Ob Kartoffel, Enzianstrauch, Chili oder Tabak - alles Nachtschattengewächse

Enzianstrauch (Bild: a.sansone)

Solanaceae, die Nachtschattengewächse

Wer gehört dazu? Nutzpflanzen, wie Kartoffeln, Tomaten, Auberginen, Paprika, Chili. Der eher schädliche, aber dennoch heiß begehrte Tabak; Zierpflanzen, die in vielen Gärten zugegen sind, auch wenn mit ihnen nicht zu spaßen oder "nicht gut Kirschen essen" ist und so richtig Giftiges wie etwa: Tollkirsche, Alraune, Stechapfel, Engelstrompete, Bilsenkraut.
Die Größe der Familie: Es gibt 91 Gattungen und 2.430 Arten.

Die meisten Arten (1/3) findet sich in der Gattung Solanum. Weitere Gattungen sind etwa Capsicum, Lycianthes, Cestrum, Nolana, Physalis, Lycium, Nicotiana und Brunfelsia.

Nachtschattengewächse sind weltweit zu finden, die größte Vielfalt in gemäßigtem und tropischen Klima.

Wenige Fossilienfunde; die meisten davon in Südamerika – Vermutung, dass die Pflanzenfamilie hier entstanden ist. Das älteste Fossil von Tomatillo wurde in Argentinien gefunden, es ist etwa 52 Mio. Jahre alt.

Die Bezeichnung Solanaceae stammt vermutlich von lat. solari=trösten, lindern - Bezug auf die schmerzlindernde Wirkung. Der Name Nachtschatten, ahd. nahtscato, mhd. nahtschate bedeutet "schwarzer Schaden", mit Bezug auf Teufel=Dämonen der nächtlichen Dunkelheit.

Kartoffelblüte

Was ist typisch für Nachtschattengewächse?

Charakteristisch für den Großteil der Solanaceae ist die Blüte: 5 zusammengewachsene Kronblätter und 5 auffällig im Zentrum stehenden Staubblätter, die meist verwachsen sind! Der Griffel mit der Narbe guckt oben raus.

  • Blätter wechselständig
  • Blütenstand: 5 Blütenkronblätter - sie sind untereinander und mit den 5 Staubblättern verwachsen
  • Blüte ist jedoch nur nur scheinbar radiär: die Mediane des Fruchtknotens sind schräg gestellt - sie ist strenggenommen asymmetrisch. 
  • 5 Kelchblätter bleiben an der Frucht erhalten, sieht man gut an der Tollkirsche oder am Bittersüßen Nachtschatten, aber auch an den Tomaten.

  • Fruchtknoten oberständig aus 2 Fruchtblättern.

  • Frucht ist eine vielsamige Kapsel oder eine Beere (Tomate, Paprika,...)

  • viele Arten enthalten Alkaloide!

Die einzelnen Vertreter sehen wir uns näher an.

 

Nutzpflanzen, wie Kartoffel, Tomate, Aubergine, Paprika oder Chili

Capsicum annuum=Chili/Paprika (Bild: a.sansone)

  • Der wichtigste Vertreter an Nutzpflanzen ist sicher die Kartoffel, Solanum tuberosum, mit unzähligen Sorten.
  • Im folgt auf den Fersen die Tomate, Solanum lycopersicum; hier kommen ebenfalls Jahr für Jahr interessante Züchtungen hinzu. 
  • Paprika, Pfefferoni, Chili, Capsicum annuum, ist auch sehr vielfältig und wird ebenfalls gerne im eigenen Garten angebaut.
  • Aubergine/Melanzane, Solanum melongena, gehört auch noch dazu.
  • Wer aber kennt bereits die Inkapflaume, Melonenbirne oder den Känguru-Apfel? Das sind teils neue Züchtungen, als Nasschfrüchte, aus der Familie der Nachtschattengewächse. Melonenbirne=Solanum muricatum; Inkapflaume=Solanum quitoense, Melonenbirne=Solanum melongena. Zwerg-Tamarillo=Solanum abutiloides, Känguru-Apfel=Solanum laciniatum. Bei diesen Arten müssen die Früchte unbedingt reif sein, erst dann sind sie genießbar. Unreif enthalten sie noch Giftstoffe!

Sie ist noch nicht lange auf unserer Strauchliste, die Gojibeere/Bocksdorn (Lycium); soll aber als Vitaminquell usw. eines dieser tollen Superfoods sein. Kann man als Gärtner ja mal selber testen.
Mehr darüber hier.

Gibt es auch heimische Nachtschattengewächse?

Tollkirsche (Bild: a.sansone)

Diese Arten gibt es wild auch bei uns:
  • Schwarzer Nachtschatten, Solanum nigrum.

  • Bittersüßer Nachtschatten, Solanum dulcamara.

  • Tollkirsche, Atropa bella-donna.

  • Bilsenkraut, Hyoscyamus niger.

Die heimischen Vertreter zählen alle zu den Giftpflanzen, auch wenn sie für Heilmittel und Medikamente verwendet werden, siehe Tollkirsche.

