Das A und O im Zoo

Das A und O im Zoo

Was ist eigentlich ein Zoo?

Der Zoo, die menschengerechte Wildnis hereingeholt in die Städte, wandelte sich von der reinen Zurschaustellung wilder Tiere zum Träger von Tier- und Artenschutz. Einer der Initiatoren dieser Entwicklung war der 1992 verstorbene Schweizer Zoodirektor Heini Hediger. Hediger (1973)

"Ein Zoo ist gleichzeitig Freizeiteinrichtung, Lernort, Forschungsstätte und Naturschutzzentrum".

"Tiere sollen in Zoos unter artgemäßen Bedingungen gehalten und betreut werden. Dazu gehört auch, dass sie sich fortpflanzen können. Dies gilt für alle Tierarten, unabhängig von ihrem emotionalen Stellenwert für den Menschen; es kann allerdings nicht für jedes Individuum gelten." (Rigi-Symposion 2003)

Zoos, die ihre Tätigkeit an der Welt- Zoo- und Aquarium-Naturschutzstrategie (WAZA), 2005) ausrichten, bürgen für Qualität, richten sich nach internationalen Standards.

 

Wie Museen und botanische Gärten gehören Tierparks zu den Kulturstätten. Und dies bereits seit 4000 Jahren, als am Hof des chinesischen Kaisers die erste Menagerie erbaut wurde. Zoos sind nicht nur die bestbesuchten und erfolgreichsten Institutionen populärer Wissensvermittlung. Sie dienen außerdem der Forschung. Dies wird häufig unterschätzt. Das Meiste, was wir heute über Wildtiere wissen, wurde in Zoos herausgefunden.

Tiger im Tiergarten Schönbrunn

Tiger im Tiergarten Schönbrunn (Bild: a.sansone)

Warum brauchen die Menschen einen Zoo?

Die Biophilie ist die Liebe zum Lebendigen, der instinktive Hang des Menschen zur Natur. Das ist in den Menschen eingepflanzt, naturgegeben. Dieses Bedürfnis kann nicht alleine durch das Betrachten der Bilder im Film und Fernsehen gestillt werden, wie manche Menschen meinen. Der Mensch braucht die Erfassung mit allen Sinnen – mit eigenen Augen betrachten, riechen, wenn geht sogar berühren. Der Mensch braucht die Wildtiere und deren Umwelt hautnah und nicht nur über die Konserve.

Die Zoo-Utopie: Die menschliche Biophilie und das tierische Wohlbefinden versuchen in Einklang zu bringen. Immer mehr Zoos (hier ein tolles Beispiel dafür) versuchen bei Neubauten, notwendigen Umbauten und Erweiterungen dieser Utopie nahe zu kommen. Allerdings kann das nie für den gesamten Tierbestand gleichzeitig erfolgen, dazu fehlen einfach die Mittel.

Das ist mit ein Grund, warum Zoos in Teilbereichen eine ewige Baustelle sind. Je nach finanzieller Lage und nach den dringendsten Bedürfnissen der Tiere wird Stück um Stück erneuert, verbessert oder schweren Herzens ein Tierbestand aufgelassen.

Der Zoo als Anschauungsunterricht?

.... so könnte es in der Natur zugehen, wenn Mensch nicht soviel an der Umwelt kaputtmachen würde? Gaukelt uns der Zoo eine harmonische Natur vor, die es so gar nicht (mehr) gibt? Nie gegeben hat?

Was er wirklich gut vermitteln kann, ist der direkte Einblick in Tiergruppen. In das Aufwachsen von Tierbabys über das Jungtier bis zum erwachsenen Tier. Das Zusammenleben von ganzen Tierfamilien, wie in den Zoos vorgeführt, kommt allerdings oftmals in der freien Natur so gar nicht vor. Tiergruppen, bei denen Männchen friedlich bei der Mutter-Kind-Einheit leben, sind oftmals unnatürlich, aber machbar. Und da der unmittelbare Ernährungsdruck wegfällt, eben möglich und für Zoobesucher und Personal schön. Für die Tiere sicher auch, sonst würden sie da nicht mitspielen. Ein Leben im Zoo ist ja doch (fast) ein paradiesischer Zustand?

Es allen recht machen: keine leichte Aufgabe für den Zoo

  • Es gilt nicht nur, sich an bestehende Tierschutzgesetze zu halten, sondern mehrheitlich, das Optimum (unter Berücksichtigung der finanziellen Mittel) für die Tiere zu ermöglichen.
  • Gleichzeitig muss aber auch der Besucher zufrieden nach Hause gehen und soll auch noch ein Mehr an Wissen mitnehmen.
  • Für das Tier soll man Rückzugsbereiche schaffen, für den Besucher Einsichtsbereiche - ein Spagat, der nicht leicht zu schaffen ist.

Aber viele Wege führen ans Ziel. Einfallsreichtum ist gefragt. Dem einen gefällt das naturnahe Modell, dem anderen wiederum Erlebniswelten. Wer hat Recht?

Beispiele gefällig?

