Empfehlung der WHO

Als Richtlinie kann man die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation heranziehen. Hier wird empfohlen, das erste halbe Jahr voll zu stillen, und danach zur geeigneten Beikost weiterzustillen bis zum 2. Lebensjahr oder darüber hinaus, solange Mutter und Kind damit zufrieden sind. (Weitere Organisationen zur Stilldauer)

Eigentlich sagt das doch schon alles aus. Aber schon der Begriff voll stillen sorgt für Verwirrung. Was heißt nun voll stillen genau?

Voll stillen:

Voll stillen bedeutet, dass das Kind nichts ausser Muttermilch bekommt. Als Ausnahme kann man Wasser und Fencheltee sehen, der bei Blähungen den Bauch beruhigen soll. Ein halbes Jahr voll zu stillen wird empfohlen, da man festgestellt hat, dass die spätere Allergieneigung stark abnimmt, wenn das Baby in den ersten 6 Monaten ausschließlich mit Muttermilch ernährt wird. Wird auch nur ein Fläschen Muttermilchersatz gegeben, ist der Allergieschutz dahin. Einzig die hypoallergene H.A. Milch ist als Muttermilchersatz geeignet. Wird ein Baby voll gestillt, hat es alles, was es braucht, da die Milch sich immer dem Bedürfnis des Babies anpasst. Bekommt es einen Wachstumsschub und braucht mehr Energie, wird es öfter trinken. Die Nachfrage regelt das Angebot, und so wird mehr Muttermilch "produziert". Irgendwann kommt jedoch jedes Kind in das Alter, wo es energiereichere Nahrung braucht, und eben auch aufnehmen möchte. Allerdings muss dies nicht auf Woche oder Monat festgelegt werden.

Vorteile

Muttermilch

  • fördert das Immunsystem durch enthaltene Immun- und Abwehrstoffe
  • ist immer richtig temperiert verfügbar
  • ist immer optimal zusammengesetzt und leicht verdaulich

Stillen

  • fördert die Kieferentwicklung des Babies
  • fördert die Rückbildung der Gebärmutter
  • sorgt für Nähe und Geborgenheit
  • senkt das Allergierisiko
  • ist im Gegensatz zur Flaschennahrung sehr günstig
  • hilft beim Einschlafen
  • geht schnell in der Nacht
  • senkt das Osteoporose- und Brustkrebsrisiko der Mutter

Nachteile

Die Mutter

  • muss immer zur Verfügung stehen oder abpumpen
  • muss auf die Ernährung achten (Kohl, scharfe Speisen)
  • sollte wenig Kaffee, keine Zigaretten und Alkohol konsumieren
  • kann an Milchstau und Brustentzündungen leiden
  • ist eingeschränkt bei der Einnahme von Medikamenten

Der Vater

  • kann die Nachtschicht nicht übernehmen
  • fühlt sich vielleicht überflüssig

Beikost

Wer kann sollte erst ab dem 6. Monat mit dem Zufüttern beginnen. Man kann zufüttern, muss aber nicht. Dazu wird dem Babie anfangs, meist Mittags, ein Gemüse angeboten. Es empfiehlt sich, immer nur ein neues Gemüse pro Woche einzuführen. So sieht man, ob es irgendwelche Unverträglichkeiten bei bestimmten Produkten gibt. Fliegt einem allerdings gleich der Löffel um die Ohren, und das Kind weigert sich, etwas anderes ausser Muttermilch zu sich zu nehmen, ist das auch kein Beinbruch. Dann wird einfach weitergestillt. Das Kind zeigt meist deutlich den richtigen Zeitpunkt, wenn es bereit ist, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Die ersten Versuche des Zufütterns machen im allgemeinen eh nicht satt. Nach ein paar Löffeln wird einfach das Kind noch gestillt, bis es satt ist. So wird jeden Tag etwas mehr gegessen, und dafür weniger am Busen getrunken. Es wird Schritt für Schritt langsam abgestillt.

