Heidekrautgewächse - ein Familienporträt
Teil 1 des Heidekraut-Quartetts. Hier geht es vor allem um die heimischen Arten aus der Vielfalt der Familie Ericaceae.Familientafel Ericaceae im Botanischen Garten Innsbruck (Bild: a.sansone)
Kurz-Steckbrief der Heidekrautgewächse (Ericaceae)
Mit etwa 126 Gattungen und etwa 4.000 Arten besitzen sie eine weltweite Verbreitung. Arten aus dieser Familie Heidekrautgewächse/Ericaceae werden sowohl als Zierpflanzen, Nahrungspflanzen wie die Beerensträucher und zu Heilzwecken als Arzneimittel verwendet.
Die Gattung innerhalb der Familie mit dem größten Artenreichtum ist
- Rhododendron mit an 1.000 Arten.
- Vaccinium, in die unsere Preiselbeeren, Heidelbeeren etc. gehören mit etwa 500 Arten ist auch nicht gerade vernachlässigbar klein. Und die namensgebende Gattung
- Erica ist auch sehr artenreich.
Zum Ausgleich für diese üppigen Gattungen gibt es noch die monotypischen, wie - Calluna oder Moneses ... mit nur einer Art. Das nennt man dann ausgleichende Gerechtigkeit.
Von der Entwicklung her deuten Fossilfunde auf die spätere Kreidezeit hin.
Sommerheide Calluna vulgaris (Bild: a.sansone)
Merkmale der Heidekrautgewächse
Die heimischen Ericaceae sind verholzende Pflanzen, Zwergsträucher bis Sträucher. Eine Symbiose mit Pilzen (Mykorrhiza) ermöglicht es ihnen auch auf nährstoffarmen und sauren Böden gut zu leben.
- Die Blätter sind meist ledrig, immergrün und ungeteilt, manche nadelförmig. Meist wirtelig angeordnet. Die Blattränder sind glatt, gesägt oder eingerollt. Viele Arten sind behaart.
- Große Blütenvielfalt zeichnet sie trotz vieler Gemeinsamkeiten aus. Die Blüten haben vier oder fünf an der Basis verwachsene Kelchblätter und vier oder fünf Kronblätter. Manche frei, viele zu Röhren, Glocken oder Urnen/Krugformen verwachsen. Die vier oder fünf Staubblätter bilden einen Kreis. Der Pollen wird durch Poren an der Spitze ausgeschüttet.
- Typisch sind Kapselfrüchte und fleischige Früchte, sprich Beeren (Heidelbeere, Preiselbeere, Cranberry).
Sie lieben und brauchen die Heidekräuter
Nein, nicht die Blaubeeren-Esser namens Mensch/Homo sapiens sind damit gemeint, sondern viele Tierarten, die sich auf Heidekrautpflanzen spezialisiert haben. Von den Heidschnucken mal abgesehen.
Um nur einige zu nennen: Heidelerche, Schneehühner, Heidekraut-Eulchen, der Arktische Bär (ein Schmetterling und seine Raupen), der Lappland-Bär oder die Blaubeer-Glucke. Heide-Blattschneiderbiene, Heide-Laufkäfer, sogar einen Heidekraut-Marienkäfer gibt es.
Wer sich da hinein vertiefen möchte, dem kann ich diese Wikipedia Suche empfehlen.
Schneehuhn im summerstyle I (Bild: Kati* / Flickr)
Heimische Heidekraut - Arten
Als "heimisch" wird hier der Raum (Deutschland/Österreich/Schweiz/Norditalien) begriffen:
Gattung Andromeda:
- Rosmarinheide Andromeda polifolia,
Gattung Arctostaphylos
- Bärentraube Arctostaphylos uva-ursi,
Gattung Calluna
- Besenheide Calluna vulgaris,auch für die Besenheide gibt es ein eigenes Porträt.
Gattung Chimaphila
- Winterlieb Chimaphila umbellata
Gattung Empetrum
- Krähenbeere, Empetrum nigrum,
Andromeda_polifolia_Rosmarinheide_2 (Bild: Michael Wunderli / Flickr)
Die namensgebende Erica
Gattung Erica
- Schnee-Heide Erica carnea,
- Glockenheide Erica tetralix,
- Wanderheide, Erica vagans
Lesetipp: Ein ausführliches Porträt gibt es hier zum Weiterlesen.
Gattung Hypopitys/Monotropa
- Fichtenspargel (Hypopitys monotropa/Monotropa hypopitys
Gattung Moneses
- Moosauge Moneses uniflora
Gattung Orthilia
- Birngrün Orthilia secunda
Gattung Pyrola
-
Rundblättriges Wintergrün Pyrola rotundifolia
-
Mittleres Wintergrün Pyrola media
-
Kleines Wintergrün Pyrola minor
-
Grünliches Wintergrün Pyrola chloranthe
Moosauge, Moneses uniflora (Bild: a.sansone)
Vaccinium, die "Beerigen" Heidelbeere, Preiselbeere, Moosbeere
Gattung Vaccinium
- Heidelbeere Vaccinium myrtillus,
- Moosbeere Vaccinium oxycoccos
- Kleinfrüchtige Moosbeere, Vaccinium microcarpum
- Preiselbeere Vaccinium vitis-idaea,
- Rauschbeere Vaccinium uliginosum,
Lesetipp: Was es über diese Beerensträucher Besonderes gibt, wird ausführlich im Artikel "Preiselbeere - Cranberry" beschrieben - Verwechslungen/Gemeinsamkeiten etc.
