Solides Lesevergnügen

Hinter dem Pseudonym Iny Lorentz verbirgt sich ein äußerst erfolgreiches Autorenpaar aus München. Bekannt sind sie unter anderem für mittlerweile fünf Romane rund um die Wanderhure Marie. Die in sich abgeschlossenen Teile dieser Buchreihe ähneln sich in ihrem jeweiligen Aufbau: Ungetrübtes Glück – plötzlich drohendes Unheil – Reisen in die Ferne mit vielen Abenteuern – Happy End. Dennoch lesen sich die Wanderhure-Bücher spannend und flüssig. Insgesamt eine solide, historische Unterhaltung, die Lust auf die anderen Werke des Autorenpaars jenseits der Wanderhure macht.

Nicht weniger beliebt scheinen die Romane der Erfolgsautorin Sabine Ebert zu sein. Sie landete mit ihrer Hebamme-Reihe einen sensationellen Erfolg. Hintergrund der Handlung sind die Entstehung der Stadt Freiberg und die damit zusammenhängenden Silberfunde in Sachsen. In den Hebamme-Büchern vermischt Sabine Ebert geschickt reale Geschehnisse mit der eigentlichen Handlung. Eindeutiger Pluspunkt dieser fünfteiligen Romanreihe ist, dass es nicht in jedem Fall ein märchenhaftes Happy End gibt. Ein sechstes Buch, der Roman "Blut und Silber" spielt rund 100 Jahre später und stellt erneut Freiberg sowie Sachsen in den Mittelpunkt. Dieses eng an tatsächliche Geschehnisse angelehnte Buch beinhaltet nur noch einen sehr vagen Bezug zur Hebamme-Reihe. Zwei weitere Romane beschäftigen sich hingegen mit den Wirren der Befreiungskriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Ulrike Schweikert gehört zu den zahlreichen Schriftstellerinnen, deren Historienromane oftmals weibliche Hauptfiguren aufweisen. Manchen geschichtlich bewanderten Bücherfreund stört das vielleicht ein wenig. Aber offenbar trifft Ulrike Schweikert damit den Geschmack einer breiten Leserschaft. Wer die Bücher der Autorin bisher noch nicht kennt, dem sei besonders der preisgekrönte (und nicht frauenlastige) Roman "Das Jahr der Verschwörer" empfohlen.

Durch einen speziellen Schreibstil zeichnen sich hingegen die historischen Romane von Wolf Serno aus. Der Leser wird allerdings nicht wie bei anderen Autoren sofort von den beschriebenen Szenen vereinnahmt. Man muss sich zunächst ein wenig "einlesen". Dafür durchzieht diese Romane ein leichter, heiterer Grundton.

Gehobenes Lesevergnügen: ganz besondere Autoren

Historische Geschichten spannend und unterhaltsam erzählen, das können viele gute Schriftsteller. Darüber hinaus gibt es jedoch einige, die durch ihren eigenen Stil deutlich aus dem Mainstream herausragen. Manchmal lässt sich gar nicht erkennen, was das eigentlich Besondere dieser Autoren ist. Lassen wir ihnen ruhig ihre kleinen Geheimnisse, und erfreuen wir uns lieber an ihren niedergeschriebenen Ideen.
Frank Schätzings bislang einziger Mittelalterroman gehört zu dieser Gruppe besonderer Bücher. "Tod und Teufel" ist ein spannender, aber nicht düsterer Krimi. Die Handlung spielt im Jahr 1260 in Köln, der Heimat des Autors, welcher auch als Werbefachmann und Musiker tätig ist. "Tod und Teufel" weist eine Eigenart auf, die alle wirklich guten Romane gemein haben: Man ist versucht, das Buch nicht wieder aus der Hand zu legen, bis man es fertig gelesen hat.

Ins schöne Spanien hingegen entführt Ildefonso Falcones seine Leser. Der Schriftsteller und Rechtsanwalt, dessen voller Name eigentlich Ildefonso Falcones de Sierra lautet, erzielte bereits mit seinem Erstlingswerk "Die Kathedrale des Meeres" einen internationalen Erfolg.

