1. Argument: Kaltes Wasser ist frischer

Es mag stimmen: Kaltes Leitungswasser ist frischer im Sinn von sauerstoffhaltiger. Ob das aber geschmacklich wirklich eine Rolle spielt oder nur für Fische lebenswichtig ist? Doch egal wie: Wenn Wasser einmal kocht, enthält es eben so viel Sauerstoff, wie kochendes Wasser enthält – egal ob man dafür warmes oder kaltes Wasser aufgesetzt hat. Damit nicht mehr Sauerstoff entweicht als nötig, soll man Teewasser aber nur kurz aufkochen und nicht zu lange sprudelnd kochen lassen.

"Frisch" ist beim Wasserkochen eher in dem Sinn zu verstehen, dass man abgekochtes Wasser nicht noch einmal aufkocht. Denn dann wird es immer schaler und es fällt immer mehr Kalk aus – und das lässt Tee oder Kaffee auch nicht besser schmecken.

Natürlich kann man sich gerade bei Tee fragen, warum das Wasser erst einmal sprudelnd kochen muss, wenn bei vielen Teesorten 80 Grad zum Aufbrühen reichen. Doch da wird argumentiert, dass sich Wasser durchs Aufkochen geschmacklich positiv verändert. Außerdem werden (eventuell vorhandene) Keime und Legionellen abgetötet. 

2. Argument: Der Wasserkocher ist besonders energieeffizient

Auch das stimmt. Der Wasserkocher hat einen Wirkungsgrad von nahezu 100 Prozent. Doch der Strom, mit dem er arbeitet, hat das nicht. Kraftwerke haben beim derzeitigen Energiemix in Deutschland bei der Stromerzeugung einen Wirkungsgrad von nicht einmal 50 Prozent. Die Heizungsanlage im Haus, die auch das Warmwasser bereitstellt, kann das locker toppen: Sie bringt es auf einen Wirkungsgrad auf mindestens 80 Prozent. Es ist energetisch also viel sinnvoller, warmes Wasser aus der Leitung zu nehmen, das dann nicht mehr so lange erhitzt werden muss wie kaltes. Das gilt fürs Teekochen genauso wie fürs Aufsetzen von Nudelwasser.

3. Argument: Warmes Leitungswasser enthält mehr gelöste Stoffe

Bei warmem Wasser, das in der Leitung steht, droht die Gefahr, dass sich Stoffe von der Innenwand der Rohre leichter lösen. Die chemischen Stoffe, die sich da anreichern, mögen zwar noch unter den gesetzlichen Höchstwerten liegen, können sich aber auf den Geschmack auswirken. Ich kann mich noch gut an die Altbau-Wohnung erinnern, in der das warme Wasser deutlich trüber aus der Leitung kam als das kalte...

In Neubauten stellt sich das Problem weniger. Bei Altbauten empfiehlt sich ein Geschmackstest. Und wer Schwermetallen so weit wie möglich aus dem Weg gehen will, sollte bei alten Leitungen doch lieber kaltes Wasser nehmen. Energie hin oder her.

Fazit: Warmwasserhahn aufdrehen und nehmen, was kommt

Unterm Strich heißt das: Um den Wasserkocher oder den Topf fürs Nudelkochen mit Wasser zu füllen, am besten einfach den Warmwasserhahn aufdrehen und Wasser einfüllen – egal, ob es sofort warm aus der Leitung kommt oder zunächst noch kalt ist. Denn Wasser ungenutzt weglaufen zu lassen geht gar nicht. Nur wer in einem Altbau wohnt und wegen der in warmem Wasser gelösten Stoffe gesundheitliche Bedenken hat, sollte besser kaltes Wasser nehmen – auch wenn es energetisch nicht optimal ist. 

