Wie macht man eine Lesung erfolgreich?
Autorenlesungen gehören zu den traditionellen Instrumenten im Buchmarketing. Hier praktische Tipps für eine erfolgreiche Lesung aus mehr als zehn Jahren Erfahrung.Unabdingbare Checkliste (Bild: Gabriele Hefele)
Die Vorbereitung
Nichts geht ohne gute Planung!
Eine Autorenlesung ist eine Veranstaltung, die gut organisiert werden muss! Deshalb empfehle ich, meine allgemeinen Veranstaltungstipps mit Checkliste zu beachten.
Was heißt gelungene Veranstaltung in dem Fall für einen Autor?
- Möglichst viele Besucher zu gewinnen
- Den Besuchern etwas bieten
- Als Autor Eindruck zu machen
- So viele Bücher wie möglich zu verkaufen
Vortrags- und Rhetorikschulung für den Hauptdarsteller, den Autor
Sehr oft können Autoren zwar schreiben, sind aber schüchtern in der Öffentlichkeit und keine guten Vorleser. Denn schreiben ist ja meist immer noch eine einsame Tätigkeit im eigenen Kämmerlein, und nicht jeder ist ein kommunikativer, extrovertierter Mensch und guter Redner.
In dem Fall gibt es eine gute Lösung: eine/n Schauspieler/in engagieren, gerne auch aus der ansäßigen Laien-Theatergruppe. Meist muss man dafür aber einen kleinen Obulus berappen, ihn/sie vielleicht am Buchverkaufserlös beteiligen. Ich habe das bei meiner allerersten Lesung in Osnabrück auf einer großen Privatparty mit Lokal- und Wirtschaftsprominenz so gehalten und habe mir abgeschaut, wie Michael Nowak vom Osnabrücker Stadttheater (heute in Nürnberg am Theater) sich die von mir ausgesuchten Kapitel in großer Schrift auf DIN-A-4 abtippen ließ, sich die Stellen anstrich, wo er mit der Stimme hochgehen wollte. Ging das mit mir durch, wo er abwandeln, kürzen, gefälligere Floskeln zur Überleitung benutzen dürfe. Hier darf man mal Füllwörter wie "also" und Ähnliches einstreuen, damit es nicht zu gestelzt wirkt.
Denn: hier handelt es sich um einen Transport eines Mediums ins andere, kurz: das geschriebene Wort ist etwas anderes als das gesprochene. Muss auch anders behandelt werden.
2. Lösung: Unbedingt einen Rhetorikkurs besuchen, der lohnt sich immer, besonders, wenn man mehrere Lesungen in Zukunft vorhat. Ich hatte es aus meiner Rundfunkzeit leichter, zusätzlich zum Rhetorikkurs auch Sprechausbildung erhalten, also gelernt, akzentuiert und die Endsilben aussprechend vorzutragen.
Ankündigungen, die lokalen Medien miteinbeziehen
Eine Selbstverständlichkeit, auf die ich nicht näher eingehen will. Aushänge anbringen am Veranstaltungsort, eigenen Verteiler von Freunden und Bekannten erstellen und persönlich einladen und: Veranstaltungsankündigung in den lokalen Medien. Wenn es geht, gleich mit Interview des Autors verbunden. Social Networks bestücken mit Veranstaltungsanmeldung.
Ort? Bewirtung?
Wichtig wie in meiner Checkliste zu sehen, ist immer die Wahl des Ortes. Galerien sind sehr beliebt als Veranstaltungsort. Sehr oft wird die lokale Buchhandlung genommen. Das zweithäufigste Lokal ist ein ebensolches, also Restaurant oder Kneipe. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Diese beiden Lokalitäten behandele ich ausführlicher. Hallen werden wir Autoren weniger füllen, besonders nicht am Anfang.Eher noch treten wir in Schulen auf oder, was sehr schön ist, an Ort und Stelle, wie im Roman oder Krimi vielleicht beschrieben. Etwa an einer stillgelegten Zeche, wie es die Kollegin Margit Kruse tat, nur als Beispiel.
Meine erste Lesung in einer Bierhalle vor 80 Leuten in Marbella (Bild: Reinhard Hefele)
Lesung in der Buchhandlung
Vorteile
- Angenehmes Ambiente, gemütlich, das ist immer der Fall bei Regalen mit so vielen Büchern rundherum (siehe Foto unten rechts). Meist sitzen die Besucher deshalb auch gedrängter, aber so entsteht der Eindruck, es ist voll, das ist besser als vor halbleerer Halle zu lesen.
- Die interessierten Besucher, meist eben Leser und Kunden der Buchhandlung, kennen den Ort.
