Huflattich (Bild: Hans / Pixabay)

Huflattich, Tussilago farfara, ein kleines botanisches Porträt

Der Huflattich, Tussilago farfara, gehört zu den Korbblütlern/Asteraceae. Er ist ein Korbblütler mit Röhren- und sehr schmalen Zungenblüten.
Der Stängel (spinnwebig-wollig, mit roten bis grünen Schuppenblättern), ist zu Beginn der Blüte bis 15cm lang, zur Fruchtzeit hin wird er allerdings bis zu 30cm verlängert. Damit die flugfähigen Samen samt Pappus schön weit hinausragen und der Wind sie auch wirklich verfrachten kann. Seine Kriechsprossen werden bis 180cm lang. (Hinwweis für penible Gärtner: Hier kann man den Huflattich also doch recht gut im Zaum halten.)

Die Blütenköpfchen sind bis 12mm groß, die Hülle glockig. Hüllblätter sind grün bis rötlich. Ein Blütenkopf umfasst bis zu 300 sehr schmale Zungenblüten (Rand) und etwa 40 Röhrenblüten (innen).

Der Huflattich ist strahlenblütig; d.h. die röhrenförmigen Scheibenblüten werden von einem Kranz aus zungenförmigen Rand- oder Strahlenblüten umgeben.

Der Blütenboden ist hohl.

Als Früchte bildet er Nüsschen, 3-11mm lang;

der Haarkranz (Pappus) ist mehrreihig, aus einfachen Haaren. Im Gegensatz zum Löwenzahn ist dieser Pappus schnabellos.

 

Die Blätter (Copyright bdk Wikicommons) erscheinen erst nach der Blüte. Sie sind grundständig, rundlich bis breit eiförmig gezähnt (schaut man genau auf den Blattrand sieht man am ganzen Blattrand stumpfe schwarze Zähnchen), 5-12lappig, bis 20cm Durchmesser. Anfangs beidseitig wollfilzig.

Warum braucht der Huflattich einen Haarfilz? Gegen Verdunstungsverluste, Gasaustausch geschieht durch Spaltöffnungen, sie sind quasi die Nasenlöcher. Lesetipp: Behaarte Pflanzen

Wo kommt der Huflattich vor?

Verbreitungsgebiet ist Europa, Nordafrika, West- und Nordasien. Natürlich gedeiht er an Wegrändern, Ufern, im nährstoffreichen Steinschutt bis über 2.300m Höhe. Auf Tonmergel, Lösslehm, Kiesgruben, Moränenschutt.

Huflattich im Gebirge

Huflattich im Gebirge (Bild: a.sansone)

Wie wertvoll ist diese Wildpflanze?

Die eingangs gestellte Frage: "Darf er bleiben oder muss er weg?", ist in einer Zeit, wo alles ja immer seinen Wert haben muss, um eine Existenberechtigung zu haben, erlaubt.
Aber: Man darf ein Pflanze auch stehen lassen, wenn sie einem schlichtweg gefällt, das Auge erfreut.

Unkraut – ein großes Missverständnis

Unkraut ist kein Teufelszeug, im Gegenteil. Wildkräuter gedeihen dort, wo Bedingungen sind, die ihnen behagen. Außerdem gehören viele Wildkräuter zu den Heilpflanzen, sind kostbares Wildgemüse und ihre Inhaltsstoffe kommen dem Gartenboden und ihren eigenen Pflanzen zugute. Sie müssen sie nur im Zaum halten

Schon die ersten Biogarten-Pioniere meinten: Jeder Gärtner hat das Unkraut, das er verdient!

Der Wert vom Huflattich, auch außerhalb unserer Gärten!

Der Huflattich ist als eine Pionierpflanze bekannt, außerdem ist er ein guter Bodenfestiger. Vor allem ist er als Frühblüher ein wichtiger Pollen- und Nektarlieferant für Insekten; mit einem Pollenwert von Drei sehr wertvoll. Futterpflanze wiederum ist er für einige Schmetterlingsarten.

Anmerkung: Als Bienenweidepflanzen oder Bienentrachtpflanzen bezeichnet man Pflanzen, die besonders reichhaltig Nektar und Pollen erzeugen und deswegen häufig von Honigbienen, Wildbienen und anderen bestäubenden Insekten besucht werden.