Mehr zu den heimischen Nachtschatten finden Sie in einem Unter-Artikel auf meinem Blog.

Blütenformen - flach, glockig, röhrig ...

Zierpflanze Enzianstrauch (Bild: Hans / Pixabay)

Auch wenn die meisten Nachtschattenblüten sich ähneln, diese verschiedenen Blütenformen gibt es:

  • rund und flach Solanum
  • glockenförmig Nicandra
  • röhrenförmig Nicotiana

Früchte: Meist Beerenfrüchte (Tomaten, Paprika), aber auch Blasenkirschen bei Physalis (papierartige Hülle)

 

 

Zierpflanzen, die harmlosen

In jedem Balkonkistchen finden sich Petunien (Petunia), leicht zu halten und in außerordentlich vielen Farben und Formen. Auch die sogenannte Bauernorchidee/Spaltblume (Schizanthus) ist ein liebenswertes einjähriges Blümchen, besonders für Kisten und Schalen. Vor allem aufgrund der stark zygomorphen Blüten unterscheiden sie sich stark von anderen Vertretern der Familie. Die Gattung ist in Chile endemisch. Die Lampionblume (Physalis) gibt es sowohl als reine Dekorpflanze als auch die essbare Variante Physalis peruviana.

Bauernorchidee (Bild: a.sansone)

Zierpflanzen, aber hochgiftige Vertreter der Solanaceae

Von Bilsenkraut bis Ziertabak

Bilsenkraut (Bild: nkordo / Pixabay)

Bilsenkraut

Das hübsch anzusehende Schwarze Bilsenkraut Hyosiyamus niger, war schon im dunklen Mittelalter als Hexenkraut berühmt berüchtigt. Die ganze Pflanze ist sehr stark giftig, besonders aber die Wurzeln und die Samen. Die Blätter sind in Mengen über 0,5 g giftig. Etwa 15 Samen sind für Kinder tödlich.

 

 

Giftbeere

Als Giftbeere warnt die Nicandra physalodes/Nicandra physaloides bereits durch ihren Namen vor dem Verzehr. Aber die nett anzusehenden Fruchtstände verleiten oftmals Kinder zum Spielen.

Nikotin oder Ziertabak

Auch die hübschen Ziertabakpflanzen Nicotiana x sanderae und Nicotiana sylvestris enthalten das Nervengift Nikotin, wenn auch nicht in hohen Dosen.

Der Ziertabak, unter anderem Nicotiana alata, hielt bald darauf Einzug in die Gärten. Er blüht abends auf und duftet herrlich.

 

 

Stechapfel und Engelstrompete

Stechapfelblüte (Bild: a.sansone)

Engelstrompete

Die Blütenblätter der Engelstrompete Datura Brugmansia sind hochgiftig. Schon kleinste Mengen können zu Symptomen wie Erbrechen und Durchfall, Sehstörungen und Halluzinationen führen. Um nicht mit den Pflanzensäften in Kontakt zu kommen, sollte man bei der Gartenarbeit Handschuhe tragen.

 

 

Stechapfel

Stechapfel (Datura stramonium) und die Engelstrompete Datura Brugmansia sind Arten der Gattung Datura.

Der Stechapfel erinnert in seinem Aussehen mehr an die Kastanie, denn an einen Apfel. Die schwarzen Pflanzensamen liegen wohl behütet in einer stacheligen Kapsel. Er samt sich wunderbar leicht aus und man hat ihn schnell in anderen Gartenteilen.

Der Stechapfel enthält in allen Teilen Scopolamin. Schon kleine Dosen führen zu ernsten Symptomen wie Bewusstseinsstörungen und einem beschleunigten Herzschlag. Die Alkaloide stecken sowohl in den Pflanzensamen, als auch in den Blättern des Stechapfels. Auch bei Hautkontakt zeigen sich teils heftige Reaktionen. Der Geruch selbst verursacht oftmals bereits Halluzinationen und Atemstörungen.

Vorsicht: Die lustig aussehenden Kapseln ziehen Kinder magnetisch an. Also aufpassen, warnen oder entfernen.

 

Alraune, Mandragora

Alraune (Bild: a.sansone)

Die Alraune,

  • Mandragora officinarum
  • Mandragora autumnalis

ist wohl die berühmt-berüchtigste Zauberpflanze aus dem Reich der Nachtschatten. Um sie ranken unzählige Sagen und Geschichten. Anpflanzen mit etwas Gärtner "Know How", kann man sie dennoch.

Lesetipp: Zum Vertiefen ins Alraunen-Wissen

Quellen

  • Pflanzenfamilien, Haupt Verlag, Bern 2017
    Die Weltgeschichte der Pflanzen, Seidel; Eichborn, 2012 Köln
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg

  • Das große Bilderlexikon der Gartenpflanzen, Herwig; Südwest Verlag, 1978 München

  • Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck

 

Adele_Sansone, am 21.10.2019
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Bildquelle:
a.sansone (Alraune, die Zauberwurzel vergangener Zeit)
a.sansone (Welche Pflanzenfamilien liefern unser Gemüse?)

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