Milla Jovovich in „Resident Evil 5: Retribution“ erneut gegen "Umbrella"

Anknüpfend an das Ende von "Resident Evil: Afterlife”, befindet sich Alice (Milla Jovovich) in "Resident Evil 5: Retribution" an Bord des Frachters "Arcadia", der von den Truppen der "Umbrella”-Corporation gestürmt wird. Dabei muss Alice gegen die von Albert Wesker (Shawn Robert) zum Instrument des Bösen umfunktionierte Jill Valentine (Sienna Guillory) kämpfen. Oder war alles nur ein Traum?

Denn plötzlich erwacht Alice im Bett einer hübschen Vorort-Siedlung, wo sich ihre gehörlose Tochter Becky (Aryana Engineer) für die Schule und ihr Ehemann für die Arbeit bereit machen. Aus heiterem Himmel bricht eine Zombiehorde in das Haus ein und tötet ihren Mann. Alice und ihre Tochter fliehen und erhalten Hilfe von einer vertraut wirkenden Frau (Michelle Rodriguez). Doch die Flucht währt nur kurz und schon sind Alice und Becky hoffnungslos von Zombies umzingelt …

Oder etwa doch nicht? Erneut erwacht Alice, und diesmal befindet sie sich in einer Zelle der "Umbrella Corporation", wo sie von Jill verhört und gefoltert wird. Aber wieder gelingt ihr die Flucht, zu ihrer Verblüffung dank Wesker, der sich angeblich auf ihre Seite geschlagen hat. Im Kampf gegen "Umbrella" und das heimtückische Computerprogramm "Red Queen", das die Herrschaft über den gesamten Gebäudekomplex inne hält, naht Unterstützung durch die geheimnisvolle Ada Wong (Bingbing Li) und mehrere Verbündete.

Ihre Mission: Das "Umbrella"-Gebäude sprengen.

Ihre Widersacher: Die "Red Queen", alte Bekannte wie Rain Ocampo (Michelle Rodriguez), riesige Mutantenkreaturen und natürlich Zombies!

Trailer "Resident Evil 5: Retribution"

Horrorfilm „Resident Evil 5: Retribution“: Viel Jovovich, viel Action, wenig Plot

Paul Anderson liebt Milla Jovovich...

Neben Uwe Boll – und dieser Vergleich muss sein, so wenig schmeichelhaft er auch sein mag – ist der Brite Paul W. S. Anderson der fleißigste Regisseur von Videospielverfilmungen. Nach dem erfolgreichen "Mortal Kombat" (1995) schlug er 2002 jenen Pfad ein, der sein Leben verändern sollte: Der erste Teil seiner "Resident Evil"-Reihe sollte ihn nicht nur jahrelang begleiten, sondern ihm zudem Hauptdarstellerin Milla Jovovich als Gattin bescheren. Es gibt wohl Schlimmeres.

Wenngleich der erste "Resident Evil"-Streifen kein ganz großer Blockbuster wurde, konnte er doch auf Grund des relativ geringen Budgets reüssieren. Ein weiterer Teil war die logische Konsequenz – und eine neue cineastische Cash Cow ward geboren! Zwölf Jahre später geht die Serie mit "Resident Evil 5: Retribution" bereits in die fünfte Runde, wobei Regisseur Paul W. S. Anderson ein Ende der Serie anklingen ließ. Tatsächlich deutet das – so viel sei verraten – Cliffhanger-Ende von "Resident Evil 5: Retribution" auf ein großes Finale hin.

 

... und visuelle Spielereien wie "Event Horizon"

Für den Zuschauer stellt sich indes die Frage: Lohnte sich der Aufwand für den immerhin 65 Millionen Dollar teuren Horrorfilm? Am finanziellen Erfolg kann ohnehin kein Zweifel bestehen. Aus erzählerischer Sicht bietet Andersons neuester Streifen nach den sukzessive schwächer werdenden Vorgängern zumindest marginale Verbesserungen. Denn wieder einmal gilt: Style over story! Andersons Stärken liegen eindeutig im visuellen Bereich, während er dem Plot, einer zusammenhängenden Story oder Charakterisierungen bestenfalls halbherzige Bemühungen gönnt. Erinnert sei an seinen spektakulären Flop mit dem philosophisch verbrämten Science-Fiction-Streifen "Event Horizon", der atemberaubende optische Effekte und durchaus interessante Plotideen bot, die sich letztendlich aber von selbst auflösten, ohne irgendwo hin geführt zu haben.

