Brennnessel

Brennnessel (Bild: MabelAmber / Pixabay)

Kleiner botanischer Exkurs

Die Große Brennnessel, Urtica dioica, gekürt als Heilpflanze des Jahres 2022, stammt aus der Familie der Urticaceae, der Brennnesselgewächse, wie auch die Kleine BrennesselUrtica urens.

Große Brennnesel (Urtica dioica)

Höhe 60 -150 cm, der 4-kantige Stängel, wie die Blätter mit Nesselhaaren versehen, ist ein typisches Merkmal. Blätter gezähnt zugespitzt, kreuzweise gegenständig, Blüten grünlich, Rispen hängend, zweihäusig: also entweder nur männliche Blüten oder nur weibliche. Die männl. hat eine 4-teilige Blütenhülle, die weibl. Blütenhülle besteht aus 2 ungleichen Blattpaaren, Narbe ist ein pinselförmiges Köpfchen ohne Stiel. Frucht wie eine Nuss.

Die Blüten haben jeweils 4 Blütenhüllblätter und 4 Staubblätter und sie wachsen in Trugdolden.

Abb:

links weibl. Blüte (nach Befruchtung hängend)

rechts männl. Blüte

 

Die Große Brennnessel

Illustration

Viele Namen, ein Merkmal: Brennen

  • Namensherkunft: lat. urere=brennen, dioicus=zweihäusig =>das bedeutet, dass sich die männlichen und weiblichen Blüten auf zwei getrennten Pflanzen befinden.
  • Nessel kommt von althd. nezze/nezzila=Zwirn, Netz; ein Hinweis bereits auf die Verwendung als Faserpflanze.
  • Andere volkstümliche Namen:
  • Haarnessel, Hanfnessel, Scharfnessel, Tausendnessel, Donnernessel, Habernessel, Krauskopf, Sennnessel, Tissel, Zingel
  • Die Bläschen, welche durch die Säure entstehen werden als Bezeichnung auch auf Ausschläge übertragen.
  • Auch die Blattform mit den Sägezähnen ist so typisch, dass auch andere Pflanzen als "nesselblättrig" oder gar als Nesseln (siehe Taubnessel!) beschrieben werden. 

Wo kommt der brennende Schmerz her?

In den glasartig spröden Brennhaaren ist eine der Ameisensäure ähnliche Flüssigkeit enthalten. Bei Berührung bricht die spröde Spitze der Brennhaare und aus dem Hohlkanal tritt die Ameisensäure aus … dabei wird die unter Druck stehende Flüssigkeit wie eine Mini-Injektion in die Haut gespritzt.

Hinweis: Richtig gemein ist, dass die Große Brennnessel nur einige Brennhaare untergemischt hat, jedoch die Kleine Brennnessel ausschließlich Brennhaare besitzt. Man unterschätze also bitte die Kleinen nicht!

 

 

 

Historisch gesehen

  • Bastfasern wurden schon von den Steinzeitmenschen verwendet fürs Befestigen der Pfeilspitzen an den Holzstäben, Fischernetze, Stricke, später Stoff gewebt
  • Plinius nannte sie einst "am meisten verhasste aller Pflanzen".
  • In germanischer Mythologie ist sie dem Gott Donar geweiht; Donnernessel soll vor Blitzschlag schützen.
  • Als Wildgemüse schon den Griechen und Römern bekannt, Samen für Liebestränke verwendet.

 

 

 

 

Brennnessel (Bild: nerxs / Flickr)

Brennnessel als Heilpflanze

Inhaltsstoffe der Brennnesseln sind u.a.: Histamin, Ameisensäure, Chlorophyll, Vitamin c

Schon der griechische Arzt Dioskurides empfahl die frischen Blätter zerkleinert als Wundauflage. Im Mittelalter wurde sowohl Kraut als auch Wurzel für harntreibende, entschlackende Tees verwendet, frisch oder getrocknet. Aber auch äußerlich wurde sie gegen rheumatische Beschwerden eingesetzt.

Aus dem frischen Kraut kann etwa eine Tinktur hergestellt werden, welche als Einreibemittel bei Rheuma, Gicht, Kopfschuppen und als Haarwuchsmittel angewendet wird.

Für eine Blutreinigungskur ist frischer Brennnesselsaft besonders geeignet. Der Saft kann aus den Blättern und Triebspitzen in einer Saftpresse für Kräuter gepresst werden. Er wird anschließend mit Wasser oder Saft verdünnt eingenommen.

Um die Durchblutung zu fördern sowie bei Allergien der Haut kann eine Abkochung des Krautes in das Badewasser gegeben werden.

Zur inneren Anwendung kann man einen Brennnesseltee aus den frischen oder getrockneten Blättern kochen. Diese Beispiele und mehr kann man etwa im Buch: Heilsame Wildpflanzen finden.

Hinweis: Darf bei Ödemen nicht angewendet werden und Brennnesseln regelmäßig eingenommen können die Wirkung von versch. Medikamenten beeinflussen … also Arzt oder Apother um Rat fragen.

 

Die Brennnessel, der Gartenhelfer

Der Biogärtner/naturnahe Gärtner*in liebt die Brennnessel, allerdings als Grundstoff für Brennnesseljauche zur Düngung oder als Brühe zum Spritzen gegen Pilzbefall. 

Die Brennnessel ist eine wunderbare Düngepflanze. So stellst du mit Brennnesseln eine Jauche, einen natürlichen Superdünger für stark zehrende Pflanzen her.

