Warum sind die 1980er Jahre immer noch so populär?
Weshalb ein Jahrzehnt (nicht nur) die Deutschen nicht loslässtTatsächlich begann der Hype um die 1980er bereits wenige Jahre nach deren Ende. Als 1998 Modern Talking wieder zusammenfand, löste dies eine Revival-Welle aus. Das Pop-Duo, zu dessen Musik sich keiner bekennen wollte, kehrte mit Chart-Erfolgen, einer gefeierten Tournee und Rekord-Verkäufen auf die Bühnen des Landes zurück. Weitere Künstler wie Fancy, C.C. Catch oder Bad Boys Blue folgten. Die Hits unzähliger anderer 80er-Stars erfuhren als Remixes erneute Chartplatzierungen. Was zunächst wie eine kurze, auf Ideenlosigkeit basierende Marketingmaßnahme der Musikindustrie aussah, weitete sich bald aus: 80er-Motto-Shows fluteten das Fernsehen, alte TV-Sendungen wurden neu aufgelegt, 80er Serien, vor allem aus den USA, erlangten Kultstatus und verblieben bis heute als regelmäßige Bestandteile im Tages- und Vorabendprogramm. Inzwischen gibt es sogar eine rege Musikszene, die neue Titel im Stil der 80er produziert.
Selbst im Automobilbau versuchten sich einige Hersteller mit mäßigem Erfolg darin, neuen Karosserien eine gewisse Ähnlichkeit mit früheren Fahrzeugen zu verleihen. Was sind also die Gründe für diesen inzwischen seit Jahrzehnten anhaltenden 80er-Trend?
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Grund 1: Es ging uns gefühlt gut
Nach den freien, aber schmutzigen 1970er Jahren, bestehend aus Gitarrenrock-Orgien, RAF-Terror, moralischem Verfall des Westens und wirtschaftlichem Niedergang trafen in den 1980er Jahren eine Phase wirtschaftlicher Hochkonjunktur sowie eine neue Biederkeit zusammen. Bundesbürger zählten in der westlichen Welt wieder etwas, galten zwar als etwas spießig, aber auch als wohlhabend. Autos hatten noch richtige Farben und ließen sich auf einen Blick unterscheiden. Fernsehprogramme waren in übersichtlicher Menge vorhanden, so dass man am nächsten Morgen im Kollegenkreis meist mitreden konnte. Musiker und Bands firmierten in der Regel unter normal aussprechbaren Bezeichnungen. Heutige, kryptische Zeichenfolgen wie "Mr.32 x Sgt. Bro. feat. Ll‘ DJane" dürften im Musik-Kosmos der 80er weitgehend unbekannt gewesen sein... Selbst amerikanische Serien hatten zu dieser Zeit ins Deutsche übersetzte Titel.
Auch in der DDR unterschieden sich die 1980er von den anderen drei Diktatur-Jahrzehnten. Der rote Terror verschwand hinter Mauern und wurde so weniger offensichtlich. Statt direkter Repression gegen Schüler, Christen und Handwerker setzten die Kommunisten nun auf subtile Zersetzungsmaßnahmen, Psycho-Spielchen sowie flächendeckende Spitzelei. Wer wollte, konnte also davor die Augen verschließen, den übertünchten Verfall der Infrastruktur ignorieren und vorgeblich angepasst in seiner kleinen Nische überleben. Zum Westen hin erfolgte sogar eine leichte Öffnung, bedingt durch wirtschaftliche Notwendigkeiten. Westfernsehen war in einigen Teilen des Honecker-Staates ohne Strafandrohung möglich. Im kulturellen Bereich löste ab Mitte der 80er eine neue Generation aus Pop- und Rockmusikern den Schlager ab. Selbst einige kontroverse Filme mit Tiefgang schafften es an der Zensur vorbei. Insofern waren in der DDR die 80er noch das beste von vier schlimmen Jahrzehnten, was heute für einige ostalgische Verklärung sorgt.
Grund 2: Die 80er endeten spektakulär positiv
Großen Anteil am glänzenden Image der 80er hatte ohne Frage ihr Ende. Quasi in den letzten Wochen des Jahrzehnts geschah ein epochaler Umbruch, der das Leben von Millionen Menschen überwiegend positiv veränderte. Die Deutsche Teilung endete – und die damit verbundenen Geburtswehen der neuen Bundesrepublik gehörten bereits in das nächste Jahrzehnt.
Für viele andere Menschen des ehemaligen Ostblocks besitzen die 1980er bis heute offenbar ebenfalls Kultstatus. Denn besonders in den ärmeren Regionen Osteuropas war dieses Jahrzehnt die Zeit, in der es den Leuten trotz aller Mangelwirtschaft noch am besten ging. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hingegen kamen nur noch Verfall, regionale Kriege und Armut. So entstanden verklärte Erinnerungen, die sich unter anderem darin manifestieren, dass Superstars der 80er in Teilen des ehemaligen Ostblocks bis heute die Konzerthallen mit Leichtigkeit füllen können.
Grund 3: Die 80er waren einfach und überschaubar
In der Rückschau scheint es ein klares Schema aus Schwarz und Weiß gegeben zu haben: Die bösen Sowjets und die guten Amerikaner, die raffgierige Industrie und die guten Demonstranten für Frieden und Umweltschutz. Der reiche Westen und die arme, ausgebeutete Dritte Welt… Das war zwar nicht sonderlich wirklichkeitsnah, aber irgendwie erklärbar. Selbst Action-Fernsehserien orientierten sich bei allem gezeigten Unfug noch mehr an der Realität als heute, pflegten aber ebenfalls eine relativ klare Trennung zwischen Gut und Böse. Einige der erfolgreichsten amerikanischen Serien der 80er wie "Das A-Team", "Ein Colt für alle Fälle", "Knight Rider", Hart, aber herzlich" und viele mehr wurden nach dieser Formel entwickelt.
Als in den Jahren 2004 / 2005 die in den 80ern sehr erfolgreiche, aber später als schnulzig verrissene deutsche Serie "Die Schwarzwaldklinik" durch zwei Filme mit den Originaldarstellern fortgesetzt wurde, bewirkte dies Zuschauerrekorde. Warum eigentlich? Es war eine Zeit, in der SPD und Grüne unter Gerhard Schröder den deutschen Wohlstand gründlich vernichtet hatten und in der Arbeitslose als Schmarotzer galten, obwohl es wegen der Globalisierung schlichtweg keine Jobs gab. Es war eine Epoche, in der ausschließlich islamischer Terror, Lohndumping, Dumm- und Klugschwätzer, Internetbetrüger und Reality-Shows Hochkonjunktur hatten. Insgesamt also eine sehr unübersichtliche Gemengelage aus Wertewandel und unsicheren Zukunftsaussichten. Kein Wunder also, dass Menschen einer Serie huldigten, die trotz aller gezeigten Probleme ein sicheres Werte-Korsett und eine gewisse Idylle versprach. In der Welt der "Schwarzwaldklinik" fanden sich die Zuschauer noch zurecht…
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Es war natürlich nicht alles gut in den 80ern. Man denke nur an Nato-Doppelbeschluss, Tschernobyl, Irak-Iran-Krieg und vieles mehr. Dass die 80er rückblickend dennoch so positiv bewertet werden, ist vermutlich das Ergebnis der zunehmend ungemütlicher werdenden Jahre danach. Um es mit einem bekannten Wort von Helmut Kohl aus dem Jahr 1984 auszudrücken: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt…" Bei den 80ern waren das offenbar überwiegend gute Erinnerungen.