Mandragora officinarum (Bild: a.sansone)

Alraune, Mandragora - ein botanischer Kurztrip

Als Alraune ist sie vor allem aus schauerlichen Erzählungen, Sagen und Mythen bekannt, bot. nennt man sie Mandragora officinarum, die Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse, Solanaceae. Es gibt in der Gattung Mandragora zwei Pflanzen aus dem Mittelmeerraum, die zu unterschiedlichen Zeiten, Frühling (II-V) oder Herbst (IX-XI) blühen. In einigen Nachschlagewerken als zwei Arten geführt:

  • Mandragora officinarum
  • Mandragora autumnalis

in anderen wiederum wird die herbstblühende Form als Unterart bezeichnet. Botanische Spitzfindigkeiten. Lassen wir das einmal beiseite. Weiters gibt es noch diese Arten, die Himalaya-Alraune (Mandragora caulescens) und die Turkmenische Alraune (Mandragora turcomanica).

Wie sieht die Alraune/Mandragora aus?

Die Alraune ist eine stängellose, ausdauernde krautige Pflanze. Typisch ist die kräftige, oft in zwei bis drei Teile gespaltene Pfahlwurzel (das Männlein). Sie wurzelt bis zu 40-50 cm tief. Die gestielten Laubblätter stehen in einer Blattrosette zusammen. Der gewellte Blattrand liegt oft dem Boden auf. Die Blätter sind dunkelgrün gefärbt und von runzlig-nerviger Struktur.

Die gestielten Blüten, weißlich-grün bis hellblau oder violett, stehen in den Blattachseln. Die Blüten sind radiärsymmetrisch, glockenförmig und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle.

Frucht: Die einkammerigen Beeren sind fast kugelig. Bei Reife färben sich die Beeren gelb bis gelb-orangefarben. Sie ähneln etwas den Kapernbeeren. Auch wenn sie in der Literatur als verzehrbar gehandelt werden; nachdem fast alles an der Pflanze Gift enthält, ist dringend vor Versuchen abzuraten.

 

Natürliches Vorkommen der Alraune (M.officinarum und autumnalis) ist im gesamten Mittelmeerraum. Brachland, Ödland, Wegränder, trockene, sonnige bis halbschattige Standorte. Im Mittelalter wurde sie auch nach Mitteleuropa eingeführt und ist an manchen Standorten wild zu finden.

 

Alraunen (Bild: Wikicommons)

Alraunen Männlein, modern

Zauberkräfte oder Todesdroge?

Sie wurde seit der Antike als Zauberpflanze geschätzt, ihre Verwendung hat daher eine lange kulturgeschichtliche Tradition.

Die vielen Beinamen welche die Alraune, Mandragora officinarum, begleiten, sagen allerdings schon viel über die Einsatzmöglichkeiten dieser Pflanze aus:

  • Mandragora, Henkerswurzel, Galgenmännlein, Erdmännchen, Erdweibchen, "Königin aller Zauberkräuter", Feenkraut
  • Botanisch: Mandragora officinarum, Atropa Mandragora, Mandragora acaulis, Mandragora officinalis, Mandragora vernalis

Im Mittelalter jedenfalls erhoffte man sich von der Alraune Schutz vor Dämonen. Die verzweigte Wurzel ähnelt einer menschlichen Gestalt; man sah in ihr einen dämonischen Hausgeist. Dieses "Männlein" wurde für manchen Zauber verwendet, angefangen vom Liebeszauber, Aphrodisiakum, Betäubungsmittel und schlussendlich als Gift.

Sprachgeschichtlich bedeutete im ahd. alruna/got. runa=Geheimnis. Und für die lateinisch-botanische Bezeichnung Mandragora finden sich unzählige Herleitungen, eine fantasievoller als die andere. Etwa von einem vorsokratischen Philosophen Anaxi-Mandros.

Wie bei der verwandten Tollkirsche, Atropa belladonna, ist mit der Alraune nicht gut Kirschen essen.

Inhaltsstoffe sind z.B. die Alkaloide Hyoscyamin und Scopolamin. Die Alraune enthält in der Wurzel und in den Blättern bis zu 0,4% Tropanalkaloide; nur in den Beeren ist der Giftcocktail geringer. Eine Vergiftung führt im leichtesten Fall zu Hautrötung, trockenem Mund, Unruhe, Schläfrigkeit und/oder Halluzinationen, Verwirrtheit, Pupillenerweiterung, schwerere Folgen sind Herzrhythmusstörungen sowie komatöse Zustände und Bewusstlosigkeit bis hin zu Tod durch Atemlähmung. Man geht von einer Todesrate von etwa 10% aus. Nachdem sie früher als Aphrodisiakum, Narkotikum und schmerzstillendes Mittel genutzt wurde, dürfte so mancher Patient daran verschieden sein.

Wie kommt man/frau in den Besitz der Zauberwurzel?

