Slawenburgen in der Lausitz: Ihr zweiter Untergang

Raddusch, 1984. Eine idyllische Landschaft am Rande des Spreewaldes ist in Gefahr. Die ständige Rohstoffknappheit in der DDR zwingt die sozialistischen Machthaber zu immer größeren Projekten. Jetzt soll in der Lausitz der riesige Tagebau Seese-Ost entstehen. Durch frühere Forschungen ist bekannt, dass sich im Boden des betroffenen Gebiets die Überreste von fünf Slawenburgen befinden: Tornow, Groß Lübbenau, Schönfeld, Presenchen und Raddusch. Während die Bagger bereits den Boden aufreißen, graben Archäologen fieberhaft an den vermuteten Standorten der ehemaligen Burgen, um möglichst viel Funde zu sichern. Alle fünf Grabungsstellen fallen schließlich der Überbaggerung zum Opfer. Doch dann verändern ungeahnte Ereignisse den Lauf der Dinge.

Eine Diktatur geht – eine Burg kommt wieder

Ehe die Bagger die Region vollständig in eine Mondlandschaft verwandeln können, sorgt eine weitgehend friedliche Revolution für den Untergang der DDR. Damit ist auch das sozialistische Wirtschaftssystem am Ende. Die schon längst nicht mehr rentable Braunkohleförderung wird drastisch reduziert. Es kommt zur Stilllegung des Tagebaus Seese-Ost. Das bereits archäologisch erforschte Grabungsfeld bei Raddusch wird somit zur Grundlage eines einzigartigen Projekts:

In nahezu originalgetreuer Optik soll die alte Slawenburg Raddusch an ihrem ursprünglichem Standort neu entstehen. Archäologen und Architekten rekonstruieren aus den zahlreichen Grabungsfunden Aufbau und Aussehen der slawischen Festungsanlage. Ab dem Planungsbeginn 1993 vergehen so rund zehn Jahre, bis die neu errichtete Slawenburg nach vierjähriger Bauzeit fertig gestellt wird. Im Mai 2003 ist das Bauwerk erstmals öffentlich zugänglich.

Die heutige Wallanlage bei Raddusch

Bereits aus einiger Entfernung bietet sich dem Besucher eine beeindruckende Kulisse. Der mächtige Holzbau ist dennoch nur Fassade. Im Kern des Ringwalls sorgt eine hohle Betonkonstruktion für die nötige Stabilität. Dies hat einen weiteren Vorteil: Das gesamte Innere des Betonrings konnte für verschiedenste Räumlichkeiten genutzt werden. Rund die Hälfte dieser Fläche dient dabei als Museum. Informative Panoramabilder und Filmanimationen sorgen dort für ein realistisches Eintauchen in die Ur- und Frühgeschichte der Lausitz sowie in die Zeit der slawischen Siedler. Die übrigen Bereiche des Ringwalls beherbergen gastronomische Einrichtungen, den Museumsshop und verschiedene Mehrzweckräume.

So mächtig die Slawenburg von außen wirkt, so erstaunlich gering erscheint dagegen die Fläche innerhalb des Walls. Gerade einmal rund 1000m² Fläche misst der Burghof. Bedenkt man, dass sich dort vor über einem Jahrtausend verschiedene Wohn- und Wirtschaftsgebäude befanden, dann muss es in der damaligen Burg schon ziemlich eng zugegangen sein.

Wer hingegen mehr Wert auf touristischen Weitblick legt, sollte über den Treppenaufgang zur Wallkrone hinaufsteigen. Von dort aus bieten sich ein fantastischer Rundblick über die Region sowie eine reizvolle Ansicht des Burghofes. Auch die touristischen Außenanlagen der Burg sind hier gut zu überschauen: Eine als Spielplatz vorgesehene hölzerne Figurengruppe erinnert an die Mühen bei der Besiedlung der Gegend. Im weiten Karree um die Burg führt zudem ein sogenannter Zeitsteg. Der schienenähnliche Weg stellt den Ablauf von 12.000 Jahren Niederlausitzer Geschichte dar und überrascht damit, dass die uns bekannte Geschichte der Neuzeit lediglich durch das letzte, winzige Stück des 600 Meter langen Weges symbolisiert wird.

 

 

Information:

Das Areal ist über die A15, Anschlussstelle Vetschau erreichbar. Der Bahnhof Raddusch wird vom Regionalexpress 2 (Berlin – Cottbus) sowie der Regionalbahn 41 tangiert und befindet sich in ca. zwei Kilometern Entfernung zur Slawenburg.

Slawenburg Raddusch

Zur Slawenburg 1

03226 Vetschau/Spreewald OT Raddusch

 

Donky, am 02.01.2024
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