Vierschanzentournee und das Wetter - eine Geschichte für sich
Viele plakative Headlines lieferte das Wetter den Journalisten für die Beschreibung der Wettkämpfe. Die besten Stories rund um die Tournee.Winter in Tirol (Bild: https://pagewizz.com/was-is...)
Die Vierschanzentournee bei Kaiserwetter
Kaiserwetter rsp. (berlinisch:) Königswetter ist eine umgangssprachliche Redensart und bedeutet "sonniges Wetter" bei tiefblauem, wolkenlosem Himmel. Bilderbuchwetter also für alle, die vor den Fernsehschirmen sitzen.
Den Fremdenverkehrsbeauftragten vor Ort hüpft dabei nur so das Herz vor Wonne. So viel unbezahlbare Promotion für seinen Wintersportort! Eine traumhafte alpine Kulisse, so weit das Kameraauge reicht.
- In Innsbruck war es auf jeden Fall 2011 beim Sieg von Thomas Morgenstern so. Kaiserwetter bei den österreichischen Springern und den Zusehern. Sämtliche Winde hielten sich im Zaum. So darf es sein.
Die bittere Springerrealität sieht jedoch anders aus. Aufwind, Rückenwind oder Seitenwind, damit haben die Springer schon unter guten Bedingungen zu kämpfen. Wie viel mühsamer und gefährlicher wird dieser Sport, wenn die Witterungsbedingungen "unter jedem Hund" sind?
Schauen wir weiter.
Winter bitterkalt und schön (Bild: https://pagewizz.com/was-is...)
Bibberwetter mit arktischen Temperaturen
"Es ist so was von a...kalt." Da helfen nur heiße Getränke und noch heißere Schlachtgesänge, damit die Zuschauer nicht zu Eiszapfen mutieren.
- Doch bei der Tournee 1978/79 half nicht einmal das. Durch einen katastrophalen Temperatursturz in der Nacht vom 31.12.78 auf den 01.01.79 auf Minus 15 Grad und mehr, war es nicht möglich, die völlig vereiste Schanze in Partenkirchen in eine sprungbereite Anlage aufzubereiten. Das Neujahrs-Springen musste erstmalig auf den 2. Jänner 1979 mit nur einem Durchgang verlegt werden.
(Bild: http://pagewizz.com)
Skispringen im Nebel
Wer kennt das nicht? Frei nach dem Motto: "Such's Manderl!"
Man schaut auf den Anlauf, erahnt den Springer mehr, als man ihn wirklich sieht, dann taucht er beim Absprung in die Nebelsuppe ein. Die Kamera erreicht ihn beim Aufsprung wieder. Super. Nur in Norwegen, auf dem für seinen Nebel berühmt berüchtigten Holmenkollen, jubeln die Zuschauer sogar, wenn sie in den Nebel starren. Die sind geeicht, die Norweger.
- Am 6. Januar 2005, beim 3. Gesamtsieg für Ahonen, ging es in Bischofshofen so durch den Nebel.
- Auch 2010 am Bergisel starrten die Menschen durch eine Nebelwand. Kein Föhn verblies die dichten Schwaden.(Wenn man ihn einmal braucht, lässt er einen im Stich. Wenn das der Hofer wüsste; Andreas Hofer, der Freiheitskämpfer; nicht Walter Hofer, der Renndirektor der FIS im Bereich Skispringen.)
- Im Dezember 2010 das gleiche unscharfe Bild in Oberstdorf.
Nebel (Bild: PublicEpicness / Pixabay)
Der Wind, der Wind, das teuflische Kind
Eingefleischten Tirolern ist es immer schon unverständlich gewesen, wie man gerade in Innsbruck am Bergisel eine Sprungschanze hinstellen kann. Da muss der Zirbenschnaps oder der Enzian bei den Beratungen eine Rolle gespielt haben. Denn jeder kennt den Föhn, den unberechenbaren, heftigen südlichen Fallwind.
Es grenzt an ein Wunder, dass das Springen am Bergisel erst ein einziges Mal wirklich vollkommen "verblasen" wurde.
- 2007/08 musste erstmals wegen gewaltigen Föhnsturmes das Springen in Innsbruck abgesagt werden. Es wurde am 5. Januar in Bischofshofen nachgeholt.
