Die Katharinenkirche in der Neustadt von Brandenburg/Havel
Die Katharinenkirche in der Neustadt von Brandenburg an der Havel ist eine Demonstration des damaligen Wohlstands in der Stadt.Blick auf die Katharinekirche (Bild: haros)
Das Bauwerk
Auf dem Platz der heutigen Katharinenkirche stand bis 1395 eine Feldsteinkirche. Der Stettiner Baumeister Hinrich Brunsberg schuf dann die Katharinenkirche, die 1401 der heiligen Katharina, der heiligen Amalberga und dem heiligen Nikolaus geweiht wurde. Ganze 6 Jahre Bauzeit waren für damalige Zeiten eine beachtliche Leistung. Zumal diese Kirche mit beachtlichen Abmessungen aufwarten kann. 73 Meter lang und 29 Meter breit ist das Bauwerk. Der Dachfirst erhebt sich 38 Meter über die Umgebung. Der Turm ist 72,5Meter hoch. Das Langhaus wurde, in Höhe des Dachstuhls noch gut erkennbar, ursprünglich mit einem glatten Ostgiebel abgeschlossen. Der polygonale Chor wurde später angebaut. Mit ihrer imposanten Größe und reichen Ausstattung machte die Katharinenkirche den Wohlstand der Neustadt Brandenburg weithin deutlich.
Durchbrochene Rosetten und Figuren prägen die Fassaden der Katharinenkirche. Beeindruckend ist die Schöppenkapelle an der Südseite mit ihren reichen Verzierungen. Die Nordkapelle wird zu den schönsten Bauten der norddeutschen Backsteingotik gezählt. Die Ausstattung der Katharinenkirche belegt ebenfalls den Wohlstand in der damaligen Neustadt Brandenburg. Unbedingt anzusehen sind der große Flügelaltar von 1474, der Altar in der Schöppenkapelle, die oktagonale Taufe aus Bronze von 1440 sowie die vielen Figuren. Die heutige Orgel wurde 1936 von Schuke gebaut. Von der einstigen Wagner-Orgel von 1726 sind nur noch die Prospektpfeifen und das von Johann Georg Glume stammende Gehäuse erhalten.
1864-64 wurde die Katharinenkirche außen restauriert. 1842 und 1911-12 wurde jeweils der Innenraum frisch gestaltet. Von 1970 bis 1992 erstreckte sich eine weitere Sanierungsphase, in der die spätgotische Fassung des Innenraums wieder hergestellt wurde. Die Instandsetzung von Dächern, Turm und Außenhaut lief bis 2004.
Die Katastrophe von 1582
Am 30. März 1582 um 3:00 Uhr morgens kam es zu einer Katastrophe: Der Turm der Katharinenkirche stürzte ein.
Schon 1580 entstanden durch die Einwirkung eines Orkans Risse. Bei einer Messung im Jahr 1582 wurde ein Abstand von drei Zoll zwischen Turm und Langhausgiebel festgestellt.
In der Nacht vom 29. zum 30. März 1582 schliefen die drei Kunstpfeifergesellen Anton Störtewein, Andreas Drichel und Georg Wolff in der Wohnung des Kunstpfeifers im Turm. Ihr Lehrherr, der Kunstpfeifer Nehring, war nicht daheim. Anton Störtewein hatte gerade die dritte Stunde des 30. März ausgeblasen. Da fiel der Turm in sich zusammen. Dabei kam es in der Katastrophe zum Wunder. Die drei Türmer überlebten den Zusammenbruch des Turms mit einigermaßen harmlosen Blessuren.
Den Neuaufbau des Turms leitete der Mailänder Baumeister Johann Baptista de Sala. Er konnte ihn allerdings nicht fertig stellen, da dem Rat der Neustadt Brandenburg das Geld ausging. Erst 1592 wurde der Wiederaufbau des Turmes mit der achteckigen Haube und der durchbrochenen Laterne durch den Dresdner Zimmermannsmeister Balthasar Richter abgeschlossen. Die Folge war eine große Ähnlichkeit des Turmdaches mit dem der damaligen Kreuzkirche in Dresden.
Die verrückte Kapelle
Zu Katharinengemeinde gehörte lange Zeit die Jakobskapelle. Sie gehörte ursprünglich zum Jakobshospital zum 1315 gegründeten Jacobspital und wurde sie erstmalig 1349 urkundlich erwähnt. Mit der Erweiterung der Stadt im 19. Jahrhundert wurde 1892 die Jacobbrücke neu gebaut und die Jacobstraße sollte verbreitert werden. Doch mitten in der Trasse der Straße stand die Jacobskapelle.
Die Stadtväter entschlossen sich dazu, die Jakobskapelle um elf Meter nach Westen zu verschieben. Der Stadtbaurat Albert Krzyzagorski musste das kühne Vorhaben umsetzen. Er entwickelte eine Holzkonstruktion, auf der das Bauwerk wie auf einem Schlitten an seinen neuen Standort gleiten konnte. Doch musste erst ein neues Fundament geschaffen werden. Vor dem Verschieben wurde das Dach abgenommen, das Mauerwerk ausgesteift sowie Giebel und Fliesenpflaster ausgebaut. Mit Druckschrauben und Hebeln bewegten 6 Arbeiter die Kapelle Zentimeter für Zentimeter vorwärts. Nach drei Tagen stand die Jacobskapelle an ihrem neuen Standort. Und damit hatte sie im Volksmund ihren neuen Namen weg. "Verrückte Kapelle" wird sie seit dieser Aktion genannt.
Inzwischen hat die Katharinengemeinde das Gotteshaus aufgegeben und es gehört seit 2000 der Stiftung Wredow'sche Zeichenschule.
Südpol der Europäischen Route der Backsteingotik
Brandenburg an der Havel ist die südlichste Stadt in Deutschland an der Europäischen Route der Backsteingotik. Neben der Katharinenkirche sind der Brandenburger Dom, das Altstädtische Rathaus mit dem Brandenburger Roland, die Gotthardtkirche, das Paulikloster und mehrere weitere Bauten beachtenswerte gotische Bauwerke in der Stadt.
Literatur
- Innovation und Tradition: Hinrich Brunsberg und die spätgotische Backsteinarchitektur in Pommern und der Mark Brandenburg. Mit Beiträgen von Ernst Badstübner, Jarosław Jarzewicz, Barbara Ochendowska-Grzelak, Wolfgang Ribbe, Dirk Schumann und Fotografien von Thomas Voßbeck. ISBN 978-3-936168-60-0, 9,80 Euro
- Nikolaus Zaske: Hinrich Brunsberg. In: Ule Lammert (Hrsg): Große Baumeister. Band 2, Henschel Verlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1990, ISBN 3-362-00455-5
- Otto Tschirch, Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg in zwei Bänden, Brandenburg (Havel) 1928
- Friedrich Grasow, Brandenburg - die tausendjährige Stadt. Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte. Selbstverlag der Stadt Brandenburg 1928