Wer hat die Knautien-Sandbiene gesehen?
Sie ist die "Wildbiene des Jahres 2017": Die Knautien-Sandbiene (Andrena hattorfiana). Nie gehört und nie gesehen? - Warum es sich lohnt, mal genauer hinzuschauen ...Darf ich vorstellen? Die Knautien-Sandbiene:
Ihr Name kann uns schon einiges verraten: Die Knautien-Sandbiene (Andrena hattorfiana) zählt zur Familien der Echten Bienen und ist – im Gegensatz zur Honigbiene – eine wildlebene Biene.
Sie gehört zur Gattung Andrena, den Sandbienen, von denen es in Deutschland über 100 verschiedene Arten, weltweit sogar über 1500 verschiedene Arten gibt.
Die Knautien-Sandbiene ist eine echte Spezialistin, denn sie sammelt einzig und alleine den Pollen der Knautie und der sehr ähnlichen Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria). Die Knautie ist bei uns auch als Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis), Acker-Witwenblume, manchmal auch als Nähkisselchen oder Knopfblume bekannt.
Knautien-Sandbiene (weiblich)
Noch nie gehört und noch nie gesehen?
Die Knautien-Sandbiene kommt in Europa und in Nordafrika vor, in Deutschland ist sie noch (!) weit verbreitet, steht aber bereits auf der Roten Liste der bedrohten Arten in Kategorie 3, das bedeutet: Ihre Bestände nehmen ab, mancherorts ist sie schon selten geworden und die Gefahr besteht, dass sie in 10 Jahren akut gefährdet sein wird.
Manchmal muss man einfach nur ein bisschen genauer hinschauen, wenn man die Wildbiene des Jahres 2017 entdecken möchte. Wo man der Knautien-Sandbiene begegnen kann? - Vor allem auf Streuobstwiesen, an Dämmen, Weg- und Waldrändern, Straßenrändern und blütenreichen Wiesen.
Die Knautien-Sandbiene fliegt von Anfang Juni bis Ende August.
Und es ist gar nicht so schwer, sie zu finden: Will man sie entdecken, muss man einfach nur nach Knautien Ausschau halten.
Daran erkennt man sie: Die roten Höschen
Die Knautien-Sandbiene ist etwa 13-16 mm lang. Ganz charakteristisch: Beim Weibchen ist das zweite, manchmal auch das erste Segment des Hinterkörpers rot und die Seiten des zweiten und dritten Körpersegments werden je von einem schwarzen Punkt markiert. Es gibt allerdings auch Weibchen, die überwiegend dunkel sind.
Bei den Männchen ist die rote Färbung seltener, außerdem sind sie etwas schlanker.
Typisch für die Knautie-Sandbiene sind die roten Höschen, die vom Pollen der violettfarbenen Wiesen-Witwenblume stammen.
Knautien-Sandbiene (männlich)
Warum der ehrenvolle Titel der "Wildbiene des Jahres 2017"?
Vom Kuratorium "Wildbiene des Jahres" wurde die Knautien-Sandbiene zur "Wildbiene des Jahres 2017" gewählt. Allerdings ist das – wie so oft bei den Tieren des Jahres – nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Denn die Knautien-Sandbiene soll auf die problematischen Lebensumstände vieler Insekten hinweisen. Sie steht stellvertretend für über 100 Wildbienenarten in Deutschland, die für die Aufzucht ihrer Larven auf den Pollen einer ganz bestimmten Pflanze angewiesen sind.
Für diesen Zweck sei gerade die Knautien-Sandbiene eine besonders "gut erkenntliche Botschafterin".
Ihre Botschaft? - Landschaften sollen wieder bienenfreundlicher werden!
Die Knautien-Sandbiene ist sehr wählerisch ...
… denn wirklich gerne mag sie nur den Pollen der Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) oder den der Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria). Der Pollen dieser Wildblumen dient der Knautien-Sandbiene als Nahrung und wichtige Eiweißquelle für ihre Larven.
Die Knautien-Sandbiene ist also – im Gegensatz zur bekannten Honigbiene, die verschiedene Pflanzen anfliegt – eine Nahrungsspezialistin.
Übrigens ist die schlichte violettfarbene Knautie nicht nur bei der Knautien-Sandbiene beliebt: Auch andere Wildbienen, Honigbienen, Tagfalter und Käfer mögen sie gern.
Sie wächst auf nährstoffreichen Wiesen, an Wegrändern und auf anderen Flächen, die nicht übermäßig gedüngt oder intensiv bewirtschaftet werden.
Schachbrettfalter auf Wiesen-Witwenblume
Honigbiene auf Wiesen-Witwenblume
Was ist das Problem der Knautien-Sandbiene?
Die Knautien-Sandbiene ist auf die Wiesen-Witwenblume als Nahrungsquelle angewiesen – und logisch: Gibt es von den schlichten violettfarbenen Blumen immer weniger, gerät auch die Knautien-Sandbiene in Bedrängnis.
