In welche Pflanzenfamilie gehören Karde, Skabiose und Witwenblume?

Das Geheimnis ist rasch gelüftet: alle drei sind Kardengewächse (Dipsacoideae), die erst vor wenigen Jahren neu als Unterfamilie in die Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae) eingegliedert worden sind.

 

Alles Kardengewächse

Karde (Bild: ulleo / Pixabay)

Kardengewächse

Vor einiger Zeit hießen sie noch Dipsacaceae und galten als eigene Pflanzenfamilie.

Heute sind sie "nur mehr" eine Unterfamilie und heißen deshalb "Dipsacoidea". Untergebracht sind sie in der Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae). Kratzt den Laien nicht wirklich; aber es ist hilfreich und lehrreich, es zu wissen.

Das natürliche Verbreitungsgebiet reicht von Europa über Asien und Afrika. Namensgeber ist die Wilde Karde, sie ist auch die Größte in dieser Schar.

Der botanische Namen: Dipsacus leitet sich von gr. dipsa=Durst* her. 

*Dazu passt, dass man annimmt, dass durstige Kleinvögel, sowie Insekten und Schmetterlinge aus den trichterförmigen Vertiefungen (Achseln) der gegenständigen Blätter trinken.

 

 

 

In diese Unterfamilie gehören u.a. diese bekannten Gattungen (nach den botanischen Namen alph. angeführt):

  • Schuppenköpfe (Cephalaria)
  • Karden (Dipsacus)
  • Witwenblumen (Knautia)
  • Grasskabiosen (Lomelosia)
  • Skabiosen (Scabiosa)
  • Teufelsabbiss (Succisa)

Botanisches Glossar: Was ist typisch für Kardengewächse?

  • Kardengewächse/Dipsacoideae - eine Unterfamilie der Geißblattgewächse/Caprifoliaceae
  • Blätter gegenständig
  • kompakte Blütenköpfe aus vielen Einzelblüten, diese Blütenköpfe ähneln dem der Korbblütler
  • hilfreiches Unterscheidungsmerkmal: Im Unterschied zu den Korbblütlern besitzen Kardengewächse Staubblätter, die weit aus den Blüten herausragen und nicht zu einer Röhre verklebt oder verwachsen sind. Ein meist borstiger Kelch hüllt die Einzelblüten ein.
  • Blüten sind vier- oder fünfzählig und miteinander verwachsen.
  • Die Randblüten am Köpfchen sind oft stark zygomorph und mit Außenkelch.
  • Zwei Fruchtblätter bilden einen unterständigen Fruchtknoten
  • Sie bilden einsamige Schließfrüchte (Achänen).

Cephalaria, die Schuppenköpfe

Der Name bezieht sich auf ihre typischen Blüten, weil die Knopsen wie mit Schuppen verschlossen wirken. Die meisCephalariaten Arten blühen in zartem Gelb. Cephalaria gigantea kann der Karde fast die Hand reichen, was Größe und Anmut betrifft. Sie wird bis zu 2m hoch und ist auch sonst als dekorative Einzelpflanze wunderbar geeignet. Mit ihrem langen Stängel schweben dann die Blütenköpfe scheinbar über anderen Blumen.

 

  • Cephalaria alpina ist eine Art der Hochstaudenfluren und vorwiegend in den Westalpen anzutreffen.
Schuppenkopf

Tall yellow Cephalaria gigantea (Bild: wallygrom / Flickr)

Dipsacus fullonum (Bild: a.sansone)

Dipsacus, die Karden

Wilde Karde, Dipsacus fullonum

  • Sie wird bis zu 2m hoch, mit 1- 5mm langen Stacheln. Die Blütenköpfe sind eiförmig bis zylindrisch und 3-8 cm hoch, die schmalen Hüllblätter überragen ihn noch. Die Krone ist ringförmig lila, 4zipfelige Blüten von ebenfalls stechenden Spreublättern beschützt.

