Raublattgewächs Borretsch

5 zählige Blüte mit hellen Schlundschuppen (Bild: a.sansone)

Der Borretsch und seine Familie, die Raublattgewächse

Ein kleiner botanischer Ausflug darf schon sein.

  • Familie: Raublattgewächse, Boraginaceae
  • Gattung: Borretsch/Boretsch; Borago
  • Arten
  • Borago officinalis; Borretsch/Gurkenkraut
  • Borago pygmea; auf Korsika, Sardinien und Capraia heimisch
  • Borago morisiana; Endemit auf der Insel San Pietro (Nähe Sardinien)

Was gibt es über die Raublattgewächse, Boraginaceae, zu sagen?

Es sind meist stachelig behaarte Pflanzen. Blatt (raues Blatt - siehe Bezeichnung der Familie) und Stängel sind steif behaart. 

Die Blüten sind radiär-symmetrisch, 5zählig; die Kronblätter sind im unteren Teil miteinander verwachsen (glockenförmig) und bilden so eine kleine Röhre; Diese Röhre hat meist anders gefärbte behaarte Ausstülpungen, die so genannten Schlundschuppen; Nur Insekten mit langem Rüssel kommen an den Nektar. Auch der Kelch ist 5zählig. Die Staubbeutel sind mit den Blütenkronblättern verwachsen.
Die Blüten erscheinen sternförmig, weil die Kelchblätter versetzt zu den Kronzipfeln stehen.

Noch etwas Besonderes: Die Blütenstände sind aufgerollt wie eine Spirale. Sie entrollen sich langsam, sobald sich die Blüten öffnen. Ein Familienmerkmal.

Die Blätter sind wechselständig, (behaarte Lippenblütler haben immer gegenständige Blätter).

Die Fruchtknoten entwickeln sich aus 2 Fruchtblättern zu Früchten mit 4 Teilfrüchtchen (Klausen). Diese Nüsschen sind mit einem Anhängsel (Elaisom) versehen, das weist auf ihre Verbreitung durch Ameisen hin.

Wer gehört noch zu den Raublattgewächsen?

  • Beinwell, Symphytum officinale
  • Lungenkraut, Pulmonaria officinalis
  • Vergissmeinnicht, Myosotis
  • Natternkopf, Echium vulgare
  • Hundszunge, Cynoglossum officinale
  • Büschelschön, Bienenfreund, Phacelia tanacetifolia
  • Steinsame, Lithospermum und noch viele andere Vertreter mehr.

 

Borago pygmaea, ein bildhübscher Mittelmeerbewohner

Borago pygmaea (Ausdauernder Borretsch) (Bild: enbodenumer / Flickr)

Borretsch, Gurkenkraut

Die Heimat des Borretsch, Borago officinalis, liegt im Mittelmeerraum – Kleinasien. Dort wächst er auch heute noch wild. Die Art Borago pygmaea,  mit glockig verwachsener Blüte und niederliegend, hellblau, findet man auf Sardinien und Korsika.

Ursprünglich war Borretsch als Heilpflanze aus der arab. Medizin bekannt; die Araber kultivierten ihn als Heilpflanze im spanischen Raum und so fand er den Weg in die mittelalterlichen Klöster.

Borago officinalis, die Bezeichnung "officinalis" deutet schon auf seine Arzneiverwendung hin, ist eine einjährige Pflanze, Wuchshöhe 60-70cm, mit einer Pfahlwurzel und einer Grundrosette. Die Blätter sind eiförmig-elliptisch und behaart.

Den Blütenstand bezeichnet man als Wickel. Die Blütenkrone ist radförmig ausgebreitet, himmelblau mit weißen Schlundschuppen und fünfzählig. Die hellen Schlundschuppen ragen aus der Krone heraus, die Staubblätter sind lila gefärbt. Die blauen Blütenzipfel haben für uns unsichtbare ultraviolette Saftmale als Wegweiser für die Bestäuber.

Bei den Blüten reifen (immer auf eine Pflanze bezogen) zuerst die (männlichen) Pollen, erst nach dem Verwelken dieser Staubfäden ist die Narbe zugängig und der Griffel ragt aus der Blüte heraus. Das machen viele Pflanzen so, um Selbstbbestäubung zu vermeiden.