Spurensuche (I): Die Teekenner waren's …

Wie bin ich nur jemals darauf gekommen, kaltes Wasser zum Wasserkochen zu verwenden? Vielleicht weil warmes Wasser als abgestanden empfunden wird? Außerdem glaube ich, es einmal als Tipp fürs Teekochen gelesen zu haben. Denn die heftigsten Debatten, welches Wasser man nimmt, werden unter Teekennern geführt, wie die Tee-Website (http://www.das-klassische-china.de/Tee/Empfehlungen/Auf-der-Suche/) beweist:

Die Qualität einer guten Tasse Tee hängt zu 20% vom Tee selbst ab und zu 80% vom verwendeten Wasser. (…) Man sollte das Wasser immer frisch und kalt verwenden, nie aus dem Boiler. Wobei die verkalkten Wasserboiler von einst, in denen das Wasser stundenlang brodelte, mit Wasserkochern von heute wahrscheinlich wenig zu tun haben... 

Spurensuche (II): Meine Mutter war's nicht!

Ach ja: Ich habe natürlich auch meine Mutter gefragt, woher ich den Unsinn mit dem "kalt und frisch" haben könnte. Sie hatte keine Ahnung: Sie dreht beim Wasserkochen nämlich einfach den Warmwasserhahn auf und nimmt, was kommt. Energetisch gesehen genau richtig. Und eigentlich hätte ich es mir denken können, dass sie es nicht war, die mir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Sie ist nämlich leidenschaftliche Kaffeetrinkerin...

 

Schlusswort (I)

Ich habe mir inzwischen tatsächlich angewöhnt, den Warmwasserhahn aufzudrehen, wenn's ans Teemachen geht. Ob es sich die eingangs erwähnte Großmutter, Mutter und Enkelin wohl auch noch abgewöhnt haben, den Braten an den Enden abzuschneiden? Dieser Witz stammt übrigens aus dem Buch "Die jüdische Küche. 110 Rezepte & Geschichten aus aller Welt" von Clarissa Hyman und Peter Cassidy. Nicht nur die Geschichten sind gut, die Rezepte sind es auch!

Schlusswort (II)

Eigentlich ist es ein Nachtrag zu der Geschichte, ob man zum Teekochen besser warmes oder kaltes Wasser nimmt. Denn inzwischen hat das Thema im Zug von Klimawandel, Energiesparen und steigenden Strompreisen noch einmal richtig an Fahrt aufgenommen. Und gerade im Haushalt stolpere ich immer wieder über Dinge, bei denen es höchste Zeit ist, alte Zöpfe abzuschneiden und das Verhalten zu ändern. Nur Mut: Meistens sind es nur kleine Stellschrauben, die noch gar nichts mit Verzicht zu tun haben. Es tut also überhaupt nicht weh. Ein paar Beispiele gefällig? Sehr gerne! 

 

Waschmaschine: Beim Schleudern einen Gang runterschalten 

Ich weiß noch zu gut, wie ich mich früher mit der alten (immerhin schon elektrischen) Schleuder meiner Großmutter abmühte. Im höchsten Gang musste ich das zylinderförmige Gerät regelrecht umarmen, damit es nicht umfiel. Und dann war die Wäsche trotzdem noch ziemlich nass, nur getropft hat sie gerade so nicht mehr. Insofern genieße ich die modernen Hightech-Waschmaschinen, die nicht nur waschen, sondern auch schleudern können und das am Ende sogar freiwillig automatisch tun. Und natürlich stelle ich bei normaler Baumwoll-Wäsche immer 1400 Umdrehungen ein. Doch inzwischen bin ich eines Besseren belehrt worden. 1000 Umdrehungen genügen vollkommen. Das spart erheblich Strom. Eigentlich kann man sich das denken, wenn man der Waschmaschine beim Schleudern zuhört. Allein die Lautstärke lässt erkennen, welchen Anlauf die Maschine nehmen muss, um bei einer vollen Trommel zur Topform aufzulaufen. Schleudern mit 1400 Umdrehung macht energetisch nur Sinn, wenn die Wäsche anschließend in den Trockner kommt. Wer wie ich die Wäsche am Ständer auf dem Balkon trocknet, ist mit 1000 Umdrehungen bestens bedient. Ein weiterer Vorteil: Die Wäsche klebt nicht so schlimm am Rand der Maschine fest. Für die Textilien selbst ist das schonender. Ich habe es auch schon mit 800 Umdrehungen probiert. Geht beim Trocknen im Freien auch, aber die Wäsche hat deutlich mehr Gewicht. Da ist ein stabiler Wäscheständer nötig, meiner hängt durch. 

