Paprika, Pfefferoni und Chili - Verteidigungskünstler im Gemüseregal
Von der Wildpflanze zur Kulturpflanze - bei diesen Gemüsesorten hier ist es eine höllisch scharfe Geschichte.(Bild: a.sansone)
Paprika/Capsicum - eine scharfe Pflanzengattung
Pflanzen sind Meister der chemischen Kriegsführung - alles was vor Fressfeinden schützen kann, wird ohne Rücksicht auf den Gegner, ausgepackt. Was bei den Paprikas, Chilis oder -Pfefferoni-Sorten unseren Gaumen nicht nur reizt, sondern die Speise schier ungenießbar machen kann, nennt sich Capsicain.
Das Alkaloid Capsaicin ist in verschiedenen Arten der Gattung Capsicum (Paprika) aus der Familie der Nachtschattengewächse Solanaceae in Anteilen von 0,3–0,5 % enthalten.
Anmerkung: Die Früchte der Capsicum-Pflanzen werden vom Konsumenten häufig als
"Paprika- oder Chilischoten" bezeichnet, sind allerdings botanisch gesehen Beeren. Kleiner Scherz, wie so oft, der Gelehrten?
Lesetipp: Was essen wir eigentlich?
Wer hat Paprika erfunden oder gefunden?
Ist natürlich nur scherzhaft gemeint, diese Frage. Sie alle gehören in die Familie der Nachtschattengewächse, Solanaceae. Gezähmt jedenfalls wurde die Ursprungspflanze von Capsicum, wie so viele andere Gemüsesorten auch, von den Völkern Süd- und Mittelamerikas vor mehr als 6.000 Jahren. Chilli in der aztekischen Landessprache Nahuatl bedeutet schlicht "rot". Hauptziel der Eroberungszüge der Spanier und Portugiesen war es neben Gold und seltenen Edelsteinen den hoch geschätzten "Pfeffer" (bis dato nur aus Asien) mitzubringen.
Christopher Kolumbus etwa schrieb: "Er sei sicher, nicht einen anderen Pfeffer gefunden zu haben, aber das Neue sei von ähnlicher Wirkung, es sei scharf und die Menschen rieben die Speisen damit ein."
Deshalb auch die Bezeichnung "Spanischer Pfeffer" für die Paprika. Die Bezeichnung Paprika wiederum ist serbokroatischen Ursprungs," papar" und bedeutet "Pfeffer".
Der erste Nachweis von Paprikapflanzen in Deutschland stammt von Leonhart Fuchs 1542.
Über Handelswege gelangte dieser neue "Pfeffer" nach Afrika, Indien und Ostasien und wurde weiter gezüchtet und kultiviert. Die Türken wiederum ließen diese Pflanze als "Türkischer Pfeffer" in großer Menge in der Ungarischen Tiefebene anbauen; daraus entstand Anfang des 20. Jhdts der milde Gemüsepaprika.
Das wird aus Paprika gebraut:
- Tabasco
- Sambal Olek
- Harissa-Paste
Anmerkung: Der Pfefferstrauch (Piper nigrum), auch Schwarzer Pfeffer oder kurz Pfeffer genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae)- mit der Paprika also keineswegs verwandt.
(Bild: https://upload.wikimedia.org)
Was gehört zu den Paprikas?
Ursprung der vielen verschiedenen Sorten ist Capsicum annuum var. glabriusculum und Capsicum annuum var. annuum, genannt auch Spanischer Pfeffer oder Paprika.
31 Arten gehören zur Gattung Capsicum, dabei werden fünf verstärkt kultiviert. Für (fast) alle gibt es die ursprüngliche, viel kleinfruchtigere, Wildform:
- Tepin (Wildform von Capsicum annuum) in Mexiko,
- Capsicum praetermissum, Cpasicum cardenasii in Brasilien,
- Capsicum chacoense, Capsicum eximium in Bolivien,
- Capsicum chinense (den Namen Capsicum chinense bekam sie durch Nikolaus von Jacquin. Da dieser sein erstes Exemplar von einem chinesischen Händler erhielt, nahm er irrtümlich an, die Pflanze stamme aus China. Die Pflanze stammt wie alle Paprikaarten aus Südamerika.) Die schärfsten Chilisorten, wie beispielsweise Habanero, gehören zu dieser Art.
