Ein Blick ins Familienalbum der Gürtelttiere

Gürteltiere (Dasypodidae) leben in Süd- und Mittelamerika, einige auch in Nordamerika. Durch ihre Lebensweise ziehen sie trockene freien Feldern und Ebenen vor.

  • Klasse: Säugetiere (Mammalia)
  • Überordnung: Nebengelenktiere (Xenarthra)
  • Ordnung: gepanzerte Nebengelenker (Cingulata)
  • Familie: Gürteltiere (Dasypodidae) mit vier Unterfamilien: Weichgürteltiere (Dasypodinae), Borstengürteltiere (Euphractinae), Riesen-, Kugel- und Nacktschwanzgürteltiere (Tolypeutinae) und Gürtelmulle (Chlamyphorinae).

So weit der hoffentlich noch immer geltende systematische Überblick. Kommen wir zu den gemeinsamen Merkmalen.

  • Der gestreckte etwas plumpe Körper, der von Kopf bis Schwanz von einem hornartigen Panzer auf der Rückenseite geschützt wird, ruht auf kurzen Beinen, die mit starken Klauen bewehrt sind.
  • Gürteltiere sind hervorragende im Graben, sie lockern mit den Vorderbeinen den Boden, mit den Hinterbeinen werfen sie die Erdklumpen hinaus (Grabetechnik ähnlich wie Murmeltiere). Dafür sind die Arme speziell ausgebildet, denn ein Unerarmknochen ragt mit einem Fortsatz über den Ellbogen hinaus und bietet damit den Armmuskeln einen besseren Ansatz. 
  • Gürteltiere leben also in Erdgängen, finden sich meist nur zur Paarungszeit zusammen.
  • Sie verschlafen den Tag und sind vorwiegend nachtaktiv. 
  • Gürteltiere haben, je nach Art, winzige bis relativ große Ohren.
  • Ihre Nasenöffnungen können sie verschließen, was ihnen beim Graben zugute kommt. Ihre Baue befinden sich fast immer in Nähe eines Ameisen- oder Termitenhaufens.

 

Was hat der Gürtel mit dem Gürteltier zu schaffen?

Hoffentlich denken Sie nicht, dass ihr Ledergürtel vom Gürteltier stammt. Oder der Gürtel, der Hose oder Rock am Platz hält, beim Anblick eines Gürteltiers geschaffen wurde. Das stimmt nämlich nicht. Gürtel gibt es schon seit der Antike, da wusste man in der Alten Welt noch gar nicht, dass es Gürteltiere gibt.

Keine Bange - hiefür musste kein echtes Gürteltier dran glauben
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Wie das Gürteltier zu seinem Namen kam

Den Namen hat das Gürteltier von den gürtelähnlichen Streifen/Binden, die den ganzen Rücken überziehen. Der Panzer der Gürteltiere besteht aus diesen Bändern mit verschmolzenen Knochenplatten, die mit Horn bedeckt sind. Dabei werden vier- oder sechseckige Platten mit Hautfalten zusammen gehalten und umspannen sehr beweglich den Rücken. Die Lücken werden durch unregelmäßige Platten ausgefüllt.

Einige Arten haben auch in ihrem Namen die Anzahl der Gürtel/Binden verewigt, so etwa das Siebenbindengürteltier oder das Neunbindengürteltier.

Den Kopf der Gürteltiere schützt ein Schild aus verschiedenen Platten, die zusammen gewachsen und unbeweglich sind. Nur der Bauch der Gürteltiere ist ungeschützt, dafür ist er jedoch bei manchen Arten stark behaart. Im Spanischen werden die Gürteltiere allerdings "Armadillos"= die "Gepanzerten" genannt.

Mehrlingsgeburten? Keine Hexerei - Gürteltiere sind Weltmeister darin.

Gürteltiere beherrschen, wie einige andere Tierarten das System der verspäteten Einnistung; das befruchtete Ei "wartet" im 64-Zellstadium am Ende des Eileiters. So können manche Weibchen den Samen des Männchens bis zu zwei Jahre in ihrem Körper tragen und erst wenn die äußeren Rahmenbedingungen stimmen, nistet sich das befruchtete Ei in der Gebärmutter ein.

Die Gürteltiere bringen nach einer Tragezeit von bis zu vier Monaten zwei bis vier Junge zur Welt. Alle Jungen haben zu Beginn noch eine ledrige Haut, die mit weichen Hornplättchen bedeckt ist. Beim Heranwachsen bilden sich mit der Zeit Lederhautverknöcherungen in Plattenform, die sich dann zu den Schilden und Gürteln zusammen schließen. Die Unterseitenhornplättchen werden zurück gebildet, dafür kommt es zu einer relativ dichten Behaarung auf der Bauchseite.

Soweit nichts Aufregendes... wäre da nicht das Neunbindengürteltier!

Nur Vierlinge - das muss man beherrschen.

