Schikanen der Arbeitsagentur: Wie verhält man sich richtig?
Konflikte mit dieser selbstherrlichen Behörde gleichen oft dem Kampf David gegen Goliath. Aber bekanntlich gewinnt eben manchmal auch der Schwächere...Von Bürokraten und einer Oskarverleihung
Mittlerweile herrscht in der Bevölkerung teilweise die Ansicht vor, dass Arbeitslose grundsätzlich faule und betrügerische Zeitgenossen seien. Entsprechende Fernsehreportagen pflegen dieses Bild ebenso wie die unsägliche Diskussion, ein Erwerbsloser erhalte für sein Untätigkeit mehr Geld als ein hart arbeitender Familienvater. Ein Volkswirtschaftsprofessor der Universität Bayreuth forderte sogar, man müsse seinen Lebensunterhalt auch durch Organspenden finanzieren.
In einem solchen Klima der sozialen Spaltung finden Erwerbslose nur schwer Gehör, wenn sie von Schwierigkeiten bezüglich der Arbeitsagenturen berichten. Allein mit dem Problem "Bürokratie" lassen sich so manche Vorfälle allerdings nicht mehr erklären. Stattdessen entsteht der Eindruck gezielter Demütigungen, wobei im Hintergrund stets die Angst vor der Streichung existenziell notwendiger Geldleistungen mitschwingt. Betroffene berichten unter anderem von verschwunden Akten, Beleidigungen und dem Missbrauch der sogenannten Leistungskürzung. Nach der Auswertung entsprechender Fragebögen verlieh das "Bündnis gegen Ämterschikane" im November 2008 sogar einer Mitarbeiterin des Jobcenters Göttingen den wenig schmeichelhaften Siegerpreis für die "menschenunwürdigste Sachbearbeitung im Bereich Soziales", griffig formuliert als "Oskar für Herrenmenschen".
Für Sachbearbeiter in den Arbeitsagenturen scheint das Risiko, sich für ihr Tun verantworten zu müssen, dennoch gering zu sein. Einschlägige Briefe der Behörde tragen selten eine Unterschrift. Die im Briefkopf angegebenen Mailadressen sind in der Regel nur einem bestimmten "Team" zuordenbar. Auch der telefonische Kontakt zwecks schneller Nachfrage bei Unstimmigkeiten ist kaum möglich. Eine kostenintensive 0180-Nummer verband den Ratsuchenden anfangs mit einem Call-Center, wo man die Auskunft erhielt, der entsprechende Sachbearbeiter werde in den nächsten Tagen zurückrufen. Mittlerweile wurde diese Praxis durch eine in der Regel kostenlose 0800-Nummer ersetzt. An der schlechten Erreichbarkeit des tatsächlich zuständigen Sachbearbeiters ändert dies aber nichts.
Was können Betroffene tun?
Dennoch sind Erwerbslose nicht ganz so hilflos, wie es zunächst scheint. Bereits im Vorfeld lassen sich einige Benachteiligungen vermeiden. Günstig ist es beispielsweise, niemals allein zu einem Termin zu erscheinen. Auch die deutlich sichtbare Anfertigung von Notizen während des Gesprächs kann recht hilfreich sein. Bei der Abgabe von Anträgen und notwendigen Unterlagen empfiehlt es sich, eine Empfangsquittung zu verlangen. Wird jene verweigert, sollten Schriftstücke grundsätzlich per Einschreiben (wichtig: unbedingt mit Rückschein) eingereicht werden. Das Schreiben selbst sollte dann einen Vermerk enthalten, dass der Inhalt des Briefes dokumentiert wurde. Ansonsten könnte die Gegenseite behaupten, sie habe zwar ein Einschreiben erhalten, dieses sei aber leer gewesen... Unterstützung beim Kampf "David gegen Goliath" bieten auch einige private Initiativen, wobei sich jedoch echte Hilfe gelegentlich schwer von der Propaganda gewisser Altkommunisten unterscheiden lässt.