Krähenbeere Empetrum nigrum (Bild: Tyler W Smith / Flickr)
Die eher unbekannten "Beeren" oder "Bären"?
Echte Bärentraube/Immergrüne Bärentraube, Arctostaphylos uva-ursi
Sie hat kahle ledrige Blätter, ganzrandig, von März bis Juli weiß- bis rosa blühend, roter Rand, in Trauben, rote Frucht.
Die Alpen-Bärentraube Arctostaphylos alpina hat scharf gezähnte Blätter, verfärben sich im Herbst rötlich, also nur sommergrün; reinweiße Blüte, Früchte werden im Herbst schwarz.
Wächst in Gebieten der Zwergstrauchheide bis 2.000 m. Beides sind Heilpflanzen, die Schneeschutz benötigen. Bestäubt von Bienen und Hummeln.
Echte Krähenbeere/ Schwarze Krähenbeere, Empetrum nigrum (früher eine eigene Familie, die Krähenbeerengewächse).
Ein reich verästelter Zwergstrauch, teppichbildend, an den Astenden aufstehende Zweige, flaumig behaart und dicht nadelförmig beblättert. Blätter max. 5 mm lang, unscheinbare Blüte einzeln in den Blattwinkeln; Staubblätter die Blüte weit überragend, Blüte April/Mai, kugelig schwarze Früchte. Wichtige Nahrung für die Schneehühner.
(Bild: a.sansone)
Alpin gesehen - die sogenannte Zwergstrauchheide
Der Begriff Zwergstrauchheide beschreibt eine bestimmte Pflanzengesellschaft:
Es beginnt etwa 200 m über der Waldgrenze, mit einem "Schneeapermuster", in Mulden bleibt er länger liegen, auf Buckeln ist es früher schneefrei; deshalb gibt es eine ganz unterschiedliche Produktionszeit der Pflanzenart: das heißt: in den Mulden wachsen schneeschutzbedürftige Alpenrosen (die Rostblättrige), auf den windgefegten Buckeln die Gämsheide, in mittlerer Lage die Beerenheiden, wie Preiselbeere, Heidelbeere, Moosbeere und an sonnigen Hängen die trockenheitsverträglichere Bärentraube und die Besenheide.
Auf ruhenden Schutthalden wächst, je nach Gesteinsart, die Bewimperte Alpenrose gemeinsam mit Schneeheide und Alpenbärentraube.
Gämsheide/Alpen-Azalee (Bild: a.sansone)
Mein persönlich allerliebster winziger Liebling - die Gämsheide
Gämsheide, Alpen-Azalee, Loiseleuria procumbens
Ein extrem niederliegender Zwergstrauch, Blätter ledrig, immergrün, an den Rändern eingerollt/umgelegter Blattrand, gegenständig angeordnet, trichterförmige Blüte 5 hellrosa Kronblätter, Krone glockig, 5 Staubblätter stehen in Doldentrauben. Blüte Juni, Juli, Kennzeichen der alpinen Zwergstrauchheide.
Der Pflanzenteppich (ein Teppich wirklich im wahren Wortsinn) kann gut mehrere Quadratmeter umfassen. Zur Blütezeit liegt dann ein kleiner rosaroter Teppich zu Füßen des Wanderers. Wunderschön!
Strauchflechten siedeln sich zwischen dem Zweiggewirr an und speichern für die Gämsheide die Feuchtigkeit; eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Gegen den Feuchtigkeitsverlust dienen auch die speziell geformten eingerollten Blätter mit den Spaltöffnungen nach unten. Sie ist eine wahre Meisterin im Schaffen von Kleinklima. Mehr zu ihren Überlebensstrategien gibt es in diesem Alpenpflanzenbuch nach zu lesen: Überlebenskünstler (50 außergewöhnliche Alpenpflanzen)
Auf nährstoffarmen flachgründigen Steinböden wächst sie bis 3.000m Höhe. Wird sogar durch Wildverbiss (Gämsen) im Wachstum gefördert! Da ihr Ursprung in den Zonen der Arktis liegt, kann diese Pflanze so leicht nichts erschüttern.
