Halbgott in Schweiß

Eigentlich hatte sich Perseus (Sam Worthington) aus seiner Halbgott-Karriere zurückgezogen und wollte nur noch ein unbehelligtes Fischer-Dasein mit Filius Helius (John Bell) führen. Selbst als ihn Vater Zeus (Liam Neeson) um Hilfe bittet, weigert sich Perseus, wieder zum Schwert zu greifen. Aber als eine Feuer speiende Chimäre sein Heimatdorf verwüstet und beinahe seinen Sohnemann frittiert, wird ihm der Ernst der Lage klar. Unterweltboss Hades (Ralph Fiennes) und Kriegsgott Ares (Edgar Ramírez) haben sich verbündet, um Kronos zu neuem Leben zu erwecken, was unweigerlich das Ende der Welt heraufbeschwören würde.

Notgedrungen schlüpft Perseus in den Brustpanzer, den er Jahre zuvor an den Nagel gehängt hatte, und schwingt sich in Pegasus' Sattel. Die Reise führt ihn zu Königin Andromeda (Rosamund Pike), deren tapferen Krieger alles daran setzen, der drohenden Dämonenflut Herr zu werden. Gemeinsam mit Poseidons Sohn Agenor (Toby Kebbell) und der pittoresken Andromeda begibt er sich auf die unmöglich scheinende Mission, die einzige Waffe zu finden, die Kronos noch aufhalten kann.

Trailer "Zorn der Titanen"

Zorn der Titanen: Wenn Filme ihre Tage haben

Frisch aus dem Mythologie-Fundus

Es gibt unumstößliche Naturgesetze. Die Schwerkraft etwa, die dafür sorgt, dass man beim Hochsprung nicht versehentlich mit einem Flugzeug kollidiert. Oder völlige Humorresistenz von FeministInnen. Oder eines der ehernen Gebote Hollywoods: "Du sollst die Kuh melken, bis sie keinen Tropfen Milch mehr gibt". Nachdem 2010 "Kampf der Titanen" trotz überwiegend negativer Kritiken eine halbe Milliarde Dollar einspielte und somit zu einem der Blockbuster des Jahres avancierte, konnte ein Fortsetzung nicht ausbleiben. Und noch vor dem Kinostart des Nachzüglers "Zorn der Titanen" wurden Pläne für ein weiteres Sequel ruchbar.

Das könnte eine richtig gute Nachricht sein, wäre der von Jonathan Liebesman ("World Invasion: Battle Los Angeles") inszenierte Fantasy-Schmonzes nur nicht dermaßen lieblos aus allerlei Mythologie-Versatzstücken zusammengewürfelt worden. Gewiss: Seitenhiebe auf die finanzielle Situation Griechenlands waren nicht zu erwarten, ebenso wenig wie eine originelle Neuinterpretation der göttlichen Soap Opera rund um Zeus, Hades & Co. Aber musste "Zorn der Titanen" gar dermaßen belanglos in Szene gesetzt werden? Wie schon im um einiges günstiger produzierten "Krieg der Götter", wird unablässiges Namedropping praktiziert und wild im Fundus der Mythologien gewühlt, um den Zuschauer von den banalen Dialogen, die meist aus markigen Fünf-Wörter-Sprüchlein bestehen, abzulenken.

Gemäß dem Motto "Die Fortsetzung muss noch spektakulärer werden" werden neue Götter, Halbgötter und Monstren eingeführt - mit durchaus verblüffenden Einsichten für den Rezensenten: Fälschlicherweise hatte er bislang angenommen, der Minotaurus trüge einen Stierkopf auf seinem menschlichen Körper. Offenbar besaß man im antiken Griechenland zudem feuerfestes Holz, was sich beim Kampf gegen eine Chimäre als nützlich erweisen kann. Sollten Sie, werter Leser, mit Angriffen Feuer speiender Unwesen rechnen, decken Sie sich deshalb mit entsprechendem Holz ein.

 

Umstimmige Stimmungsschwankungen

Wäre "Zorn der Titanen" nicht ein dermaßen junges Filmprodukt, könnte man ihm angesichts der Stimmungsschwankungen unterstellen, seine Tage zu haben. Völlig unvermittelt ändern diverse Protagonisten ihr Verhalten von einer Sekunde auf die andere: "Ich hintergehe dich! Oder auch nicht... nein, ich hab's mir überlegt, ich hintergehe dich! Nein, warte, doch nicht..."

Wie wild am Drehbuch herumgepfuscht wurde, ist die gesamte Laufzeit über ersichtlich. Beispielsweise wurde Gemma Artertons Rolle der Io eilends aus dem Script gestrichen und somit Perseus zum Witwer erklärt. Auch deshalb ist das Auftauchen der schönen Andromeda wenig verwunderlich: Irgendein potenzielles love interest muss sich ja im Film befinden! Und sei es auch eines, das keinerlei Funktionen erfüllt, außer hübsch auszusehen, von den männlichen Helden gerettet zu werden und die Wunden zu verbinden. Hätte man damals bereits Kaffee getrunken, hätte sie diesen wohl aufgesetzt und serviert. Emanzipation in modernen Fantasyfilmchen reicht eben nur soweit, den Frauen zu erlauben, unverschleiert das Haus zu verlassen, von den Antagonisten eins auf die Birne zu kriegen, den Helden anzuschmachten und irgendwelchen rührseligen Kitsch zu erbrechen.

