Pflanzennamen und ihre Entdecker/Paten
Woher kommen Pflanzennamen wie Begonie, Dahlie, Fuchsie, Gerbera bis Welwitschie? Den Pflanzen Tauf-Paten auf der Spur.Dahlie (Bild: a.sansone)
Die Namensgebung für Pflanzen - von der Antike bis heute
Die älteste Herkunft der Bezeichnung einer Pflanze stammt aus antiken Werken. Dort wurde jede Pflanze quasi in einem Mini-Steckbrief beschrieben: "Nigella angustifolia, flore majore simplici coeruleo". Die Gelehrten jener Zeit nennen sich Theophrastos, Plinius, Galenos, Dioskurides.
Im Mittelalter übernahmen vorerst die Araber, später die med. Hochschulen von Montpellier und Salerno Vorreiterrolle beim Erforschen, Beschreiben und Katalogisieren der Pflanzen. Mit dem Buchdruck konnte das lexikalische Wissen um die Pflanzen endlich weit verbreitet werden und entwich über die engen Mauern von Klöstern und Universitäten. Mit den Entdeckungen und Forschungsreisen im 16. u 17. Jhdt. erweiterte sich die bekannte Artenvielfalt. Über all diese Jahrhunderte wurden die Schriften in Latein verfasst, sodass sich das botanische Latein auch in die heutige Zeit hinüber rettete. Erst seit einigen Jahren hat sich Englisch als beschreibende Sprache durchgesetzt.
Botanische Bezeichnungen, die Herkunft der Pflanzennamen - Teil 2.
Meister Linné und die Systematik
Die vollständige wissenschaftliche Benennung von Pflanzen mit der binären Nomenklatur geht auf den Arzt, Biologen und Botaniker Carl von Linné,1707-1778, aus Schweden zurück.
Mit der Einführung der Systematik und der binären Bezeichnung durch Linné wurde endlich ein System der Ordnung und Eindeutigkeit gefunden. Die wissenschaftliche Bezeichnung einer Pflanze "Calendula officinalis" entspricht quasi unserem System der Vor- und Nachnamen (Familiennamen), allerdings in verkehrter Reihung.
- Nachname (Familienname) großgeschrieben=Gattung Calendula
- Vorname kleingeschrieben, der artspezifische Zusatz=Artepitheton officinalis
Volkstümliche, regionale Namen überleben zwar im Sprachgebrauch, können aber nicht länger heillose Verwirrung stiften. Siehe die Butterblume.
Nun wurde es aber sehr lustig, denn viele Pflanzen durften oder mussten neu getauft werden. Was lag näher, als die botanischen Vorgänger dabei zu ehren? Von der Antike bis zu Zeitgenossen, Kollegen, Freunde, Gönner, von Herrschern ganz zu schweigen, standen sie Pate.
Hier interessieren aber nur die Pflanzen, die etwas mit Naturforschern/Botanikern zu tun haben.
Carl von Linné
Carl von Linné war Professor am Lehrstuhl für Botanik, Medizin und Mathematik an der schwedischen Universität Uppsala. Er benannte 1753 in seinem Botanik-Lehrbuch "Species Plantarum" über 7.000 Pflanzenarten erstmals durchgängig mit zweiteiligen Namen. Und vergab dabei zahlreich Ehrennamen, sogenannte "Ehrentaxa". Eine Pflanze allerdings bekam ihn als Namenspaten, nämlich sein Lieblingspflänzchen:
- Linnea borealis: das Moosglöckchen
Ehre, wem Ehre gebührt - die Urväter der Botanik
Diese hochweisen Herren schufen mit ihren Schriften jahrhundertelang die Basis für das Wissen um die zeitgenössische Pflanzenwelt. Kein Wunder, dass man sie Jahrhunderte später ehrte. Der Fachbegriff dafür nennt sich "Ehrentaxa". Hier chronologisch angeführt, einige dieser würdigen Herren:
Theophrast, (eigentl. Tyrtamos von Eresos) (371-287 v. Chr.), gr. Philosoph und Naturforscher; Begründer der antiken Botanik.
- Theophrasta: eine Gattung der Primelgewächse
- Abutilon theophrasti: Samtpappel oder Lindenblättrige Schönmalve, bei uns ein Neophyt
- Phoenix theophrasti: Kretische Dattelpalme
Dioskurides, Pedanios; Leibarzt von Kaiser Nero, stellte das überlieferte Pflanzenwissen der Antike hinsichtlich der Heilwirkung der Pflanzen umfassend dar (De Materia medica).
- Acanthus dioscurides: Akanthus
- Arum dioscurides: Aronstab
Hippokrates, nach dem Urvater aller Ärzte ist diese Gattung benannt.
- Hippocratea: Spindelbaumgewächse
Plinius d. Ältere, (23-79 n.Chr.) schuf mit Naturalis Historia eine 37 Bände umfassende Enzyklopädie, die sich nicht an Gelehrte, sondern an den gebildeten Laien wandte. Sozusagen das erste populärwissenschaftliche Werk. War der Mann seiner Zeit voraus. Ein Jammer, dass er beim Ausbruch des Vesuv umkam.
