Oh Tannenbaum

Oh Tannenbaum (Bild: a.sansone)

Lang, lange ist's her.

Die Wintersonnenwende ist seit Urzeiten ein wichtiger Wendepunkt im Jahreskreislauf. Die Tage werden wieder länger, die Sonnenstrahlen und die Wärme kehren zurück, die Rückkehr des Lebens beginnt. Ein alter Druide vor dem Feuer feierte sicher bereits bei den Kelten und den Germanen rund um den "Mittwinterbaum". Der Tannenwald mit seinem Stöhnen und Ächzen verkörperte für die Kelten die magischen Urkräfte, das Unfassbare - von der Geburt bis zum Tod.

Der Tannenbaum, als immergrünes Gehölz, wurde dabei als Symbol von Lebenskraft und beständigem Wachstum verehrt. Für die Götter und die Urmutter Erde wurde der Mittwinterbaum mit Speisen und anderen Geschenken behangen und die Tannenzweige wurden auf öffentliche Plätze und vor Behausungen gelegt.

 

Ohne Weihnachtsbaum kein Weihnachten

Innsbruck Chrristkindlmarkt (Bild: a.sansone)

Eins, zwei, drei - Christkind komm herbei

Der christliche Brauch des Tannenbaums an Weihnachten stammt aus dem 16. Jahrhundert und geht, wie auch andere christliche Bräuche, auf diese heidnischen Wurzeln zurück.

  • 1539 stand der erste urkundlich erwähnte schmucklose Weihnachtsbaum im Strasburger Münster.
  • 1730 erhielten die Christbäume ihre ersten Kerzen.
  • Zuerst wurde der Brauch durch die Adeligen weitergeführt, später kehrte er im gehobenen Bürgertum ein.
  • Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war er bald in ganz Deutschland verbreitet.
  • Die ersten mnd geblasenen Christbaumkugeln kamen 1830 auf den Markt.
  • Lametta kam im Jahr 1878 hinzu, eingeführt in Nürnberg, es sollte glitzernde Eiszapfen symbolisieren.
  • Auswanderer des 18. Jahrhunderts nahmen den Brauch mit in die USA.
  • Der erste Weihnachtsbaum im "Weißen Haus" wurde 1891 aufgestellt.

Vom Weihnachtsbaum zum Christbaum - tu felix Austria

Henriette Alexandrine Friederike Wilhelmine Prinzessin von Nassau-Weilburg, die rheinländische Gattin Erzherzog Karls ließ am Weihnachtsabend des Jahres 1816 für ihr erstes Kind, Maria Theresia Isabella, eine Weißtanne aufstellen. Der erste höfische Christbaum wurde mit 12 Kerzen, für jeden Monat eine, geschmückt.

Der "Lichterbaum" mit Kerzen als "Bescherbaum" im Salon wurde eifrig nachgeahmt. Sogar Feldpostpakete mit kleinen künstlichen Tannenbäumen wurden "in".

Der Siegeszug des Weihnachtsbaumes - auf gut österreichisch wurde daraus der Christbaum - war nicht mehr aufzuhalten. Prinzessin Henriette wurde im Volksmund sogar zur "Christkindlbringerin".

Heute kommt kein Weihnachtsmarkt oder Christkindlmarkt ohne geschmückte Riesentanne mehr aus.

Ein wahrhaft europäischer Weihnachtsbaum

Immergrün, auch in der Winterzeit ein Zeichen für Leben, darin vermutet man die vorchristliche Verehrung für die Tanne.

Gewählt wurde der Baum sicherlich aber auch wegen seiner schönen Pyramiden-Wuchsform. Der helle gerade Stamm, die horizontal abstehenden Äste, der Wipfeltrieb, der dafür sorgt, dass die Seitenäste herab gedrückt bleiben und alles in einer spitzen Krone ausläuft. Die blaugrünen und dunklen immergrünen Nadeln, welche zwei weiße Streifen auf der Unterseite aufweisen, fallen nicht vorzeitig beim geschnittenen Baum ab. Nicht schlecht gewählt kann man sagen. Und echt europäisch ist der Baum auch noch.

