Die Kulturgeschichte der Katze

Kurt Tucholsky äußerte in seinem Artikel "Der Katzentrust", erschienen unter seinem Pseudonym Peter Panter am 17. Juni 1928 in der früher auch überregional bedeutsamen "Vossischen Zeitung", dass die Katze das einzige vierbeinige Tier sei, das dem Menschen eingeredet habe, er müsse es versorgen, ohne dass sie selbst dafür etwas tun müsse. Mit diesem kurzen Statement beschrieb Tucholsky die Charakter und die Lebensart einer Katze höchst treffend.

Der Mensch liebt seine Mieze, füttert sie, überhäuft sie mit Zuwendung und gibt ihr ein Zuhause. Zum Dank demonstriert sie stets ihre Unabhängigkeit, zeigt sich überaus eigensinnig, gehorcht nur, wenn sie mag, will sich nicht unterordnen und bleibt ein sturer Einzelgänger. Selbst die treueste und verschmusteste Katze der Welt kann schon mal aus für den Menschen unerfindlichen Gründen von heute auf morgen die Beziehung zu ihrem Besitzer beenden und grußlos für immer verschwinden. Katzenhalter können sich ihres unberechenbaren Mitbewohners nie hundertprozentig sicher sein. Ihrem Wesen nach ist die Hausmieze eine Wildkatze geblieben.

Vom Tiger zur Kultfigur

Der Hund stammt von Wölfen ab, die der Mensch domestiziert hat. Typisch für die Katze ist, dass sie sich selbst domestiziert haben soll und sich bei den sesshaft gewordenen ehemaligen Jägern und Sammlern des alten Orients als Resteverwerter und erfolgreicher Mäusejäger nützlich machte. Die ägyptischen Pharaonen sollen ihren Reichtum den Katzen verdanken, weil sie in den riesigen Kornspeichern als schnelle Jäger sehr erfolgreich den Mäusen und Ratten den Garaus machten. Sie erlangten göttlichen Kult. Bastet (siehe obenstehendes Foto © ZDF und Jasper Engel), die Tochter die ägyptischen Sonnengottes Re, wurde als sitzende Katze dargestellt. Die Tötung einer Katze, außer durch Priester im geheiligten Bereich, wurde als Kapitalverbrechen mit dem Tod bestraft. Viele reiche Ägypter kauften gegen teures Geld wertvolle Katzen und ließen sie durch Priester töten und mumifizieren (Foto © ZDF und Jasper Engel). Aber selbst hier regierte der schnöde Mammon, weil die Nachfrage das Angebot bei weitem überstieg. Äpyptologen untersuchten die mumifizierten Knochen und fanden Hundeknochen, Viertelkatzen und auch gar nichts.

Von der gottähnlichen Katze in Ägypten zum Haustier in Europa

Katzen durften nach ägyptischem Recht nicht exportiert werden. Deshalb kamen erst einige Jahrhunderte vor Christi Geburt die ersten Katzen nach Europa und kreuzten sich mit den Wildkatzen. Weil Katzen aber Mangelware blieben, galten sie als Luxusgeschöpfe und erhielten im römischen Reich kultischen Status. (Foto © ZDF und Jasper Engel )

Erst nach dem 2. Jahrhundert nach Christus wurde die Katze ein Haustier für alle und wurde ein nützlicher und erfolgreicher Jäger. Schon bald ersetzten sie die bisher für die Nagetierbekämpfung eingesetzten Marder und Wiesel.

Die Christianisierung liess den Wert der Katze stark absinken

Ähnlich wie für den Hund war die Christianisierung auch für die Katzen keine gute Zeit. Die Katze galt als Geschöpf des Teufels, der Hexen und Dämonen und landete nur allzu oft auf dem Scheiterhaufen. Dieser schlechte Ruf währte einige Jahrhunderte. Noch im Mittelalter waren Katzen Sinnbild für weibliche Untugenden (gibt's die?) und galten als unmäßig, diebisch, treulos und sündig. Selbst Kirche und Staat prangerten das halbwilde, unkontrollierbare Wesen von Katzen, deren nächtlichen Jagdausflüge und deren lautstarkes Paarungsverhalten an.

Erst der deutsche Zoologe Alfred Brehm machte die Katze wieder "hoffähig". Sie wird seitdem wieder beliebt, geliebt und umhätschelt und zieht in viele bürgerliche Haushalte als Stubentiger ein.

Katzen sind ursprünglich geblieben

Eine Domestizierung von Wildtieren bedeutet immer den Versuch, besondere Fähigkeiten oder Vorzüge der Tiere wie Wolle, Fleisch, Milch, Jagdverhalten usw. für den Menschen zu optimieren. Bei der Katze war immer "nur" die Fähigkeit gefragt, ungebetene Nagetiere wie Ratten und Mäuse zu beseitigen. Versuche, bestimmte Katzenrassen oder bestimmte Eigenschaften zu züchten, scheiterten meist an der Katze, die sich nachts und irgendwo draußen ihren Kater auswählte. Das erschwerte eine Zucht und bewahrte bis heute die Ursprünglichkeit der Katzen.

