Was bedeutet das tatsächlich, Flexibilität?

flex / flexibel: Ein anderes Wort dafür ist "biegsam". Ein Begriff, der mit Hingabe und Demut zu tun hat und an einen Baum erinnert, der sich im Sturm biegt, aber nicht an ihm zerbricht.

Die Natur macht uns vor, was Flexibilität bedeutet: Nicht der Stärkere überlebt, sondern derjenige, der sich am besten an seine Umgebung anpassen kann. Im Natur- und Pflanzenreich gibt es viele Beispiele und Vorbilder für Flexibilität. Tiere und Pflanzen sind Meister darin, sich anzupassen, wenn sich Lebensumstände und Umwelt verändern.

Flexibilität bedeutet also: Veränderung zu akzeptieren, sich nicht dagegen zu sträuben – ja, sie vielleicht sogar willkommen zu heißen.

Psychologen sehen Flexibilität als eine wichtige Eigenschaft, um den Alltag und das Leben möglichst gut zu bewältigen und sich eine stabile Lebensgrundlage zu schaffen. Eingeschränkte Flexibilität kann zu Depressionen, Ängsten und Zwängen führen – und umgekehrt.

Schön und gut, mag mancher denken. Man möchte ja gerne anders handeln oder denken, so leicht ist das aber nicht.

Wie kann man flexibler werden?

Resssourcenorientierung, nennt man es in der Psychologie. Einfacher formuliert: Um flexibler zu werden, knüpft man an seine individuellen Stärken an und erweitert so die eigenen Erfahrungen.

Eine hilfreiche Anregung geben Luise Reddemann und Cornelia Dehner-Rau in ihrem Buch Gefühle besser verstehen: Wie sie entstehen - Was sie uns sagen - Wie sie uns stärken:

Mangelnde Flexibilität bedeutet, vom eigenen Anspruchsniveau nicht mehr abweichen zu können. Mangelnde Flexibilität hat also nicht nur mit den Erwartungen anderer, sondern auch sehr viel mit uns selbst zu tun!

Aus Angst vor Versagen vermeidet man zum Beispiel Dinge, die man eigentlich gerne tun würde. Wünsche lässt man aus Angst, enttäuscht zu werden, gar nicht erst zu. Aus Angst vor Ablehnung glaubt man, anderen gerecht werden zu müssen.

Man verlässt sich lieber auf Vertrautes, mit dem man sich vielleicht längst nicht mehr wohlfühlt, anstatt Neues zu wagen – die berühmte "Komfortzone", unsere Bequemlichkeitszone, fühlt sich dann nicht mehr ganz so komfortabel bzw. bequem an.

Wer mehr Flexibilität entwickeln möchte, der kann ganz klein anfragen: Mit etwas mehr Offenheit und Interesse (für die Umwelt und für sich selbst!), mit etwas mehr Vertrauen in die eigene Kraft und die eigenen Fähigkeiten.

Aber ebenso wichtig ist:

Die eigenen Grenzen anerkennen!

Man muss nicht alles können und schon gar nicht perfekt sein. Leben ohne Limits? - Nein, Leben *mit* Limits! Es tut sehr gut, mal Urlaub zu nehmen von der Alles-ist-möglich-Gesellschaft. Auch das hat mit Flexibilität zu tun.

Es kann befreiend sein, die eigenen Grenzen zu kennen, sie sogar zu schätzen und zu respektieren:

Was brauche ich gerade?

Was entspricht momentan meinen Möglichkeiten, meinen Wünschen und meinen Zielen?

Das kann ich. Das kann ich nicht.

Das kann ich gerade geben. Dazu bin ich im Moment nicht in der Lage.

Aber auch: Vielleicht steckt mehr in mir, als ich bisher gedacht hatte?

Der erste Schritt zu mehr Flexibilität: Offenheit

Flexibilität ist die Offenheit dafür, dass sich eine Situation, die Gegebenheiten, die eigenen Gefühle und die Bereitschaft zu handeln jederzeit wieder ändern können.

Flexibilität ist deshalb auch die Fähigkeit zur Anpassung: Mit dem Strom des Lebens schwimmen, sich dem Leben anpassen und nicht fordern, dass das Leben (inklusive Wetter, Mitmenschen, Verkehr, etc.) sich den eigenen Vorstellungen anpassen muss.

Ja, klingt schwierig, ist aber machbar: Byron Katie mit ihrer Fragemethode The Work zeigt einen Weg, um zu einer neuen, flexibleren Perspektive zu finden – und das kann manchmal alles verändern!

Achtsamkeit hilft!

Flexibel zu sein bedeutet auch, sich nicht an die Vergangenheit zu klammern, die Zukunft nicht mit starren Erwartungen zu beschweren, stattdessen mehr im Moment zu leben und offen zu sein für das, was sich ergeben möchte. Nur so kann man die Chancen und Möglichkeiten überhaupt wahrnehmen, die sich einem jetzt bieten.

Mantras für mehr Flexibilität im Alltag:

Mal abwarten, was sich entwickelt ...

Mal schauen, was kommt …

Wenn nicht jetzt, dann vielleicht später.

Wenn nicht heute, dann vielleicht morgen.

Wenn nicht A, dann vielleicht B. (Oder auch C?)

Wenn nicht genau das, was ich möchte, dann vielleicht etwas anderes, das auch interessant oder hilfreich sein könnte.

Wenn meine bisherige Strategie nicht mehr funktioniert, dann vielleicht mal schauen, ob sich mir nicht ein ganz neuer Weg öffnet.

Wenn nicht perfekt, dann einfach nur gut genug.

Lesetipps:

Ein bisschen mehr Hingabe, ein bisschen mehr Loslassen, ein bisschen flexibler werden: Sollten wir alle viel demütiger sein?

Die erfolgreichste Lernmethode der Welt - die sollte jeder kennen, der mit den Erwartungen an sich selbst ein bisschen flexibler und großzügiger umgehen möchte.

Die eigenen Grenzen anerkennen? - Da mischt sich gerne mal der innere Kritiker ein! Aber dagegen kann man etwas tun: Wie zähmt man den inneren Kritiker?

Bitte nicht überfordern: Kleine Dinge - große Wirkung: Mit Minischritten zum Ziel

Ängste, Depressionen und andere "ungute" Gefühle machen es uns manchmal nicht leicht, flexibel zu sein: Schwierige Gefühle? - Diese Bücher können helfen

Psychologie ganz praktisch, alltagstauglich und für jeden anwendbar: Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT)

Achtsamkeit hilft, flexibler zu werden: Achtsamkeit für zwischendurch: 3 Mini-Übungen

Und: Eckhart Tolle und das Leben im Jetzt

Michaela, am 22.10.2017
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