Homo oeconomicus - Modell eines Nutzenmaximierers
Der Homo oeconomicus ist ein theoretisches Wirtschafsmodell zur Erklärung rationaler Entscheidungen unter Anwendung des ökonomischen PrinzipsHomo oeconomicus - Wortherkunft und Modellbeschreibung
Wirtschaftswissenschaftler haben aus den lateinischen Worten Homo (Mensch) und oeconomicus (wirtschaftlich) das Wort Homo oeconomicus geschaffen. Damit soll also ein Mensch beschrieben werden, der stets wirtschaftlich denkt und ausschließlich nach dem ökonomischen Prinzip handelt, sowie vollständige Informationen über seine wirtschaftlichen Entscheidungsmöglichkeiten und deren Folgen besitzt. Der Homo oeconomicus vermag es, diese dann auch unmittelbar und fehlerfrei zu verarbeiten. Er kennt sämtliche Handlungsalternativen und entscheidet sich ohne Präferenzen für jene, die den größten Nutzen verspricht. Darüber hinaus verfügt der Homo oeconomicus über vollständige Markttransparenz, kennt also sämtliche Märkte und Güter, sowie deren Eigenschaften.
Wirtschaftstheoretische Bedeutung des Homo oeconomicus
In der Wirtschaftstheorie dient der Homo oeconomicus dazu, elementare wirtschaftliche Zusammenhänge vereinfacht aber verständlich und nachvollziehbar zu beschreiben. Das Modell kann dabei lediglich Teilaspekte menschlichen Verhaltens beschreiben und analysieren, wozu es Probleme aus der Praxis ausklammern muss. Da sich das menschliche Verhalten nicht rational erklären lässt, taugt der Homo oeconomicus nicht zur praktischen Analyse menschlichen Verhaltens, sondern lediglich zur Erklärung rationaler Entscheidungen. Für eine realistische Gesamtanalyse menschlicher Verhaltensweisen müssten weitere Aspekte hinzugezogen werden, da etwa Werbung und vorhandene Präferenzen Menschen in ihren Entscheidungen beeinflussen. Um menschliches Verhalten in Wirtschaftsmodellen darzustellen, ist dies aber nicht notwendig. Vielmehr eignet sich der Homo oeconomicus dazu, diverse wirtschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Sei es in der Betriebswirtschaftslehre (Entscheidungstheorie) oder in der Volkswirtschaftslehre (Mikroökonomik). Darüber hinaus ist der Homo oeconomicus eine zentrale Figur der neoklassischen Ökonomie und gewinnt auch in der Wirtschaftsethik zunehmend an Bedeutung (etwa um Probleme in sozialen Dilemmastrukturen zu analysieren).
Homo oeconomicus – Anwendungsbeispiele
Geht man davon aus, dass Menschen stets rational denken und ständig versuchen ihren Nutzen zu maximieren, lässt sich erklären warum wir versuchen, uns an der Supermarktkasse in die kürzere Schlange zu stellen, durch den Einkauf günstiger Produkte zu sparen versuchen oder zur Substitution neigen. Mit Hilfe des Homo oeconomicus können solche rationalen Entscheidungen relativ einfach und verständlich erklärt werden.
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Kritik am Homo oeconomicus
Wie bereits angedeutet, wird am Modell des Homo oeconomicus immer wieder Kritik laut. So werden seine Verhaltensmuster als realitätsfern bezeichnet, da sie nicht von empirischer Relevanz zu sein scheinen. Da die Betriebswirtschaftslehre beansprucht eine Realwissenschaft zu sein, sollten ihre Forschungsgegenstände auch in der Realität existieren. Mit dem Modell des Homo oeconomicus aber wird der Mensch als ein zweckrationales Konstrukt stilisiert. Menschliches Verhalten wird dadurch in Normen gepresst und entspricht eben nicht mehr der Realität.
Als soziale Wesen treffen Menschen eben nicht sämtliche Entscheidungen aus Kosten-Nutzen Sicht. Zu stark werden sie etwa von ihrer Kultur, ihren Emotionen, persönlichen Präferenzen oder der Meinung anderer beeinflusst.
Der Homo oeconomicus hingegen würde zum Beispiel Freundschaften nur pflegen, wenn ihm diese mehr nutzen, als er in sie investieren muss. Er würde seinen Mitmenschen schaden oder Gesetze brechen, wenn dies die effektivste aller Alternativen wäre. Solche Eigenschaften sind zwar nicht besonders schmeichelhaft, können aber dazu dienen, rationale Entscheidungen zu erklären. Und genau dafür wurde der Homo oeconomicus ja erdacht.
Homo oeconomicus 2.0
Durch die anhaltende Kritik am Homo oeconomicus, sind Wissenschaftler ständig dabei das Modell weiter zu entwickeln und etwa Erkenntnisse aus der Verhaltenswissenschaft zu integrieren. Durch Aspekte wie begrenzte Rationalität und unvollkommene Information rückt der Homo oeconomicus 2.0 näher an die Realität.
Es ist unbestritten, dass soziales Verhalten innerhalb einer Gesellschaft langfristig vorteilhaft ist. Daher würde sich wohl auch der Homo oeconomicus sozial verhalten. In der Realität denken viele Menschen aber zunächst an sich selbst und sei es nur aus reinem Selbsterhalt. Negative Folgen ihres Verhaltens nehmen sie dabei in Kauf. Würden Sie die Folgen ihres Handelns bereits vorab kennen, würden sie möglicherweise andere Entscheidungen treffen.
Bei dem Versuch Modelle zu verändern, um ihre Aussagekraft für die Praxis zu verbessern sollte aber nicht vergessen werden, dass mit jeder Änderung die Gefahr besteht, die Aussagekraft für die ursprünglichen Fragestellungen negativ zu beeinflussen. Besser als der Homo oeconomicus 2.0 wären daher mehrere Modelle rational handelnder Menschen, je nachdem welche Probleme damit analysiert oder erklärt werden sollen.
Der Homo oeconomicus und neue verhaltensökonomische Erkenntnisse
Erkenntnisse der Verhaltensökonomie könnten in Zukunft verstärkt in wirtschaftliche Modelle eingehen, was natürlich auch am Homo oeconomicus nicht spurlos vorbei ginge. Zukünftig könnten so neue Modelle entstehen, die vom rationalen Verhalten des Homo oeconomicus abweichen und realistischere Prognose zulassen. Mögliche Beispiele sind:
- Menschliches Bestreben nach Risikovermeidung und Verlustaversion – viele Menschen gewichten erwartete Verluste stärker als erwartete Gewinne in gleicher Höhe, was sich auf ihre Entscheidungen auswirkt
- Reihenfolge und Wortwahl - Menschen entscheiden danach in welcher Reihenfolge und mit welchen Worten Ihnen bestimmte Alternativen vorgeschlagen werden
- Überschätzung eigener Fähigkeiten und Angst vor Manipulation – zuerst präsentierte Vorschläge werden häufig nicht umgesetzt, da so das Gefühl entsteht, die eigenen Entscheidung unabhängig zu treffen
- Plausibilität – Menschen neigen dazu, fremde Vorschläge als eigen auszugeben, sobald diese innerlich akzeptiert und für plausibel befunden wurden
- Wunschdenken – Informationen die vorhandenes Wissen oder getroffene Entscheidungen bestätigen, werden bevorzugt aufgenommen und können menschliches Handeln so auch stärker beeinflussen
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Bildquelle:
johannes flörsch
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