 

 

 

Weber-Karde/Weberdistel Dipsacus fullonum ssp. sativus

  • Bereits im Mittelalter wurden ihre stacheligen Samenstände zum Aufrauen von Wolle im Weberhandwerk verwendet. Angeblich soll heute noch die Filzauflage von Billardtischen so behandelt werden.
  • Heute sind die getrockneten Samenstände für Blumengestecke heiß begehrt.

Schlitzblättrige Karde Dipsacus laciniatus

  • weißblühende Art, das Laub ist leicht silbrig angehaucht.

Was braucht die Karde im Garten?

Die Karde ist ein grafisches Element, der Standort muss also passen. Im Hintergrund, oder auf leicht erhöhtem Standort ist sie einfach genial. Die Grundrosette ist bei voller Wuchshöhe von 1,80m sehr weit verzweigt. Die Unterpflanzung muss genau überlegt werden (hübsch dazu die farblich passende lila blühende Monarde etwa). Die Samenstände sind auch im Winter noch ein echter Hingucker.

Besonders beliebt ist die Karde beim Stieglitz.

Lomelosia, Grasskabiose

Lomelosia graminifolia (Bild: a.sansone)

Grasskabiose - Scabiosa oder Lomelosia?

Scabiosa graminifolia oder doch Lomelosia graminifolia? Bis vor kurzer Zeit zählte die Grasskabiose - Name - nämlich eindeutig noch zur Gattung der Skabiosen. Gut, aufgrund (neue Lieblingsphrase) phylogenetischer Untersuchungen wird sie neuerdings ausgegliedert und in der Gattung Lomelosia geführt.

Wenn Ihnen also neuerdings Lomelosien und Skabiosen bunt namentlich gemischt in der Gartenabteilung über den Weg laufen, nicht verzagen. Hübsch für den Garten sind sie mit jedem Namen.

  • Lomelosia graminifolia Grasskabiose
  • Lomelosia crenata

Beide Arten sind für trockene Plätze und Steingärten wegen ihrer geringen Wuchshöhe gut geeignet.

 

Scabiosa, Skabiosen

Taubenskabiose (Bild: a.sansone)

Die Skabiosen

"Die Skabiosen und die Witwenblumen sehen doch ganz gleich aus", seufzen viele Blumenfreunde in schierer Verzweiflung. Aber beide Gattungen haben einen ganz deutlich feststellbaren Unterschied, man muss ihn nur kennen. Ganz einfach:

Die verlängerten ungleichmäßig zipfeligen Randblüten der "Skabiose" bestehen immer aus 5 Blütenblättern.

Die der Witwenblume/Knautie haben nur 4; klar, sind ja auch Witwen, also muss ein Blatt fehlen. Das ist jedenfalls meine Eselsbrücke.

  • Die Stängel sind nicht kantig und besitzen keine Stacheln.
  • Die Blätter sind gegenständig, ungeteilt bis gefiedert.
  • Der Außenkelch ist häutig und undeutlich gezähnt.
  • Skabiosen haben dunkle Borsten.
  • Die Blütenköpfe wirken schirmartig kopfig.
  • Am Köpfchenboden sitzen Spreublätter.
  • Die äußeren Blüten sind unregelmäßig und strahlig vergrößert, 5 zipfelig.

Der trockenhäutige Außenkelch dient gemeinsam mit den Kelchborsten als Fallschirm bei der Samenverbreitung.

 

 

Unterscheidung Skabiose - Knautie/Witwenblume

ScabioseKnautia

 

 

 

 

 

Skabiose - Randblüten vergrößert 5 Blätter ....hingegen .... die Knautie/Witwenblume ... 4 Blätter

Natürlich vorkommend gibt es an die 100 Arten, 20 davon heimisch. Von Scabiosa caucasica gibt es mittlerweile bereits an die hundert verschiedene Sorten. Da muss für Ihren Garten doch eine passende dabei sein, oder?

