Der Plot von "Geheimakte 3"

Unter keinem guten Stern stehen die Hochzeitsvorbereitungen von Nina und Max: Erst wird die hübsche Russin Nacht für Nacht von Alpträumen einer drohenden Apokalypse geplagt und dann wird auch noch ihr Verlobter von einer angeblichen Spezialeinheit wegen terroristischer Verbindungen dingfest gemacht. Doch bei der Polizei weiß niemand etwas von dieser Aktion und Nina wird klar, dass Max in eine ganz üble Sache hineingeschlittert ist! Oder wusste er vielleicht doch mehr, als er ihr gegenüber zugab?

Ihre Nachforschungen zeigen unmissverständlich auf, dass er – wohl mehr zufällig, als beabsichtigt – einer Verschwörung ungeheuren Ausmaßes auf der Spur war. Eine Verschwörung, die das Ende der Welt besiegeln könnte. Nun liegt es ganz an Nina, wieder einmal ihren Spürsinn einzusetzen und die Geheimakte zu lüften  um die Menschheit zu retten und vielleicht doch noch die erhoffte Traumhochzeit feiern zu können …

Enthüllt: Der Trailer von "Geheimakte 3"

GeheimAkte X

Als 2006 zum ersten Mal die Geheimakten aufgeschlagen wurden, hätte wohl kaum jemand mit einem dermaßen überwältigenden Erfolg gerechnet. Das deutsche Adventuregame "Geheimakte Tunguska" begeisterte Kritiker wie Spieler und avancierte zu einem der erfolgreichsten Titel des Jahres. Mit dem zwei Jahre später veröffentlichten "Geheimakte 2: Puritas Cordis" wurde die Serie fortgesetzt, die 2012 schließlich das etwas schlicht betitelte "Geheimakte 3" hervorbrachte. Können die Abenteuer von Nina und Max auch im dritten Aufguss noch begeistern? Die Antwort auf diese Frage liegt wie so oft in der Mitte.

Um es vorweg zu nehmen, ohne etwaige Wendungen zu verraten: Der Plot wurde gegenüber den Vorgängern erheblich gestrafft, sodass der Spieler von Ort zu Ort, von Schauplatz zu Schauplatz förmlich rast, ohne sich mit skurrilen Nebenfiguren und langen Dialogen abzugeben. Auch in Punkto Mystery der Popkultur-Marke "Akte X" wurden die Schrauben erheblich angezogen:

Was in den vorhergehenden Teilen nur angedeutet wurde, spielt nunmehr eine tragende Rolle und wird spezifiziert. Dadurch geht freilich, wie es in der Natur der Sache liegt, ein Teil des Mysteriums verloren. Eingedenk dessen überzeugt die Story durch ihren flüssigen Erzählstil und eine höchst interessante Erklärung des Fermi-Paradoxons. Und wie die Kreiszahl Pi in die Verschwörung eingebunden ist, leuchtet sogar mathematischen Dunkelbirnen ein.

Werkstatt von Leonardo da Vinci

Gewiss: Zufälle und die übliche Schwäche der Bösewichte, die Guten einfach zu beseitigen, anstatt sie immer wieder in Räume mit Fenster und allerlei Werkzeug einzusperren, muss man einfach akzeptieren. Trotzdem bleibt die Glaubwürdigkeit des Plots nur dann auf der Strecke, wenn Nina von Visionen übermannt wird. Paradoxerweise stellen diese die gleichermaßen originellste, wie spannendste Neuerung in "Geheimakte 3" dar.

Denn Nina ist alles andere als unbeteiligter Beobachter des Geschehens und kann – und muss! – allerlei Rätsel lösen, die für die Rettung der Welt vor der drohenden Apokalypse entscheidend sein könnten. Eine Vision des mittelalterlichen Florenz mündet sogar in der Werkstatt des berühmten Leonardo da Vinci, spätestens seit Dan Browns verfilmten Bestsellern ein esoterischer Dauerbrenner.

