Hypericum perforatum (Bild: a.sansone)

Johanniskraut - Heilpflanze 2019

Immer schon und neuerdings wieder hochaktuell ist das Echte Johanniskraut Hypericum perforatum von großer Bedeutung in der Pflanzenheilkunde. 2015 wurde es bereits einmal vom "Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde" der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres 2015 gewählt. Dieses Mal war der NHV Theophrastus am Zug. "Sie ist vielseitig anwendbar und ein wahrer Segen als Heilmittel bei den heute so weit verbreiteten Depressionen", verkündete Konrad Jungnickel, Erster Vorsitzender des Vereins, im Rahmen des Heilkräuter Fachsymposiums am 5. Juni 2018 im Kloster Sankt Marienstern in der Lausitz.

  • Reich an Wirkstoffen sind vor allem die Blütenknospen, die geöffneten Blüten und die noch grünen Kapseln.
  • Innerlich angewandt wird dem Extrakt eine stimmungsaufhellende Wirkung bescheinigt. Es sorgt für gesünderen Schlaf und wirkt gegen Angstzustände und nervöse Unruhe.

Kleine Begriffserklärung: Drogenpflanzen. Der Begriff "Droge" ist vom Niederdeutschen abgeleitet, wo "Drogen" und "Drügen" soviel wie "Trocknen" bedeutet.

 

Arzneipflanze contra Heilpflanze - wo bitte ist der Unterschied?

Keine Bange, der Unterschied liegt nur im Auge des Betrachters. Zwei unterschiedliche Schwerpunkte bei der Berufsausübung bedingen natürlich auch zwei verschiedene Gremien. Wenn dann jeder sein Pflänzlein des Jahres wählt, kann es gut vorkommen, dass beide sich das Gleiche aussuchen.

A) Die Arzneipflanze des Jahres wird seit dem Jahr 1999 jährlich durch den interdisziplinären Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg ausgerufen.

  • Die Auswahl der Arzneipflanze des Jahres soll die Bedeutung der Pflanzen in der Medizin und ihre pharmazeutische Nutzung betonen.

B) Die Heilpflanze des Jahres wird in Deutschland seit dem Jahr 1990 jährlich ausgerufen, durch den Verband der Heilkräuterfreunde Deutschlands e.V., bzw. durch den Verein NHV Theophrastus.

Ziel ist es, Informationen zu heilenden Wirkungen von Kräutern anhand der ausgewählten Pflanze zu vermitteln und damit auf die Bedeutung der Phytotherapie (=Pflanzenheilkunde) in der Medizin hinzuweisen.

  • Die Auswahl der jeweiligen Jahrespflanze tätigt eine unabhängige Jury. Die jeweilige Heilpflanze des Jahres wird im Kloster St. Marienstern bekannt gegeben. Darum herum gibt es dann Veranstaltungen, wo Botanik, Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen erläutert werden.

 

Echtes Johanniskraut

Johanniskraut (Bild: Antranias / Pixabay)

So kommt es, dass das Echte Johanniskraut schon zum dritten Mal in den Genuss als "Pflanze des Jahres" gelangt ist.

1995 als Heilpflanze des Jahres – 2015 als Arzneipflanze des Jahres -

2019 wieder als Heilpflanze des Jahres

 

Abb. Heilpflanzen

Botanisches rund um das Johanniskraut

Hypericum perforatum, das Echte Johanniskraut/Gewöhnliches Johanniskraut, Tüpfel-Hartheu oder Tüpfeljohanniskraut - Himmel hilf, so viele Namen!

Sie merken schon an den Synonymen - so einfach ist die Sache nicht - glücklicherweise gibt es auch noch die wissenschaftlich botanische Pflanzenbezeichnung; die ja doch Sinn macht.

Das Echte Johanniskraut gehört zur Famillie der gleichnamigen Johanniskrautgewächse Hypericaceae ((früher Hartheugewächse=Guttiferae-Hypericoideae/ Clusiaceae).

Die Gattung Johanniskraut,Hypericum, umfasst weltweit an die 400 Arten und ist in

Mitteleuropa durch einige wenige Arten vertreten. Es ist hier eine weit verbreitete Staude mit Blütezeit Juni, Juli an meist trockenen Stellen. Ursprünglich in Europa und Nordafrika beheimatet; heute weltweit eingeschleppt.

Die Wuchshöhe variiert. Es gibt winzige Arten für den Steingarten (etwa Hieracium calycinum), aber auch Giganten (Hieracium beanii) mit einer Wuchshöhe bis zu 3 m.