- Aber auch in Oberstdorf wurde der Wind gleich bei der allerersten Tournee 1952/53 zum Problem. Allerdings löste man dies damals eher unorthodox. Heini Klopfer, Skispringer und Schanzenbauer, stand mit der roten Fahne (Ampel gab es noch nicht) auf dem Schanzentisch und gab jeweils für den Springer den Ablauf frei. Damit man nicht sah, wie stark der Wind wehte, tauchte er die Fahne ins Wasser ein. Kein Flattern, kein gefährlicher Wind, lautete die Devise anno dazumal.
- Das dritte Springen der 62. Vierschanzentournee in Innsbruck am 4. Januar 2014 war so eine gefährliche Windpartie. Der zweite Durchgang wurde nach 21 von 30 Springern wegen zu starken Windes abgebrochen, sodass lediglich die Punkte des ersten Durchgangs in die Wertung einflossen.
- 70 Jahre und kein bisschen leise ... der Wind am Bergisel nämlich.
Also, Vierschanzentournee 2021/22 ... Regenwetter - abgehakt.Ruhiges mildes vorfrühlingshaftes Wetter? abgehakt ... jetzt folgt der Bergisel ... welches Wetter kommt nun?Hätten wir uns ja denken können: zum Trainig und Quali halbschön und zur Konkurrenz pustet es alle davon.Also mal alles abgesagt - besser so als gebrochene Knochen.
Wind mit Schneetreiben, fast eine Lotterie
- Bei der 60. Vierschanzentournee 2011/12 drohte das Sturmtief "Andrea" das Springen in Bischofshofen zu einer Lotterie verkommen zu lassen. 60 bis 70 km/h Windgeschwindigkeit und dichtes Schneetreiben wurden prognostiziert und trafen prompt ein. Die Qualifikation wurde wetterbedingt abgebrochen. Nach anhaltendem Schneefall und starkem Wind musste Renndirektor Walter Hofer nach absolviertem erstem Durchgang das Zeichen zum Abbruch geben. Gregor Schlierenzauer freute sich trotzdem über seinen Gesamtsieg.
Schnee satt (Bild: a.sansone)
Schneemangel: Kein Schnee, kein Springen in Bischofshofen
Mal schneit es zu viel, mal zu wenig. So geht es halt im Freiluftsport zu.
- Eine aktuelle Schneearmut kennzeichnete den Beginn der Skisaison 1955/56. Während Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck die Kosten für eine Schneezufuhr aus Alpenhochtälern aufbringen konnten, war dies in Bischofshofen nicht möglich. Das Springen fand auf der Ersatzschanze (Zinkenschanze) in Hallein statt. Dass Schneemangel herrschte, sollte kein Einzelfall bleiben.
Zig-mal wurde der Schnee für die Bergiselschanze mit Lkws herangekarrt oder vorsorglich wurden Schneedepots angelegt. Auch heute macht man das noch. Vorsorgen ist besser als jammern.
2015/16 ... no Snow rundherum, etwas ganz und gar Ungewöhnliches. Dank neuer Technik und Schneedepots für die Schanzen kein Problem. Nur der Rundum-Blick ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Das absolut Postive an der Wetterlage - keine Windkapriolen. Na also.
Wegen Schneemangels die Tournee abgesagt - und dann sprangen sie doch!
Als die kurioseste Aktion der gesamten Tourneegeschichte wird die Saison 1953/54 in die Geschichtsbücher eingehen.
- Wegen Schneemangels wurde die Tournee am 28.12.1953 abgesagt. Irgendwo versagte die Informationskette. In Unkenntnis dieses Beschlusses (damals gab es weder Handys noch das Internet) ist die österreichische Mannschaft dennoch nach Oberstdorf angereist und siehe da, mit der Ankunft der Skispringer begann es dort zu schneien. Ja, es gab sogar Schnee in Hülle und Fülle.
- Skiclub-Funktionäre und vorhandene Skispringer fingen sofort an, die Schanze zu präparieren. Gleichzeitig wurden die anderen Skiverbände telegrafisch verständigt, dass die Tournee-Wettkämpfe nun doch in vollem Umfang durchgeführt werden.
- Die Fluggesellschaft SAS verschob den Flug um einen halben Tag, damit die Skispringer aus den nordischen Ländern rechtzeitig anreisen konnten.