Allzu glattes „Geheimakte 3“

Im weiteren Verlauf des Adventuregames "Geheimakte 3" durchlebt Nina sogar eine bildgewaltige Vision der postapokalyptischen Welt, was sie freilich nur anspornt, diese mögliche Realität zu verhindern. Beim Showdown muss sich Nina übrigens zwischen zwei unangenehmen Wegen entscheiden, die sowohl Einfluss auf das Schicksal der Welt, wie auch sie selbst nehmen. Ärgerlicherweise mündet diese Entscheidung schlussendlich im exakt selben Schluss, was wohl auch dem Umstand geschuldet ist, dass die Macher des Computerspiels jegliche Ecken und Kanten abschliffen.

Eines der großen Probleme ist seine Äquidistanz zu jedem möglichen Stein des Anstoßes seitens der Spieler oder Kritiker. Während etwa in "Geheimakte 2: Puritas Cordis" gesellschaftspolitische Probleme zumindest angeschnitten wurden, bewegt sich dieser Teil auf sicheren Pfaden. Dies überträgt sich leider auch auf die Charaktere selbst und erinnert wiederum an "Akte X", wo ein nicht unbeträchtlicher Teil der Dynamik zwischen den Figuren auf den liebevollen Kabbeleien von Mulder und Scully basierte, die im zweiten Kinofilm der Serie mit dem Titel "Jenseits der Wahrheit" ein Paar geworden sind. Ganz ähnlich hier: Nina und Max planen ihre Hochzeit und leben offenbar seine sehr harmonische Beziehung.

Lebloses Adventuregame "Geheimakte 3"

Durch den bereits erwähnten Wegfall kauziger Nebenfiguren fehlt "Geheimakte 3" die schnoddrige Leichtigkeit von Genre-Primus "Baphomets Fluch" oder der "Runaway"-Reihe. Gerade "Baphomets Fluch" ist ein Paradebeispiel dafür, warum ein Adventuregame Verschnauf- und Lachpausen benötigt. Beides fehlt dem deutschen Produkt im dritten Teil leider fast völlig, mit einer Ausnahme im Zellentrakt des ehemaligen Hochsicherheitsgefängnisses Alcatraz, wo der "Dirty Harry"-Spruch "Make my day" an die Zellenwand gekritzelt steht und ein Poster von Sexsymbol Rita Hayworth an der Wand hängt, was Nina zur Bemerkung veranlasst, dass ein Bild noch nie zu einem erfolgreichen Gefängnisausbruch geführt hätte.

Dies ist natürlich eine ironische Anspielung auf Stephen Kings Novelle "Die Verurteilten", in welcher ein Rita-Hayworth-Poster sehr wohl eine zentrale Rolle spielt. Diese augenzwinkernde popkulturelle Referenz bleibt die spärliche Ausnahme in einem insgesamt viel zu ernsthaften und humorbefreiten Adventuregame.

 

Triste Grafik

Grafisch knüpft "Geheimakte 3" nahtlos an die Vorgängerteile an, was nur bedingt ein Kompliment ist. Die Animationen der Figuren sowie ihre Gesten und Lippenbewegungen sind steif und reißen vor allem dann aus der Spielewelt, wenn Aktionen mit unsichtbaren Werkzeugen durchgeführt werden. Völlig leblos sind leider die Hintergrundbilder geraten. Selbst in älteren Adventuregames wie dem erwähnten "Baphomets Fluch" wehen Blätter durchs Bild, flitzen Autos durch die Straßen oder erwecken Passanten den Eindruck eines belebten Schauplatzes. Konsequenterweise vermag einzig die tote, vom Staub und der einfallenden Abendsonne blutrot gefärbten Ruinenstadt der Postapokalypse überzeugen.

