Wie sind die Bundesländer auf den Wolf vorbereitet?

In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen gibt es Managementpläne. In Sachsen-Anhalt gilt seit 2008 eine "Leitlinie Wolf", in Niedersachsen ein "Konzept Wolf" aus dem Jahr 2010 und in Schleswig-Holstein seit 2010 ein "Positionspapier zur Wiederbesiedelung durch den Wolf". In Bayern und Baden-Württemberg gibt es derzeit Vorstufen, die als Handlungsleitfäden für das Auftauchen einzelner Wölfe, nicht aber für die Etablierung von Wolfsrudeln dienen sollen. In Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Saarland gibt es keine Richtlinien, die sich mit der Rückkehr des Wolfes beschäftigen. Diese fehlen auch in den Stadtstaaten, obwohl auch bereits am Stadtrand von Hamburg und Berlin Wölfe gesichtet wurden.

Für einen noch besseren Einstieg in das Thema der Wölfe in Deutschland sollten Sie den Artikel "Neues bundesweites Wolfs-Beratungszentrum in Görlitz" unbedingt lesen.

Wolfs-Management: Was ist das?

Wolfs-Management soll das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren harmonisieren und Handlungsrichtlinien für mögliche Konflikte festlegen, um die Nachbarschaft von Mensch und Wolf für beide Seiten so erfolgreich wie möglich zu gestalten,

Durch die Rückkehr der Wölfe in Deutschland entstand eine neue Berufsgruppe: die der Wolfsmanager. Sie klären die Bevölkerung auf und beraten die Schäfer, wie sie ihre Herdentiere schützen können. Außerdem erforschen die Wolfsmanager, um welche Wölfe es sich handelt und welche Wege sie gehen.

Der Wolf findet in Deutschland beste Lebensbedingungen vor: Er ist sehr anpassungsfähig und braucht keine menschenverlassene Wildnis. Er kommt in den Kulturlandschaften hierzulande bestens zurecht. Wölfe ernähren sich vor allem von Rehen, Hirschen und Wildschweinen, und die gibt es in Deutschland im Überfluss. Das bedeutet: Der Mensch muss dem Wolf keinen neuen Lebensraum schaffen, weil sich der Wolf seinen Lebensraum selbst schafft.

Die Rückkehr der Wölfe wird von einem wohldurchdachten Wolfsmanagement begleitet. Dessen Ziel ist nicht, dem Wolf das Überleben in Deutschland zu sichern, weil er das alleine schafft. Das Ziel des Wolf-Managements ist, dass die Bevölkerung lernt, mit dem Wolf zusammenzuleben. Das Wolfs-Management in Deutschland besteht aus drei Säulen.

Die drei Säulen des Wolfs-Managements

Die Arbeit für ein gelungenes Wolfs-Manegement besteht aus drei wichtigen Säulen:

Lobbyarbeit für die Wölfe

Wenn Wölfe in Deutschland wieder heimisch werden sollen, muss die Anwesenheit des "bösen Wolfes" von der Bevölkerung akzeptiert werden. Sobald sich die Tiere in der Nähe bewohnter Gegenden ansiedeln, kommen zu Recht Ängste hoch und Fragen wie "Kann ich noch bedenkenlos im Wald spazieren gehen? Droht Gefahr, wenn ich mein Kind im Garten am Waldrand spielen lasse? Kann ich meinen Hund ohne Leine durch ein Wolfsrevier laufen lassen?"

Der Wolfsmanager ist Ansprechpartner für derartige Fragen und deren zufriedenstellende Beantwortung. Reicht die Antwort "Der Wolf ist sehr scheu und meidet den Menschen. Nur selten bekommen Menschen Wölfe überhaupt zu Gesicht. In Wolfsterritorien ist es allerdings ratsam, seinen Hund anzuleinen" wirklich angesichts der jüngsten Vorfälle?

Erfassung und Erforschung der bestehenden Wolfsrudel

Die Wolfsmanager widmen sich Fragen wie "Wo gibt es Wölfe? Was fressen sie? Wohin wandern sie?" Das geschieht durch permanentes Spurenlesen, die Auswertung der Bilder von Fotofallen und DNA-Analysen der gefundenen Beweismittel wie Haare und Kot. Auch die Telemetrie hilft bei der Arbeit. Dafür werden einzelne Tiere eingefangen, betäubt und bekommen dann ein Halsband mit einem Sender umgelegt. Nach der Freilassung verraten Funksignale den Experten, wo sich die Tiere aufhalten.

Schutz der Nutztiere

Schafe und Ziegen gehören zur natürlichen Beute der Wölfe. Begegnen sie einer Herde dieser Nutztiere, dann wollen sie an diesem "gedeckten Tisch" auch Platz nehmen. Erfahrene Wolfsmanager beraten Schäfer und Ziegenhalter, welche Schutzmaßnahmen sie ergreifen müssen. So sollten etwa spezielle Elektrozäune um die Weiden herum gezogen werden. Bewährt haben sich außerdem Herdenschutzhunde.

 

Herdenschutzhunde sichern Schafe gegen Wölfe (Foto © NABU Anette Wolff)

Gehört der Wolf ins Jagdrecht?

Angesichts des dramatischen Vorfalls am 14. April 2015 bei Schierensee wird mit zum Teil überzeichneten Argumenten und einer Schwarz-Weiß-Diskussion zwischen Naturschützern, Jägern und der besorgten Öffentlichkeit zu rechnen sein. Deshalb hier der Versuch einer neutralen Darstellung der Argumente.