- Plinia: ein Myrtengewächs
Schönmalve (Bild: a.sansone)
Vom finsteren Mittelalter zur Neuzeit
Er beschrieb, unfassbar für uns, mit den Mitteln seiner Zeit mit Zeichnungen rund 3.000 Arten.
Jacobus Theodorus Tabernaemontanus, aus Bad Bergzabern (Ortsname latinisiert ), der eigentlich bieder Jakob Theodor Müller hieß. Aber mit "Müller" war schon im Mittelalter kein Blumentopf zu gewinnen. Ein Pseudonym musste her. Sein Buch: "New vollkommen Kreuterbuch" beschrieb rund 3.000 Pflanzen-Arten.
- Potentilla tabernaemontani: Frühlingsfingerkraut
Fingerkraut (Bild: a.sansone)
Wo ist nun die Begonie, die Dahlie, die Gerbera, die Fuchsie? Wo kommen diese Namen her?
Jetzt geht es ausnahmsweise mal dem ABC nach:
- Begonien ... benannt nach Michel Bégon (1638-1710), Generalgouverneur der französischen Karibikinseln und begeisterter Pflanzensammler.
- Dahlien: Wurden von Cavanilles (Direktor des Königlichen Botanischen Gartens von Madrid), nach Anders Dahl (1751-89), einem schwed. Botaniker und Schüler Linnés benannt.
- Freesie: benannt nach Friedrich H. T. Freese (1795-1868).
- Forsythie: benannt nach dem Königlichen Obergärtner für den St. James und Kensington Palast, Mr. William Forsyth (1737-1804).
- Fuchsien: nach Leonhart Fuchs (1501-66); Arzt und Botaniker, übersetzte und bearbeitete antike Schriften von Hippokrates und Galen. Schuf ein mit über 500 kolorierten Holzschnitten bedeutendes bot. Werk.
- Gardenien: Nach Alexander Garden +1721, engl. Arzt und Naturforscher, benannt.
- Gerbera: nach Traugott Gerber (1710-1743), der Direktor des Botanischen Gartens von Moskau war.
- Guzmania: nach Guzman Anastasio, einem span. Pflanzensammler
- Lobelien ... Namenspate Mathieu de L'Obel (1538-1616) aus Lille, Verfasser mehrerer Kräuterbücher. Er hat seinerzeit ca 2.000 westeurop. Arten beschrieben.
- Magnolien: nach Pierre Magnol (1638–1715), frz. Taxonome, führte das Konzept der Pflanzenfamilien ein.
- Plumeria: Charles Plumier (1646–1704), Franziskanermönch und begeisterter botanischer Forschungsreisender. Er wurde dem Sonnenkönig, Louis XIV., von Bégon wärmstens empfohlen. Reiste nach Nord-Amerika (3 Reisen) und ihm verdankt die Nachwelt die Entdeckung und Beschreibung Tausender von Pflanzen und Tieren aus der Neuen Welt.
Fuchsie (Bild: a.sansone)
Hier war der botanische Entdecker auch der Taufpate
- Kamelie: Besonders schöne Exemplare gibt es etwa auf Madeira zu bewundern.
Georg Joseph Kamel (1661-1706), ein dtsch.-tschech. Jesuit, Botaniker und Zoologe, brachte die Pflanze von den Philippinen erstmals nach Europa mit.
- Bougainvillea
Louis Antoine de Bougainville (1729-1811), frz. Seefahrer und Weltumsegler importierte diese wunderschöne Pflanze:
- Schlumbergera: Weihnachtskaktus
Dass der Namenspate Schlumberger heißt ist unumstritten. Allerdings dürfte es nicht Frederic Schlumberger, 1804-65, ein belg. Gärtner und Pflanzensammler, gewesen sein, sondern ein späterer Namensvetter aus Frankreich. Der Franzose Frédéric Schlumberger (1823-1893) war ein bekannnter Kakteen- und Sukkulenten-Züchter und bekam diesen erst neu entdeckten Blattkaktus. Er war so erfolgreich bei der Nachzucht, dass ein mit ihm befreundeter Botaniker Charles Antoine Lemaire, dann den Kaktus nach ihm benannte. Mehr dazu.
- Robinie: Er zog aus Samen, die man ihm aus Amerika schickte, die ersten Bäume
Jean Robin, 1550-1629, frz. Hofgärtner. Angeblich verdanken wir ihm oder seinem Sohn Vespasien diese Art:
- Welwitschie
Eine ganz und gar kuriose Pflanze, benannt nach dem Entdecker, dem österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch, ist z.B. im Wüstenhaus in Schönbrunn zu bestaunen.
111 Jahre Dornröschenschlaf für einen Pflanzennamen
Das bescheidene Stiefmütterchen musste dieses ach so tragische Los erleiden. Sein Entdecker und botanischer Beschreiber, der Herr Veit Brecher Wittrock, vergaß dem Pflänzchen ordnungsgemäß einen Artnamen zu verschaffen.
