Von Caorle nach Marbella

MarbellaCaorle kenne ich recht gut aus den 1970er Jahren, darum fiel meine Wahl auf Caorle, außerdem ist es nicht so weit entfernt von Wien und die Strapazen dieser Reise traute ich mir trotz doppelter Verplattung meiner Wirbelsäule zu. Aber es half nichts. Eine gute Freundin zum Beispiel meinte, sie denke nicht daran nach Caorle zu fahren, wenn ihre Sekretärin Urlaub in Florida mache. Das sah ich zwar ein, aber es brachte mich nicht ans Meer.

Im Juni 2012 sollte sich das schlagartig und vor allem unerwartet ändern. Ich spazierte gerade mit meiner Kamera am Nachmarkt, als mich ein Anruf einer guten Freundin ereilte. Wer den Naschmarkt an einen sonnigen Freitag Nachmittag kennt, weiß, dass ich unmöglich alles verstehen konnte. Aber soviel war klar, ich könnte, wenn ich wollte, 16 Tage gratis nach Marbella fliegen. Flug und Unterkunft wären bereits bezahlt.

Bruce Springsteen oder Costa del Sol

Puerto BanusIch bat mir zumindest eine Nacht Bedenkzeit aus, was auch wieder nicht so intelligent war, denn wer kann so eine Entscheidung schon während eines Schlafes fällen. Am nächsten Tag, ich verstand ob des Lärms am Naschmarkt ohnehin Madeira, rief ich dann einen gewissen Helmut, den Exmann meiner Freundin an. Wohlgemerkt eine sehr gute Freundin, nicht meine Freundin. Ein sehr feiner Unterschied in Österreich und wahrscheinlich auch in anderen deutschsprachigen Ländern.

Helmut erklärte mir telefonisch, dass die Reise nicht nach Madeira sondern nach Marbella ging. Ich tat einmal so, dass ich ohnehin wüsste, wo das lag. Kann ja nicht schaden, wenn man sich kundig in Sachen Geografie gab. Ich erbat mir nochmal 24 Stunden Bedenkzeit und das wurde mir auch gewährt. Das erste was ich mir vornahm war mein Terminkalender. Die Reise sollte inklusive Flug 16 Tage dauern. Exakt von 28. Juni bis 15. Juli 2012. Da fielen mir meine beiden Konzertkarten ein. Eine war für einen gewissen Joe Bonamassa in der Wiener Staatsoper, die andere für einen Herrn Springsteen aus New Jersey, der im Ernst-Happel-Stadion aufspielen sollte. Gut, den Joe nicht zu sehen war zu verkraften, bei Bruce tat ich mir schon schwerer. Also her mit dem Internet. Ich gab Marbella ein und sah, dass es zwischen Torremolinos und Gibraltar lag. Und als ich noch las es sei eine Stadt der Schönen und Reichen war meine Entscheidung gefallen.

Ich bin zwar weder schön noch reich, aber wenn diese Klientel dort den Urlaub verbrachte, konnte das kein schlechtes Zeichen sein. Der einzige Wermutstropfen waren meine lädierten Bandscheiben. Würden sie den Flug schmerzfrei überstehen? Sie mussten. Ich sah das Meer zum letzten Mal 1991 und jetzt schreiben wir das Jahr 2012. Also rief ich Helmut an und teilte ihm meine Entscheidung mit. Er freute sich mit mir und es sollte noch vier Tage dauern bis ich in das Flugzeug stieg, das uns nach Malaga bringen sollte. Meine Nervosität stieg von Tag zu Tag. Einmal wollte ich absagen, dann wieder nicht. Das ging so im Stundentakt. Immer wieder schaute ich mir diese wunderschöne Stadt an der Costa del Sol im Internet an. Und meine Entscheidung, mir diese einmalige Chance nicht entgehen zu lassen, wuchs von Tag zu Tag.