Das Neunbindengürteltier bringt ausschließlich eineiige Vierlinge auf die Welt, eine Einzigartigkeit im Tierreich. Bei der Einnistung (Nidation) teilt sich der Keim in vier erbgleiche Embryonen, daher kommen immer nur gleichgeschlechtliche Junge auf die Welt. Also immer vier Mädchen oder vier Jungs. Viel Spaß kann man da Mama Neunbindengürteltier wünschen.

Gürteltier-Rekorde

Von groß bis winzig ist alles vorhanden. Von gepanzert bis haarig-borstig reicht das äußere Erscheinungsbild.

  • Das größte Gürteltier, etwa schafgroß ist das Riesengürteltier (Priodontes maximus
  • Das kleinste Zwergerl, der Gürtelmull (Chlamyphorus truncatus), der rein unterirdisch lebt, ist nicht größer als ein Hamster.
  • Die längste Kralle hat kein Promi, sondern das Riesengürteltier mit 20cm Länge.
  • Die cleverste Kugel, etwa 40cm im Durchmesser, bildet das Kugelgürteltier.
  • Das mächtigste Fossil, die ausgestorbene Gattung Holmesina, war bis zu zwei Metern lang und bis zu 270 kg schwer. Ausgestorben sind diese Arten gegen Ende des Pleistozäns, also vor etwa 10.000 Jahren. In Erdzeit gerechnet also gerade mal gestern.
  • Der bislang älteste fossile Schädel eines Gürteltiers liegt im Pariser Museum für Urgeschichte. Ein Forscherteam brachte vor etwa 30 Jahren diesen Schädel von Bolivien nach Paris. In Anspielung auf die Geister-Abstammungslinie hat man die neue Gattung "Kuntinaru" getauft. Er gehört zur Gürteltier-Unterfamilie Tolypeutinae, 26 Millionen Jahre alt.

Ich kann, ich kann, was du nicht kannst:

  • Beim Graben nach Beute können die Tiere bis zu sechs Minuten lang die Luft anhalten.
  • Gürteltiere sind, man glaubt es kaum, gute Schwimmer. Sie holen vorher tief Luft, pumpen sie in Magen und Darm, um mit ihrem Panzer nicht unterzugehen.
  • Die Gürteltiere haben eine ungewöhnlich niedrige Körpertemperatur, weshalb sie in der medizinischen Forschung auch als Versuchstiere für Lepraforschung gefragt sind. Ich denke, auf diese zweifelhafte "Ehre" würden sie gerne verzichten.

Motto: Schieße nie auf ein gepanzertes Tier!

Ihre systematische Ordnung heißt nicht von ungefähr: Gepanzerte Nebengelenktiere!

Ein Mann aus dem US-Bundesstaat Texas hat aus unbekannten Gründen/Ärger/Jux und Tollerei? auf ein Gürteltier gefeuert. Dabei hat er vermutlich vergessen, was den Tieren ihren Namen eingebracht hat. Er bekam prompt die Quittung für seine Ballerei. Eine Kugel prallte am Panzer des Tieres ab und traf den Mann am Kinn.

Selber schuld, kann man da nur mitleidlos feststellen.

Im Ranking alles drin: Haustier, lebende Snackdose, Saiteninstrument

  • Manche Gürteltierarten sind als leicht zu zähmende Haustiere beliebt, auch weil sie gute Schädlingsbekämpfer sind.
  • Andererseits werden sie wegen ihres Fleisches auch bejagt (Schweinefleisch der Armen)
  • In der Pampa sollen die Gauchos die Güteltiere quasi als lebende Snackdosen behandeln und sie ins Lagerfeuer werfen, um sie zu garen.
  • Die Panzer der toten Tiere werden als exotische Körbe an Touristen verkauft oder als Resonanzkörper für Saitenintrumente verwendet.

Mieses Karma! Man möchte kein Gürteltier sein.

(Bild: stanvpetersen / Pixabay)

Das Gürteltier - ABC

Ein letzter Blick auf die verschiedenen Unterfamilien, Gattungen und einzelne Arten:

B ... wie Borstengürteltiere (Euphractinae)

Sechsbindengürteltier (Euphractus sexcinctus) und Braunborsten-Gürteltier (Chaetophractus villosus) ähneln großen Kellerasseln, sie sind sehr flach. Zwischen den Rückenpanzerplatten stehen Borsten heraus. Diese Tiere leben in mit Gras ausgepolsterten unterirdischen Bauten. Sie streifen sowohl tags, als auch nachts umher, sind auch in Feldern und Gärten anzutreffen. Da sie oft unterirdische Gänge nahe der Oberfläche bauen, in die Bauern oder Gauchos dann einbrechen, sind sie bei den Menschen äußerst unbeliebt. Als einzige Art fressen sie auch Aas und Schlangen.

