Verlorene Atombomben: atomare Katastrophen als Erinnerung an den Kalten Krieg
Broken Arrows nennen die USA Atomwaffen, die während des kalten Krieges durch Unfälle detonierten oder verschwanden - einige sind bis heute unauffindbar.Bilanz des Kalten Krieges
Von 1950 bis 1980 kam es innerhalb der US-Streitkräfte zu 32 Unfällen mit einsatzbereiten Atom- oder Wasserstoffbomben, die von der Öffentlichkeit meist kaum wahrgenommen wurden. Bei einigen, dieser Broken Arrows genannten Unfälle, kam es auch in Europa zu einer radioaktiven Verseuchung vom Gebieten. In anderen Fällen wurden die Atombomben, die bei Flugzeugabstürzen oder durch Fehlabwürfe verloren gingen, bis heute nicht mehr gefunden.
Atomwaffen im Kalten Krieg in ständiger Einsatzbereitschaft
Das Wettrüsten der Supermächte und das gegenseitige Mistrauen schürte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und in den USA die Angst vor einem atomaren Angriff durch die Sowjetunion. Die Politik der nuklearen Abschreckung sollte einen atomaren Erstschlag des Gegners verhindern. Dazu hielten beide Seiten Atomwaffen in ständiger Einsatzbereitschaft.
Bomber vom Typ B-52 als fliegende Atomwaffenbasis
In den USA wurde von Boeing ein Langstreckenbomber entwickelt, der in der Luft betankt, und mit nuklearen Waffen beladen werden konnte. Zwölf Bomber vom Typ B-52 waren im Kalten Krieg, beladen mit einsatzfähigen Atomwaffen, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr in der Luft und kreisten über Europa, dem Mittelmeer oder dem Pazifik. Durch eine Reihe schwerer Unfälle mit den Flugzeugen und den damit verbundenen hohen Kosten der Bergung und Dekontaminierung wurde die atomare Abschreckung ab 1968 durch am Boden stationierte Interkontinentalraketen übernommen. Zuvor war es auch in Europa zu folgenschweren Unfällen mit radioaktiver Verseuchung gekommen.
Palomares/Spanien: Ein B-52 Bomber stürzt mit 4 H-Bomben ab
Im Jänner 1966 kollidierte ein mit 4 Wasserstoffbomben bestückter B-52 Bomber der US-Streitkräfte in der Luft mit einem Tankflugzeug. Das Tankflugzeug explodierte, alle Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben. Die Piloten des Bombers konnten sich mit Fallschirmen retten und wurden von Fischern aus dem Mittelmeer geborgen. Der Bomber stürzte mit samt seiner gefährlichen Fracht über Palomares in Spanien ab. Eine Bombe fand man intakt in einem trockenen Flussbett. Bei zwei der Nuklearwaffen explodierte beim Aufprall der Zünder. Hochgiftiges, radioaktives Plutonium verseuchte die Gegend in und um Palomares. Eine der vier Bomben stürzte ins Mittelmeer. Ein Fischer, der zum Zeitpunkt des Absturzes vor der Küste fischte, sah die Bombe in unmittelbarer Nähe seines Fischerbootes ins Meer fallen. Sie konnte erst nach Monaten und nach einer 11 Millionen Dollar teuren Suchaktion geborgen werden.
Das verseuchte Gebiet um Palomares wurde drei Monate lang von der US-Armee dekontaminiert. Dabei wurden über 1.700 Tonnen radioaktives Material abgetragen und in die USA verschifft. Sie lagern heute in South Carolina.
Thule/Grönland: Bombe 78252 wurde nie gefunden
Im Jänner 1968 kam es in der Nähe des US-Luftwaffenstützpunktes auf Grönland zu einem folgenschweren Unfall. Wieder stürzte ein B-52 Bomber ab. Wieder war er mit 4 nuklearen Waffen beladen. Drei der Bomben wurden zerstört, ihre Überreste konnten jedoch relativ rasch sichergestellt werden. Die vierte Bombe, mit der Seriennummer 78252, gilt bis heute als verschollen, wobei dies erst 40 Jahre nach dem Unfall aufgedeckt wurde. Auch auf Grönland kam es durch den Absturz zu einer radioaktiven Verseuchung mit Plutonium.
Der Bomber war bei Aufprall explodiert, das Wrack schmolz durch das Eis und sank auf den Meeresgrund. Gefundene Wrackteile und radioaktiv verseuchtes Eis wurden nach Texas verschifft. Die Bergungs- und Aufräumarbeiten wurden durch den arktischen Winter, durch die Kälte und die 24 Stunden dauernde Finsternis, erheblich erschwert. Zwischen der dänischen und der US-Regierung gab es noch in den 1980er Jahren Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Schadenersatzforderungen für die bei den Aufräumarbeiten beteiligt gewesenen Dänen. Studien zufolge hatten die Arbeiter eine um 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken. Der Vorfall von Thule führte immerhin dazu, dass die USA ihre Politik der atomaren Abschreckung änderten.
Bis heute ist der Verbleib einiger Atombomben nicht aufgeklärt
Die vierte Atomwaffe aus dem Flugzeugabsturz von Thule, Grönland, ist nicht die einzige Bombe die die bis heute verschollen ist. Im selben Jahr sank ein russisches U-Boot. Als es gefunden wurde, waren die beiden Atom-Torpedos vom Typ Mark 45 verschwunden. Die USA vermissen aus den Zeiten des Kalten Krieges sechs Broken Arrows, die vermutlich auf dem Meeresgrund vor sich hin rosten.