Borago und seine Bestäuber oder Mitnascher

Bourdon (Bild: ComputerHotline / Flickr)

Fragen Sie mal ihre tierischen Gartenbesucher zum Thema Borretsch!

Fragt man Insektenfreunde, nachdem man die Bienen oder Hummeln selbst so schlecht versteht, bestätigen sie sofort, dass Borretsch eine wertvolle Nektarpflanze ist. Junge Blüten sondern bis zur Vollentwicklung mehr Nektar und Zucker ab als alte; die optimale Zeit der Nektarausscheidung ist um Mittag. Wer sich die Zeit nimmt, kann das bestätigen. Sich hinsetzen und dem Gewimmel zusehen, ist schon ein echtes Vergnügen.

Seinen Wert als Bienenpflanze honorieren, wie so oft, die Pflanzenliebhaber per se, die Briten.
"Beebread", Bienenbrot ist bei ihnen der Borretsch.

Die Samen wiederum werden gerne von Vögeln verzehrt. Besonders der Grünling liebt sie. Also bitte: Stehen lassen! Die Ameisen wiederum sorgen für fleißige Verbreitung, weil das fette Anhängsel am Samen lecker ist.

Auch Mäuse, die wilden und auch die gezüchteten Mäuse oder Meerschweinchen mögen Borretschfrüchte ebenfalls.
Nur an Chinchillas darf man sie nicht verfüttern.

 

So wird der Borretsch bestäubt

Die hellen Schlundschuppen sind mit Stacheln besetzt, damit die Insekten nur ihren Rüssel einführen. Dabei biegen sie die Staubbeutel auseinander, so fällt ihnen der Blütenstaub auf den Kopf. Beliebt ist der Borretsch vor allem bei Hummeln und Bienen.

Erdhummeln haben einen zu kurzen Rüssel und beißen deshalb die Blüte von außen an. Käfer sind nicht dumm und benutzen dann diese Löcher, um ebenfalls an den zuckerreichen Nektar zu gelangen.

 

Der Borretsch und seine vielen Namen

Am ehesten ist der Borretsch dem Gärtner noch als Gurkenkraut bekannt. Daneben gibt es noch zahlreiche Volksnamen, wie: Blauhimmelsstern, Borgel, Herzblume, Herzfreude, Bienensaug, Liebäuglein, Wohlgemuth.

Die deutsche Schreibweise variiert manchmal von Borretsch zu Boretsch. Gebräuchlich, aber nicht zementiert ist die Schreibweise mit dem doppelten "r".

Der Name Borretsch/bzw. Borago hüllt sich herkunftsmäßig auch in nebulöse Wolken. So gibt es den Herkunftshinweis aus dem

  • Arabischen: abu araq, abu radsch=Vater des Schweißes. Nachdem seine Verwendung medizinisch gesehen aus der arab. Medizin stammt; bitte sehr.
  • Im Spätlatein könnte lat. borra=struppiges Haar ja auch noch stimmen.
  • Borretsch könnte auch auf das keltische Wort borrach (= Mut) hinweisen. Bitte sehr - ob es wirklich so viel Mut erfordert eine Borretschpflanze zu berühren? Oder wurde man durch Borretsch-Wein total mutig?
  • Tatsache ist jedenfalls, dass sich "Borretsch" als eingebürgerter Name seit dem 14. Jhdt in mittelalterlichen Schriften findet, genau so wie sich der Borretsch als Pflanze in die Bauerngärten geschmuggelt hat und von dort aus auch in unseren Breiten als Archäophyt in Feld und Flur seinen Platz gefunden hat.

Wie ist das mit dem Borretsch? Heilkraut oder Gift?

Niemand, der sich für Heilwirkung von Pflanzen interessiert kann an dem sperrigen Wort "Pyrrolizidin-Alkaloide" (PA) vorübergehen. Diese Alkaloide hat die Pflanze entwickelt um Fressfeinde abzuhalten.

Tatsache ist, dass ein regelmäßiger Genuss von Pflanzenteilen, die diese Alkaloide enthalten, sicher nicht gesundheitsfördernd ist. Also mit Bedacht als Zutat verwenden.

 

 

 

Bei Rohhonig von Borretschfeldern empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass die belastende Menge an möglichen Alkaloiden durch Beimischen von anderen, geringer belasteten Rohhonigen gesenkt wird.

