Pro Achtsamkeit

Stimmt, es gibt gute Gründe dafür, (mehr) im Moment zu leben und präsent(er) zu sein:

Das Leben wird ruhiger und friedlicher. Die Lebensqualität verbessert sich. Die Perspektive verändert sich, man fühlt sich ausgeglichener, (er)lebt bewusster und zufriedener.

Wer genauer wissen möchte, wie und warum Achtsamkeitstraining helfen kann:

Eckhart Tolle und das Leben im Jetzt

Mit Achtsamkeit den Augenblick wahrnehmen

Achtsamkeit lernen - Stress reduzieren

Thich Nhat Hanh und Achtsamkeit á la Google

Ein Plädoyer für die Un-Achtsamkeit?

Doch was, wenn es einem trotz Bemühung einfach nicht gelingen will, im Moment zu sein – und zu bleiben?

Die Begeisterung für Achtsamkeit ist so groß, dass die Achtsamkeitsmüden sich kaum wagen, Einspruch zu erheben. Doch es gibt sie, die Gegenargumente. Sogar Kritiker melden sich inzwischen immer häufiger zu Wort.

Was könnte gegen die Achtsamkeit sprechen?

Warum kann es sinnvoll sein, hin und wieder auch mal aus dem gegenwärtigen Moment "auszusteigen" - sozusagen ganz bewusst auch mal un-achtsam zu sein?

Warum man auch mal un-achtsam sein darf

  • Die Erwartung, den gegenwärtigen Moment möglichst bewusst (er)leben und voll auskosten zu müssen, ist für einige Menschen zu einem zusätzlichen Stressfaktor geworden. Stets präsent zu sein, das empfindet mancher eher als anstrengend und ermüdend. Selbstzweifel tauchen auf, wenn es nicht gelingt – dann alle anderen kriegen es doch schließlich auch hin, das mit der Achtsamkeit …

  • Hin und wieder über die Vergangenheit nachzudenken, um aus Erfahrungen zu lernen, das ist auch in der Achtsamkeitspraxis erlaubt. Abgesehen davon sollte man mentale Ausflüge in die Vergangenheit strikt vermeiden. Aus der modernen Glücksforschung gibt es jedoch den gegenteiligen Vorschlag: Wer möglichst oft in angenehmen Erinnerungen an die Vergangenheit schwelgt und sich diese ganz bewusst ins Gedächtnis ruft, der lebt im Jetzt um einiges glücklicher.

  • Und was ist dann, wenn der gegenwärtige Augenblick wirklich nicht besonders erfüllend ist? Thich Nhat Hanh ist buddhistischer Mönch und einer der bekanntesten und beliebtesten Achtsamkeitslehrer - siehe Buchtipps. Thich Nhat Hanh liebt das Geschirrspülen. Er stellt sich dabei vor, wie er fürsorglich den Buddha in der Wanne badet. Wenn es einem aber nicht gelingen will, sich den ungeliebten Abwasch durch Gedanken an einen badenden Buddha zu versüßen? Was spricht tatsächlich dagegen, sich von einer als unangenehm empfundenen Tätigkeit durch etwas Angenehmes abzulenken – zum Beispiel Musikhören, ein Hörbuch oder den Gedanken an den nächsten Urlaub? Bekanntlich kann die Zeit so wie im Fluge vergehen und man hat dabei auch noch Spaß gehabt – ganz un-achtsam.

  • Überhaupt: Luftschlösser bauen, Gedanken schweifen lassen, vor sich hin träumen – ist das wirklich so schlecht? Ja, behauptet die Achtsamkeitsforschung: "The wandering mind", unsere abschweifenden Gedanken, machen uns unglücklich. Gleichzeitig ist aber auch bewiesen, dass selbstvergessenes Tagträumen entspannt, dem Gehirn eine wohltuende Auszeit verschafft und für zahlreiche kreative Einfälle und Eingebungen verantwortlich ist.