Diese Tiere lieben Huflattich

Wildbiene 100331 015 (Bild: juergen.mangelsdorf / Flickr)

Sie alle brauchen den Huflattich

Für Bienen und andere Insekten gehören die Blüten des Huflattichs zu den ersten Nahrungspflanzen, wenn sonst noch kaum etwas zu finden ist. Deshalb sollte man bei der Blüten-Ernte für Heiltees immer einige stehen lassen und den Insekten nicht alles wegnehmen. Auch die Blätter des Huflattichs haben die gleiche Heilwirkung und sind fast das ganze Jahr über verfügbar!

Angewiesen auf den Huflattich sind Alpen-Würfeldickkopffalter (Pyrgus cacaliae), Große Bodeneule (Rhyacia lucipeta) und die Gelbliche Alpen-Erdeule ( Xestia ochreago ), für sie ist er Raupenfutterpflanze. Die Huflattich-Federmotte (Platyptila gonodactyla) trägt ihn sogar im Namen. Auch die Larven der Bohrfliege (Acidia cognata ) benötigen die Blätter von Huflattich und Pestwurz.

Dem Namen auf der Spur

Ein Buch, das sich auf die Spuren und interessante Details rund um so manche Wildblumen (des Saarlandes) setzt, " Wolfgang Stein Vergiss mein nicht …" erzählt etwa von der Namensherkunft: "Dass der Lattich im deutschen Namen nicht auf Lactuca=Lattich, sondern auf lat. lapaticum=für großblättrig, zurück geführt wird. Tussilago farfara=far=Mehl, ferre=tragen) Hinweis auf weißfilzig behaarte junge Blätter. Plinius (23-79) deutete es als farfugium=fliehen. Eine sogenannte Getreidescheuche, ein schwer zu bekämpfendes Unkraut, welches das Aufkommen der Getreidesaat unmöglich macht."

Auch die "Flora amabilis" Deutschlands befasst sich mit Geschichtchen rund um den Huflattich.

Eine alte Bauernregel wiederum sollte diesem wuchernden Wildkraut entgegen wirken: Huflattich beseitigen durch Umackern am Abdontag (30. Juli) oder zu Maria Himmelfahrt (15. August). Na bitte!

Volksnamen für den Huflattich gibt es ebenfalls zur Genüge:

  • Ackerlattich, Brandlattich, Eselshuf, Feldlattich, Hitzeblätter, Märzblume, Lehmblümele, Männerblume, Pferdehuf, Sandblume, Tabakkraut, Zytröseli.

Deutsch Huflattich=dem Lattich ähnlich, Huf=rundliche Hufform.

Lateinisch Tussilago= tussis=Husten, agere=handlen, vertreiben =>Vertreibt Husten

Ist der Huflattich als Heilpflanze überholt?

Inhaltsstoffe:

  • Schleimstoffe (reizlindernd, entzündungshemmend), Inulin, Gerbsäure, Flavonoide. Pyrrolizidinalkaloide (PA) allerdings ebenfalls.

Der Huflattich ist seinem Namen nach Tussilago schon seit Jahrhunderten als Heilpflanze besonders für die Atemwege in Gebrauch.

Für den Hustentee/Sirup werden Blüten und Blätter kleingeschnitten, getrocknet (Reizhusten, Reizzustände im Mund- und Rachenraum) und als Tee konsumiert. Zerriebene Blätter mildern als Auflage Entzündungen und Abszesse.

Da die Blüten ein wichtiges Nahrungsangebot im Vorfrühling für Honigbienen, Wildbienen, Hummeln sind, also nicht alle Blüten den armen Insekten vor der Nase wegernten. Blüten kann man auch für Tees zum Aromatisieren verwenden, aber auch zum Räuchern.

1994 war er auch Heilpflanze des Jahres.

Aber ... Achtung: Pyrrolizidinalkaloide sind (allerdings nur in Spuren) im Spiel; also nicht über Gebühr und vor allem nicht dauernd verwenden. Teeanwendung sollte man auf 4-6 Wochen im Jahr beschränken. Nie länger in Folge verwenden als zwei Wochen!

Getrocknete Blätter dienten früher auch als Tabakersatz und wurden zur Entwöhnung vom Rauchen eingesetzt!

Gut geeignet ist Huflattich auch gegen trockene Kopfhaut, Schuppen, Absud für Waschung.