Schnappschüsse von Marbella

Meine Glückskatze in Marbella

Die Kinder von Torremolinos

MarbellaDer Donnerstag kam, es war 8 Uhr früh am 28. Juni 2012, als Helmut an meine Tür klopfte. Er war mir auf Anhieb sympathisch und das nicht nur, weil er mich zu einem Traumurlaub einlud. Der Flug ging um etwa 10.30 und wir wollten zwei Stunden vorher am Flugplatz sein, was ich übertrieben fand, aber dann vor Ort doch einsah, dass zwei Stunden Spielraum wahrlich nicht zu viel waren. Helmut half mir beim Einchecken, er half mir überhaupt, wo es nur ging. Ohne ihn wäre ich nicht nur nicht nach Marbella gekommen, ich hätte es ohne seine Hilfe wahrscheinlich nicht einmal von Wien Schwechat nach Graz Thalerhof geschafft. Mein Rücken braucht Hilfe, speziell beim Tragen von Gegenständen, die mehr als ein bis zwei Kilo wiegen meldet sich meine Wirbelsäule auf eine unangenehme Art und Weise.

Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind zu Weihnachten, das zum ersten Mal das imaginäre Christkind sehen sollte. Es ging los, wir saßen im Flugzeug Richtung Palma. Ich tat natürlich so, als flüge ich mindestens jede Woche, dabei fand mein letzter Flug 1979 nach Rio de Janeiro statt. Immerhin! Also auch schon ein paar Jährchen her. Es dauerte etwa zwei Stunden und wir waren in Palma. In Palma folgte ich Helmut und den Schildern. Wir fanden ziemlich rasch das Gate in Richtung Malaga, der Heimatstadt Antonio Banderas, wie ich später herausfand. Helmut mietete ein Auto und los gings. Ich konnte es kaum fassen, wir fuhren am Meer entlang Richtung Marbella. Ich sah Torremolinos, eines meiner Lieblingsbücher heißt "Die Kinder von Torremolinos" von James A. Michener und plötzlich fuhr ich mit meinem neuen Freund durch diese faszinierende Stadt.

Wir fuhren etwa eine Stunde bis wir in Marbella waren. Ich konnte es noch immer nicht glauben, das Meer bald zu sehen. Plötzlich zwischen zwei Straßenzüge und einer Ampel, die zum Glück auf rot stand, sah ich das Meer. Mir schossen Freudentränen in die Augen, die jetzt während ich diese Zeilen niederschreiben schon wieder etwas feucht werden. Wir waren angekommen. Ein Parkplatz war fast für uns reserviert und wir parkten uns ein, auf einem spanischen Parkplatz. Die Wohnung, wo wir 16 Tage verbringen sollte, war zwei Gehminuten vom spanischen Parkplatz entfernt. Die Wohnung lag übrigens auch nur etwa fünf Gehminuten vom Meer entfernt. Nur sah ich es vor lauter Freudentränen kaum. Das Meer nach 21 Jahren zu sehen ist unbeschreiblich. Vor sieben Jahren glaubte ich nicht einmal mehr an die alte Donau zu kommen. Jetzt war ich an der Costa del Sol. Gott und Helmut sei Dank!

Doortje und das Lolita

Lolita Diese 16 Tagen waren das Schönste was ich seit Jahren erlebte. In der Früh wanderte ich meist ans Meer und genoss den atemberaubenden Blick auf das Wasser und auf die Schiffe, die entweder gerade vom Fischfang kamen oder dorthin unterwegs waren. Meine Kamera schleppte ich stets mit. Die Mole knipste ich zirka 317 mal. Dann ging ich wieder in die Wohnung zurück und wie abgesprochen wachte Helmut gerade auf, wenn ich zurückkam. Ich machte uns einen Kaffee und wir freuten uns des Lebens. Um 10 Uhr gingen wir dann beide an den Strand und fanden recht bald Anschluss zu diversen Menschen, die dort lebten, oder Urlaub machten. Ich hörte etwa eine Woche nur Spanisch, Englisch oder Marokkanisch. Den ersten deutschen Satz hörten wir am 1. Juli, als Spanien Europameister wurde. Wir schauten uns das Match zu Hause an und nach dem gewonnen Finale zog es uns natürlich auf die Straße. Das war ein unbeschreibliches Erlebnis.

Die Menschen feierten und freuten sich und ich konnte keinen wirklich alkoholisierten Menschen ausmachen. Da wir auch keinen Tropfen Alkohol zu uns nahmen, war das äußerst angenehm. Zu sehen, dass man ein gewonnenes Finale auch ohne Alkoholexzesse feiern kann. Wenn Österreich Europameister geworden wäre, war ohnehin nie zu befürchten war, dann wären wahrscheinlich mehr Alkoholleichen als beim Oktoberfest in München gewesen. Und das will was heißen. Der Beweis wird aber schwer anzutreten sein. Helmut und ich spazierten von unserem Lieblingslokal "Lolita" Richtung Wohnung und kamen an einem deutschen Lokal vorbei. Ich glaube es hieß "Charlies Tante" oder so ähnlich. Zwei einsame deutsche Touristen saßen traurig an einem Tisch und ich hörte wie einer zum anderen sagte: "Das haben wir ganz schön verkackt, Alter". Wobei ich ihm nicht widersprechen konnte.

