Die Geschichte der Ethnobotanik

Nutzpflanzen sind dem Menschen schon seit grauer Vorzeit bekannt. Sie dienten ihm in erster Linie als Nahrung, aber auch als Medizin, Genussmittel und in der Verwendung für alltägliche Gegenstände oder auch für Rituale.

Später erkannte man die wechselseitige Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen. Die Beschäftigung mit beiden Elementen ergab, dass die Verbindung zwischen diesen enger ist, als man gemeinhin angenommen hatte. Der Begriff wurde weiter ausgedehnt (und die Ethnobotanik um die ethnologische Komponente verstärkt), indem man nicht mehr nur den generellen Zusammenhang zwischen den genutzten Pflanzen und dem Menschen im Allgemeinen betrachtete, sondern die ethnologische Sichtweise mit in die Forschung aufnahm. Fortan untersuchte die Ethnobotanik also das Zusammenspiel von bestimmten Pflanzen und bestimmten Völkern bzw. Kulturkreisen.

Einige Verwendungszwecke sind universal. Diejenigen Pflanzen haben für mehrere Kulturkreise die gleiche oder eine ähnliche Bedeutung beziehungsweise sie dienen dem gleichen Zweck. Die ersten Ethnobotaniker, unter ihnen Carl von Linné und Alexander von Humboldt, berichteten in ihren Reiseaufzeichnungen nicht nur über die Pflanzenwelt in anderen Ländern, sondern auch über deren Verwendung. Dabei gelangten sie zu der Erkenntnis, dass es durchaus auch Pflanzen gibt, die bei unterschiedlichen Völkern auch eine unterschiedliche Bedeutung haben.

Die Aufzeichnungen in den Tagebüchern beschreiben dabei nicht nur die vorgefundenen Pflanzen und wofür sie von den Menschen verwendet wurden, sondern liefern auch genauere Aufzeichnungen über das Leben der Menschen in diesen Ländern, über die Umgebung und den Alltag - eben alle Begebenheiten, die man in ein Reisetagebuch einträgt.

 

Methoden der Ethnobotanik - Die Arbeitsweise der Ethnobotaniker

Der Botaniker erforscht die Pflanzen, ein Ethnobotaniker erforscht die Pflanzen in einem bestimmten Umfeld. Für ihn ist nicht nur das Gewächs an sich der Forschungsgegenstand, sondern die gesamte Umgebung, in der sich die Pflanze befindet. Es geht also nicht nach rein botanischen Fragen, beispielsweise wie sich die Pflanze vermehrt, ob sie viel Sonne braucht oder einen sandigen Boden. Die Ethnobotanik betrachtet vielmehr die Pflanze in ihrem Kontext, in dem sie steht. Ethnobotaniker stellen Fragen nach der Rolle, welche die Pflanze in der Arznei spielt, welche Pflanzen wofür eingesetzt werden, wer in der jeweiligen Kultur die Kenntnisse über die Pflanzen besitzt, wie die Pflanze wahrgenommen wird, welche Erwartungen die Anwender der Pflanze haben, usw. Methoden der Ethnologie und der Botanik müssen sich also ergänzen, um die Fragen beantworten zu können, welche die Ethnobotanik stellt.

 

  • Ethnologische Methoden: Feldforschung und Befragung

Um Einblicke in eine Kultur zu bekommen, muss das Vertrauen zu den Angehörigen dieser Kultur aufgebaut werden. Das lässt sich leichter errreichen, wenn man eine längere Zeit mit den Einheimischen zusammenlebt. Ohne Vertrauen werden die relevanten Daten oft nicht preisgegeben. Vor der Feldforschung sind natürlich Vorkehrungen zu treffen. So sollte beispielsweise die Sprache der jeweiligen Völker kein Problem darstellen und auch regionale, geographische und geschichtliche Tatsachen lassen sich bereits im Vorfeld recherchieren. Ob es der Forschung dienlich ist, wenn man das Forschungsprojekt der Bevölkerung vorstellt, ist ebenfalls vorher zu entscheiden. Befragungen und Erfahrungen von Einheimischen sind ein wesentlicher Bestandteil der Forschung, zusammen mit den eigenen Beobachtungen. Deshalb muss klargestellt werden, inwieweit Namen und Ort in der Dokumentation genannt werden dürfen.

Dokumentation muss in jedem Fall stattfinden, die Informationen gehören aufbereitet und geordnet. In einem Feldtagebuch sind alle Beobachtungen penibel festzuhalten: Bei welchem Wetter wurde die Pflanze geerntet, welche Krankheit wird damit behandelt, wer geht los und sucht die Pflanze,...?
 Mit ein bisschen Glück und Überredungskunst sind auch Filmaufzeichnungen und Fotodokumentationen möglich.

 

  • Botanische Methoden: Herbarisierung

Gesammelte Pflanzen müssen herbarisiert werden, um sie für nachfolgende Forschungen zu erhalten. Einen Botaniker interessiert in diesem Zusammenhang die Qualität und die Menge der zu verarbeitenden Pflanzen. Die Größe des Trockenschrankes muss danach bemessen werden und auch die Frage geklärt sein, wie dieser vor Ort bei der Feldforschung beheizt werden kann. Er muss sich vergewissern, dass die Pflanzen sicher zwischengelagert und verarbeitet werden können. Dabei gilt es eventuelle Tabus einer Kultur zu beachten, wenn beispielsweise das Sammeln und Trocknen von "heiligen" Pflanzen nicht akzeptiert wird.

 

Ethnobotaniker müssen sich hierbei naturwissenschaftlicher Methoden bedienen, deren Ergebnisse sich exakt messen und bestimmen lassen: genauer Fundort, Größe und Form der Pflanzenteile, Sammeldatum, Blütezeit, Wuchsform,...

Gleichzeitig benötigen sie die Methoden der Ethnologie. Diese sind zwar durch vorherige Festlegungen (Werden Sammlerinnen oder Heiler befragt? Wird die Untersuchung in der Stadt oder auf dem Land durchgeführt?... ) so präzisiert, dass später anhand der Anweisungen ein anderer Forscher die gleiche Studie unter den gleichen Bedingungen durchführen könnte, aber sie beinhalten immer eine bzw. mehrere subjektive Komponenten. Man interagiert schließlich mit Menschen - und kein Tag ist wie der andere.

 

Sonja, am 10.08.2012
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Bildquelle:
johannes flörsch (So findest du die Sternschnuppen der Perseiden)
Karin Scherbart (Wie macht man einen Regenbogen selbst?)

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