 

Erfolg in Serie: "Resident Evil 5: Retribution"

Später zog sich Anderson mit seinem Crossover "Alien vs. Predator" den Zorn der "Alien"-Fans zu, legte mit "Death Race" einen veritablen Flop hin und scheiterte mit seiner modernen Version der "Drei Musketiere" an den Tücken ernsthafter Filmkunst. Kein Wunder also, dass er zu den Wurzeln seines Erfolges zurückkehrte: Ehefrau Milla Jovovich als Alice in einem Horrorfilm der "Resident Evil"-Serie auftreten lassen und seine Kernkompetenzen auf der großen Leinwand beweisen. Dabei erweist sich, dass kaum ein anderer Regisseur mehr vom 3D-Boom profitiert als Anderson. Wie schon in "Resident Evil: Afterlife" kracht, ballert und blitzt es rund ums Gesichtsfeld des Zuschauers. Im Gegensatz zu so manchen Mogelpackungen der jüngeren Vergangenheit ("Kampf der Titanen") fügen die 3D-Effekte dem Horrorfilm "Resident Evil 5: Retribution" tatsächlich eine zusätzliche Dimension hinzu und bieten dem Rezipienten einen echten Mehrwert für sein Geld.

Der rasanten Action ist die Story klar untergeordnet, wiewohl die erste Viertelstunde zumindest ansatzweise Atmosphäre aufzubauen versteht und Alice ein klein bisschen menschlicher wirkt. Aber auch hier zeigt sich, dass Anderson ein Mann fürs Grobe ist und den Zuschauer weder mitzureißen, noch zu überraschen vermag. In dieser Hinsicht erweist er sich als idealer Regisseur für Videospielverfilmungen: Action und Horror stehen an erster, zweiter und dritter Stelle der Prioritätenliste. Und falls sich zwischen den Schusswechseln, Explosionen und Zombiekloppereien mal ein Sekündchen Pause ergibt, deutet Anderson einen Hauch Plotentwicklung oder Charakterisierung an. Freilich bleibt es bei der bloßen Andeutung, die einen fahlen Nachgeschmack hinterlässt, nämlich jenen, eine bloße Alibifunktion auszufüllen um dem Vorwurf, der Horrorfilm "Resident Evil 5: Retribution" sei eine bloße Aneinanderreihung sinnloser Actionsequenzen, entgegenzuwirken.

 

Satte Action, dürftige Charakterisierungen

Das Problem dabei ist: Anderson weiß, wie er Milla Jovovich perfekt in Szene setzt, satte Action fotografiert, Menschen von Zombies zerfleischen lässt und hübsch inszenierte CGI-Landschaften kreiert. Für Atmosphäre oder das Erwecken von Sympathien für die Protagonisten scheint ihm das nötige Gefühl zu fehlen. Gerade in "Resident Evil 5: Retribution" sind seine Stärken, wie auch Schwächen evident: Die Actionszenen sind hervorragend in Szene gesetzt und wie in einem Computerspiel hangelt sich Alice von Level zu Level – dies ist mittlerweile sogar wörtlich zu verstehen, wenn die simulierten Welten der "Red Queen" sie mal durch Moskau, mal durch New York hetzen.

Von "Aliens" abgekupferte Szenen in „Resident Evil 5: Retribution“?