Ja unser Lokal, unser Lolita, unsere Dorli, wie wir sie nannten. Eigentlich heißt die beste Kellnerin von ganz Spanien Dorothee. Es war am ersten Abend, als wir die Altstadt erkundenden. Einmal sagte ich: "Nein hier nicht!", ein anderes Mal Helmut: "Nein, geht überhaupt nicht, gehen wir weiter!" und so ging das etwa eine Stunde. Bis wir zu einem Platz kamen, an dem wir das Lolita nicht einmal sehen konnten. Wir spürten nur dir Aura des Platzes, sahen einen Tisch mit zwei leeren Sesseln und setzten uns ohne zu zögern. Und ohne Vorwarnung, wie aus heiterem Himmel stand Dorli vor uns: "Hey Boys, what can I do for you?". Wir bekamen beide den Mund nicht mehr zu, so gefühlte 10 Minuten lang. Manchen Menschen kommen des Weges, wiederum andere Menschen sieht man sowieso schon von Weitem. Nicht so Dorli. Sie erschien! Uns wir beide wissen bis heute nicht, wie sie das machte. Egal, wir hatten unseren Platz gefunden.

Es dauerte nicht lange und ein Musiker namens Sergio Sands packte seine Fender aus und begann "Wish You Were Here" zu singen. Die Spanier und ich glaube es waren auch einige Spanierinnen dabei, spazierten vor uns auf und ab. Das Lokal "Lolita" befand sich auf der anderen Seite der Gasse.

Ein Traum war wahr geworden, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte. Am Tag war ich im schönsten Meer, das ich jemals sah, schwimmen und am Abend servierte uns Dorli ein Soda sin Gas und Sergio spielte uns Pink Floyd und Eagles. Was wollte ich zu diesem Zeitpunkt mehr? NADA!

Schnappschüsse von Marbella II

Das Haus, wo unsere Wohnung lag

Von Marbella nach München

PuSo ging es Tag für Tag. Die ersten beiden Tage gingen wir noch in ein Lokal essen, das Helmut von seinem letzten Aufenthalt kannte. Ich konnte mich jedoch beim besten Willen nicht warm essen und schlug vor, dass ich selbst kochen wolle. Wir hatten ja eine Küche in unserer Wohnung und ein spanischer Greissler befand sich ums Eck. Also versorgten wir uns selbst und das nicht vom Schlechtesten. Nach dem 1. Juli, also der Tag als Spanien das Finale so europameisterlich gewann, übertrieb ich etwas mit meinem Rücken und so konnte ich die nächsten Tage "nur" mehr am Strand verbringen, während sich Helmut meine Kamera krallte und wunderschöne Fotos in Gibraltar und anderen schönen Orten schoss. Aber mir tat es nicht leid, obwohl ich Gibraltar sehr gerne gesehen hätte. Aber ich war mit dem Strand in Marbella hoch zufrieden. "Mehr geht nicht" wurde ein geflügelter Satz.

Am Sonntag darauf zeigte mir Helmut Puerto Banus. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Zeitweise flüsterte ich nur noch, was ein Lächeln in Helmuts Mundwinkeln zauberte. Ich schoss Foto um Foto. Ich war im Paradies. Eine liebe Freundin schenkte mir, ohne von meinem Urlaub zu wissen ein Buch von Daniel Glattauer mit dem Titel "Rainer Maria sucht das Paradies" mit einer sehr lieben Widmung, die auch den Satz enthielt: "Lieber Joe, mögest du auch dein Paradies finden" und jetzt war ich da. Ich konnte es immer noch nicht ganz fassen. Aber ich genoss diese 16 Tage wie nur was. Und das gute Verstehen mit Helmut war ein zusätzliches Geschenk. Wir sind Freunde geblieben und haben uns fest vorgenommen auch 2013 nach Marbella zu fliegen. Mittlerweile waren wir schon vier Tage in München. LA BONITA VITA!

Schnappschüsse in Marbella III

Die Möwen hoffen auch

Marbella an der Costa del Sol
Sergio Sands in Marbella
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