Leider hat der Bestand der heimischen Wildpflanzen in den letzten Jahren in Deutschland rapide abgenommen und das betrifft auch die Wiesen-Witwenblume.
Warum findet man immer weniger Wildblumen?
Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Wiesen werden zu häufig gemäht und zu viel gedüngt.
- Der erhöhte Stickstoffgehalt im Boden lässt Gräser wachsen und diese verdrängen allmählich die blühenden Pflanzen.
- Artenreiche Wiesen werden in Ackerland für den Anbau von Raps, Mais oder Weizen umgewandelt.
Neonics – klingt cool, ist es aber gar nicht
Wie viele andere Insekten haben auch die Wildbienen mit diesem Problem zu kämpfen: Chemischen Unkrautbekämpfungsmitteln und Neonicotinoiden, die eingesetzt werden, um tierischen Schädlingen den Kampf anzusagen.
Neonicotinoide – kurz Neonics – sind verwandt mit Nikotin und hochgiftig. Sie töten nicht nur viele Insekten, sondern stören bei zahlreichen Arten auch die Fruchtbarkeit und das Paarungsverhalten.
Es kann zum Beispiel passieren, dass Solitärbienen wie die Knautien-Sandbiene unter dem Einfluss von Neonicotinoiden keine Nester mehr anlegen.
"Mining bees": Bienen, die im Boden graben
Besonders problematisch ist, dass Neonicotinoide sich auch im Boden anreichern, wo Sandbienen ihre Nester bauen. Alternativ bezeichnet man diese Wildbienen deshalb auch als Erdbienen, im Englischen kennt man den Begriff "mining bees".
Sandbienen leben anders als Honigbienen nicht in Kolonien, sondern sind Einzelgänger.
Sie bauen ihre Nester in der Erde und wer es nicht ganz genau weiß, der ordnet die kleinen Löcher vermutlich eher Ameisen oder Käfern zu. In dieser selbst gegrabenen Nisthöhle legt die Sandbiene mehrere Nistkammern an, deponiert dort ein Ei und Pollen als Versorgung für die Larve und verschließt dann den Nistgang.
Dabei können sich die Wege von Biene und Mensch durchaus kreuzen, denn Sandbienen scheinen risikofreudig zu sein und bauen ihre Nester bevorzugt an viel begangenen Wegen, an wenig bewachsenen Böschungen oder auf vegetationsarmen Rasenflächen. Wo es zu feucht und zu dicht bewachen ist, eignet es sich für die Sandbiene kaum zum "Wohnungsbau".
73% aller Wildbienen Deutschlands nisten übrigens im Boden. Ein Grund dafür, warum das Insektenhotel im Garten für Wildbienen nur bedingt Unterstützung sein kann.
Ganz schön hinterlistig: Kuckucksbienen
Sandbienen wie die Knautien-Sandbiene sind auch beliebte Wirte bei Brutparasiten bzw. Futterparasiten, umgangssprachlich auch als Kuckucksbienen bekannt.
Die Kuckucksbiene schmuggelt ihr eigenes Ei in die Brutkammer der Wirtsbiene. Die Larve der Kuckucksbiene saugt das Ei der Nestinhaberin aus und ernährt sich dann von deren Vorräten.
Ein Viertel aller Wildbienen zählt zu den Kuckucksbienen.
Die Knautien-Sandbiene wird besonders gerne von der Bedornten Wespenbiene als Wirt genutzt. Aus Sicht der Knautie-Sandbiene mag es vielleicht ein bisschen ungerecht klingen, aber: Wer die Knautien-Sandbiene schützt, der tut gleichzeitig auch der Bedornten Wespenbiene etwas Gutes.
Knautien-Sandbiene (weiblich)
Schutz und Hilfe für die Knautien-Sandbiene: Was kann man tun?
Vor allem: Knautien erhalten, aussäen oder anpflanzen! In Gärten, Parks oder auch an Wegrändern. Beim Mähen darauf achten, Blüteninseln auszusparen und die Wiesen-Witwenblume abblühen zu lassen.
Die Wiesen-Witwenblume blüht bis zum ersten Frost und ist so bis in den Spätherbst eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten.
Ein reiches Blütenangebot an heimischen Wildpflanzen hilft dabei, dass auch andere Nahrungsspezialisten, denen es ähnlich geht wie der Knautien-Sandbiene, in Zukunft nicht verhungern müssen!
Außerdem sinnvoll: Kahle oder schüttere Sandflächen, die von Bienen als Nistmöglichkeit genutzt werden, möglichst nicht umgraben.
Jeder Naturfreund ist dazu aufgerufen, bei der Suche nach der Knautien-Sandbiene mitzuhelfen. Das Ziel ist es, die Bestände zu erfassen und das Verbreitungsbild der "Wildbiene des Jahres 2017" zu aktualisieren.
Auch so kann man Bienen helfen:
Unsere Landschaft bunter und bienenfreundlicher machen? - Blühpate werden!
Bildquelle:
Claudia Steininger
(Blühende Wiesen und frisches Obst: Vom Schutz der Wildbienen profit...)