- Eine tolle Geschichte, die auch das Improvisationstalent der damaligen Generation - ohne Handy, internet, facebook & Co unter Beweis stellt.
Blick in die eine oder andere Tournee der letzten Jahre
Was brachte das Wetter für die Vierschanzentournee 2014/15 und 2015/16
- Bis 24. Dezember 2014 - kein Stäubschen Schnee in Sicht. Lange Gesichter? Schnee Herbeikarren angesagt?
- 26. Dezember 2014 - es schneit. Es schneit und das ergiebig. Was nun? Schaufeln, freischaufeln, vereisen, Schnee feststampfen. Wie gehabt.
- Im Jahr darauf - kein Schnee - oder doch? Null Wind - so etwas ist besonders erwähnenswert. Dann wieder zuviel Schnee, wo vorher keiner war.
Auf das Wetter ist immer Verlass - jedes Jahr für Überraschungen gut.
- Oberstdorf 30.12.2016: Kaiserwetter, so gut wie kein Wind und kein Schnee ringsum. Gut für das Springen, für das Auge dank der späten Übertragungszeit auch kein Problem.
- Garmisch/Partenkirchen, das Neujahrsspringen 1.01.2017: Ebenfalls Kaiserwetter.
- Innsbruck Bergisel 4.01.2017: Wetterprognose=> Recht lebhafter Wind aus West bis Nordwest Am Bergisel wieder mal eine Windlotterie. Leidtragende einige der Favoriten. Nach einem Durchgang Wertung, weil ein weiteres Springen fast unmöglich wurde. Am 4. Januar 2017 wurde der Wettkampf unter widrigsten Bedingungen mit starkem Wind in einem Durchgang durchgeführt, auch weil auf der nicht mit Flutlicht ausgestatteten Schanze mit Einbruch der Dunkelheit nicht mehr gesprungen werden kann. Dabei wurde der Jury vielfach vorgeworfen, dass sie den Wettbewerb unbedingt zu einem Ergebnis führen wollte, ohne die Sicherheit der Skispringer an erster Stelle zu stellen, und den Wettkampf aus diesem Grund eigentlich hätte abbrechen müssen. Sieger Daniel Andre Tande.
- Im abschließenden Springen in Bischofshofen siegt der Pole Kamil Stoch und sichert sich damit den Gesamtsieg.
Innsbruck Prognose: 3. und 4. 1. 2018 ...anhaltendem Regen und Schneefall, die Schneefallgrenze steigt bis zum Abend von rund 1000m auf über 1500m. Dazu noch sehr viel Wind, im Gebirge weiterhin teils noch schwerer Sturm.
Schwere Zeiten kündigen sich hier nicht nur für die im Moment etwas außer Tritt geratenen österreichischen Springer an! Aber den bis dato um den Gesamtsieg ringenden Deutschen Richard Freytag erwischte es viel schlimmer. Der Gesamtweltcup-Führende Richard Freitag muss alle Hoffnungen auf den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee nach einem Sturz am Bergisel begraben.
Der 26-jährige Deutsche überkreuzt beim dritten Springen in Innsbruck im ersten Durchgang nach einem Sprung auf 130 Meter die Skier und kam zu Fall.
Zum zweiten Mal nach Sven Hannawald (2001/02) gewinnt ein Springer alle 4 Wettkämpfe: Kamil Stoch. Nach ihm schafft dieses Kunststück der Überflieger der Saison 2018/19, der Japaner Ryōyū Kobayashi. Jetzt haben es bereits drei Springer geschafft, alle 4 Springen zu gewinnen.
2022/23 war es wiederum ein Norweger, der fast alle das Fürchten lehrte: Halvor Egner Granerud.
2023/24
Nach schönen Schneefällen Anfang Dezember pünktlich vor Weihnachten herrscht derzeit eher Tauwetter und die Wetterprognose für die Tage vom 28. Dezember bis zum 6. Jänner ... sind ... soso, lala.
Wir lassen uns überraschen!
Bergisel - die Schanze für die Vierschanzentournee
Was es mit dieser Schanze an sich hat, was so besonders ist an ihr und warum man auch als Normalo einmal da oben gewesen sein muss - lesen Sie hier.
Bildquelle:
https://pagewizz.com/bergisel-winter-und
(Bergisel - Winter und Sommer ein Highlight)
a.sansone
(Die Kuh am Wanderweg - ein Problem?)