Zerstörter Planet, lockender Titan

Drohnen-Mechaniker Jack Harper (Tom Cruise) träumt nachts von einer Zeit, als er vor dem Empire State Building einer wunderschönen Frau begegnet, die er zu kennen glaubt. Woher diese Träume stammen, ist ihm ein Rätsel, denn im Jahre 2073 ist die Erde ein verwüsteter Planet und New York eine Ruinenstadt. Vor 60 Jahren hatte eine außerirdische Rasse, die "Plünderer" genannt, den Mond zerstört und dadurch eine Reihe furchtbarer Naturkatastrophen ausgelöst. Zwar konnten die Überlebenden mittels Nuklearwaffen die Invasion abwehren, doch der Preis für den Sieg war ein kaum noch bewohnbarer Planet, dessen einstige Zivilisation in Vergessenheit ("Oblivion") zu geraten droht.

Deshalb flüchteten die meisten Überlebenden auf den Saturnmond Titan. Nur wenige Menschen blieben zurück, um die nötigen Ressourcen für die Besiedelung des Titan zu gewinnen. Versprengt umherirrende und zuschlagende "Plünderer" machen Jake und seiner Partnerin und Lebensgefährtin Victoria (Andrea Riseborough)  das Leben schwer und können nur mühsam mit schwer bewaffneten Drohnen in Schach gehalten werden.

Während eines Einsatzes beobachtet Jack den Absturz einer Rettungsraumkapsel. Bei der Bergung stößt er auf mehrere Kapseln, in denen sich Menschen befinden, die in einem künstlichen Winterschlaf gehalten werden. Eine Kampfdrohne hält die Eindringlinge für Feinde und vernichtet sämtliche Kapseln bis auf eine, in der sich Julia (Olga Kurylenko) befindet – die schöne Unbekannte aus Jacks Träumen! Sie eröffnet Jack, dass die Dinge völlig anders liegen, als er auch nur erahnen könnte.

Langsam beginnen auch in ihm die Zweifel zu wachsen: Sind er und Victoria tatsächlich die, die sie zu sein glauben? Oder spielt man ein doppelbödiges Spiel mit ihnen? Die Wahrheit scheinen ihm ausgerechnet die "Plünderer" liefern zu können …

Von „Tron: Legacy“-Regisseur Joseph Kosinski

Mit "Tron: Legacy" legte Joseph Kosinski einen fulminanten Katapultstart in der Traumfabrik hin: 2010 war sein Sequel zum Disney-Kultklassiker "Tron" einer der erfolgreichsten Filme des Jahres und erntete sogar durchaus wohlgesonnene Kritiken. Drei Jahre später darf Kosinski wieder eine ganze Menge Geld in die Hand nehmen und daraus einen Blockbuster nach ganz eigenen Vorstellungen formen. Das Ergebnis namens "Oblivion" kann sich trotz einiger Schwächen sehen lassen.

Basierend auf einer nur wenige Seiten umfassenden Kurzgeschichte aus eigener Feder, entwickelte der Regisseur und Drehbuchautor einen Graphic Novel, den er schließlich höchstpersönlich verfilmte. Seinen Ursprung als Kurzgeschichte kann "Oblivion" nicht verleugnen, wirkt der Film stellenweise doch wie ein Kammerspiel mit lediglich vier Protagonisten. Der Mangel an Figuren schadet der Story jedoch nicht und stellt einen angenehmen Kontrapunkt zu mitunter heillos überfrachteten Science-Fiction-Filmen der jüngeren Zeit.

"Oblivion" beginnt, wo "Independence Day" endete

Hervorgehoben muss natürlich die Optik werden: Selbst angesichts des üppigen Budgets wirkt "Oblivion" schlichtweg atemberaubend spektakulär. Angefangen vom Design der Raumschiffe über die Himmelsresidenzen bis hin zu den digital aufgepeppten, ausladenden Naturlandschaften wurde geklotzt statt gekleckert. Natürlich verwundert dies nicht, vermochte doch schon "Tron: Legacy" mit seiner visuellen Pracht zu begeistern. Doch drei Jahre später setzt Joseph Kosinski eins drauf und serviert eine Endzeit-Schlachtplatte, bei der das Auge, aber auch das Herz mitessen.

Denn anders als Effektegewitter vom Schlage eines "Independence Day" oder Steven Spielbergs seltsam unterkühlter "Krieg der Welten", beginnt "Oblivion" dort, wo die meisten einschlägigen Invasions-Filme enden: Nach dem Krieg. Obwohl dieser von den Menschen gewonnen wurde, ist der Sieg ein zweischneidiges Schwert. Um den übermächtigen Feind zu schlagen, wurden Nuklearwaffen eingesetzt, die zwar effektiv, aber auch von maßloser Zerstörungskraft sind. Ganz so, als ginge man gegen Hausbesetzer vor, indem man sein eigenes Gebäude mit der Abrissbirne plattmachte. Ein Pyrrhussieg eben.