Ist die Mittagsmahlzeit dann vollständig (Gemüse-Kartoffel-Fleisch), dann kann man anfangen, die nächste Mahlzeit einzuführen. Meist ist das ein energiereicher  Abend-Milchbrei. Dieser kann entweder mit Muttermilch angerührt werden, oder als Fertigbrei gekauft werden. Man sollte jedoch darauf achten, dass im ersten Lebensjahr keine glutenhaltigen Getreide und auch keine Kuhmilch verwendet werden. Wer keine Muttermilch (eingefroren oder übrig hat) kann den Brei mit Folgemilch anrühren, bzw. einen fertigen (Folge-)Milch Brei kaufen. Auch hier gilt: Anfangs wird die Stillmahlzeit nicht ersetzt, sondern nur ergänzt!

Wenn man also langsam ohne Hektik mit dem zufüttern anfängt, zieht sich das abstillen über einen langen Zeitraum hin, und sollte ganz normal sein. Ganz normal sind leider nicht die Kommentare und Angriffe von Gott und der Welt, die meinen, sich ständig überall einmischen zu müssen.

Mein Rat

Als Mama von zwei Kindern kann ich nur raten, nicht zu viel auf das Gerede der anderen zu geben, und das zu tun, was man selber für sinnvoll und richtig hält. Möchte mann stillen, auch über ein halbes, ganzes oder zwei Jahr hinaus, sollte man das tun. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Brüste Milch geben und Kinder ernähren. Daran ist nichts Falsches, und diese Milch wird garantiert nicht schlecht, sondern ist das Beste, was das Baby bekommen kann.

Aber auch das Nicht-Stillen ist vollkommen in Ordnung, wenn man es so möchte. Dem Kind nützt es nichts, wenn man mit Widerwillen stillt. Jeder muss seinen Weg finden, um am besten damit klar zu kommen.

Wer sich allzu große Sorgen und Gedanken um die Ernährung seines Kindes macht, dem möchte ich das Buch "Mein Kind will nicht essen" ans Herz legen. Es ist keine Anleitung, wie man Kinder zum essen bringt, sondern ein Aufruf an alle Mamas, nicht alles strikt nach Zeitplan zu machen, sondern auf die Bedürfnisse des Kindes zu achten und danach zu handeln.

Das Buch öffnet einem wahrlich die Augen, bespricht viele Problelme beim Stillen und Essen, die womöglich gar keine sind, und bestärkt die Intuition der Mutter ungemein.

Dr. Carlos Gonzales ist Kinderarzt und Vater von 3 Kindern. Er leitet Stillberatungskurse für Ärzte und medizinisches Personal und lebt in Barcelona. Mit "Mein Kind will nicht Essen" ist ihm ein Buch gelungen, das umfassend aufklärt und dabei humorvoll und leicht zu lesen ist. Die 200 Seiten vergehen wie im Fluge, und Essprobleme sind plötzlich keine mehr.

Biologisches Abstillalter

Die Frage nach dem biologischen Abstillalter, also dem Alter, bei dem sich ein Kind von selbst abstillen würde, wenn man nicht unseren kulturellen Zwängen unterworfen wäre, wurde versucht von Katherine A. Dettwyler zu beantworten. Die Aufgabe war nicht ganz einfach, und beruht auf komplizierten Berechnungen und Vergleiche mit Primaten. Sie kommt zum Ergebnis, dass die natürliche biologische Stilldauer beim Menschen irgendwo zwischen 2,5 und 7 Jahren liegen würde. (Der Mensch als Säugetier und das biologisch sinnvolle Abstillalter)

Keine Mama muss sich also Sorgen machen, wenn Sie ihr Kind auch etwas länger voll stillt, und das Stillen zur Beikost so lange beibehält, wie Sie und das Kind es mögen.

SusanneEdele, am 26.05.2012
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Bildquelle:
Copyright: iStock.com/FatCamera (Was nach einer Geburt für Mutter und Kind wichtig ist)

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