  • Ein Landschaftsarchitekt, Pascal Gysin, zeigt am Beispiel Tierpark Lange Erlen, Basel, wie man vorhandene Natur wieder reanimieren kann; dabei dem Besucher wunderbar die Natur nahe bringen kann und gleichzeitig den Tieren verbesserte Lebensbedingungen liefert. "Wir wollen Fenster zur Natur vor der Haustür sein", ist sein Credo.
  • Geradezu konträr dazu das Konzept in Hannover, die Yukon Bay. Zwei Ansätze, zwei exemplarische Ergebnisse für Tier und Zuschauer.
  • Ein weiteres Beispiel ist die "Nichtpräsentation" der Tiere durch die verschiedenen Bärenparks, deren Credo lautet: "Niemand präsentiert besser als die Natur."

Die Aufgabe der Zoos für Artenschutz und Arterhaltung

Seit dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen sind für die Nachzucht von geschützten und gefährdeten Arten die Zoos unersetzlich geworden. Wildfänge sind seither für Dutzende Tierarten nicht mehr erlaubt. Internationale Zuchtbücher (ESB=European Studbook) sorgen dafür, dass die genetische Vielfalt erhalten bleibt.

Nur gelegentlich gelangen noch neue Wildfänge in den Zoo. Das sind Tiere, die entweder verwaist oder verletzt aufgefunden wurden. (2010 etwa zwei sehr junge Eisbären, die in Russland verwaist aufgegriffen, gerettet und in einen Zoo verbracht wurden.)

Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP)

Seit 1985 lenkt für Europa das EEP die Nachzucht gefährdeter oder vom Aussterben bedrohter Arten. Ein Zoo wirkt federführend für eine oder mehrere Arten. Der jeweilige Koordinator stimmt sämtliche Maßnahmen, wie Zucht, Zuchtpaare, Abgabe der Jungtiere und Auswilderungs-maßnahmen gemeinsam mit den anderen Zoos, WWF, Nationalparks, Naturschutzbund, Bundesforste und vielen anderen Einrichtungen ab.

Retten Zoos die Artenvielfalt, die Biodiversität?

"Zoos sind für die Rettung der Artenvielfalt heute unersetzlich." so Dag Encke, Zoochef in Nürnberg. Denn Zoos sind nicht nur "Freizeitparks", sondern ein starker Resonanzkörper für das Thema Tier- und Artenschutz. Die Zoo-Mitarbeiter steuern entscheidendes Know-how zur Bewahrung einer Art bei. "Keine andere Stätte hat heute mehr Wissen als ein Zoo, um aus winzigen Restbeständen einer Art wieder eine vitale überlebensfähige Population zu erzeugen." Dag Encke.

Der Zoo dient somit als Artenspeicher und als Wissensspeicher. Alle Freilandprojekte sind untrennbar mit der Arbeit der Zoos verbunden und umgekehrt. Ist der Zoo also doch eine moderne "Arche Noah"?

Die Bedeutung der Zoos für den Arterhalt dürfe nicht unterschätzt werden, betonen Dalia Conde und Alexander Scheuerlein. "In einzelnen Zoos ist die Zahl der bedrohten Arten und der Individuen zwar gering", sagen die Biologen, die am MPIDR im Arbeitsbereich Evolutionäre Biodemografie forschen. "Schließen sich mehrere Institutionen zusammen, steckt in den Zoologischen Gärten aber insgesamt ein beachtliches Potential für die Nachzucht bedrohter Tierarten." Von allen bedrohten Säugetierarten werden 20 bis 25 Prozent auch in Zoos gehalten. Man hält die Einrichtung von "Spezialistenzoos", die sich auf die Aufzucht einer oder weniger Arten konzentrieren für überlegenswert: "Spezialisierung erhöht in der Regel den Zuchterfolg. In den jeweiligen Zoos können die Tiere "geparkt" werden, bis sie in freier Natur wieder eine Chance zum Überleben haben und ausgewildert werden können."

Zuchtprogramme in Zoos liefern außerdem neue demografische Daten, die dem Artenschutz dienen: Wann beginnt bei einer Tierart die Geschlechtsreife? Wie groß sind die Gelege? In welchem Abstand vermehrt sich eine Art? "Von vielen Tierarten sind solche fundamentalen Daten zu ihrer demografischen Entwicklung nicht bekannt", sie werden aber dringend gebraucht, um die zukünftige Entwicklung einer Art und ihre Überlebenschancen in freier Wildbahn einschätzen zu können".

 

Wer ist an Artenschutzprojekten beteiligt?

Der WWF (World Wide Fund for Nature) setzt sich seit der Gründungszeit (1961) an für den Schutz der Wildtiere und ihres Lebensraumes ein. Gemeinschaftsinitiativen von Zoologischen Gärten, Tierparks und Naturschutzorganisationen arbeiten heute bei den Projekten Hand in Hand. Erklärtes Ziel aller ist der Erhalt existenziell gefährdeter Tierarten, sowie der Schutz ihrer ursprünglichen Lebensräume.

Zoologische Gärten bieten sich nicht nur zur Nachzucht gefährdeter Arten an, sondern sind darüber hinaus ein Wissenspeicher um deren Auswilderung erfolgreich zu gestalten.