  • Scabiosa purpurea ist einjährig und kann sich durch Aussaat gut selbst erhalten. Farblich blüht sie von Purpur über Lila bis Gelb oder Weiß.
  • Scabiosa columbaria, die Tauben-Skabiose, gibt es auch als Gartenzüchtung, blaulila.
  • Scabiosa canescens, die Duft-Skabiose, zeichnet sich durch (Name) ihren Duft aus.
  • Scabiosa japonica var. alpina ist für Steingärten wunderbar geeignet, sie wird knapp 20 cm hoch.
  • Scabiosa ochroleuca, die Gelbe Skabiose, ist besonders schön zu Violett, Purpur oder Lila.

Natürliche Arten, die Ihnen auf Wiesen und auch im Gebirge unter die Augen kommen, sind:

  • Scabiosa lucida, Glanz-Skabiose
  • Scabiosa columbaria, die Tauben-Skabiose, früher auch Donnerblume (blaue Blumen sollten vor Gewitter schützen) genannt.
Witwenblumen (Gattung Knautia) - ein Mysterium?

Bildtafel der Botanik Innsbruck Knautien-Sammlung (Bild: a.sansone)

Knautia, Witwenblumen

Die Witwenblumen, auch Knautien oder Knopfblumen, (Knautia) genannt, sind neben Karde und Skabiose die dritten Bekannten im Bunde. Die Gattung wurde von C. Linné nach den deutschen Ärzten und Botanikern Christoph Knaut (1638–1694) und seinem Bruder Christian Knaut (1656–1716) benannt.

"Wer zählt die Völker, nennt die Namen...." frei nach Friedrich Schiller (Kraniche des Ibikus), möchte man seufzen, wenn die Sprache auf die Witwenblumen kommt. Denn sie sind der sprichwörtliche "botanische Sauhaufen", wenn man den Botanikern der Universität Innsbruck glauben mag.

  • Die Stängel sind nicht kantig und besitzen keine Stacheln.
  • Die Blätter stehen gegenständig und sind ungeteilt bis gefiedert.
  • Die 4zähligen Blüten stehen dicht auf den Blütenköpfchen, meist mit vielen Reihen von Hüllblättern.
  • Die Randblüten sind 4 unregelmäßig große Zipfel und oft strahlend.
  • Am Blütenkopfboden sind keine Spreublätter, nur Härchen.
  • Der Kelch trägt 8 bis 16 Borsten oder Zähne. Knautien haben helle Borsten.

 

Wer kennt die Knautien-Sandbiene?

Nicht nur Gärtner oder Botaniker schätzen die Knautie. Auch eine besondere Art von Insekt hat sich ganz auf diese Blumen spezialisiert.
Die Knautien-Sandbiene: Mehr dazu in desem Artikel

Scabiosa atropurpurea

Black Knight (Bild: jacki-dee / Flickr)

Ihren deutschen Namen "Witwenblume" verdanken sie einer Skabiose, nämlich Scabiosa atropurpurea, der Samt-Skabiose, die durch ihr wunderschönes dunkelsamtiges Schwarzrot als trauernde Witwe sinnbildlich genommen wurde.

 

Witwen über Witwen - die Gattung Knautia

Knautia/Witwenblume (Bild: a.sansone)

Wie kam die Knautie zur Witwe im Namen?

  • Nach einer französischen Legende aus dem 17. Jahrhundert sind die Witwenblumen aus den Tränen einer trauernden Witwe entstanden, die sie am Grab ihres Mannes vergossen hat.
  • Allerdings kannte man diese Blume bereits 1588 in England, da wurde sie "Poor Widow" genannt. Tja, dumm gelaufen für die französische Dame.

Die "Witwe" allerdings wird nur mehr namentlich den Knautien mitgegeben, aber bitte; in der Botanik darf einen die Namensgebung nicht immer verwundern.

Bei uns häufige Arten sind

  • die Wiesen-Witwenblume Knautia arvensis auch Acker-Witwenblume, Nähkisselchen oder Wiesenskabiose genannt.
  • Wald-Witwenblume Knautia dipsacifolia/K.sylvatica.
Teufelsabbiss/Abbisskraut
Teufelsabbiss im Moor

Teufelsabbiss im Moor (Bild: a.sansone)

Der Teufelsabbiss

Schon durch seine kugelige Form kann man diese Pflanze gut von Skabiose oder Witwenblume unterscheiden.

