Eröffnung des Japan Media Art ...

Eröffnung des Japan Media Art Festival 2011 am Dortmunder U - fliegende Bilder mit japanischer Flagge (Bild: Vera Kriebel, 9.9.2011)

Die Kunst des Understatement ist (meistens) eine löbliche ...

Es ist schier unglaublich, was der finanziell und personell so gering ausgestattete Dortmunder Hartware MedienKunstVerein (HMKV) in den letzten Jahren an Ausstellungen und Festivals gestemmt hat - dieses Mega-Festival ist aber sicherlich vorerst der Höhepunkt: "So etwas werden Sie in Dortmund in den nächsten zehn Jahren nicht mehr erleben!" (Steffen Korthals, Pressesprecher HMKV).

Doch die vorherigen Mitteilungen des HMKV zum Japan Media Arts Festival (JMAF, gesprochen "j-maf") glänzten durch Understatements, was ja an sich und nach dem Marketinggebrabbel, das das Ruhrgebiet ("Metropole Ruhr") durch die ruhr2010 während des Kulturhauptstadtjahres 2010 ertragen musste, eher ein Lob verdient. Aber in diesem speziellen Fall hätte ein wenig mehr knackige Werbung gutgetan. Schließlich ist Dortmund nicht Düsseldorf und noch weniger Tokio.

Das Japan Media Arts Festival verbindet auf eine einzigartige Weise Kunst, Pop-Kultur, Konzert, Manga, Pop, Games, Anime, Mitmachworkshops, Symposium... Es ist alles andere als eine abgehobene Bildungselite-Veranstaltung, bei der Eröffnungsfete wird auf überaus populäre japanische Pop-Musik (J-Pop) gesetzt, und neben die japanische E-Kultur werden Animes (japanische Animationsfilme) und Mangas gestellt, die selbst in Europa und Deutschland bei vielen Jüngeren Kultstatus genießen (siehe Fotos).

Doch trotzdem weiß kaum jemand davon, außerhalb der Japan-Fangemeinde und der an musikalischen Neuentwicklungen experimenteller Musik und Video interessierten Internetcommunity und außerhalb Dortmunds, denn abseits der eingefahrenen Ruhrgebiets-Medienlandschaft wird praktisch nicht über das Festival berichtet. Natürlich gibt es Internet-Livestreams von den großen Events am Eröffnungswochenende, und der WDR-Radiosender EinsLive überträgt das Eröffnungsevent am Freitag, den 9. September 2011 - aber was soll eine rein akustische Radio-Übertragung bei einem audiovisuellen Event?

Sicher ist: Fände eine solche Veranstaltung in Düsseldorf oder Berlin statt, würden überregionale, nationale und internationale Medien berichten, die ARD oder der WDR würden Beiträge senden, im ZDF wäre es in "heute" erwähnt und in "Aspekte" ausführlich behandelt worden, arte oder 3sat würden vielleicht sogar lange Mitschnitte bringen.

Bei der JMAF-Vorbesichtigung im Dortmunder U war die lokale Presse anwesend. Nicht einmal in Dortmunder Studentenkreisen weiß man, dass das JMAF vor ihrer Haustür stattfindet (Studenten lesen keine Lokalpresse, das vergessen viele Kulturschaffende). Das japanische Festival ist faktisch in Deutschland medial nicht präsent.

Dortmunder U und Werke im Japan Media Arts Festival 2011

Fliegende Bilder - Videoinstallationen am Dortmunder U (Bild: Vera Kriebel, 3.6.2010)

Öffentlichkeitsarbeit - und wo ist Dortmund?

Da das Festival hochrangig ausgestattet und in Zeiten nach Fukushima das Interessse auch der breiten Öffentlichkeit an Japan groß ist, kann das nur an einer provinziellen Öffentlichkeitsarbeit liegen. Der HMKV ist sicher mit der Organisation einer so großen Kulturveranstaltungsserie an seine personellen Grenzen gestoßen - deswegen darf gefragt werden, was eigentlich die Stadt Dortmund in dieser Sache an Unterstützung geleistet hat.