- Außerdem stellt der Buchhändler gerne seine Einladungsliste zusammen, beziehungsweise lädt selbst seinen Verteiler mit ein. Das gibt schon etwas Planungssicherheit.
Nachteile
- Meist wenig Platz.
- Bewirtungen sieht der Buchhändler wegen der Büchergefährdung durch Fettfinger auch nicht so gerne. Allerdings finde ich, wenn man Gäste zu sich einlädt, dann sollten sie auch bewirtet werden.
- Außerdem verdient erst einmal der Buchhändler und der Autor muss dann abrechnen mit ihm oder mit dem Verlag oft sehr viel später.
- Ist man nur Amazon- oder Ähnliches-Autor, fällt die Buchhandlung schon einmal weg als Veranstaltungsort, da der Buchhandel etliche Online-Vertreiber nicht liebt aufgrund fehlender Handelsrabatte.
Lesung im Restaurant
Bleiben besonders für Selbstpublisher andere Orte wie etwa Restaurant. Da habe ich schon alles erlebt, was möglich ist. Bedingung wär eigentlich ein eigener Nebenraum.
Vorteile.
- Man hat nicht diese Fronten-Sitz-Bildung: der Autor vorne am Tischchen und die Zuhörer "unten" in Kinobestuhlung.
- Mit vollem Magen sind die Besucher positiver gestimmt von vornherein.
Nachteile:
- Störende Nebengeräusche durch Geschirrklappern und Bestellaufnahmen durch den Kellner
- Uninteressierte fremde Besucher neben sich, die nur zum Esen und nicht zur eigenen Bildung kommen. Irritiert einen als Autor schon sehr.
- Oft verlangt der Wirt einen Mindestumsatz pro Person, setzt ein fertiges Menü an. Das schreckt viele ab.
Lesung mal mit verteilten Rollen aus "Saunageflüster" (Bild: Gerd Maier)
Ein abwechslungsreiches Programm bieten
Nur vorlesen geht eigentlich nicht mehr, sollte die Ausnahme sein. Wir leben in einer Welt, die Unterhaltung und Zerstreuung gewohnt ist. Außerdem ist zu bedenken, dass es für Besucher einer Autorenlesung anstrengend ist, nur zuzuhören ohne sonstige Unterstützung durch andere Sinne.
Deshalb greift man gerne zu
Kooperationen
Beliebt sind musikalische Beiträge oder gleichberechtigte Zwischenprogramme dieser Art. Dies empfiehlt sich besonders bei Lyriklesungen. Meine spanischen Poetikfreunde machen dies regelmäßig, manchmal wurde sogar eines ihrer Gedichte damit vertont. Aufpassen sollte man, dass die Veranstaltung sich damit nicht zu sehr in die Länge zieht.
Vorsichtig vor zu viel Mischmasch! Oder zu inhomogenen Gruppen. Ich werde nie mehr auf Schulfesten mit Flohmarkt, Balletteinlagen, zwei Musikbands, Verlosungen und Bewirtungsständen auftreten - da kamen nur ganze acht Zuhörer in den Raum. Wurde auch zum Teil der fehlenden Ankündigung geschuldet, die dem Kompetenzgerangel zwischen der Direktionssekretärin und der Elternbeiratsvoritzenden zum Opfer fiel! Dennoch gab ich für die acht Zuhörer alles, das ist selbstverständlich.
Mehrere Zwecke miteinander zu verbinden ist auch gefährlich. Ich erinnere mich an meinen Aufrtritt bei Tierschützern mit meinem Tierbuch, bei dem die Hälfte englisches Publikum war und auch noch gesammelt wurde für den Tierschutz, es Eintritt gab und trotz über 70 Besuchern, der Bücherverkauf mit nur 15 Büchern mau war (wovon ich drei Euro pro Buch auch noch für die Tiere spendete). Außerdem musste ich englische Übersetzungen anfertigen und auf den Tischen auslegen als Kompromiss.
Schön macht sich aber immer ein Grußwort entweder des Eigentümers der Lokalität, eines Kulturvertreters der Stadt oder eines Kollegen etcetera. Da tue ich mich leicht als Journalistin mit meinen Kontakten: So konnte ich auch mal die deutschen Konsule von Sevilla und Málaga für meine Lesungen Grußredner gewinnen, was gleich in unerwartete Laudatio über mich mündete.