So gräbt man eine Alraune aus (Bild: Wikicommons)

Aus dem Mittelalter stammen diese Anweisungen:

  • Nie eine Alraune einfach ausgraben, das wäre der sofortigeTod. Wer sie ernten will, muss sie ringsherum ausgraben, so dass nur ein kleines Stück im Boden blieb. Dann musste man sich die Ohren mit Wachs verschließen, um den Schrei der Alraune nicht zu hören.
  • "Sodann band man einen Hund, am besten einen schwarzen, an die Wurzel, der sie, sobald er dem Herrchen folgte, ausreiße und auf der Stelle als stellvertretendes Opfer starb. Dabei ertönte ein fürchterlicher Schrei und der Himmel verfärbte sich blutrot.

Mystisches rund um die Alraune

Bereits in der Antike verwendete man die Alraune, um Schmerzen zu betäuben; wo es noch keine echten Narkosemöglichkeiten gab, wurden bewusstseinsverändernde Drogen zur Ruhigstellung des Patienten verwendet. Vom Bilsenkraut ging man auf Mandragorawein über. Bereits Hippokrates wusste darum, warnte aber vor einer zu hohen Dosierung. Jahrhunderte später wurden von Nicolaus Salernitanus, einem Arzt der berühmten "Schule von Salerno" sogenannte "Schlafschwämme/Spongia somnifera", die mit Kräuterlösungen (u.a. Alraunenpulver) benetzt wurden, eingesetzt.

Im Mittelalter war die Alraune oft nicht zum Einnehmen vorgesehen, sondern wurde als Amulett (Abwehr von Dämonen, Reichtum) in einem Schränkchen aufbewahrt.

  • Nach altem Volksglauben wuchs die Alraune an Richtstätten und unter Galgen. Blut, Sperma und Urin Gehenkter sollten sie besonders üppig werden lassen. "Galgenmännlein" hieß die Wurzel deshalb im Volksmund.
  • Neben Tollkirsche, Bilsenkraut und Stechapfel war sie unverzichtbarer Bestandteil der Hexensalben, die den Flug auf dem Hexenbesen ermöglicht haben sollen. (Halluzinogene Wirkung der Droge)

Und heute? Heute hat die alte Alraune durch Harry Potter wieder an Aktualität im Fantasyroman, Spuk- und Schauergeschichten gefunden.

Ist die Alraune auch ein Heilkraut?

Wie so oft nach dem Motto: Die Menge macht das Gift, so werden die hochwirksame Substanzen in der Pflanze (Tropanalkaloide, Scopolamin, Atropin...) heute in verschiedenen Kombinationen wieder zur Schmerzlinderung verwendet. Vor allem findet mandragora heute Verwendung in der Homöopathie.

Kann man die Alraune/Mandragora im eigenen Garten anbauen?

Bekommt man sie überhaupt in einer Gärtnerei?
Ja, kann man; sowohl Pflanzen als auch Samen sind erhältlich.
Wem es Spaß macht, Pflanzen mit einer interessanten Historie, im eigenen Garten zu ziehen, der kann sie schon pflanzen. Allerdings, außerhalb der kurzen Blütezeit März/April oder im Herbst, gibt es nur die bloße Blattrosette zu sehen, die aber einigermaßen Platz braucht. Nach der Blüte zieht diese ein und zurück bleiben runzelige Blätter und die vielleicht reifenden Früchte.

Wer sie aus Samen zieht muss allerdinhs 4 Jahre warten, bis sie erstamals zum Blühen kommt. Und Früchte gibt es nur, wenn andere Alraunen im Umkreis der befruchtenden Insekten sind. Am besten wäre die im Herbst blühende Form in einem Pflanztopf zu halten. Winterschutz ist notwendig.

Wer sie umsetzen will, muss natürlich alle Regeln aus dem Mittelalter bezüglich ausgraben etc. beachten (Kleiner Gärtnerscherz).

Achtung: Nachdem die Pflanze jedoch giftig ist, ist wie schon oft angemerkt, Vorsicht geboten. Unkundige ernten die Blätter, weil sie an runzeligen Mangold erinnern und landen im besten Fall rechtzeitig im Krankenhaus.

Alraune - Jungpflanzen

Alraune (Bild: a.sansone)

Quellen

Neben Nachforschungen im Internet, von Wikipedia bis zu "Hexenseiten" vor allem aus diesen Quellen:

  • Botanica, Könemann; Verlagsgesellschaft mbH, 2000 Köln
  • Kosmos Atlas Mittelmeer- und Kanarenflora, Schönfelder; Franckh-Kosmos Verlag, 2011 Stuttgart
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
  • Die deutschen Pflanzen- und Tiernamen, Helmut Carl; Quelle & Meyer, Wiesbaden 1995
  • Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
Adele_Sansone, am 11.04.2018
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Bildquelle:
a.sansone (Giftpflanzen in unserem Garten - diese Pflanzen sind schön und gefä...)
https://www.flickr.com/photos/145400091@ (Schlafmohn - oder die dunkle Seite des Mohns)

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