  • Möglichst wenig in der Zukunft leben, empfiehlt Eckhart Tolle: Und nur dann für die Zukunft planen, wenn es unbedingt notwendig ist. Wer schon einmal von der Technik des kreativen Visualisierens gehört hat, der weiß, dass hier mit einem ganz anderen Ansatz gearbeitet wird: Wer sich möglichst oft und möglichst lebendig die gewünschte Zukunft in allen Farben ausmalt, der ist motivierter und hat bessere Chancen, seine Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Mentaltraining für Sportler funktioniert ebenfalls nach diesem Prinzip.

  • Und was ist eigentlich mit der Vorfreude, der Freude auf ein zu erwartendes Ereignis in der Zukunft – ist diese Vorfreude nicht bekanntlich die schönste Freude?

  • Todd B. Kashdan und Robert Biswas-Diener ("The Upside of your Dark Side", siehe Buchtipps) empfinden es als großen Segen, dass wir unser Gehirn beim Verrichten von Alltagstätigkeiten immer wieder auf den Modus des Autopiloten umschalten können. Wie gut, argumentieren die beiden Autoren, dass wir uns auf diese Weise geistige Energie für wichtigere Tätigkeiten als das Zähneputzen oder Geschirrspülen aufsparen können!

  • Immer möglichst präsent und bewusst sein? Kashdan und Biswas-Diener erinnern auch daran, den positiven Einfluss unseres UNTERbewusstseins nicht zu unterschätzen. Statt sich bewusst und achtsam mit einer wichtigen Entscheidung auseinander zu setzen, ist es zum Beispiel oft wesentlich effektiver, einfach nur eine Nacht darüber zu schlafen.

  • Mancher stellt sich deshalb die Frage: Hat es womöglich einen guten Grund, dass wir Menschen die Fähigkeit haben, hin und wieder aus dem gegenwärtigen Moment "aussteigen" zu können?

"Achtsamkeit ist für jeden gut." - Stimmt das?

Das größte Problem ist vielleicht der pauschale Ratschlag: Achtsamkeit ist für jeden und in jedem Fall gut.

Dass Achtsamkeit jedoch nicht in allen Fällen glücklich(er) macht, davon berichten inzwischen immer mehr Beiträge und Bücher. In Online-Foren melden sich Teilnehmer zu Wort, die von belastenden und negativen Erfahrungen durch Achtsamkeitstrainung und Meditation erzählen und verunsichert sind. 

Vor allem Menschen, die durch psychische Erkrankungen vorbelastet sind, die an Ängsten und Depressionen leiden, sollten sich gut informieren und mit Bedacht vorgehen.

Dawn Foster hat in ihrem Artikel für die britische Tageszeitung The Guardian über die Risiken und Nebenwirkungen der Achtsamkeit berichtet und damit für einige Aufregung gesorgt:

Is mindfulness making us ill?

Ihr Fazit: Wünschenswert wäre mehr Aufklärung darüber, was Achtsamkeit eigentlich bedeutet und welche (negativen) Nebenwirkungen eventuell auftreten könnten. 

Sanfter Einstieg in die Achtsamkeit:

Wer gerne einmal ausprobieren möchte, ob ihm Achtsamkeitstraining gut tut, der findet hier drei einfache und klassische Achtsamkeitsübungen, die auch für Anfänger geeignet sind: 

Achtsamkeit für zwischendurch: 3 Mini-Übungen

Eure Erfahrungen mit Achtsamkeit?

Ausprobiert und glücklicher geworden?

Oder will es einfach nicht so richtig klappen mit dem Leben im Augenblick?

Wer gerne über eigene Erfahrungen mit Achtsamkeitstraining oder Meditation berichten möchte - ich freue mich über Feedback!

(Ohne Gewähr - Die hier vorgestellten Informationen wurden sorgfältig recherchiert und erstellt, können eine professionelle Beratung durch ausgebildete Ärzte bzw. Therapeuten aber nicht ersetzen.)

Michaela, am 15.02.2017
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