Altes Heilkraut Borretsch

Inhaltsstoffe sind Schleimstoffe, Gerbsäure, Mineralsalze, Vitamin C, Saponine, Harz, Kalium, Kalzium. Blüten und Kraut dienen der Blutreinigung, Entwässerung, helfen bei Rheumathismus, sind schleimlösend schmerzstillend und schweißtreibend.

Empfohlen wird heute, wegen der PA vor allem die äußerliche Anwendung:
Borretschöl als Hautöl bei Schuppenflechte und Neurodermitis; die Gamma-Linolensäure (25% im Samen) ist entzündungshemmend.

 

Warum man das Gurkenkraut (Borretsch) im Garten haben sollte!

Beginnen wir mit ganz selbstsüchtigen Gründen.

  1. Sie lieben Tomaten! Sie bauen Tomaten gerne an. Dann müssen Sie sich Borretsch in seine Nähe holen, denn der wichtigste Bestäuber für Tomaten ist die Hummel. Steht eine Borretschpflanze daneben ist Ihnen der Anflug sicher.
  2. Wenn wir gerne Salate essen oder sommerliche Drinks mit ein bisschen Pep drinnen genießen, dann sind Borretschblätter und Blüten das Um und Auf.
  3. Ein guter Nachbar ist der Borretsch auch für Bohnen. Zusätzlich der Gewinn, sobald die letzten Bohnen abgeerntet sind, bleibt der Borretsch noch lange blühend, bis in den Spätherbst, als Hingucker im Garten stehen.
  4. Borretsch ist eine Bienenweidepflanze. Der private Gärtner soll/muss einfach tatkräftig den Bienen, Hummeln, Schmetterlingen helfen. Wo die Politik säumig ist, kann man mit Eigeninitiative tatkräftig entgegen arbeiten.
  5. Hübsch ist er auf jeden Fall, besonders im Herbst, wenn die Blüten anderer Pflanzen schon längst zu Früchten geworden sind.

Blitzblau (Bild: a.sansone)

Wie baut man Borretsch im Garten an?

Die einjährige Pflanze braucht einen sonnigen Platz, der Boden kann aber meiner Erfahrung nach von sandig bis nahrhaft sein. Nur zu nasse Standorte mag er nicht.
Den Samen zeitig im Frühjahr am gewünschten Standort aussäen. Das reicht vom Tomatentrog, Bohnenbeet, Staudenrabatte bis zur Kräuterspirale.

Eine Nachsaat im Juni bringt blühende Pflanzen bis zu den ersten Frosttagen im Spätherbst.

Wer Selbstausaat vermeiden möchte, der muss die verblühten Wickel rechtzeitig abschneiden. Da aber die Grundrosette der Jungpflanzen leicht zu erkennen ist, kann man sie leicht von unerwünschten Standorten entfernen.

Tipp: Für naturbewusste Gärtner ist diese Pflanze ein Muss im Garten!

Das Gurkenkraut in der Küche

  •  Junge Blätter schmecken und riechen aromatisch nach Gurke (Name "Gurkenkraut"), besonders geeignet in kleiner Menge für Salate. Ab Juni kann man junge Blätter ernten.
  • Junge Blätter gehackt sind ideal für Frankfurter Grüne Soße.
  • Blüten frisch auf Salaten oder in Getränken. Dazu kann man sie auch in Eiswürfel einfrieren, für sommerliche Getränke, aber auch als Hingucker im Winter in ein Glas Sekt.

Aber eben alles mit Maß und Ziel wegen der Pyrollizidin-Alkaloide.

Für Blumenpotpurris ist das hübsche Blau der getrockneten Blüten auch gefragt.

Quellen

Neben der eigenen gärtnerischen Erfahrung vor allem diese Sachbücher

  • Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
  • Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
  • Alte Bauerngärten neu entdeckt, Widmayr; BLV, 1985 München
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
  • Wildblumen aus Griechenland, Papiomytoglou; Mediterraneo Editions, 2006
  • Was blüht am Mittelmeer, Schönfelder; Kosmos, 2005 Stuttgart
  • Guida alla Fiora e alla Fauna della Sardegna, Casu/Pinna/Lai/Colomo; Ed. Archivio Fotografico Sardo, 2007 S. Colomo
Adele_Sansone, am 26.01.2018
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Bildquelle:
a.sansone (Flockenblume, Kornblume oder Disteln - eine kleine Bestimmungshilfe)
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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