die Familie gar nicht wirklich kennt, aber die Geld haben und deswegen gute Gäste sind.

Torte anschneiden (Bild: Barbara Lechner-Chileshe)

Aber nun zurück zur Reception. Das Brautpaar trifft unter großem Trara als letztes ein und wird zum ersten Mal offiziell als Ehepaar vorgestellt. Bei der Reception gibt es in der Regel einen MC, einen Master of Ceremony, der wie ein Showmaster durch das Programm führt. Eine Gruppe von Tänzern, die eigentlich die Brautjungfern und Trauzeugen darstellen, bilden den Line Up und eröffnen das Ganze und unterhalten mit Tänzen dazwischen. Generell wird viel getanzt und natürlich etliche Reden gehalten. Einen Höhepunkt stellt das Torten anschneiden dar, nach dem eigentlichem Essen, was meist ein gemischtes traditionelles Buffet ist. Dem Brautpaar und der engen Familie wird das Essen serviert, bevor sich die restlichen Gäste am Buffet bedienen dürfen. Das Torten anschneiden wird wirklich zelebriert, denn ein Kind der Familie, das schon Wochen vorher von der Matron, die für den reibungslosen Ablauf der Reception zuständig ist, trainiert wurde. Das Kind ist das Knife girl oder der Knife Boy und tanzt ein, um das Messer für die Torte zu bringen. Während es eintanzt stecken ihm die Gäste Geld zu, das es auch behalten darf. Dann wird die Torte angeschnitten und das Brautpaar füttert sich gegenseitig und küsst sich mit der Torte im Mund. Die Matron schneidet dann die restliche Torte auf und serviert den Gästen. Häufig gibt es eine große Torte und dann noch zwei kleinere, speziell für die engere Familie.

Ein anderer Höhepunkt der Reception sind die Geschenke. Es wird viel zeit für die Übergabe verwendet und auch hier hat die Matron Arbeit, denn sie notiert alle Geschenke und führt eine Liste darüber wer was geschenkt hat. Das gilt zur Kontrolle, weil bei Hochzeiten gerne geklaut wird, aber natürlich möchte man auch sehen, wer geizig war und wer großzügig.

In der Regel verlassen Braut und Bräutigam die Reception vor den Gästen, um in ihr neues gemeinsames Haus zu gehen und die Hochzeitsnacht zu zelebrieren. Die Gäste bleiben in der Regel solange bis nichts mehr zum Essen und Trinken da ist, dann löst sich das Ganze auf.

Autor seit 11 Jahren
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