Denn die Weißtanne (Abies alba) ist ein uralter europäischer Nadelbaum aus der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Der Name "Tanne" stammt aus dem althochdeutschen "tanna", was Wald bedeutet. "Weiß" indessen geht auf die helle fast weißlich graue Borke zurück, die sich deutlich von der Fichte, manchmal auch als Rottanne bezeichnet, unterscheidet.

Ihr natürlicher Lebensraum sind die Mischwälder mit Fichte und Buche in kollinen und alpinen Regionen Ost-, Mittel- und Südeuropas. Darüber benötigt sie eine dreimonatige frostfreie Vegetationszeit, aber auch eine dreimonatige Winterruhe. Ein Jahresmittel von 5° C, eine gute Wasserversorgung, das genügt ihr. Ansprüche, ob saure oder basische Böden, hat sie nicht.

Und nun die sieben Pluspunkte für diesen herrlichen Nadelbaum:

1) Die Weißtanne und ihr Dornröschenschlaf

Während andere Baumarten bei schlechten Lichtverhältnissen verkümmern, kann eine junge Weißtanne geduldig wie Dornröschen warten und in 100 Jahren kaum einen Meter hoch wachsen. Sie entwickelt dafür sogenannte "Schattennadeln", die an die geringe Helligkeit bestens angepasst sind. Bessern sich jedoch die Lichtverhältnisse, küsst sie endlich der Prinz, sprich die Sonne, weil etwa der sie beschattende Mutterbaum abstirbt, bildet sie ein neues Nadelkleid. "Lichtnadeln", die bei der stärkeren Lichteinstrahlung nicht verbrennen.

Achtung: Falls Sie nun begeistert eine Tanne im Garten anpflanzen wollen! Rasch wächst sie bei guten Lichtbedingungen zu einem stattlichen Baum bis zu 65 m Höhe. Die Nachbarn werden entzückt sein. Das Höchstalter des Baumes beträgt bis zu 600 Jahre. Na gut, Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht brauchen ja oft sehr lange; der Baum wird das Urteil sicher noch erleben.

Durch diese Anpassungsfähigkeit an wenig Licht ist sie auch für das Wachstum in einer Christbaumschule gut geeignet. Man kann problemlos mehrere Generationen von Bäumen gleichzeitig halten.

Tannenstern
Tannenstern

Tannenstern (Bild: a.sansone)

2) Eine Tanne haut so schnell der Sturm nicht um

Kräftige, tief in die Erde (bis zu 3 Meter) eindringende Pfahlwurzeln verankern die Tanne im Boden. Die horizontalen Wurzeln reichen bis weit über den Kronenbereich hinaus und können an die 10 m lang werden. Damit ist sie ein Garant für stabilen Waldboden, ist sturmsicher und kann auch feuchte Böden besiedeln. Sie ist auch weitgehend pilzresistent, auch Schadorganismen, wie Borkenkäfer befallen sie weniger.

Durch ihr langsames Wachstum hat Tannenholz keine regelmäßigen Zuwächse und spaltet sich gerne entlang der Jahresringe. Doch gegen Feuchtigkeit ist Tannenholz unempfindlich und wurde bereits bei den alten Griechen im Schiffbau verwendet. Für die Cremoneser Geigen wurde ebenfalls Tannenholz verwendet.

Heute schätzt man wieder diese Eigenschaft des geduldigen Wartens; es ist eine wichtige Komponente für das Heranziehen eines Schutzwaldes.

 

3) Wie schön, ein Tannenzapfen! Setzen, ungenügend!

Erst mit etwa 30 Jahren beginnt eine Tanne zu blühen. Die männlichen Blütenzapfen (2 - 3 cm) sind gelb gefärbt und erscheinen im April bis Mai vor den neuen Trieben. Die weiblichen Blütenzapfen sind etwas größer und blassgrün. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind. Die walzenförmigen Tannenzapfen stehen aufrecht auf den Ästen (Fichtenzapfen hängend), wie Kerzen und werden bis 16 cm lang. Reif sind sie etwa ab September/Oktober. Dann fallen die Zapfenschuppen einzeln ab und nicht der Tannenzapfen im Ganzen, die Spindel verbleibt oft noch jahrelang am Baum. Tannenzapfen am Boden findet man deshalb so gut wie nie. 