Was daraus dann später erwuchs, ist sowohl kurios als auch zum Schmunzeln: Lesen Sie selber über "Viola wittrockiana Gams ex Nauenburg & Buttler"
Schlumbergera (Bild: a.sansone)
Eine ganze Pflanzenfamilie - wie schön!
Der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner (1516 – 65) bekam zu seiner menschlichen Familie als Draufgabe sogar eine pflanzliche dazu: die Gesneriengewächse (Gesneriaceae).
Er bemühte sich um eine botanische Systematik. Seine botanische Enzyklopädie, "Historia Plantarum" erschien erst nach seinem Tod.
Die Gesneriaceae aus der Ordnung der Lippenblütlerartigen sind tropische Gewächse. Aus ihnen stammen so beliebte Zimmerpflanzen, wie
- Saintpaulia: Usambaraveilchen
- Sinningia speciosa: Gloxinien
- Achimenes: Schiefteller
- Streptocarpus: Drehfrucht
Insofern stehen Abkömmlinge der "Familie Gesner"" quasi in jedem zweiten deutschen Haushalt.
Das nenne ich eine erfolgreiche Ehrung.
Auch die Magnoliengewächse bekamen den Namen zu Ehren von Pierre Magnol; siehe weiter oben.
Der Vollständigkeit halber: Diese Herren stehen in der artspezifischen (Artepytheton) Bezeichnung
Ihr botanisches Betätigungsfeld reicht vom fernen Japan bis in ebenfalls stadtferne, nämlich gebirgige Regionen:
Philipp Franz von Siebold: (1796-1866), besondere Bedeutung hatte seine langjährige Forschungstätigkeit in Japan. So brachte er 800 lebende Exemplare von 500 Pflanzen-Arten und ca. 12.000 getrocknete Herbarbelege von 2.000 Pflanzen-Arten mit nach Europa. Nur zwei der Arten, die ihm zu Ehren benannt wurden, seien hier angeführt.
- Clematis florida sieboldii
- Sedum sieboldii
Archibald Menzhies: (1754-1842), Schott. Gärtner und Sammler begleitete George Vancouver 1791-94 auf Reise in den NW Amerikas.
- Menziesia: Heidekrautgewächse
- Pseudotsuga menziesii: Douglasie
Pier Antonio Micheli, (1679-1737) ital. Botaniker. Direktor des Botanischen Gartens von Florenz, beschrieb etwa 1.400 Arten in seinem Werk
- Michelia: Magnolienart
- Bellidiastrum michelii: Alpen-Maßliebchen
Johann Scheuchzer (1648-1738), schweiz. Naturforscher, Kanonikus; Erforschung von Süß- und Sauergräsern. Bruder von Johann Jakob Scheuchzer.
Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733), Arzt und Naturforscher. Wurde für seine Deutung von Fossilien als Überbleibsel der Sintflut (Sintfluttheorie) bekannt.
Linné benannte mehrere Arten nach diesen Brüdern. So die:
- Scheuchzeria: Blasensimse
- Campanula scheuchzeri: Scheuchzersche Glockenblume
Albrecht von Haller (1708-77), Arzt und Botaniker (Göttingen, Schweiz)
- Halleria
- Primula halleri
- Pulsatilla halleri
- Leucanthemum atratum subsp. halleri
Kaspar Maria von Sternberg (1761-1838), tschechischer Theologe und Botaniker. Begründer der modernen Paläobotanik.
- Dianthus sternbergii: Sternbergs Nelke oder Dolomit-Nelke
Sternbergs Nelke/Dolomit Nelke (Bild: a.sansone)
Zum Abschluss eine Dame im illustren Reigen: Loki (Hannelore) Schmidt
- Pitcairnia loki-schmidtii
Aber noch einige Pflänzchen mehr wurden ihr zu Ehren getauft:
- Puya lokischmidtiae
- Impatiens loki-schmidtiae
- Lachemilla loki-schmidtiae
Quellen
... eigenes Wissen, diverse Nachschlagewerke und als Hauptquellen
- Die Weltgeschichte der Pflanzen, Seidel,, Eichborn, Köln 2012
- Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust, Nikol Verlag, Hamburg 2012
- Teufelsgeige und Witwenblume, Pichler, Geiser, Zuber, Christoph Merian Verlag 2010
Noch Fragen?
Wer im Gefecht zwischen Geranie und Pelargonie bei der Frage "Who is who" die Nase vorne haben möchte, kann sich hier schlau machen.
Wer wissen will, woher das simple Johanniskraut seinen Namen her hat, der findet hier so Einiges zum Lesen.
Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Botanische lateinische Bezeichnungen - Was bedeuten sie?)
a.sansone
(Dahlien - Korbblüten im Spätsommer und Herbst)
https://pagewizz.com/stiefmuetterchen-wi
(Wie das Stiefmütterchen zu seinem Namen kam)
a.sansone
(Die besondere Pflanzenwelt an der Nordseeküste)