Die Diplom-Biologin Birgit Rödder sagt hierzu klipp und klar: "Die Katze ist Raubtier geblieben, weil sie mit ihrer Anatomie, ihrer Physiologie, den Sinneseindrücken durchaus noch dem Tiger entspricht. Das Jagdverhalten ist weitgehend das Gleiche, beide jagen als Einzelgänger und sind auf ihre natürlichen Fähigkeiten angewiesen, eine Jagd erfolgreich zu Ende zu bringen."

Die Katze nutzt die Vorteile des Lebens beim Menschen

Die Hauskatze stammt von einem einzelgängerischen Vorfahr, von der Falbkatze, ab. Die Falbkatze gehört zu den afrikanischen Wildkatzen. Der "Einzelgänger Katze" hat aber gelernt, dass der Mensch ihr viele Vorteile des Gruppenlebens bietet, aber keine Nachteile. So hat sie Nahrung, ein Dach über dem Kopf und jederzeit rund um die Uhr einen Ansprechpartner, auch zum Schmusen. Die positive Grundstimmung gilt es, zu erhalten. Dazu diente auch bei Bedarf das perfektionierte Betteln und Anschmiegen. Es geht der Katze gut, wenn und weil sie Futter und Zuwendung bekommt.

Der Mensch mit Katzenaugen betrachtet

Nach Birgit Rödder betrachtet die Katze den Menschen als eine große Mutterkatze, die sie füttert. Sie reibt sich an den Beinen des Menschen, wie sie es auch bei ihrer Mutter tut, wenn sie um eine mitgebrachte Maus bettelt, und läuft vor die Füße, wenn der Mensch den Napf in der Hand hält. In den mütterlichen Bereich fällt auch das Streicheln, das die pflegende Zunge der Mutterkatze ersetzt. (Foto © ZDF und Jasper Engel)

Rödder weist aber auch auf große Unterschiede hin: "Es gibt Katzen, die warten zu Hause sehnsüchtig auf ihre Menschen, dass die endlich nach Hause kommen. Andere Katzen betrachten ihre Menschen tatsächlich nur als Dosenöffner, der ihnen da ab und an das Futter hinstellt. Und das reicht ihnen völlig aus, ansonsten führen sie ihr unabhängiges Leben. Die typische Hauskatze hat es gerne, wenn ihr Mensch ihr zur Verfügung steht, allerdings nur dann, wenn sie ihn wirklich benötigt."

Hund und Katze als Gegensatz

Ein Bonmot von Rödder zum grundlegenden Unterschied zwischen Hund und Katze soll nicht unerwähnt bleiben. Ein Hund ist leicht zu motivieren. Wenn wir ihm sagen, er soll springen, dann fragt er "Wie hoch?". Bei Katzen erfährt man auf dieselbe Frage keine eindeutige Reaktion. Sie bleiben unabhängig. "Katzenerziehung ist gar nicht so schwer. Schon nach wenigen Tagen haben sie uns das Wichtigste beigebracht", so Rödder.

Lesen Sie hierzu auch "Der Hund als Wegbegleiter des Menschen".

TerraX kommt im ZDF auf den Hund und die Katze

Nach dem Hund spielt in Folge 2 am Sonntag, den 9. August 2015, um 19.30 Uhr die Katze die Hauptrolle. Zu dieser Sendung hat die Diplom-Biologin Birgit Rödder mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen maßgeblich beigetragen. Rödder erforscht das Verhalten von Katzen. Eines ihrer Spezialgebiete ist die Kommunikation mit Haustieren. Seit mehreren Jahrzehnten ist sie als Tierpsychologin und Katzentrainerin tätig.

In zwei je 45-minütigen Sendungen widmet sich das ZDF der Erfolgsgeschichte von Hund und Katze. In Folge 1 geht es am Sonntag, den 2. August 2015, um 19.30 Uhr um den Hund. Der Dokumentation liegen umfangreiche Informationen durch den österreichischen Tier-Verhaltensforscher Prof. Dr. Kurt Kortschal zugrunde. Kortschal ist Leiter und Gründer des Wolfforschungszentrums "Wolf Science Center" im österreichischen Ernstbrunn.

dieterh, am 24.06.2015
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Bildquelle:
© dieterh (Der Hund als Wegbegleiter des Menschen)
© ARD Degeto / Quad Productions (Highlights im ARD-Sommerkino)
Bild © ARD/Nicole Manthey (Rote Rosen: Cheryl Shepard folgt Anne Moll)
© ZDF und Felix Korfmann (Die latente Gefahr von Alkoholgenuss)

Autor seit 11 Jahren
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