Die Zapfen, die man fälschlich dafür hält, sind meistens Fichtenzapfen.

Abb: Tannenzapfen, aus Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen - Das Beste - 1978

Tannenzapfen (Bild: a.sansone)

Fichtenzapfen

Fichtenzapfen (Bild: a.sansone)

Fichte ...

Fichte:

  • Nadeln spitz, stechend, 4-kantig, sitzen rund um den Zweig; fallen trocknend leicht ab.
  • Zapfen hängend
  • Rinde rot (daher manchmal Rottanne genannt)

 

oder Tanne?

Tanne:

  • Nadeln vorne rundlich und flach, in 2 Zeilen, Unterseite zwei weiße Wachsstreifen; halten auch trocken am Zweig.
  • Zapfen stehend, nur die Schuppen fallen ab, die Spindel bleibt nackt stehen.
  • Rinde weißgrau (Weißtanne)

4) Frostiger Gruß aus der Eiszeit

Aus Pollenanalysen weiß man, dass die Weißtanne von 9.000 bis 5.000 v. Chr. die beherrschende Baum-Art der Gebirgswälder war. Heute noch steigt sie in den Alpen bis 1.600 m hoch, in den Pyrenäen sogar bis 2.000m. Sie hat Eiszeiten überlebt, also wird sie auch unsere Klimakapriolen überleben. Oder nicht?

Um 1900 wurde sie bedrohlich gefährdet, weil sie dem von Menschen gepflanzten Fichtenbestand Konkurrenz machte. Es waren rein wirtschaftliche, kurzsichtige Interessen, welche der Weißtanne seit 200 Jahren zu schaffen machten. Zusätzlich schmecken die jungen Triebe den Waldtieren, wie Hirsch, Reh oder Gämse verdammt gut. Die reduzierte Biodiversität, die biologische Vielfalt der Wälder ist durch die großen Flächen an Nutzwald stark gestört. Heute lässt man bewusst Weißtannen als Samenbäume stehen oder schützt Jungbäume durch Zäune.

5) Ich, Abies alba, bin auch eine Heilpflanze

Seit der Antike wird die Tanne auch medizinisch genutzt. Nadeln, Zapfen, Knospen, Rinde, Samen und Harz, alles wird verwendet. Ätherisches Öl, Terpentin (Straßburger Terpentin), Provitamin A sind die speziellen Inhaltsstoffe. Das Harz wird für die Wundheilung, frische Triebe (Wipferlhonig) für die Lunge verwendet. Aus den Zapfen wird nach Zitrone duftendes Öl gewonnen, das etwa bei Muskelzerrungen hilft.

Wipferlhonig: Man pflückt die jungen Triebspitzen (Wipferln) von Tannen oder Fichten. Um die Bäume schonend zu behandeln, immer nur eine Handvoll von ein und demselben Baum pflücken. Die frisch gepflückten Triebe legt man dann am besten abwechselnd geschichtet mit gutem Honig ein und lässt diese an einem sonnigen Ort etwa 3 - 4 Wochen ziehen. Ich persönlich lasse die Wipferln ruhig im Honig und verwende im Winter, wenn der Hals kratzt oder der Husten anfängt zu plagen, einen Teelöffel voll Wipferl-Honig entweder pur oder in einem warmen Ingwertee aufgelöst.

 

6) Die Tanne hat auch einen Vogel

Nicht jeder Baum kann das von sich behaupten: "Ich habe einen Vogel!" Die Tanne hat gleich mehrere davon. Suchen Sie sich Ihren Lieblingsvogel dabei ruhig aus.

Tannenmeise oder Tannenhäher tragen sie sogar im Namen, aber auch Winter- und Sommergoldhähnchen lieben Tannenkronen für ihre Nester.