Brennnesseln, die unter Obstbäumen stehen, verbessern die Ernte. Wenn sie im Weg ist, kann die Brennnessel leicht ausgerupft oder abgemäht und als sanfte Düngung um den Stamm gelegt werden.

Tipp: Wächst die Brennnessel in der Nachbarschaft von Heilkräutern, bilden diese mehr ätherische Öle.

Schon die Biogarten-Pionierin Marie Luise Kreuter widmete sich viele Seiten lang der Brennessel: als Düngemittel, als Spritzbrühe, als Mulchmaterial und nicht zu vergessen, als Kinderstube für zig Schmetterlingsarten.

 

Mmm, lecker, Raupenfutter - die Brennnessel als wichtige Schmetterlingsfutterpflanze

Die Große Brennnessel ist eine immens wichtige Futterpflanze für die Raupen vieler Schmetterlinge. Mit etwas Glück kann man sie im Juni gesellig beim Schmausen beobachten. Übrigens die Raupen vom Tagpfauenauge fressen an der Oberseite der Blätter, die Raupen vom Landkärtchen wiederum knabbern an der Blattunterseite.

Kleiner Scherz: Was passiert, wenn Mama Schmetterling beider Arten die Blätter mit Eiern beklebt hat? Wahrscheinlich geht dann ein Wettbewerb, wer schneller frisst, los. Am Ende purzeln alle zu Boden.
  • Kleiner Fuchs Tagpfauenauge, Admiral, C-Falter aber auch Distelfalter,  Landkärtchen.

Leseempfehlung: Schmetterlingsbuch

Hinweis: Wer mit gutem Gewissen einen Schmetterlingsflieder im Garten stehen haben will, braucht nur in der Nähe Brennnesseln zu dulden, dann sind schon einige der "Anti-Buddleja-Argumente", nämlich das Fehlen von Futterpflanzen widerlegt.

Chenilles sur des orties (Bild: ComputerHotline / Flickr)

Faserpflanze, Kosmetikum

Brennnessel als Faserpflanze:
Wenn man den Stängel einer Pflanze zu zerreißen versucht, bemerkt man die langen und sehr festen Bastfasern. Vor Einführung von Baumwolle wurden die Fasern der Großen Brennnessel zur Herstellung von Nesseltuch gewonnen. In Schottland und Norwegen wurde die Brennnessel dafür im Großen kultiviert und verarbeitet.

Mjam, mjam; Ernährung und Kochen mit Brennnesseln

Die Brennnessel enthält 40 % Eiweiß, das ist mehr als in beliebten pflanzlichen Proteinquellen wie z.B. Soja. Deshalb kann sie besonders für Vegetarier und Veganer als wichtige Eiweißquelle dienen.

  •  Die Blätter sind schon früher als Brennnesselspinat aufgetischt worden. Aus den von März bis Juli erntbaren, jungen Blättern und Triebspitzen lässt sich gut Gemüse kochen.
  •  die Samenstände sind auch lecker (Mit etwas Salz und Pfeffer kurz in Butter abgebraten sind sie eine wohlschmeckende Beilage zu Kartoffeln oder Fisch.)

Tipp: Wer junge Brennnesselblätter roh verzehren möchte, muss sie ganz kurz blanchieren, dann fein hacken und mit einem Nudelholz abrollen. So zerbrechen die Brennhaare und verlieren ihren Saft.

  • Auch die Blütenknospen kann man für Salate nutzen.
  • Für Kinder kann man frische Blätter in Pfannkuchenteig wie Chips zum Knabbern ausbacken. Nach dem Kochvorgang brennen sie nicht mehr.

Achtung: Nie alte Brennnesselpflanzen roh essen! Das kann zu Nierenproblemen führen.

Tipp: Wie mache ich Brennnesselspinat auf Vorrat? Ganz einfach eine größere Menge junger Blätter kurz aufwallen lassen (Kochwasser als Tee oder für Suppe verwenden! Nicht wegschütten) und aus den abgetropften Blättern Kugeln formen, so kann man sie einfrieren und dann portionsweise entnehmen.

Das Buch "Essbare Wildpflanzen"

listet so einige Möglichkeiten der Verwertung an: Blätter, Samen, Knospen, Frühjahrskur, auch Wurzel.

 

 

Die "pillendrehende" Schwester aus dem Süden

Nur der Ergänzung wegen und weil es so allerliebst aussieht, sei sie erwähnt

Sie dreht sich ihre Pillen selbst, Urtica pilulifera. Wie habe ich mich gewundert als ich in Südeuropa das erste Mal über eine "Brennnessel mit runden Knödelchen" gestolpert bin.

Pillen-Brennnessel oder Römische Nessel Urtica pilulifera nennt sie sich.

Die "Pillen" sind in Wirklichkeit die kugeligen Köpfchen mit den weiblichen Blüten, die eben hier keine Trugdolde bilden. Die Brennhaare sollen schmerzhafter sein als die unserer gewohnten Brennnesseln. Ich habe es nicht ausgetestet.

 

 

 

Mit ihr, Urtica urentissima, ist nicht zu spaßen!

Diese Brennnesselart stammt aus Timor. Die Brennhaare verursachen derart starke Verbrennungen, dass sie sogar zum Tode führen können. Oder zu mehrtägigem Nesselfieber; danke sehr.

Noch andere Artikel rund um die brennende Nessel und die sanften Cousinen ...

 

 

Adele_Sansone, am 11.02.2022
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Bildquelle:
a.sansone (Auf der Pirsch nach dem Giersch)

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