"Aliens" lässt schön grüßen

Spannend ist dies allerdings nicht, was weniger am Umstand liegt, dass Milla Jovovich als Zentrum der "Resident Evil"-Serie ebenso unsterblich wie ein James Bond ist. Vielmehr liegen die Schwächen des Streifens auf ganz anderen Ebenen. Das tragische Element des Menschen Alice wurde völlig in den Hintergrund gedrängt. Immerhin handelt es sich bei ihr um einen Klon, einen von vielen weiteren, was – beabsichtigt oder nicht – auf ironische Weise der Intention zuwiderläuft, der jungen Frau Persönlichkeit einzuhauchen. Alice ist eine genetisch erschaffene Kampfmaschine, die zwar mit jedem noch so übermächtig scheinenden Gegner fertig wird, aber längst kein Mensch mehr ist, zu dem man als Zuschauer emotionalen Zugang finden könnte. Der Trick, sie als "Ersatzmutter" eines gehörlosen Mädchens (die auch im richtigen Leben gehörlose Aryana Engineer, bekannt aus "Orphan") agieren zu lassen, ist nicht bloß dick aufgetragen, sondern ziemlich dreist aus "Aliens" abgekupfert – angefangen von der optischen Ähnlichkeit der Mädchen aus den beiden Filmen bis hin zur nahezu identen Rettungsmission.

 

Alleiniger Mittelpunkt: Milla Jovovich

Auffallend ist auch der Unwillen, neben Alice, vulgo Milla Jovovich, weitere Protagonisten aufzubauen. Jill Valentine fungiert höchstens als Blickfang fürs männliche Publikum, Wesker hält sich stets im Hintergrund und der Rest der Darsteller hält als Zombiefutter her. Und da bereits von "Aliens" die Rede war: Wie man selbst in einem Horrorfilm eine emotionale Bindung des Zuschauers zu den Protagonisten – seien sie sympathisch oder Schurken – aufbaut, zeigt James Camerons erster großer Leinwandhit auf eindrucksvolle Weise. Von derlei Feinheiten ist der in 3D präsentierte "Resident Evil 5: Retribution" meilenweit entfernt, ebenso von einer interessanten oder gar mitreißenden Story. Fast der gesamte filmische Verlauf funktioniert als Abfolge dröhnender Actionsequenzen, die mit banalen Dialogen aufgefüllt werden, um Synchronsprechern Arbeitsplätze zu sichern.

Würdige Fortsetzung der „Resident Evil"-Serie

Auf den Spuren von "Terminator": "Resident Evil 5: Retribution"

Anfangs vermag das ballistische Feuerwerk noch zu verblüffen. Aber die bereits im Vorgänger überstrapazierten Effekte wie slowmo oder dem von der Kamera begleiteten Flug einer abgeschossenen Kugel wissen irgendwann nicht länger zu begeistern und hinterlassen Heißhunger auf überraschende Plotwendungen, geschweige denn einen halbwegs interessanten Plot an sich. Kleine Appetithäppchen zwischendurch, wie einen Abstecher in die Klonfabrik, schüren diesen Hunger nur noch. Vergeblich: Bei Anderson siegen die Stilelemente über die Handlung. Daran sollte das Publikum natürlich längst gewöhnt sein, trotzdem wäre es reizvoll, einen gleichermaßen spannenden, wie auch visuell begeisternden "Resident Evil"-Film konsumieren zu können.

Doch wer weiß: Vielleicht überrascht der Brite seine Zuschauer im großen Finale? Das Ende von "Resident Evil 5: Retribution" versprüht jedenfalls einen Hauch von "Terminator” und weckt die Neugierde auf die unvermeidliche Fortsetzung, in der Anderson ein Versäumnis nachholen kann: Milla Jovovich in einer obligatorischen Szene nackt zu präsentieren.

 

Fazit nach knapp 90 Minuten: "Resident Evil 5: Retribution" - zumal in 3D - bietet satte, vom vorzüglichen Score untermalte Action, die Rückkehr einiger Bekannter aus dem Originalfilm von 2002, und natürlich Milla Jovovich in der Rolle ihres Lebens. Dramaturgische Finessen oder vielschichtige Charaktere darf man sich nicht erhoffen, wird dafür aber mit einem schmerzfreien Horrorfilm belohnt.

Originaltitel: Resident Evil: Retribution

Regie: Paul W. S. Anderson

Produktionsland und -jahr: USA, 2012

Filmlänge: ca. 96 Minuten

Verleih: Kanada, Deutschland

Deutscher Kinostart: 20.9.2012

FSK: Freigegeben ab 16 Jahren

Autor seit 14 Jahren
815 Seiten
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