Wie geht Artenschutz vor sich?

Zwei Komponenten spielen bei der Wiederansiedelung einer gefährdeten Art eine große Rolle. Einerseits dringen vermehrt Wildtiere aus Gebieten, in denen erfolgreich ausgesetzt und wiederangesiedelt wurde, in unsere teils unberührten Wälder ein. Andererseits wird gezielt mit Hilfe von Zoos und Tierparks an Nachzuchten für die Freilassung gearbeitet. Gemeinsam mit gezieltem Lebensraumprojekten versucht man dann die Populationen wieder anzusiedeln oder zu verstärken.

Näher auf bestehende Artenschutzprojekte eingegangen wird hier

"Artenschutzprojekte - Zoo sei Dank"

Schirmart (Umbrella species)

Das geschützte Tier fungiert als Schirmart (Umbrella species) für seinen gesamten Lebensraum, nicht nur für sich selbst. Mit Eisbären lässt sich einem Millionenpublikum vieles über Artenschutz, Bedrohung natürlicher Lebensräume und Klimawandel vermitteln. Gorilla und Orang-Utan stehen für die Rettung der Regenwälder, der Delphin für den Schutz der Meere.

Mit dem Tier wird aber nicht nur das Tier selbst, sondern eben seine ganze Lebensregion und alle anderen Arten, die dort leben und nach denen sonst kein Hahn kräht, geschützt und im besten Falle, bewahrt.

Auswilderung - (k)ein Klacks?

Mehrfach muss man als an der Tierhaltung interessierter Mensch den Kopf schütteln, wenn man die Forderungen oder Statements mancher Tierrechtler/Zoogegener vernimmt. Nicht nur dass die Freiheit als das einzig glückseligmachende Element angepriesen wird, auch die Forderung nach -am besten sofortiger- Freilassung/Wiederauswilderung der armen gefangengehaltenen Zootiere lässt einen sprachlos werden.(etwa Freilassung von Delfinen aus Delfinarien etc.) Auf der anderen Seite wiederum bezweifeln die gleichen Personen, dass Nachzuchten aus Zoos freilassungsfähig seien. "Was nun, liebe Leute!", ist man geneigt zu fragen.

Dr. Udo Gansloßer, Priv.Doz. für Zoologie am Zool. Institut und Museum der Universität Greifswald, legte anläßlich eines Vortrags von Quantum Conservation 2012 in Innsbruck in einem mitreißenden Vortrag dar, wie wichtig über Tiergenerationen hinaus die richtige Haltung und das Erhalten der Vielfalt von Verhaltensweisen, besonders im Hinblick auf Artenschutz und Wiederauswilderung, sind.

Ein Äffchen, das in einem Gehege gehalten wird, dessen Klettermöglichkeiten aus haltbaren, leicht pflegbaren Ersatzmaterialien für echte Bäume, Lianen bestehen, fällt bei der Auswilderung todsicher vom Baum, weil es die natürlichen Materialien einfach nicht gewöhnt ist. Tiere hingegen, die bereits in der Obhut von Zoos in optimierten Lebensräumen gehalten werden, sich möglichst auch noch den Partner frei wählen können, geben die eigene Gesundheit und Vitalität auch an ihre Jungen weiter (Epigenetik) und das über mehrere Generationen hinaus. Ein wichtiger Punkt für Wiederansiedelungsprojekte.

Orang-Utangehege in WienUmgekehrt kann sich ein Lebewesen so an schlechte Haltungsbedingungen gewöhnen, dass es sogar überfordert ist, wenn man es von heute auf morgen in gute Bedingungen umsiedelt (When good animals love bad habitats). Gute Aufzucht mit guten Umweltbedingungen, guter Ernährung und Enrichment sind das Grundelement für erfolgreiche Arterhaltung.

Die Aufgaben der Zoos sind also vielfältiger, komplexer und schwieriger, als der Besucher annimmt. Auch gibt es mehr als einen Weg, der ans Ziel führen kann: Das Beste für das anvertraute Tier im Zoo schaffen und seine Artgenossen draussen in der vielgepriesenen aber oft feindlichen Freiheit mit Wissen, Nachwuchs etc. unterstützen.

Ach ja-noch etwas nur so nebenbei erwähnt.

Zoomenschen (vom einfachen Pfleger bis zum Direktor) sind durch die Bank bodenständig, humorvoll und der Selbstironie nicht abgeneigt. Sie sind mit Herz bei der Sache, besonders die ganz jungen Pfleger, die noch in der Ausbildung stecken. Häufig genug opfern sie sogar ihre Freizeit um Neues zu hören und zu sehen, um über den Zaun zu schauen. Hoffnungsvolle Aussichten für die betreuten Tiere.

Literaturtipp: http://www.filander.de/

Adele_Sansone, am 12.12.2014
1 Kommentar Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Bildquelle:
a.sansone (Der Luchs - Heimkehrer in heimische Wälder)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Die geheimnisvolle Sprache der Elefanten)

Laden ...
Fehler!