Allen gemeinsam die leuchtend gelbe Blütenfarbe (5-zählige Scheibenblüten mit zusammengesetztem Blütenstand). Typisch auch noch die unzähligen bündelig stehenden Staubblätter.

Der Fruchtknoten bildet eine vielsamige Kapsel.

Die Verbreitung erfolgt sowohl durch den Wind, aber auch durch Tiere (Zoochorie)

 

 

 

  • Das Echte Johanniskraut mit der höchsten Heilkraft ist jenes mit dem zweikantigen Stängel. In der Botanik wird das als "stielrund mit zwei Längskanten" bezeichnet. Wenn man mit den Fingern behutsam den Schaft hochfährt, spürt man die zwei ausgeprägten Kanten genau. In Brachland und Auflichtung von Wäldern als Pionierpflanze.
  • An den Kelch-, Kron- und Laubblättern sind schwarze Punkte und Streifen, die das aromatisch riechende Harz enthalten. 
  • Ist der Stängel, wie hier 4-kantig/4-flügelig oder hohl, handelt es sich um Geflecktes Johanniskraut oder Flügel-Johanniskraut oder eine andere der vielen Varietäten.

 

Das Geheimnis der kleinen Löcher - perforatum

Das Artepytheton perforatum lat.=durchlöchert ist eindeutig. Perforatum heißt durchbohrt, durchlöchert; bezogen auf die durchscheinend punktierten Laubblätter. Welche das Echte Johanniskraut eindeutig dem Teufel zu verdanken hat. Denn; der gute Satan, machte sich in früheren Zeiten gerne an Jungfrauen heran. Setzte sich aber eines dieser holden verfolgten Mädels bei der Flucht auf ein am WegraMichael Gasperl (Migas)nd blühendes Büschel Johanniskraut, dann war es mit der Macht des Teufels vorbei. Er konnte nur mehr dumm durch die Finger schauen.

Aus lauter Zorn über die ihm entgangenen Seelen machte der Teufel mit einer Nadel in die Blätter hunderte Stiche, wohl um das Kraut umzubringen. Half alles nichts.

Die ovalen Blätter scheinen aber wirklich mit winzigen durchsichtigen Pünktchen übersät zu sein; gegen das Licht gehalten wirken sie durchlöchert. Das sind durchsichtige Öldrüsen.

Bild: Wiki commons; Michael Gasperl (Migas)

 

Hinweis:
ungiftig für den Menschen, aber gefährlich für helle Tiere!

Und woher stammt der rote Saft?

Auch da gibt es natürlich die passende Legende. "Das Johannisblut stammt vom Blut von Johannes, dem Täufer, welcher bekanntlich geköpft wurde."

Es handelt sich dabei um das Hypericin, den roten Wirkstoff vom Johanniskraut.

Johanniskraut als Hautbalsam und Seelentröster

Hauptwirkstoffe:
Hypericin (roter Farbstoff), Flavonoide, ätherisches Öl, Gerbstoffe, Hyperforin, Anthocyane.

Äußerlich helfen die verschiedenen (antiseptisch) Wirkstoffe bei der Wundheilung oder Verbrennungen. Auch in der Kosmetik spielt Johanniskraut eine Rolle.

Innerlich gegen Verstimmungszustände, Angstzustände, Depression, Schlafstörungen, aber auch unterstützend bei HIV.

Achtung: Regelmäßiger Genuss von Johanniskrautprodukten, ob Tee, Kapseln oder anderes, erhöht die Empfindlichkeit der Haut gegenüber der Sonne. Auch die Wechselwirkungen mit Medikamenten sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. In dem Fall wirklich beim Apotheker nachfragen.

Tipp: Aus Johanniskraut kann man so manche Naturarznei selber herstellen. Anregungen gibt es hier: Heilsame Wildpflanzen

Wichtiger Hinweis: Die in dem Artikel angeführten Heilwirkungen sind nicht als ärztliche Empfehlungen anzusehen und ersetzen keinesfalls die fachkundliche ärztliche oder vom Apotheker stammende Beratung.