Rätselhaftes „Geheimakte 3“

Ähnlich durchwachsen präsentieren sich die Rätsel und Knobeleien: Hierbei wurde größtenteils auf Bewährtes gesetzt. Mülleimer erweisen sich als Aufbewahrungsorte allerlei nützlicher Gegenstände, die oftmals kombiniert werden können, um sie mitunter entgegen ihres ursprünglichen Zweckes zu verwenden. Das kann mal Spaß machen und zu knackigen, aber fairen Rätseln führen, manchmal aber auch an den Nerven zerren. Die "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Sequenz in Florenz, wo Nina immer wieder bestimmte Vorkehrungen treffen muss, die dann doch nicht ausreichen, weshalb sie wie in einer Zeitschleife ständig zum Ausgangspunkt zurückkehrt, um das Versäumte nachzuholen, ist originell – aber auch nervig. Genreüblich wird die Laufzeit mit künstlich in die Länge gestreckten "Such die Nadel im Heuhaufen"-Rätseln gedehnt.

Vielseitig und vielarmig: Leonardo da VinciApropos: "Geheimakte 3" erweist sich als ideales Spiel für ungeübte Adventuregamespieler, da es kinderleicht zu bedienen ist und die meisten Rätsel simpler Natur sind. Einige Knobeleien sind leider gar zu einfach geraten, sodass erfahrene Spieler den Braten früh riechen und sofort wissen, welche Gegenstände sie auf welche Weise kombinieren müssen, um erfolgreich zu sein.

Der Artikelautor selbst benötigte trotz gemächlicher Spielweise nur knapp acht Stunden – Profis dürften mit ein, zwei Stunden weniger das Auslangen finden. Dies liegt aber auch an der reinen Zweckoptimierung des Spieles. Der besondere Reiz von Adventuregames liegt nun einmal im Versinken ihrer Welten und dem Ausreizen jeder Dialogzeile und dem Durchforsten sämtlicher Schauplätze. "Geheimakte 3" trägt den Spieler aber mehr oder weniger durch die gesamte Laufzeit, ohne ihn von der Story abzulenken – und entfernt damit jeglichen Spaß.

Nur gutes, statt überragendes Adventuregame: "Geheimakte 3"

Folglich erweist sich das deutsche Adventurespiel als solide, aber nicht überragend. Fürs gemütliche Zocken an ein, zwei Tagen reicht es allemal, doch der Wiederspielwert und der Charme von Spielen der Sorte "Baphomets Fluch" fehlen leider. Vielmehr wirkt das Game so, als wollten die Macher tunlichst alles vermeiden, was ihr Produkt vom Einheitsbrei abheben könnte. Auf der Strecke blieben die für ein rundum gelungenes Spiel nötigen Ecken und Kanten.

Wer sich von einem Adventuregame nicht mehr als ein paar Stunden gemütliche Zockerei erwartet, liegt mit der "Geheimakte 3" dennoch richtig. Allzu hohe Erwartungen sollten im Vorfeld herabgeschraubt werden, um die unangenehme Ernüchterung zu vermeiden. Dabei zeigt der launige Abspann, was an schrägem Humor möglich gewesen wäre. Mehr davon während des Spieles und aus den GeheimAkte X hätte mehr als nur schnörkellose Unterhaltung werden können.

Spieletitel: Geheimakte 3

Hersteller: Deep Silver

Erstveröffentlichung: 2012

Plattformen: Windows 7 / 8 / Vista / XP

USK-Einstufung: Ab 12 Jahren

Systemanforderungen:

  • Pentium IV 2 Ghz Single Core oder 100 % kompatibler Prozessor
  • 512 MB RAM
  • DirectX 9 kompatible Grafikkarte mit mind. 128 MB Speicher
  • DirectX 9 kompatible 16 Bit-Soundkarte (optional)
  • DVD-ROM-Laufwerk
  • 2 GB freier Festplattenspeicher
  • Maus

Bitte beachten Sie: Diese Angaben erfolgen ohne Gewähr!

Tipp: Teil 1 und 2 in der günstigen "Geheimakte Sammelbox"!
Ihr liebster "Geheimakte"-Teil ...
rainerinnreiter, am 01.09.2012
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Bildquelle:
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