Laut HMKV hat es keine Unterstützung durch die Stadt gegeben. Das Festival ist nur aufgrund des massiven Engagements des japanischen Kulturbüros zustande gekommen.

Und warum, so fragt sich der Besucher verwundert, wurde das Festival ausgerechnet nach Dortmund gebracht?

Man muss sich das einmal vorstellen: Zu Hause ist das JMAF in Tokio, international wurden die JMAF-Werke in Peking, Shanghai, Singapur, Wien und Istanbul präsentiert. Man sollte also meinen, dass Berlin oder Düsseldorf (als europäische Hauptstadt der Japaner) die erste Wahl gewesen wären.

Doch dem war nicht so, und zwar weil die JMAF-Verantwortlichen 2010 am ebenfalls durch den HMKV organisierten Internationalen Symposium of Electronic Arts (ISEA) teilnahmen und beim Betreten des Dortmunder U in Begeisterungsstürme ausbrachen: Das Haus schien ihnen wie extra geschaffen für ihr Japan Media Arts Festival. Deshalb findet das JMAF in Dortmund und nicht in Düsseldorf statt.

Mega-Event auf dem Silbertablett

Nun hat das Dortmunder U seit seiner scheibchenweisen Eröffnung 2010 vor allem mit Negativschlagzeilen geglänzt - es ist ein wunderschöner "Leuchtturm", aber leider ein sehr teurer. Das Budget ist weit überschritten, es mausert sich zum vergoldeten Geldgrab der finanziell sowieso maroden Stadt. Außerdem ist es immer noch, anderthalb Jahre nach der ersten Eröffnung im Mai 2010, eine Baustelle, und ein Ende ist nicht abzusehen.

Und dann kommt das Japan Media Arts Festival ins Dortmunder U, gerade ins U. Dortmund wird eine internationale Kulturveranstaltung mit internationaler Strahlkraft, in der zudem auch noch die Populärkultur mit Animes, Manga und Stars des J-Pop einen großen Stellenwert hat, auf dem Silbertablett präsentiert. Und was macht die Stadt Dortmund? Die Stadt unterstützt das Festival nicht, leider nicht einmal bei der Öffentlichkeitsarbeit. Die zwei Damen, die direkt nebenan im Touristeninformationsbüro sitzen, drehen weiter ihre Däumchen, und die Mitarbeiter der städtischen Pressestelle schicken fleißig Pressemitteilungen zum 100. Geburtstag eines Mitbürgers hinaus. Kein Wort über das Festival.

Aus unerklärlichen Gründen ist das JMAF nicht mit der am Samstag stattfindenden Theaternacht vernetzt, so dass Theaternachtbesucher am Phoenixsee nichts vom JMAF wissen und Japanfestival-Gäste nichts von der Theaternacht. Untiefen Dortmunder Kulturorganisation...

Und so kommt es, dass außerhalb Japans und außerhalb einer eingefleischten Fangemeinde japanischer (Pop)Kultur und Electronic Arts kaum jemand Notiz nimmt vom JMAF in Dortmund. Schade eigentlich.

Der Eröffnungsabend

Am Eröffnungsabend des JMAF wird Oberbürgermeister Ulrich Sierau eine Rede halten. In hoffentlich gefülltem Haus.

Nachtrag, 9.9.2011, 22 Uhr: Das Haus war gefüllt, sogar überfüllt. Besucher mussten lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Und um Punkt neun Uhr war selbst die JMAF-Ausstellung im sechsten Stock geschlossen, so dass beispielsweise japanische Gäste aus Düsseldorf vor verschlossenen Türen standen. Viele gingen schon vorher... Auch das war keine gute Öffentlichkeitsarbeit für die Stadt und das Dortmunder U.

Mehr Infos zum Japan Media Arts Festival (JMAF)

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