Lebensmittelmarken, Kartoffeln und CARE-Pakete

Gleich nach Ende des Krieges gab es 1945–1948 Lebensmittel nicht im Laden zu kaufen, sondern im Tausch gegen Lebensmittelmarken oder auf dem Schwarzmarkt. Die einseitige Ernährung besteht meist aus Kartoffeln; sie verteuern sich entsprechend. 1947 kosten 50 Kilogramm Kartoffeln bis zu – umgerechnet - 2.500 Euro.Bei Schulspeisungen werden Graupensuppe, Milchsuppe und Kartoffelsuppe aus ausgekochten Kartoffelschalen verteilt. Vorhandene Lebensmittel werden "gestreckt"; in Wurst werden Haferflocken, Schrot, Trockenkartoffeln und Wasser zugegeben.

Amerikanische Wohlfahrtsverbände hatten 1945 die Hilfsorganisation CARE gegründet. Sie brachte fast zehn Millionen Pakete, die CARE-Pakete, mit Lebensmitteln nach Deutschland. Während die USA Lebensmittel nach Deutschland bringen, sperrt die Sowjetunion alle Wege nach Berlin. Die Luftbrücke nach Westberlin entsteht, und amerikanische "Rosinenbomber" sorgen auf dem Luftweg für dringend benötigte Lebensmittel, Brennstoffe und viele andere Hilfsgüter.

Nach 1950: Die Zeit der Rationierung ist beendet

Der nachfolgende Artikel schließt unmittelbar an den Artikel "Ernährungstrends vom Kaiserreich bis 1950 als Spiegel der Zeit" an.

1950 wurden in Westdeutschland die Lebensmittelmarken abgeschafft. Damit wurden auch äußerlich die Hungerjahre abgeschafft, auch wenn noch nicht alle Lebensmittel in den notwendigen Mengen angeboten werden konnten.Anschließend änderten sich die Ernährungsgewohnheiten deutlich, auch wenn der Verbraucher auf vermeintliche oder tatsächliche Anzeichen von Krisen noch wie gewohnt mit Hamsterkäufen reagierte und Zucker oder Fett dabei vorübergehend "aus" waren. Getreide und damit Brot wurden weniger nachgefragt. Es gab aber trotzdem geharnischte Proteste, als die Bundesregierung die Brotpreise erhöhen wollte.

Fleisch, Milch, Eier, Zucker, frisches Obst und Fette spielen im Einkaufsverhalten eine weitaus größere Rolle. Erste Bundesbürger kämpfen schon mit ihrem Übergewicht, und Diätvorschläge kommen in den Zeitungen und Zeitschriften wieder in Mode. Das lag im deutschen Wirtschaftswunder begründet, einem Boom nach Wiederaufbau und erfahrener Entbehrung und dann schnell folgender Zeit der Steigerung des Einkommens bei sinkenden Preisen.

Die Fresswelle und "Wohlstand für alle"

Inbegriff des Schwelgens waren dann Mitte der 50er Jahre Mayonnaise, Buttercreme und diverse exotische Früchte in Dosen. Sie hatten schnell Steckrüben und Brotsuppe abgelöst.

"Wohlstand für alle" war die von Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard ausgegebene Devise. "Kalter Hund" (Rezept am Schluss des Artikels) wurde nach dem geschmorten Hackbraten "falscher Hase" zum Nachtisch oder zum Nachmittagskaffee serviert, wenn es nicht die allseits beliebte Buttercremetorte war. Essen machte Spaß, hungern und hamstern waren vergessen.

Als besonders beliebte Getränke wurden Erdbeerbowle, lieblicher, süßer Wein und zum Abschluss Weinbrand oder Eierlikör aufgetischt.

 

Exotisches aus der Konserve

Die ersten Urlauber brachten aus Italien neue Rezepte mit, konnten Spaghetti mit der Gabel essen und waren bei exotischen Früchten auf einen neuen Geschmack gekommen. Wieder zurück in Deutschland stürzten sie sich auf die nun kennengelernten Obstsorten wie Mandarinen und Ananas, die es in Konserven zu kaufen gab.

"Clou" war deren Verzierung mit Mayonnaise und/oder Cocktailkirschen.

Der erste Fernsehkoch kreiert den "Toast Hawaii"

Während heute kaum ein Fernsehsender auf Kochshows verzichten möchte, war in den 50er Jahren das Auftreten eines Fernsehkochs eine Sensation und prägte neue Kochgewohnheiten: Fernsehkoch Clemens Wilmenrod wurde bald für seine einfachen Rezepturen bekannt, denn seine Rezepte konnten leicht nachgekocht werden. Wilmenrod gilt heute als Erfinder des Toast Hawaii, einer Scheibe Toast, mit Schinken und einem Stück Ananas aus der Dose belegt, mit Schmelzkäse überbacken und einer Cocktailkirsche garniert. Wilmenrod brachte auch bis dahin in der warmen Küche unbekannte Zutaten wie Roquefortkäse oder Ketchup in die deutschen Haushalte.