Wer bin ich - und wenn ja wie viele?

in Anlehnung an die philosophische Betrachtung von Richard David Precht gehen wir mal dem Johanniskraut an die Stängel. Johanniskräuter "noch und nöcher", an die 400 Arten gibt es alleine in dieser Gattung. Hier einige davon:

Raum Deutschland/Schweiz/Österreich/Südtirol, weit verbreitet

  • Hypericum perforatum, Echtes Johanniskraut/Tüpfel-Johanniskraut
  • Hypericum androsaemum, Mannsblut-Johanniskraut
  • Hypericum calycinum, Großblütiges Johanniskraut
  • Hypericum coris, Nadel-Johanniskraut, Südtirol, Mendelzug
  • Hypericum barbatum, Bart-Johanniskraut, Balkan, Süditalien, vom Aussterben bedroht!
  • Hypericum pulchrum, Heide-Johanniskraut/Schönes Johanniskraut
  • Hypericum dubium, Stumpf-Johanniskraut/Steirisches Johanniskraut
Johanniskräuter in ihrer Vielfalt

Hypericum maculatum (Bild: a.sansone)

Monte Baldo

  • Hypericum perforatum ssp. veronese Verona-Johanniskraut
  • Hypericum hirsutum Behaartes Johanniskraut (bis 1.500m)
  • Hypericum montanum Berg-Johanniskraut (bis 1.800m), Lehmzeiger
  • Hypericum tetrapterum Flügel-Johanniskraut
  • Hypericum maculatum Geflecktes Johanniskraut (von 500 - 2.000m)

Griechenland und griech. Inseln

  • Hypericum empetrifolium Krähenbeerenblättriges Johanniskraut
  • Hypericum empetrifolium ssp. tortuosum ein auf Kreta endemisches Johanniskraut mit holzigem Stängel
  • Hypericum olympicum olympisches Johanniskraut
  • Hypericum trichocaulon kriechender Endemit Westkretas

Mittelmeerraum

  • Hypericum triquetrifolium/crispum Krausblättriges Johanniskraut
  • Hypericum hircinum Bocks-Johanniskraut (schafbockartiger Geruch) auf feuchten Standorten

Lesetipp:

Johanniskraut und seine vielen Namen

Jetzt wird es unterhaltsam; denn quasi jeder Name/jede Bezeichnung hat seine eigene Geschichte.

  • Nehmen wir einmal den deutschen Namen: Johanniskraut.
    Diesen Namen verdankt es der optimalen Erntezeit, nämlich um die Sommersonnenwende, am besten am Johannistag, dem 24. Juni. Deshalb wird es auch mancherorts als Sonnwendkraut  bezeichnet.

Schon die alten Germanen verehrten die Sonnwende und allerlei Bräuche und Traditionen sind damit verknüpft. Das Johanniskraut war dem german. Gott Donar/Thor geweiht.

  • Sein roter Saft (auch Johannisblut genannt) wurde einmal Johannes, dem Täufer zugeordnet, dann wieder stellvertretend als Blut Christi gedeutet, welches daher dem Teufel besonders zuwider sei. Von dieser Seite her stammen folgende Volksnamen: Teufelsbanner, Teufelsfuchtel.
  • Hartheu wiederum heißt es, weil die kantigen derben Stängel auch beim Trocknen ein hartes Heu ergeben. In alten Kräuterbüchern finden Sie auch eher das Johanniskraut unter dem Namen Tüpfel-Hartheu.
  • Weitere Namen lauten: Gottesgnadenkraut, Blutblume, Tausendloch (Bezug auf die vermeintlichen Löcher=perforatum), Jagateufel oder Hexenkraut.

Aber nicht nur die deutschen Bezeichnungen sind vielseitig und vieldeutig, sogar der wissenschaftliche Name Hypericum perforatum ist in seiner Deutung umstritten.

Hypericum, vielfach gedeutet

  1. von hypo gr.=unter, ereika gr.=Heide, weil es unter der Heide wächst; perforatum lat.=durchlöchert - wenigstens da sind sie sich einig.
  2. hypereikon gr.=eine (Pflanzen-)Sippe mit heidekrautähnlichen Blättern.
  3. hyper eikona gr=gegen Spuk und böse Geister.
  4. hyper gr.=über, eikon gr.= Bild; soll sinnbildlich heißen, sich über die "krankhaften" Bilder zu erheben. "Phantasmata" nannte Paracelsus die bedrohlichen inneren Bilder. Die Sonnenkraft dieser Pflanze (Farbe, Blüten und die vielen Staubgefäße symbolisieren die Sonne) bringt wieder Licht in die verzweifelten Herzen. (Signaturenlehre)

Mein Vorschlag: Sie dürfen sich die Deutung nach Lust und Laune aussuchen!

 

Wer wissen möchte, ob das Johanniskraut auch Eingang in dieses Buch gefunden hat:
Deutschlands Flora-amabilis Buchbesprechung 

bzw. was sein Autor, Adrian Möhl, dazu zu erzählen weiß, der blättert neugierig in diesem Büchlein.

Johanniskraut und die weißen Pferde - Achtung! Vergiftungsgefahr!

Für die meisten Tiere ist die Pflanze nicht oder nur leicht giftig.