- nur von Capsicum pubescens ist die Wildform nach der langen Kultivierung (bis 9.000 Jahre schätzt man) die Ursprungspflanze verloren gegangen.
Milde Gemüsepaprika und scharfe Gewürzpaprika, der Konsument kann aus einer Vielzahl wählen: Chili, Spanischer Pfeffer, Peperoni, Peperoncini, Jalapeños oder Pfefferoni.
Als Cayennepfeffer werden gemahlene Chilis bezeichnet. Als Grundlage dafür dienen meist die getrockneten, scharfen Früchte der Chilisorte Cayenne.
Anmerkung: Paprika und Chili wurden vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) zum "Gemüse des Jahres" 2015/2016 in Deutschland gewählt.
Heute ist die Sortenvielfalt riesig - längliche, runde, kleine, große, milde, herb scharfe, fruchtig scharfe - die Schoten gibt es in allen Farben, Formen, Schärfegraden und verschiedenen Geschmacksausprägungen.
Eher herb scharf sind Thai-Chili und Chili ‘Cayenne', fruchtig und gleichzeitig extrem scharf sind beispielsweise Habanero-Sorten und ‘Scotch Bonnet'.
- Gemüsepaprika
- Balkonpaprika/Naschpaprika
- Chili (manchmal auch "Chilli” geschrieben)
- Pepperoni
- Gewürzpaprika
"Bolivian Rainbow" (Bild: a.sansone)
Wo ist der Paprika oder Chili am schärfsten?
Die Gemüsepaprika oder die neuen Snack- oder Naschpaprika sind fast frei von Capsicain. Die größte Konzentration vom Capsicain findet sich jedenfalls bei allen Sorten im Inneren der Früchte, der "Beeren", in der Plazenta (das weißlich, schwammige Gebilde) und den Scheidewänden; die Samenkörner enthalten nicht soviel Schärfe wie ihnen nachgesagt wird.
Wie wirkt das Capsicain?
Nicht die Geschmacksnerven schreien "Aua", sondern jene Nervenfasern, die für Hitze (ABC-Pflaster!) und Schmerzreize zuständig sind. Deshalb kommt es auch zur lokalen (gewünschten) Rötung und vermehrten Durchblutung des Gewebes.
Paprikapulver ist getrocknete und gemahlene Paprika in verschiedenen Schärfegraden.
Ist Paprika nur rot?
Die unterschiedlichen Färbungen der Paprika gehen auf den Gehalt von Carotinen/Carotinoiden zurück, wie bei fast allen Pflanzen mit gelb-rötlichen Färbungen. Beim Paprika oder Chili gibt es neben grün (noch unreif, aber besonders knackig, etwas bitter im Geschmack), gelb und rot (Capsorubin feurig-rote Chilischoten) noch ganz dunkle blau-violette Färbungen; auch als Zierpflanze von exotischem Wert. Es gibt nur wenige Paprikasorten, die fast gar keine Carotinoide produzieren. Ihre Schoten sind blassgelb, fast weiß.
"Black Pearl" Blüte (Bild: a.sansone)
Capsicain - Scoville: scharf, schärfer - Waffe
Die Schärfe der Chilis, die besonders viel Capsicain enthalten, wird in Scoville-Einheiten* (SU=Scoville Heat Units) gemessen.
*1 ml Capsicain muss mit 15.000 Liter Wasser verdünnt werden, um nicht mehr als scharf wahr genommen zu werden!
Kleiner Überblick gefällig?
- Gemüsepaprika, rote Spitzpaprika (0-10 SU)
- Sorte "Sweet Turkish" (-100 SU)
- Pfefferoni (100-500 SU)
- Capsicum baccatum (- 5.000 SU)
- Cayennepfeffer (30.000 - 50.000 SU)
- Capsicum chinense "Red Habanero" (100.000-350.000 SU)
Polizei-Pfefferspray übrigens hat 5,500.000 SU. Wirklich kein Spielzeug.