Steig mitten durch die Almrosen (Bild: a.sansone)
Alpenrosen/ Almrausch, die Rhododendren der Alpen
Gattung Rhododendron
- Sumpf-Porst Rhododendron tomentosum,
- Alpenrose Rhododendron ferrugineuem
- Bewimperte Alpenrose/Almrausch Rhododendron hirsutum,
Gattung Rhodothamnus
- Zwerg-Alpenrose Rhodothamnus chamaecistus
Zwerg-Alpenrose Rhodothamnus chamaecistus
Ein zierlicher Strauch bis 25 cm hoch, Stämmchen maximal bleistiftdick, drüsig behaarte Zweige aufwärts gerichtet; Blätter schmal elliptisch, ledrig-immergrün und fein bewimpert (ähnlich der großen Cousine, der Bewimperten Alpenrose) . Große radförmige zartrosa Blüten mit dunklen Staubgefäßen, Blüte Mai bis Juni; auf Geröll an Felsbändern in Latschenbeständen, auf Kalk und Dolomitgestein; 1.000m bis 2.400m.
Namen sind Zwergröserl, Stoaröserl (nicht verwechseln mit dem echten Steinröschen/Daphne cneorum), Wilde Myrthe, Ganszermatt, Sennaröserl.
Rostblättrige Alpenrose Rhododendron ferrugineum
70 cm bis 1,5m hoch wachsender Strauch mit ledrig immergrünen Blättern, Unterseite (Namensgebend) rostrot fleckig, Blattränder eingerollt, Dunkelrot blühend von Juni-August. Ganze Hänge leuchten bei der Almrosenblüte.
Die Rostrote wächst auf kalkarmen, meist feuchten Böden (Silikat) gemeinsam mit Heidelbeere, Preiselbeere und Krähenbeere, Höhenlage zwischen 1.400 bis 2.400m. Sie benötigt im Winter eine schützende Schneedecke!
Bewimperte Alpenrose Rhododendron hirsutum
Wächst auf Kalkgestein, Blätter und Blüten tragen (Namensgebend) am Rand einen feinen Besatz von Haaren=Wimpern, eher hellrosa, stehen in dichten Doldentrauben. Kelchblätter sind länglich-lanzettlich. Kleiner im Wuchs bis max. 1m, Blüte Juni bis August, bis etwa 2.500 m
Weitere Namen: Almrose, Almrausch, Donnerbuschen
Legende: Donnerbuschen – wer einen Strauß Almrosen bei Gewitter in der Hand trägt, wird vom Blitz getroffen; auch Häuser mit Almrosenbuschen sind gefährdet!
Rhododendron international
Nur erwähnt möchte ich es haben - die Gattung Rhododendron ist nicht nur in unseren Parks und auch in Gärten mit zig Sorten zahlreichst vertreten; weltweit gesehen gibt es an die 1.000 Arten, von Sortenzüchtungen in allen Farben ganz zu schweigen.
Allein in dem Buch Botanica sind ganze 20 Seiten nur voll mit Rhododendren aus allen Teilen der Welt: Südchina, Himalaja, Südostasien, Japan, Nordamerika, ja sogar Neuguinea und Australien ist vertreten.
Rhododendron mucronulatum Botanischer Garten Innsbruck (Bild: a.sansone)
Rhododendren ohne Insektenbesuch - wahr oder Fake?
Schwebfliege am Rhododendron (Bild: a.sansone)
Wenn Verfechter der "Naturgärten" gegen den Rhododendron in heimischen Gärten wettern, weil er nutzlos für Insekten sei, kann ich nur versichern, dass sich die Insekten aus meinem eigenen Garten und den Bereichen, wo auch immer ich blühende Rhododendren fotografiert habe, die sich einen Dreck um diese Meinung scheren. Beweise gefällig?
Mein Fazit: Das Bemühen mehr heimische Pflanzen in die Gärten zu setzen ist sicher enorm wichtig. Aber:
- Gesunde und liebgewonnene Rhododendren aus dem eigenen Garten muss man nicht gleich herzlos umbringen und eliminieren. Denn sie sind beliebt bei Hummeln, Schwebfliegen und so manch unbekannten Flugobjekten. Wer genug heimische Pflanzen mit Blütenangebot rund um das Jahr besitzt, sollte sich da keine zu großen Gewissensbisse einreden lassen.
Das grosse Buch der Rhododendren und Azaleen | DuMont Bildatlas 210 Lüneburger Heide: Wendland |
Kleine oder größere Porträts von Heidekräuterarten oder Gattungen
Pflanzenfamilien:
Quellen
- Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
- Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
- Botanica, Könemann; Verlagsgesellschaft mbH, 2000 Köln
- Flora Helvetica, Lauber/Wagner; Haupt Verlag, 2014 Bern
-
Pflanzenfamilien, Bayton, Maughan, Haupt, Bern 2018
-
Überlebenskünstler, 50 außergewöhnliche Alpenpflanzen, Schauer/Caspari; Haupt Verlag, Bern 2019
-
Alpenpflanzen in ihren Lebensräumen, Mertz; Haupt Verlag, 2008 Bern
Bildquelle:
a.sansone
(Ein Gartenparadies für Bienen und Hummeln)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(So pflanzen Sie einen Schmetterlingsgarten)