Wo gehört er hin, der dreizehige Specht?

In der Natur hat alles seine Ordnung; so auch beim Dreizehenspecht. Schauen wir mal auf seine Stellung in der Systematik der Vögel.

Familie Spechte (Picidae) - Systematik

  • Ordnung: Spechtvögel (Piciformes)
  • Familie: Spechte (Picidae)
  • Unterfamilie: Echte Spechte (Picinae)
  • Gattung: Picoides
  • Art: Dreizehenspecht (Picoides tridactylus)

Eurasian Three-toed Woodpecker ...

Eurasian Three-toed Woodpecker (Picoides tridactylus) (Bild: sussexbirder / Flickr)

Wie sieht der Dreizehenspecht aus?

Er ist ein mittelgroßer Spechtvogel, etwa 21 - 23 cm groß, Spannweite an die 33 cm. Die Flügel sind schwarz, der Rücken mit weißem Mittelband ist schwarzweiß gesprenkelt. Er hat einen hellen, bleigrauen Schnabel mit schwarz-dunkler Spitze. Er hat keinerlei Rot im Gefieder.

  • Typisches Merkmal, der Scheitelfleck des männlichen Spechtes glänzt schwefelgelb.
  • Der weibliche Dreizehenspecht ist fast schmucklos. War ja schon klar, immer wieder die eitlen Männer.
  • Außerdem hat der Dreizehenspecht auf der Halsoberseite und am Rücken einen breiten, weißen Mittelstreifen. So ist er auch eindeutig vom größeren Tannenhäher zu unterscheiden. So man ihn von oben sieht, also wenn er am Baum hämmert. Von unten ist er höchstens von der Größe her von einem Tannenhäher zu unterscheiden.

Eurasian three-toed woodpecker (Bild: rambling shorebird / Flickr)

Das Charakteristische am Dreizehenspecht: drei Zehen statt vier

Warum die Zehen bei den Spechtvögeln so wichtig sind, liegt an ihrer Lebensweise.

Mit kräftigen Sprüngen klettern Spechte aufwärts. Sie bewegen sich immer in Sprüngen. Die Spechtbeine sind kurz, der Hinterkörper liegt also immer nah am Stamm. Damit es den Specht nicht vom Baumstamm wirft, braucht er gutes Haltewerkzeug: seine Zehen und Krallen!

  • Die Zehen sind lang und kräftig und die Krallen haken sich messerscharf in die Rinde ein. Die Zehen sind außerdem mit Hornschuppen besetzt. Diese Art Klammerfuß kann den doch kräftigen Körper gut festhalten.

Vier Zehen, zwei nach vorne, zwei nach hinten gerichtet, weit gespreizt; so agiert ein Specht. Jeder? Natürlich nicht, sonst gäbe es nicht den Dreizehenspecht.

  • Schon der Buntspecht wählt eine weitere Variante. Beim Buntspecht wird zusätzlich eine der Hinterzehen nach vorne gespreizt, dabei werden sie in einem gleichschenkeligen Dreieck angeordnet. Ein mathematisch perfektes Modell, um sich stabil festzuhalten.
  • Der Dreizehenspecht hat deswegen gleich auf die nicht unbedingt notwendige vierte Zehe verzichtet. Wie schon der Name besagt, ist der Dreizehenspecht der einzige Specht, der statt vier Zehen nur drei besitzt.

Einen Specht wirft nichts vom Baumstamm.

Unterstützt wird ein Specht in seiner Haltung senkrecht am Stamm durch den Schwanz, der Stützfunktion hat. Die mittleren Schwanzfedern sind sogar verlängert und zugespitzt, außerdem hoch elastisch. Die schräg am Stamm angelegte Schwanzspitze verspreizt und verkeilt sich mit den Unebenheiten der Rinde.

Wo kommt er vor, dieser besondere Specht?

Vom Dreizehenspecht Picoides tridactylus sind weltweit acht Unterarten bekannt. Die Unterart Picoides tridactylus alpinus wird auch oft als Bergspecht bezeichnet.

Der Name verrät schon den bevorzugten Lebensraum dieser Unterart. Er brütet in naturnahen Fichtenwäldern, durchsetzt mit Bergkiefer, Tanne, Arve (Zirbe), in den Alpen und höheren Mittelgebirgen ist er oberhalb 700 m Seehöhe anzutreffen und steigt bis 1.600 m. Man bezeichnet den Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) auch als Charakterart der subalpinen Fichtenwälder.

Der Dreizehenspecht kommt in Europa von der eurasischen Taiga bis nach Skandinavien vor.

Charakterart der subalpinen Nadel- und Mischwäler

Als Lebensraum beansprucht der Dreizehenspecht Picoides tridactylus alpinus subalpine Nadel- und Mischwälder mit alten Bäumen und Totholz. Damit der Dreizehenspecht genügend Nahrung findet, müssen in seinem Revier viele absterbende, kranke und tote Bäume vorhanden sein. Deshalb kommt diese Unterart in Naturparks und Nationalparks, in denen die Eingriffe der Menschen stärker reglementiert werden, wieder häufiger vor.

So ist er einer der ansässigen Spechtvögel im Naturpark Tiroler Lech/Lechtal.