G ... wie Gürtelmulle (Chlamyphorinae)

Die Gürtelmulle, die Winzlinge unter den Gürteltieren, leben vorwiegend unterirdisch. Der Rückenschild ist nur locker verwachsen, dafür ist der Beckenschild stärker ausgeprägt. Die Augen sind sehr klein und die Ohren bestehen nur aus winzigen Hautfalten. Die Nasenlöcher schauen am verhornten Schnauzenende nach unten und sind von innen verschließbar. Die Gürtelmulle leben im Sandboden der mit Kakteen und Dornbüschen bestandenen Ebenen. Sie kommen nur in den niederschlagsarmen Gebieten vor. An die Oberfläche kommen sie nur nachts. Ameisen, Termiten, Insektenlarven, Würmer und Schnecken sind ihre Speisekarte. 

 

 

 

Gürtelmull

Pink Fairy Armadillo Chlamyphorus trunctatus (Bild: Cliff Flickr)

K... wie Kugelgürteltier (Tolypeutinae)

Die Kugelgürteltiere (Tolypeutes) bewohnen bevorzugt offenes Grasland, ihr Verbreitungsraum reicht von Bolivien bis Mittelargentiniern. Der Schulter- und der Kruppenschild sind durch zwei bis vier Gürtel verbunden und können so eng zusammen gezogen werden, dass sie eine hermetisch geschlossene Kugel bilden.

Damit ihnen kein Bauchfett im Wege ist, hat diese Art das Fett am Rücken gelagert. Das einzige Tier, das imstande ist, ihren zur Kugel gerollten Panzer aufzubrechen, ist der Jaguar. Das Kugelgürteltier benutzt nur Mulden zum Schlafen und Ruhen, errichtet selber keine Erdbauten. 

 

Foto: D. Zupanc, ZooVienna

N... wie Nacktschwanzgürteltier (Cabassous)

Die Nacktschwanzgürteltiere (Cabassous) haben im Vergleich zu den anderen Gürteltierarten einen ungepanzerten Schwanz. Sie sind stark spezialisierte Insektenfresser (Ameisen und Termiten) Die Lebensweise ist noch wenig erforscht.

R... wie Riesengürteltiere (Tolypeutinae)

Das Riesengürteltier (Priodontes giganteus) ist mit seiner Größe von etwa 100 cm Länge, 50 cm Schwanzlänge und einem Gewicht von bis zu 60 kg der Riese unter den rezenten Gürteltieren. Es hat relativ kurze stämmige Beine. Das Besondere am Riesengürteltier, außer der Größe, ist die dritte Vorderfußkralle, die sowohl als Grabklaue, als auch zum Aufreißen von Termitenbauten dient. Sie kann zwischen 15 und 20 cm lang werden und ist die größte Kralle im Tierreich. Im Gegensatz zum Ameisenbären zerstört das Riesengürteltier auf seinem Weg den ganzen Termitenbau. Auf Schwanz und Hinterbeine gestützt kann es sich sogar aufrichten. Es ist sehr menschenscheu, Vorkommen von Venezuela bis Nordostargentiniern und Uruguay.

Piche. Zaedyus pichiy. Península ...

Piche. Zaedyus pichiy. Península Valdés (Argentina) (Bild: _Kartenn / Flickr)

 

 

W ... wie Weichgürteltiere (Dasypodinae)

 Weichgürteltiere haben (Name!) einen eher leichten dünnen Panzer. Sie sind gelblich bis schwarzbraun. Sie sind in der Dämmerung und nachts aktiv. Den Tag verschlafen sie oft zu mehreren (aber immer nur Weibchen oder nur Männchen gemeinsam) in Bauten. Sie kommen bis zu 3.000 m Höhe vor. Ihre Verbreitung reicht von Mittelargentinien bis Kansas und Missouri. Das bekannteste Gürteltier dieser Gattung mit sieben Arten ist das Neunbindengürteltier (Dasypus novemcintus). 

Z... wie Zwerggürteltier (Zaedyus)

Ein besonderes Verhalten wiederum weist das in Patagonien lebende Zwerggürteltier (Zaedyus pichiy) auf, denn es hält sogar eine Art Winterschlaf.

Wo gibt es Gürteltiere in unseren Breiten zu sehen?

Gürteltiere sind recht beliebt in den europäischen Zoos. So ist etwa das südliche Kugelgürteltier Tolypeutes matacus in folgenden Zoos zu sehen: Berlin-Zoo, Chemnitz, Dortmund, Dresden, Halle, Heidelberg, Herberstein, Leipzig, Münster, Salzburg, Wien.

Quellen

 

  • e.enyclopedia animal, Dorling Kindersley, London 2005
  • Warum Pandas Handstand machen, Brown; Ullstein, 2009 Berlin

 

Adele_Sansone, am 26.08.2015
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Bildquelle:
jens kuu / Flickr (Eierlegende Säugetiere - gibt es die wirklich?)

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