Schauspielerisch bewegt sich das sündteure Spektakel auf Wanderbühnenniveau. Sam Worthington schlafwandelt wie üblich durch die Landschaft, Ex-Bondine Rosamunde Pike stellt ohnehin nur den optischen Aufputz dar, um den eigentlich richtigen Eindruck zu vermeiden, es handle sich um einen reinen Männerklub, und Schauspieltitanen wie Liam Neeson und Ralph Fiennes sei es vergönnt, ohne jegliche Anstrengung ihre Gagen einzukassieren.

Kurzum: "Zorn der Titanen" mangelt es schlichtweg an allem, was einen spannenden Unterhaltungsfilm ausmacht. Der Plot schlingert von einem Schauplatz zum nächsten, die Charaktere sind von ausgesuchter Plattheit und treten in vorhersehbarer Reihenfolge ab, an Überraschungen oder Plotwendungen herrscht gähnende Leere. Selbst dem Design der Monster oder Unterweltlandschaften mangelt es an jeglichem Mut zur Originalität. Überhaupt stellt der Streifen den kleinsten gemeinsamen Nenner moderner Blockbuster darf: Nur bloß nirgends anecken oder dem Zuschauer mit Herausforderungen über dem intellektuellen Horizont einer Stubenfliege die WC-Pause oder gelegentliches Wegschnarchen vermiesen. Wer gedacht hatte, schlimmer als "Kampf der Titanen" könne es nicht mehr werden, wird erneut eines Besseren belehrt. Schließlich kennt Hollywood ein weiteres Gebot: "Du sollst keine Schamgrenzen kennen, wenn es darum geht, Unmengen Geld zu verdienen".

Moderner Blockbuster - Blockbuster der Marke "Zorn der Götter" produzieren

Zutaten für 1 Portion:

2 bekannte Schauspieler (empfohlen: Liam Neeson, Ralph Fiennes) • 1 bekannter Holzpfahl (Sam Worthington) • 1 love interest (Rosamunde Pike) • 2 Pfund Gehacktes (beliebige mythologische Namen und Schauplätze) • 3 D-Effekte (können ruhig das Ablaufdatum überschritten haben)

Zubereitungszeit 1 min - Gesamtzeit 99 min:

1. Vorbereitungen: Packen Sie den fertigen 08/15-Plot (gibt es bei jedem Discounter in der Wühlkiste) und kneten Sie ihn ordentlich durch, damit er nicht mehr gar so altbacken schmeckt. Lassen Sie den Plot ein paar Tage ruhen und machen Sie sich an die Bereitung der Zutaten.

2. Die Zutaten aufbereiten: Seien Sie bei den Schauspielern - im Gegensatz zum Plot - ruhig kreativ. Diese dienen ohnehin nur der Zierde wie die Kirsche auf der Schwarzwälder Kirschtorte. Beim Gehackten können Sie unbesorgt in die Vollen greifen. Wie bei einer Pizza gilt: Hauptsache üppig belegt! Wichtig ist dabei nur, den Massengeschmack zu bedienen. Entfernen Sie deshalb unbedingt alles, was den Konsumenten verwirren könnte ("He! Das schmeckt nicht so, wie ich es gewohnt bin!"). Nur beim love interest gilt: Je schärfer, desto besser. Ein paar 3D-Effekte sollten auf jeden Fall drübergestreut werden - das Auge isst bekanntlich mit.

3. Garzeit: Den fertig belegten Plot backen Sie bei 180 Grad heraus. Wichtig: Verwenden Sie Heißluft! Nur heiße Luft bläht den dünnen Plot auf die richtige Größe auf.

4. Servieren: Fantasygurken wie "Zorn der Götter" werden nach dem Herausbacken je nach Alter des Konsumenten mit unterschiedlich viel Schmalz bestrichen. Als Beilagen eignen sich Popcorn und Nachos, ältere Filmaficionados trinken bevorzugt Alkohol, um sich das fertige Produkt schönzusaufen.

5. Nachgeschmack: Filme wie dieser neigen dazu, einen üblen Nachgeschmack zu hinterlassen. Versichern Sie den Konsumenten deshalb, bei der Fortsetzung mehr Mühe und Originalität in die Leinwandspeise zu investieren. Wiederholen Sie bei beim Sequel die Schritte 1 - 4.

Originaltitel: Wrath of the Titans

Regie: Jonathan Liebesman

Produktionsland und -jahr: USA, 2012

Filmlänge: ca. 99 Minuten

Verleih: Warner

Deutscher Kinostart: 29.3.2012

FSK: Freigegeben ab 12 Jahren

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