Allerdings können die Blüten bei Verzehr zu Hämolyseerscheinungen führen. Bei dieser Krankheit verändern sich die roten Blutkörperchen des Tieres und Sauerstoff kann nicht mehr richtig im Blut transportiert werden. Dieses tritt fast ausschließlich bei weißen Tieren auf. Weiße Tiere haben weniger Pigmente in der Haut um sie vor Sonnenlicht zu schützen. Dadurch hat die Sonne die Chance tief in die Haut einzudringen und kann so den schädigenden Stoff im Blut aktivieren.

Der Übeltäter heißt Hypericin und ist der rote Farbstoff aus den Blüten des Johanniskrauts.

Das Pferd kann so Rötungen und kleinere, dennoch sehr unangenehme Geschwüre kriegen. Weitere Symptome sind Unruhe und Wälzen. Schwere Vergiftungen können sogar zum Tod führen.

Kann ich Johanniskraut in der Küche verwenden?

Mal etwas anderes, das Johanniskraut nicht nur als Arznei- oder Heilpflanze anzusehen, sondern auch als Würze oder sogar als Salat.

  • Blätter und Triebspitzen: Von April bis Juni kann man Blätter und Triebknospen nicht nur für Tees, sondern auch als Zutat für Salate, Rührei, Omelett, Quiche, Eintöpfe und gehackt für Kräuteraufstriche verwenden.
  • Blüten: Von April bis Ende Juni sind die gezupften Blüten als essbare Dekoration auf Salaten, aber auch für Eistee, andere Drinks geeignet. Außerdem kann man mit ihnen Gemüse oder Öl einfärben. Dazu die Blüten in Öl einlegen, oder zerdrücken und in Frischkäse einrühren. Ergibt die typisch orangerote Färbung (bekannt vom Johanniskrautöl).

Der Geschmack der Blätter ist herb-aromatisch; erinnert an Schwarztee. Die Blüten hingegen sind zart-süßlich.

Da es sich beim Johanniskraut um eine Heilpflanze mit Wirkstoffen handelt, sollte man sie auch in der Küchenverwendung nur zart dosiert einsetzen. Denn - wie heißt es in der Pflanzenheilkunde so schön- die Dosis macht das Gift!

Johanniskräuter im Garten

Wie auch immer Sie das Johanniskraut sehen, ob als Heilpflanze, als Arzneipflanze oder ob Sie die Staude zum "Essen gern haben", auch im Garten ist sie ein Hingucker. Pflanzen Sie das Johanniskraut, ob das Echte oder eine der vielen Gartenzüchtungen, in die Kräuterspirale oder einen Winkel und Sie bringen verlässliche kleine Sonnen und ganz viele Bienen in ihr grünes Reich hinein.

Oder setzen Sie einen ganzen Bereich im Staudengarten farbig auf Gelb-Grau und Sie ernten spektakuläre Effekte. Abb. John BrookesHier ein Zusammenspiel von Hypericum "Hidcote", Santolina, Senecio, eingerahmt von grauem Blattwerk und goldblättrigem Salbei. Allen gemeinsam: magere Böden, sonnige Lage.

Abb. aus John Brookes Große Gartenschule

 

 

Pollenpflanze Johanniskraut

Keine Bange, hier ist nicht von Allergien die Rede, sondern dass die Johanniskräuter generell wichtige Pollenpflanzen für Bienen und andere bestäubende Insekten sind. Honigbienen, Schwebfliegen, Hummeln und der Seidige Fallkäfer lieben es. Zwischen 6.00 Uhr morgens bis 12.00 Uhr mittags gibt es da einen regen Andrang.

Literaturtipps

  • Christian Neumeir: Das große Buch der Heilpflanzen, Verlag: Compact
  • Christiane Holler, Barbara Krobath: Seelenkräuter aus dem eigenen Garten, Verlag: Kneipp, Wien
  • Christiane Weidenweber, Rosmarie Kranabetter: Das Kräuterwissen für Leib & Seele, Verlag: BLV Buchverlag

Quellen

  • Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
  • Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
  • Essbare Wildpflanzen, Fleischhauer/Guthmann/Spiegelberger; Weltbild Verlag, 2014 Augsburg
  • Kräuter, McVicar; Bassermann Verlag, 2013 München
  • Alte Bauerngärten neu entdeckt, Widmayr; BLV, 1985 München
Adele_Sansone, am 16.11.2014
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Bildquelle:
a.sansone (Wolfsmilch, Euphorbia - tolle Pflanzen für den Garten)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Was ist der Teufelsabbiss? Porträt einer besonderen Blume)

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