In "Die Pfeiler des Glaubens" thematisiert er wertfrei den Kampf der Religionen im 16. Jahrhundert. Ein Roman, welcher derzeit erschreckend aktuelle Bezüge aufweist. Eine ausführliche Rezension dazu lesen Sie hier.

Auch dem Franzosen Romain Sardou gelang mit seinem Debütroman "Pardonnez nos offenses" ein Überraschungserfolg, der nach kurzer Zeit bereits in zwölf Ländern angeboten wurde. In Deutschland erschien der Mittelalterroman 2004 unter dem Titel "Das dreizehnte Dorf": In einer abgelegenen Diözese mit gerade einmal einem Dutzend Dörfern kommt es zu seltsamen Funden. Ein Mönch stellt schließlich anhand alter Aufzeichnungen fest, dass es einmal ein dreizehntes Dorf gegeben haben muss, welches irgendwann einfach vergessen wurde...
Der Autor erzeugt gekonnt ein spannungsgeladenes, beinahe schon kriminalistisches Flair. Eine düstere, undefinierbare Bedrohung durchzieht den gesamten Roman, In dieser Hinsicht erinnert "Das dreizehnte Dorf" ein wenig an den Stil des Bestsellers "Der Name der Rose" von Umberto Ecco. Doch Romain Sardou gelingt das Kunststück, die Geschichte dennoch leicht und flüssig zu erzählen. "Das dreizehnte Dorf" hat somit seinen ganz eigenen Charme, jenseits der üblichen Mittelalter-Literatur.

Immer lesenswert: Meisterhafte Historienromane

In die Spitzengruppe der Autor(inne)n historischer Romane gehören auf jeden Fall drei Namen:

  • Hinter dem Pseudonym Paul Harding verbirgt sich der britische Historiker Paul Dougherty. Entsprechend genau sind die Fakten und Details seiner Romane, die zudem oft auf wahren Begebenheiten beruhen. Diese Exaktheit geht allerdings nie zulasten des Unterhaltungswertes, denn Hardings Romane sind flüssig geschrieben und verführen dazu, das jeweilige Buch in einem Stück durchzulesen. Größter Pluspunkt seiner Werke ist der deftige britische Humor, der trotzdem nicht vulgär wirkt. Hardings Romane haben eindeutig Suchtfaktor.
  • Rebecca Gable teilt mit Paul Harding offenbar eine Vorliebe für den britischen Regenten John of Gaunt. Während Harding allerdings gern die verschlagene Durchtriebenheit des Herrschers thematisiert, scheint Rebecca Gable diesem eher Sympathien entgegenzubringen. Die deutsche Autorin, deren Name ebenfalls ein Pseudonym ist, beeindruckt ihre Leser unter anderem durch eine besondere Fähigkeit: Rebecca Gable kann komplexe historische Zusammenhänge (von denen es in der englischen Geschichte sehr viele gibt) verständlich dargestellt in ihre Romane einarbeiten. So gelang ihr beispielsweise das Kunststück, den Roman "Das Spiel der Könige" vor dem Hintergrund der englischen Rosenkriege handeln zu lassen. Dieser Dynastienstreit zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass viele wichtige Figuren den gleichen Namen tragen. Dennoch schaffte es Rebecca Gable, ihre Leser dadurch nicht zu verwirren!
  • Unangefochtener Spitzenreiter unter den Schriftstellern dieses Genres dürfte allerdings Ken Follett sein. Grundsätzlich scheint es so, dass der Kauf eines Follett-Romans kein Fehler sein kann. Das gilt besonders für die historischen Themen. Ken Follett beschränkt sich dabei nicht auf eine bestimmte Epoche. Egal, ob Mittelalter, viktorianisches Zeitalter oder ein beliebiger Zeitraum im 20. Jahrhundert: Ken Follett schreibt mit akribischer Genauigkeit und trotzdem spannend. Neben der eigentlichen Unterhaltung bieten Follett-Romane somit immer noch gratis etwas Weiterbildung in Geschichte. Ein zusätzlicher Vorteil seiner Bücher ist deren Länge. Bei Ken Follett kommen selbst notorische Leseratten voll auf ihre Kosten!
Donky, am 14.02.2016
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Autor seit 12 Jahren
263 Seiten
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