Pro

Der Wolf von niemanden nach Deutschland transportiert worden, sondern auf "natürliche Weise” eingewandert. Hier findet er wie anderes Wild einen optimalen Lebensraum und sollte deshalb wie das übrige Wild dem Jagdrecht unterliegen. Im übrigen würden die Wölfe aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit als "besonders und streng geschützte Art” nach dem Bundesnaturschutzgesetz zwangsläufig einer ganzjährigen Schonzeit unterliegen.

Die Wölfe sind für Politiker ein Wahlinstrument und für Naturschützer ein willkommener Spendenbringer geworden. Ob eine gezielte Wiederansiedlung trotz der ungeahnten Vermehrung ein Tabu in den Diskussionen sein muss, sei dahingestellt. Wölfe bringen in Deutschland Gefahren und Auswirkungen für die heimische Tierwelt und auch die Menschen

angesichts der Bevölkerungsdichte. Hier sollten nicht die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie in den weiten und unbewohnten Regionen Rußlands oder Kareliens. Es handelt sich um ein grundsätzliches Problem, das nicht nur bei gefährlichen Übergriffen von Wölfen diskutiert werden sollte.

Eine gezielte Bejagung muss sein, um nicht andere heimische Wildarten durch den Wolf auszulöschen, wie es mit dem Muffel- und Damwild in der Lausitz bereits geschehen ist. Naturschutzbehörden ist die Jagd fremd, deshalb obliegt eine gezielte Jagd im Einzeifall nicht ihnen, sondern dem Jäger mit seinem jagdlichen Fachverstand.

Kontra

Da eine Bejagung in naher Zukunft durch eine Gesetzesänderung wegen der (noch) geringen Population nicht in Frage kommt, soll das Jagdrecht auch nicht für den Wolf gelten.

Verhaltensauffälliger Problemwölfe können nicht "normal" bejagt werden, weil Fehler zu schwer wiegen. Für den Wolf gelten Naturschutz- und Jagdrecht wie auch beim Luchs.

Dieser sei ohne Jagdzeit "jagdbar” nach dem Jagdgesetz, aber auch "besonders und streng geschützt” nach dem Naturschutzgesetz. Deshalb gälte für den Wolf, was auch für den Luchs gilt: keine Bejagung; keine Eliminierung problematischer Individuen durch den Jäger; keine "Hege”, weil nicht machbar. Andererseits gilt die gleiche Strafbewehrung bei illegalem Abschuss: bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug aus Naturschutzgesetz und Jagdgesetz.

Eine Hege des Wolfes nach den Grundsätzen des Jagdrechtes sei nicht möglich und spräche somit gegen das Jagdrecht. Schließlich sei ein wildlebender Wolf kein domestizierbares Kuscheltier

Politik und Jägerschaft in Schleswig-Holstein

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), schleswig-holsteinischer Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, wehrt sich vehement gegen eine Aufnahme der Wölfe in das Jagdrecht. "Auch danach würden die Tiere aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit zwangsläufig einer ganzjährigen Schonzeit unterliegen. Zudem droht mehr Bürokratie: In Ausnahmesituationen und bei konkreter Gefahr für den Menschen müssten Jäger den Abschuss eines Wolfes dann bei der obersten Naturschutz- und der unteren Jagdschutzbehörde beantragen".

Der schleswig-holsteinische Jagdverband fordert dagegen, sich an der geltenden Regelung in Sachsen zu orientieren und den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, weil die ganzjährige Schonzeit den Wolf weiterhin in besonderem Maße wie den Fischotter oder den Seeadler schütze.

Habeck zeigte aber Mitgefühl für den betroffenen Landwirt, auf dessen Schierenseer Weide am am 14. April 25 Schafe gerissen worden waren. Der Schaden sei eine große Belastung für den Schäfer und seine Familie. Der Wolf sei willkommen in Schleswig-Holstein, doch Schafe wie Schweine in geschlossene Ställe zu sperren, sei "keine Option". Habeck: "Das bisherige Wolfsmanagement basiert auf theoretischen Annahmen. Dass der Wolf offenbar keine Scheu mehr vor dem Menschen hat, ist darin nicht vorgesehen". Habeck kündigte an, "das bislang sehr gute Wolfsmanagement" zu überprüfen und die Strukturen zu verstärken: "Wie das konkret aussehen soll, wird derzeit erarbeitet."

 

Das meint der Jagdpächter

Für die Jagdausübung Berechtigter ist für das Revier um den Schierensee der langjährige Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein Peter Harry Carstensen. Er wohnt dort im alten Forsthaus Schierensee. In seinem Revier, dem Naherholungsgebiet rund um den Schierensee und den Naturpark Westensee, halten sich am Wochenende rund 500 Menschen mit Kind und Hund und viele Reiter auf. Diese Bürger seien stark verunsichert und haben Angst, den Wald zu betreten..

Von Carstensen kam die Information an Habeck: "Wir haben einen Wolf". Von Habeck möchte Carstensen definitiv wissen, ob er versichern könne, dass der Wolf nicht aktiv in sein Revier "zur Wiederansiedlung" gebracht worden sei. Anderes kann sich Carstensen kaum vorstellen, denn "dann müsse das Tier mehrere Autobahnzäune überwunden haben". Das sei kaum möglich.

(Foto © Pressestelle MP SH)

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