Tannenhäher und Tannenmeise

Tannenhäher (Bild: a.sansone)

7) Ein Baum der Rekorde - citius, altius, fortius

Citius, altius, fortius (lat.), zu deutsch: schneller, höher, stärker. Was für Olympioniken gilt, trifft auch auf die Weißtanne zu. Ach ja, mit schneller tut sich so ein Baum bekanntermaßen etwas schwer. Bei Pflanzen könnte man dies treffender durch älter ersetzen.

Die größte bekannte Weißtanne der Schweiz, die "Dürsrüti-Tanne" im Emmental war 57 Meter hoch und 337 Jahre alt. Man musste sie fällen, da sie, den Wald überragend, einem Blitz zum Opfer fiel. Weißtannen können bis zu 600 Jahre alt werden. Heute ist "Grossätti" der Rekordhalter. Mit 7,70 m Stammumfang ein wahres Unikum.

Die dickste Tanne Deutschlands soll einen Stammdurchmesser von 3,8 m haben. Die höchste Tanne Deutschlands, die "Großvatertanne" steht im Schwarzwald bei Freudenstadt. Sie ist zwischen 300 und 400 Jahre alt und 43 m hoch.

Auf der Spießalm steht die höchste Tanne Österreichs mit 48,5 m - der "Lammertaler Wächter".

Wem dies nun noch nicht genügend Tanne ist, der kann sich beim Forum Weißtanne noch weiter in interessante Details vergraben.

 

Tanne und Winterwald

(Bild: a.sansone)

Fichtenbäumchen

(Bild: a.sansone)

Die Konkurrenz schläft nicht

Bescheidene Fichte ist megaout. Weißtanne ist gerade noch geduldet. Nordmanntanne ist "in".

Meistens frisch importiert aus Dänemark, wo sie plantagenmäßig angebaut wird. Dabei ist die Nordmanntanne kein Baum des Nordens. Abies nordmanniana, benannt nach ihrem Entdecker, dem finnischen Biologen Dr. phil. Dr. med. Alexander von Nordmann (1803 - 1866), stammt aus den Gebirgsregionen von Kaukasus und Schwarzem Meer. Mühsam werden händisch in Georgien Tausende Tannenzapfen gepflückt, damit die Tannen anschließend im Norden, nämlich vorwiegend in Dänemark, auf den Weihnachtsbaum-Plantagen heranwachsen.

Wer also die Chance hat, sich auf dem Land von einem der vielen Bauern seinen Baum zu besorgen, bekommt wirklich wieder seinenheimischen Tannenbaum und braucht sich nicht viele Gedanken, ob Öko oder Bio, zu machen.

Dann mal - "Frohe Weihnachten!"

Ein kleines "Best of Holz" zum Abschluss

  • Ältester Baum: Fichte /9.550 Jahre/Standort Schweden
  • Höchster Baum: Küstenmammutbaum /115 Meter/Standort Redwood Nationalpark Kalifornien
  • Dickster Baum: Sumpfzypresse /Umfang 45 Meter, Dieser stattliche Baum heißt "El arbol del Tule" (span. "Baum von Tule") oder auch "El Gigante" (span. "der Riese") und steht im Hof der Kirche der Ortschaft Santa María del Tule im Bundesstaat Oaxaca, Mexiko
  • oder doch ein Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum), der mit angegebenen Durchmessern von bis zu 12 m an der Basis ebenfalls der "dickste Baum der Erde" sein soll?
  • Teuerstes Holz: Schlangenholz /170€ pro kg.
  • Größter Wald: Amazonas (Wie lange noch?)/1.1 Mia ha=25% des globalen Waldes

Quellen

  • Bäume, Banfi/Consolino; Kaiser Verlag, 2006 Klagenfurt
  • Bäume Mitteleuropas, Roloff/Weisgerber/Lang/Stimm; Wiley-VCH, 2010
Adele_Sansone, am 22.10.2013
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Bildquelle:
http://www.adele-sansone.com (Basteln für Weihnachten - Kerzen, Sterne und Schneeflocken)
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