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Wie beschwert man sich richtig?
Ein beliebtes Zauberwort lautet "Dienstaufsichtsbeschwerde". Jene sollte formlos und schriftlich erfolgen und sich an den Vorgesetzten des "Übeltäters" richten, beispielsweise also den Leiter der lokalen Arbeitsagentur. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist immer dann angebracht, wenn sich ein Sachbearbeiter persönlich falsch verhalten hat: Bei Beleidigungen, falschen Verdächtigungen oder eindeutigen Schikanen, zum Beispiel eine stundenlange, vergebliche Wartezeit trotz der Einbestellung zu einem bestimmten Termin. Bei schwerwiegenderen Anlässen besteht auch die Möglichkeit, das zentrale "Kundenreaktionsmanagement" in Nürnberg per E-Mail zu kontaktieren.
Jeder Betroffene sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass eine Beschwerde nie ergebnislos bleibt. Eine Reaktion erfolgt immer. Im günstigsten Fall wird das Problem tatsächlich behoben. Doch auch ein absolut nichtssagendes Antwortschreiben ist möglich. Einkalkuliert werden muss jedoch ebenfalls die Option, dass der Sachbearbeiter mit Rückendeckung seines Vorgesetzten nun sogar zu verschärften Schikanen übergeht. Wer den offenen Konflikt wagt, sollte ihn also auch seelisch und existenziell durchstehen können.
Günstig ist es daher, bei Beschwerdeschreiben nicht nur den direkten Vorgesetzten anzuschreiben, wie es der Dienstweg vorsieht. Kopien der Beschwerde können mit dem Vermerk "zur Information" ebenso an höhere Dienststellen, notfalls sogar direkt nach Nürnberg, gesandt werden. Dies sollte man im Verteiler des Schreibens unbedingt auch erwähnen, so dass der eigentliche Adressat weiß: Diese Beschwerde lässt sich nicht unterschlagen.
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Die Untätigkeitsklage
Eine weitere und wesentlich ernstere Reaktionsmöglichkeit ist die gerichtliche Untätigkeitsklage. Sie wird nötig, wenn das Amt in einem Konflikt auf Zeit spielt, nicht reagiert oder fadenscheinige Ausreden (hoher Krankenstand, Urlaubszeit, "gründliche Prüfung des Sachverhaltes") vorbringt. Der betroffene Antragsteller gerät dadurch nicht selten in wirtschaftliche Not und muss schließlich klein beigeben. Die reine Untätigkeitsklage bewirkt aber selbst im Erfolgsfall lediglich, dass die Behörde nun eben irgendwie tätig werden muss. Eine faire und verwertbare Entscheidung ist dadurch noch längst nicht garantiert. Die korrekte Erhebung der Untätigkeitsklage oder anderer gerichtlicher Schritte sollte daher unbedingt durch eine kompetente Rechtsberatung zum jeweiligen Einzelfall abgesichert werden!
Was man (meistens) nicht tun sollte
Es erscheint so einfach: Wenn nichts mehr geht, wendet man sich an die Medien. Von diversen TV-Verbrauchersendungen bis hin zur Boulevardpresse wird uns das sympathische Konzept des öffentlichen Drucks auf Ämter vermittelt. Doch Vorsicht, die Realität sieht anders aus! Natürlich haben Medien ein Interesse daran, vor allem ihr siegreiches Eingreifen (und nicht eventuelle Fehlschläge) darzustellen. Die gemachten Angaben zu einem potenziellen Fall werden außerdem in den Redaktionen selbstverständlich überprüft. Nur thematisch vielversprechende Sachverhalte sind hier chancenreich. Doch selbst im Erfolgsfall besteht immer noch die Möglichkeit, dass man sich aufgrund fehlender Medienerfahrung vor der Öffentlichkeit einfach nur lächerlich macht.
Bitte beachten Sie, dass dieser Text keine Rechtsberatung darstellt.