Eigene schauspielerische Einlagen
Ich bin eine so genannte Rampensau, ich gebe es zu. Bei meinen andalusischen Anekdoten komme ich gerne im Flamencokleid und führe den Grundschritt der Sevillana vor. Das tat ich sogar mal im Business-Look mit Blazer und kurzem Rock, da kenne ich nichts. Und auch, wenn ich dabei, wie in einer Buchhandlung in Osnabrück, vom nur ein Quadratmeter großen Podest fiel beim Rückwärtsschritt und auf mein Hinterteil! Das gab gleich Stimmung!
Kleider machen Leute (Bild: Antonia Guerra)
Tipps und Tricks aus der Praxis
- Rechtzeitig, mindestens eine Stunde vorher zur eigenen Veranstaltung kommen, vielleicht auch schon einen Tag vorher zur Generalprobe mit Technik, Bestuhlung undsoweiter. Starauftritte mit Verspätung sind ein Unding!
- Wählen Sie helle Kleidung, auch wenn Sie sonst Fan des Existenzialistenschwarz sind. Helle Kleidung wirkt sympathisch und nicht so distanziert. Rot allerdings vermeiden, das wirkt leicht aggressiv. Wählen Sie auch bequeme Kleidung, in der Sie sich wohl fühlen. Miniröcke rutschen übrigens beim Sitzen leicht hoch und lenken von Ihren Inhalten ab - außer Sie wollen dies!
- Begrüßen Sie zusammen mit dem Mitveranstalter die Gäste schon am Eingang.
- Organisieren Sie einen guten Fotografen aus dem Bekanntenkreis - für Ihre Homepage, die Nachbearbeitung, die eigene Erinnerung.
- Vorsicht bei Eintritt! Einerseits ist oft nichts wert, was nichts kostet, aber dafür geben viele Leute dann ihr Geld nicht für das Buch aus. Passiert besonders bei Rentnern, die sparen müssen. Vorschlag: Beim Kauf von zwei Büchern den Eintritt abrechnen.
- Honorar: schön, wenn es das gibt. Nicht gut, wenn dafür der Eintritt hoch wird. Besser: den Veranstalter stattdessen zu einer Bewirtung überreden. Ich habe es gern zünftig: Schmalzbrote mit Bier, Gemüsesuppe oder Käse- und Schinkenplatte mit Wein.
- Glas Wasser neben sich stellen, aber beim Gestikulieren nicht zu nahe an die Hände!
- Immer wieder Blickkontakt zu den Zuhörern suchen.
- Lassen Sie Fragen und Diskussion zu. Sprechen Sie mit Bekannten im Publikum ab, dass diese die erste Frage stellen, damit das Eis bricht.
- Seien Sie auf ein bis zwei Zugaben vorbereitet.
- Natürlich erhält auch der Veranstalter, Gastgeber schön offiziell das Buch überreicht!
- Büchertisch vorbereiten ist ein Muss. Ich lasse zudem gerne ein Gästebuch auslegen - das ist später für einen selbst eine schöne Erinnerung.
- Widmungen im Anschluss: Doof sind dabei verschweißte Bücher, die halten auf. Also etliche vorher von der Folie befreien. Ich mache gerne persönliche Widmungen, die aber leicht wie die Schlange dahinter zu lang werden.
Nachbearbeitung
Publikumswünsche
Hat man zu wenig Bücher auf Vorrat, kann ja mal vorkommen, dann Adressen notieren und das Buch auf eigene Portokosten versenden. Jawohl: Der Kunde ist immer König!
Medien
War kein Vertreter der Presse anwesend, dann nichts dem Zufall überlassen, sondern selbst eine Nachberichterstattung verfassen oder verfassen lassen.
Eigene Homepage
aktualisieren mit den Ergebnissen.
Was macht den Erfolg einer Lesung aus?
Nun müsste man Erfolg definieren. Ich tue es aus meiner Sicht:
1. Zuallererst muss die Veranstaltung von der Art sein, dass die Besucher sie gut fanden, sich wohl fühlten. Der erste Erfolgsgradmesser, alles andere finde ich unter uns nachrangig, das stellt sich dann meist von alleine ein, nämlich:
2. Bekanntheitsgradsteigerung, wenigstens regional.
3. Direkter Kontakt mit der Zielgruppe, den Lesern. Dabei lernt man immer etwas.
4. Verkauf der Bücher mit Direktmarge als Selbstpublisher. Nie kann man so viel verdienen wie im eigenen Direktverkauf.
5. Nicht zuletzt: Selbstbestätigung. Lust, weiter zu schreiben und zu lesen!
Titelfoto: Wilfried Zeckai
Appplaus, Applaus (Bild: Reinhard Hefele)
Bildquelle:
Gabriele Hefele
(Wie mache ich ein Porträt - geschrieben, nicht gemalt)