Oder war es überhaupt ein Sieg? Rasch wird klar, dass die zu Beginn glasklar scheinende Storyline – hier die letzten Überlebenden, da die marodierenden Außerirdischen – einen Sprung in der Scheibe hat. Und dieser Sprung schlägt immer wieder Haken, sodass dem Zuschauer höchste Konzentration abgerungen wird, damit er der Handlung folgen kann. Absurderweise wird gerade diese wendungsreiche Handlung von vielen Kritikern moniert. Gewiss: Wer einen hirnlosen Mainstreamfilm der Marke "Transformers" bevorzugt, sollte um "Oblivion" einen weiten Bogen schlagen. Aficionados cleverer Genrewerke wie "Total Recall" oder Duncan Jones "Moon" dürften sich in dieser Welt von Beginn weg wohlfühlen.

Inspiriert von Philip K. Dick

Wiewohl natürlich auch weitere SF-Klassiker wie "2001" und sogar "Independence Day" unverkennbar Pate für Handlung und Setting standen, dürfte sich Joseph Kosinski insbesondere vom genialen Science-Fiction-Autor Philip K. Dick die eine oder andere Inspiration geholt haben. Der zentrale Plot von "Oblivion" erinnert wohl nicht zufälligerweise an Dicks wendungsreiche Kurzgeschichten, die ihre Protagonisten in eine Todesarena paranoider Selbstverleugnung werfen.

Leider lässt sich Kosinski etwas zu früh in die Karten gucken, wodurch der Überraschungseffekt einige Male wirkungslos verpufft und der Zuschauer gedanklich schon einen Schritt weiter ist, als es ihm der Film zutraute.

Dabei hätte der über weite Strecken nachgerade lyrisch anmutende Science-Fiction-Film derlei Tricks und Kniffe gar nicht nötig. Ungewöhnlich ruhig und bedächtig führt Regisseur Joseph Kosinski den Betrachter in diese gleichermaßen beunruhigend düstere, wie auch geradezu heiter wirkende Idyll einer vom Weltenzerstörer Mensch weitgehend befreiten Erde ein. Der Gegensatz zwischen nahezu ausgelöschten Großstädten und entfesselter Natur könnte kaum größer und vor allem pittoresker sein.

In diesen Szenen offenbart sich "Oblivion" als Liebeserklärung an die aufs Wesentliche reduzierte Natur des Menschen: Genuss. Wenn sich Jack – solide verkörpert von Tom Cruise – ab und an heimlich aus dem Staub macht um ein wunderschönes Fleckchen Natur am See zu genießen und guter, alter Musik – natürlich kein MP3-File, sondern von der Schallplatte stammend – andächtig lauscht, atmet "Oblivion" Entspanntheit, die man einem solchen SF-Spektakel gar nicht zugetraut hätte. Umso stärker der Kontrast, sobald der Rückfall in die Ernsthaftigkeit dessen erfolgt, was Jack und Victoria als ihre Aufgabe betrachten. Für den Zuschauer stellt sich die Frage: Ist es die Sache tatsächlich wert? Die Antwort soll überraschen, vermag letztendlich aber nicht ganz zu befriedigen.

Gerät bestimmt nicht in Vergessenheit: "Oblivion"

Dennoch: Mit "Oblivion" legt Joseph Kosinski ein bildgewaltiges Science-Fiction-Epos vor, in welchem der Zuschauer hemmungslos schwelgen kann. In den unterkühlt agierenden Charakteren kann man eine Schwäche sehen, so man die Story außen vor lässt. Im Kontext der Hintergrundgeschichte fügen sich die sterilen, stets wie aus dem Ei gepellt wirkenden Figuren schlüssig ein, wobei der wie immer großartige Morgan Freeman in viel zu wenigen Szenen seine Präsenz ausspielen kann und Ex-Bondine Olga Kurylenko lediglich hübsch aussehen muss und vor keinerlei schauspielerische Herausforderungen gestellt wird.

Fazit nach zwei Stunden: Das Science-Fiction-Epos "Oblivion" zehrt in erster Linie von seiner visuellen Opulenz, vermag aber auch dank einiger gelungener Plotwendungen für Spannung sorgen. Darüber sieht man gerne über den wenig originellen Showdown und einige vorhersehbare Wendungen hinweg, entpuppt sich das im Vorfeld misstrauisch beäugte Spektakel als glänzendes Genrejuwel, das eine ganze Reihe enttäuschender Science-Fiction-Filme der letzten Jahre nahezu in Vergessenheit geraten lässt und somit dem Titel "Oblivion" auf ironische Weise gerecht wird.

Eckdaten Oblivion

Originaltitel: Oblivion

Regie: Joseph Kosinski

Produktionsland und -jahr: USA, 2013

Filmlänge: ca. 125 Minuten

Verleih: Universal

Deutscher Kinostart: 11.4.2013

FSK: Freigegeben ab 12 Jahren

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