 

Kühlschrank: Gut gefüllt tut Mensch und Umwelt gut 

Der Kühlschrank gehört zu den größten Stromfressern im Haushalt. Schließlich brummelt er Tag und Nacht vor sich hin. Wer in der Küche arbeitet, möchte eigentlich nicht, dass der Kühlschrank total vollgestopft ist. Man verliert den Überblick, es gehen Lebensmittel kaputt. Aber zu leer sollte der Kühlschrank auch nicht sein. Denn dann entweicht bei jedem Öffnen ruckzuck jede Menge gut gekühlter Luft, Warmluft in Zimmertemperatur strömt nach. Und der Kühlschrank hat zu tun, wieder auf seine vorgegebenen sechs, sieben oder acht Grad zu kommen. Das kostet Energie, sprich Strom. Insofern ist, wie beim Essen, ein gutes Mittelmaß zu empfehlen, was das Befüllen des Kühlschranks betrifft. Das tut Mensch und Umwelt gut. Ich kann mich übrigens noch gut an mein erstes möbliertes Zimmer erinnern, in dem ein uralter Monsterkühlschrank in der Ecke stand. Er war viel zu groß für einen Single-Haushalt – gekocht habe ich damals sowieso nicht viel. Schon zu dieser Zeit – und das ist jetzt wirklich viele Jahre her – hat mir ein Freund geraten, lieber Ziegelsteine in den Kühlschrank zu legen als ihn so leer stehen zu lassen.

 

Fernsehen: Filme besser speichern als streamen 

Eine Stunde Video-Streaming in Full-HD-Auflösung benötigt 220 bis 370 Wattstunden elektrischer Energie. Das verursacht etwa 100 bis 175 Gramm Kohlendioxid, also ähnlich wie die Emissionen eines Kleinwagens bei einem Kilometer Autofahrt. Nach Berechnungen des Stromversorgers Eon haben die Streaming-Dienste im Jahr 2018 so viel Energie verbraucht, wie sämtliche Privathaushalte in Deutschland, Italien und Polen gemeinsam. Dabei ist es so einfach, das mit dem Streamen zu vermeiden, vor allem wenn Filme auch im Fernsehen laufen. Egal, wie viele Menschen einen Film im Fernsehen anschauen: Das macht immer nur eine einzige Ausstrahlung nötig. Wenn aber zehn Millionen Menschen einen Film streamen, löst das auch zehn Millionen Übertragungen aus. Das lässt den Stromverbrauch in die Höhe schnellen. Und dann laufen die Rechenzentren heiß, auf deren Servern Filme, Serien und Videos abgespeichert sind, und müssen permanent gekühlt werden. 

Streamen lässt sich bei Filmen aus dem Fernsehen ganz einfach umgehen: Denn man kann den Film während der regulären Ausstrahlung aufnehmen und ihn später ansehen, wenn es zeitlich besser passt. Die meisten Fernseher oder Receiver bieten so eine Speicherfunktion. Eine weitere Möglichkeit: Das Lieblingsvideo, das öfter angesehen wird, besser aus dem Internet runterladen oder die gute alte DVD bemühen. 

Und wenn es gar nicht anders geht als zu streamen, dann spart es Strom, sich mit einer HD-Auflösung zu begnügen. Gerade bei kleinen Endgeräten bemerkt das Auge den Qualitätsunterschied gar nicht. Und auch der Akku hält dann länger durch. Apropos Endgerät: Je kleiner der Bildschirm, desto weniger Strom verbraucht er auch. Wenn das Tablet fürs Streamen genügt, umso besser.

Fotos: Josch13/pixabay.com

Mondstein, am 23.06.2015
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