Für Nostalgiker hier das Rezept in Kurzform: Für vier Portionen benötigt man

  • 4 Scheiben Toastbrot
  • 4 TL Butter oder Margarine
  • 4 Scheiben gekochten Schinken
  • 4 Scheiben Dosenananas
  • 4 Scheiben Scheibletten-Käse
  • 4 rote Cocktailkirschen

Die ungerösteten Toast-Scheiben mit Butter oder Margarine bestreichen und mit jeweils einer Schinken- und einer Ananasscheibe belegen. Dann für eine Minute unter den heißen Grill schieben. Eine Scheibe Käse über die Ananas legen und noch einmal unter den Grill schieben, bis der Käse schmilzt. Zum Schluss mit den Cocktailkirschen garnieren und sofort servieren.

Der Toast lässt sich auch im Backofen zubereiten.

Luxusgüter werden erschwinglich

Nach dem Krieg war alles teuer, wenn es denn überhaupt auf dem Markt zu kaufen war. Mit steigender Kaufkraft bei zugleich fallenden Preisen wurden Luxusgüter zu Gebrauchsgütern des Alltags. Es konnten – um nur einige zu nennen - Kleidungs-, Einrichtungs-, Auto- und Urlaubswellen verzeichnet werden.

Aber das Essen war und blieb die Lieblingsbeschäftigung des Deutschen, und die Fresswelle bestimmte die gesamten 50er Jahre. Der Deutsche konnte zwar in so kurzer Zeit nach dem Kriege kein Gourmet, aber ein ausgewachsener Gourmand sein. Eine rundliche weibliche oder männliche Figur wurde zum Symbol des Wirtschaftswunders.

Neue Lebensmittel finden rasch viele Freunde: Wer es sich leisten konnte oder wollte. ging nicht mehr in den Tante-Emma-Laden oder Supermarkt, sondern in den Kolonialwarenhandel, denn dort gab es zumindest dem Namen nach Exotisches aus den überseeischen Kolonien und Amerika zu kaufen. Das spiegelte sich auch in der heimischen Speisekammer wider: Kokosfett oder Palmin statt Schweineschmalz, Butter statt Margarine, und die Gewürzauswahl mit Salz und Pfeffer wird um Ketchup, Mixed Picklies und "spicy" Saucen erweitert. Alle Südfrüchte sind "in"

Oder kennen Sie noch die süße Kondensmilch? Sie sollte zwar in den Kaffee hinein, wurde aber genau so gern direkt aus der Dose als Delikatesse genossen, nachdem man zwei Löcher in die Dose gestochen hatte.

Das Rezept für "Kalter Hund"

Früher durfte der "Kalte Hund" auch bei Kindergeburtstagen niemals fehlen; heute ist er, weil kalorienträchtig, oft verpönt. Aber jeder weiß: Er schmeckt soooo gut.

Dieses Backwerk (Foto © LEIBNIZ Butterkeks) ist zwar unter vielen Namen wie Hundeschnauze, Kalte Pracht, Kekstorte, Kalte Torte, Kalte Schnauze, Schwarzer Peter, Schwarzer Hund, Kalter Igel, Keksmauer oder Kellerkuchen.bekannt, kennt aber nur eine Grundrezeptur:

Ein halbes Pfund Kokosfett, 1 Packung (200 Gramm Leibnizkekse und je 50 Gramm Puderzucker und Kakaopulver sowie 150 Gramm Vollmilch- oder Zartbitterkuvertüre für den Guss.

Das Kokosfett in einem Topf langsam schmelzen, in eine Schüssel füllen und abkühlen lassen. In das noch leicht flüssige Fett Puderzucker und Kakaopulver hineingeben und mit einem Handmixer cremig schlagen. Eine Kastenform wegen der anschließenden späteren einfacheren Reinigung mit Backpapier auslegen, dicht mit Keksen auslegen und diese mit der Kokosfettmasse bestreichen. So Schicht auf Schicht, bis alles aufgebraucht ist. Für den Guss die Kuvertüre in einem kleinen Topf schmelzen lassen, über die Kekstorte geben und das ganze zwei bis vier Stunden in den Kühlschrank stellen.

Noch einfacher wird die Zubereitung, wenn auf den Guss verzichtet wird und die Kekstorte auch oben mit der Masse bestrichen wird.

Das Backwerk hält sich abgedeckt vier bis fünf Tage im Kühlschrank, falls es nicht viel eher aufgegessen ist .

Autor seit 10 Jahren
533 Seiten
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