Lechtal

Lebensraum und Lebensweise des Dreizehenspechts

Der Dreizehenspecht lebt in festen Revieren, wo das Paar standorttreu (Standvogel) bleibt. Das Aktionsgebiet kann dabei aber von 48 bis 200 ha betragen. (Untersuchungen in der Schweiz). Zwischen Männchen und Weibchen besteht eine Teilung des Lebensraumes. Die Wohnung zimmern, wie andere Spechtarten, besorgt aber auch hier das Männchen.

  • Der Dreizehenspecht ist kaum scheu. Seine Hauptnahrung besteht aus Larven, Puppen, Holzkäfern, aber auch Baumsaft im Frühjahr. Ringeln - siehe eigener Absatz.

Ameisen zählen nicht zu seinem Nahrungsspektrum, wie etwa beim Grünspecht. In der kalten Jahreszeit weicht er auch auf Zapfen, Nüsse oder in unmittelbarer Besiedlungsnähe sogar auf Vogelfutter aus.

  • Jedes Jahr wird eine neue Nesthöhle ausschließlich in Nadelbäumen angelegt. Legebeginn ist im Mai, 3- 6 Eier. Brutdauer 11 Tage.
  • Beide Partner brüten abwechselnd. Da können sich Menschen-Männchen mal ein Beispiel nehmen. Nestlingszeit der Jungvögel ist 20 Tage. Die Jungen werden noch ausgiebig nach Flüggewerden betreut und gefüttert.

In den baltischen Ländern ist seine Population um einiges größer als in unseren Breiten.

Ein liebevoller Dreizehenspecht-Papa beim Füttern!

Ringeln - nicht Ringelreihen

Als Ringeln bezeichnet man eine Reihe von eng aneinanderliegenden Löchern rund um den Stamm. Wo dann Baumsaft, das Harz, austritt, der gerne besonders im Frühjahr vom Specht auch getrunken und geschleckt wird.

  • Die Ringe beginnen ab etwa 1 m Bodenhöhe, reichen bis in die Krone. Abstand zwischen den Ringen 6 – 15 cm. Manchmal führen die Ringe auch nur halb um den Stamm herum. Ab Mitte April beginnt die Ringeltätigkeit. Man nimmt an, dass der Specht im Frühjahr das Harz aufnimmt und dringend als Nahrung (Aminosäuren) und Aufbaupräparat benötigt. Er ringelt bis in den Frühherbst. Wer aufmerksam schaut, entdeckt beim Wandern so manchen Spechtbaum alleine durch die Ringelmerkmale.

Mythen rund um den Dreizehenspecht

  • Seine Farben: Schwarz - Weiß - Gold
  • Er ist selten zu entdecken. Warum? Kommt ein Wanderer vorbei, dann kiekst er nicht gleich wie ein Buntspecht, er rutscht auf die andere Stammseite und - wird übersehen. 
  • Dreizehenspecht zu erforschen ist schwer. Biologen beringen bei der Arbeit ihre Spechte nicht nur, sondern kleben ihnen auch kleine Sender an die Schwanzfedern."Damit ich dich besser entdecken und dir folgen kann!", würde der verkleidete Wolf sagen.
  • Der Specht gilt in vielen Regionen als Blitzsymbol. Der Schwarzspecht galt gar als Symbol des Teufels.
  • Bei den Germanen rankten sich so einige Mythen rund um den Specht. Ob damit auch der eher unauffällige Dreizehenspecht gemeint war, weiß nur Odin oder Wotan selbst.

Hier finden sie weitere Infos zu den Spechten

Fragen, warum Spechte kein Kopfweh bekommen oder ob sie nur hämmern können und nicht auch singen, werden in den folgenden Artikeln ausführlich behandelt.

Die Drei lebe hoch

Nachdem die drei Zehen doch die Ausnahme von der Regel sind, gleich noch ein Blick auf andere dreizehige bzw. dreifingrige Exemplare. Alles was sich bei der Artbezeichnung tridactylus (tri=drei und gr. daktylos=Finger) nennt, fällt darunter:

  • Dreizehenmöwe Rissa tridactyla
  • Dreizehenfaultier/Dreifingerfaultier Bradipus tridactylus
  • ein Känguru namens Potorous tridactylus tridactylus
  • ein dreibeiniges Reptil Ophiomorus tridactylus
  • eine Amphibie Brachycephalus tridactylus
  • Dreizehen-Aalmolch Amphiuma tridactylum
  • Dreizehen-Zwergspringmäuse Salpingotus tridactylus

Nur die dreizehige Landschildkröte muss natürlich in der Artbezeichnung aus der Reihe tanzen:

  • Dreizehen Dosenschildkröte Terrapene carolina tringius

Quellen

  • Unbekannte Tierwelt, Weltbild, 1997 Augsburg
  • Mein Bildlexikon Tiere, Weldon Owen; Xenos Verlag, 2013 Hamburg
  • Tiere in ihrem Lebensraum, Dröscher; Ravensburger, 1988 Berlin
  • Tiere, Dorling Kindersley, 2006 Starnberg
  • Der große Mosaik Naturführer, Steinbach; Mosaik, 2000 München
  • Das A und O im Zoo, Sheridan; Schüling Verlag, 2011 Münster
  • Warum Pandas Handstand machen, Brown; Ullstein, 2009 Berlin
  • Vögel, Bechtermünz Verlag, 1999 Augsburg
  • Das Vogeljahr im Tiroler Garten, Christiane Böhm u. Armin Landmann; Grünes Tirol, 2015 Innsbruck
Adele_Sansone, am 09.08.2015
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Bildquelle:
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Rosen und die Frage: Dorn oder Stachel?)

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