Tipp: Im Handel erhältlicher Huflattichtee/Huflattichsaft ist frei von Pyrrolizidinalkaloiden, da er von gezüchteten, PA-freien, Sorten gewonnen wird. Wer also oft zum Huflattichtee/-sirup greift, sollte vom eigenen Sammeln besser Abstand nehmen. (Auch weil so mancher Unkundige stattdessen zur Weißen Pestwurz (Petasites albus) gegriffen hat.

Ohne Gewähr - (Die hier vorgestellten Informationen zur Heilwirkung dienen nicht als Rezeptanleitung, auch wenn sie sorgfältig recherchiert und erstellt wurden. Sie können eine professionelle Beratung durch ausgebildete Ärzte, Therapeuten und Apotheker nicht ersetzen. Wer die Pflanzentherapie zu Heilzwecken nutzen möchte, sollte sich in jedem Fall vorab umfassend informieren.)

Huflattich als Wildgemüse in den Kochtopf?

Als genießbares Wildkraut sind Blütenknospen gehackt von März bis Juni geeignet. Roh, auf Salate, auf Frischkäse gestreut, sind sie sehr lecker. Die jungen Blätter ebenfalls.

Große Blätter kann man als Rouladenblätter benutzen. Sogar die Wurzeln sind von September bis in den Winter verwendbar. Klein schneiden und mit anderem Gemüse für Gemüsepuffer/Bratlinge verwenden. Auch hier: in Maßen genossen ist er gesund.

 

Gemüsepuffer, Bratlinge (Bild: a.sansone)

Erster Hoffnungsschimmer im Frühling
Huflattich, geborgen unter den ...

Huflattich, geborgen unter den Altblättern des Vorjahres (Bild: a.sansone)

Huflattich im Garten - Ja, er soll bleiben!

Diese Frage kann man eindeutig mit: "Ja, er darf bleiben! " beantworten. Auch wenn Sie ihn weder als Tee noch als Gemüse verwenden wollen. Penible Gärtner suchen sich für ihn ein Plätzchen, wo er wenig stört. Im naturnahen Garten darf er sich den Platz selbst aussuchen und wird höchstens im Zaum gehalten. Die Bienen werden es Ihnen danken.

Blatt für Blatt - Huflattich oder Pestwurz

Huflattich (Bild: Pezibear / Pixabay)

Dies und das rund um den Huflattich

Phänologie: Huflattichblüte (Beginn um 16.3. herum), gibt das Vorfrühlingsende an. Die passende Bauernregel: Siehst du im März gelbe Blumen im Freien, magst du getrost deinen Samen streuen!

Survivaltipp 1:

Den filzigen Belag der Blätter benutzte man früher getrocknet als Zunder! Braucht man heute vielleicht nicht mehr so nötig. Aber der zweite Survivaltipp hat es in sich.

Survivaltipp 2:

Weichhaarig und groß, wie sie sind die Blätter, haben sie schon so manchem, der abseits der ausgetretenen Pfade in Nöte geriet, Hilfe geleistet, was dem Huflattich und dem Pestwurzblatt den Spitznamen "Wanderers Klopapier" eingebracht hat.

Verwechseln mit den Blättern der Pestwurz:

Für "hinterlistige Zwecke" ist es ja egal, aber als Heiltee sollte man schon die richtigen Blätter nutzen. Pestwurz hat keine schwarzen Zähne an den Blatträndern, die Blätter werden auch noch um ein Vielfaches größer. Beim Huflattich sind die Leitbündel im Querschnitt U-förmig, bei Pestwurz unregelmäßig.

Quellen und weiterführende Links

  • Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
  • Essbare Wildpflanzen, Fleischhauer/Guthmann/Spiegelberger; Weltbild Verlag, 2014 Augsburg
  • Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Genaust; Nikol Verlag, 2012 Hamburg
  • Insekten & Schmetterlinge, GU Naturführer, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, 2012 München
  • Vergiss mein nicht, Wolfgang Stein; Universität des Saarlandes, 2005 Saarbrücken
  • Deutschlands Flora amabilis, Adrian Möhl; Haupt Verlag Bern 2018

 

Adele_Sansone, am 23.03.2018
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Bildquelle:
Heike Nedo (So entsteht ein bienenfreundlicher Garten)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Wuschel, Waudel, Pusteblume - Windflieger stellen sich vor)
https://pagewizz.com/heilpflanzen-wissen-aus-dem-mittelal... (Heilpflanzen-Wissen aus dem Mittelalter - gilt das auch heute noch?)
a.sansone (Korbblütler, Korbblütengewächse; eine Pflanzenfamilie stellt sich vor)

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