Der Teufelsabbiss (Succisa pratensis), der entgegen seinem botanischen Namen (pratensis=auf der Wiese wachsend) besonders gerne in sumpfigen Gebieten oder Mooren wächst. Eigentlich müsste er "palustris" heißen.

Der Teufelsabbiss wurde bereits einmal zur Blume des Jahres gewählt. Ausführliches zu dieser hübschen Blume in diesem Artikel.

  • Die Blütenkrone ist halbkugelig bis kugelig. Die Einzelblüten sind 4-zipfelig, der Kelch mit 4-5 schwarzen Borsten versehen. Die rundlichen Köpfchen stehen auf relativ hohen Stängeln. Die Grundblätter sind lanzettlich, es gibt nur einige wenige gegenständige Stängelblätter.

Ein weiterer noch unbekannterer Bruder ist der Sumpfabbiss, Succisella inflexa, der auf Sumpfwiesen wächst. Vom Aussterben bedroht!

Skabiosen und Witwenblumen für den Garten

Knautia macedonica (mazedonische witwenblume) 2008-05 (Bild: Brigitte Rieser / Flickr)

Kardengewächse im Garten

Bis auf die beiden "Riesen" Karde und Schuppenkopf sind alle anderen sowohl im Staudengarten und einige sogar im Steingarten allerliebste Blüher. Sonnige Standorte, durchlässige Böden sind gut geeignet. Im Frühling bilden sie mit ihren Grundrosette durchwegs aparte Blattbüschel und sind daher als Partner für Zwiebelblumen gut geeignet. Auch Gräser als Partner sind hübsch. Bis auf die purpurfarbenen Sorten sind alle eher zart in ihren Farben und gerade deswegen schätze ich persönlich sie sehr.

 

Diese Kardengewächse warten auf Ihren Garten
Schöne blaue Scabiosa * Skabiose Seeds *Scabiosa ochroleuca P 0,5 Gelbe Skabiose,winter...
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Sind Kardengewächse Heilpflanzen?

Knautia arvensis und Scabiosa arvensis wurden früher als Heilpflanze verwendet. gr. scabies=Krätze oder Schorf; ein Absud wurde als Auflage verwendet.

Die Karde Dipsacus erinnert mit gr. dipsakos=Zuckerkrankheit (der unmäßige Durst der Zuckerkranken) ebenfalls an seine im Altertum und Mittelalter vermutete Heilwirkung.

Heute steht die Karde in (noch ungesicherter) Vermutung gegen Borreliose wirksam zu sein. In den naturheilkundlichen Praxen wird häufig mit der Kardenwurzel-Tinktur therapiert. Allerdings sind noch keine sicheren Fakten dafür vorhanden.

 

"Besonders charakteristisch für die Pflanze sind die kreisförmig aufblühenden kleinen violetten Einzelblüten am eiförmigen Blütenstand. Nach und nach wandern Ringe kleiner Blüten über den Blütenstand. In der vorwissenschaftlichen Zeit im Mittelalter, glaubte man, dass dieses augenfällige Zeichen die Wirkung der Pflanze anzeige. Nach dieser Lehre – sie ist auch als "Signaturenlehre" bekannt – hilft also die Wilde Karde gegen kreisförmige und wandernde Hauterscheinungen".

hier können Sie weiterlesen: www.phytodoc.de/heilpflanzen/wilde-karde-hilft-sie-wirklich-bei-borreliose

Quellen

  • Teufelsgeige und Witwenblume, Pichler/Geiser/Zuber; Christoph Merian Verlag, 2010 Bern
  • Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
  • Die deutschen Pflanzen- und Tiernamen, Helmut Carl; Quelle & Meyer, Wiesbaden 1995
  • Handwörterbuch der Pflanzennamen, Zander, Ulmer, Stuttgart 2008
Adele_Sansone, am 11.10.2016
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Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (So pflanzen Sie einen Schmetterlingsgarten)
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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