Der schärfste Chili der Welt
Es gibt einen ständigen Wettbewerb um den schärfsten Chili der Welt. Lange war es ein Habanero-Chili 'Red Savina'. Doch er wurde vom Bhut Jolokia, ein Capsicum chinense-Chili, laut Guinness Buch der Rekorde mit 1.001.304 Scoville-Schärfeeinheiten entthront.
Warum hat die Paprikapflanze das Capsicain erfunden?
Pflanzen erfinden Abwehrstoffe, um vor unerwünschten Fressfeinden geschützt zu sein. Unerwünscht sind für Paprika anscheinend vor allem Säugetiere, darunter auch der Mensch. Denn nur Säugetiere reagieren mit ihren Nervenrezeptoren auf das Capsicain. Unseren gefiederten Freunden, den Vögeln, ist das scharfe Zeug schnuppe.
Der Vorteil für die Pflanze liegt auf der Hand: Vögel zerkauen nicht die Samen, sondern transportieren die fortpflanzungsfähigen Samen brav im Darm unversehrt an einen anderen Ort, wo der gleichzeitig ausgeschiedene Vogelkot auch gleich noch als Düngerhäufchen dient.
Clever sind sie schon, die Pflanzen, das muss "mensch" gestehen.
Heimat Peru (Bild: a.sansone)
Capsicain, nicht nur scharf
Capsicain ist nicht nur ein erwünschter oder unerwünschter Scharfstoff, sondern er tötet auch Bakterien (Speisen bleiben länger haltbar), bekämpft Darmparasiten, regt die Magensaftproduktion an, senkt den Blutdruck (oh ja, auch wenn so mancher ein rotes Gesicht beim Verzehr bekommt), kühlt den Körper (über das verstärkte Schwitzen).
Pepper-High
(Bild: sumanley / Pixabay)
Das sogenannte "Pepper-High" sind Endorphine, die durch die vermehrte Durchblutung nach dem Genuss! von Capsicain entstanden sind.
Wie kann man Paprika & Co im eigenen Garten anbauen?
In ihrer Ursprungsheimat sind die Paprikapflanzen ausdauernd, bei uns, in den reichlich kühleren Gegenden, werden sie allerdings als einjährige Pflanzen gezogen.
Was brauchen sie? Wärme!
Wer Pflanzen vorzieht oder vorgezogen kauft, der muss sie in den ersten Tagen erst an das Freiland gewöhnen, sonst verlieren sie zu viel Kraft. Wenn in der Blütezeit keine regelmäßige Temperatur von 19° C herrscht, können sie das Ernten gleich vergessen.
Paprika lieben leichten Boden, eine gute Gabe Kompost und am besten einen regengeschützten sonnigen Platz. Keinen Wind!
Man kann sie aber gut in einem Pflanztopf (auch auf Balkonien) ziehen. In der Wachstumszeit den Boden nur knapp wässern, nie die Pflanze übergießen. Ist der Boden zu nass, beginnen die Wurzeln rasch zu faulen. Steine rund um die Pflanze hingegen speichern Wärme und sind für Paprika und Chili wie ein kleiner Zusatzofen. Erst beim Wachsen der Früchte reichlicher gießen. Chilis blühen übrigens kontinuierlich. Chilis am Foto Mitte November. Heute gibt es bereits eine große Vielfalt an Naschfrüchten, die einfach zu halten sind. Eine frisch gepflückte Paprika oder Chili macht ebenso viel Spaß, wie das Ernten von eigenen Tomaten. Es ist immer einen Versuch wert.
Chili ernten und aufbewahren
Machen sie es wie unsere Väter; die hängten an einer Schnur aufgekettet die geernteten Chili oder Pfefferoni in der Küche auf. Pflückbereit, kochbereit und hübsch sieht es auch noch aus.
Hier spielt Paprika, Chili oder Pfefferoni die Hauptrolle!
- aus Ungarn: Paprikagulasch
- aus Südamerika, Tex-Mex-Küche: Chili con Carne
- Italien: Peperonata
Botanisches Glossar:
Quellen
- Die Weltgeschichte der Pflanzen, Seidel; Eichborn, 2012 Köln
- Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
- Das große Bilderlexikon der Gartenpflanzen, Herwig; Südwest Verlag, 1978 München
- Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
Bildquelle:
a.sansone
(Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)